Die "gute" alte Schallplatte ?

  • @ revelation:
    Du alter Fuchs.
    Entschuldige, ich konnte dieser verführerischen Antwortmöglichkeit einfach nicht widerstehen und räume freimütig ein, daß ich zu Gunsten eines billigen Gags das Umfrageergebnis verzerrt habe.
    In Wirklichkeit steht hier die ein oder andere Platte herum und wird auch gehört, wenngleich - aus Gründen der Bequemlichkeit - weitaus seltener als früher. Auch angeschafft wird, sofern möglich und finanzierbar, Vinyl.
    Neben Gewohnheit und Nostalgie, Sammelreflex, haptischer Befriedigung und dem Vorteil, daß ich die Beilagen studieren kann, ohne mir die Augen zu verderben, ist dieser Anachronismus dem Umstand geschuldet, daß es hier für mich immer wieder zu tollen Klangerlebnissen kommt, auch wenn dies wissenschaftlich bestritten wird.
    Die industrielle CD hat m.E. angesichts permanenter Verfügbarkeit von Musikdateien weiter an ihrer ohnehin für mich von Anfang an sehr geringen Attraktivität verloren. Zur Herstellung "eigener" CDs hingegen finde ich das Medium mittlerweile toll.
    Beim nächsten Umzug wird sich das alles rächen, und vielleicht sollte ich noch rechtzeitig abschwören. Weitere Vertiefungen gehören vermutlich in den Glaubens-/Gesundheits-Kombi-Thread.

    @ BlackNapkins:
    Jaja, so ähnlich ging's mir eigentlich auch immer im Plattenladen. Vielleicht sollte man doch froh sein, daß die CD erfunden wurde.
    Ich bin dann meistens mit Caruso nach Hause gegangen.

  • [...] ist dieser Anachronismus dem Umstand geschuldet, daß es hier für mich immer wieder zu tollen Klangerlebnissen kommt, auch wenn dies wissenschaftlich bestritten wird.



    Ersetze Klangerlebnis durch Hörerlebnis (das durch erheblich mehr als den Klang beeinflusst wird), dann stimmt es! ;)

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Wir hatten noch nie Schallplatten und bin damit nicht aufgewachsen. Abgesehen davon habe ich im Alter von 5 Jahren bei der Stereoanlage die Schallplatten-Nadel zerlegt. Ist abgebrochen.


    Habe mal eine Duke-LP auf einem Flohmarkt entdeckt, sonst aber nichts. Aber ich stimme zu das ich ein großes Cover sehr bevorzuge. Da hätte ich manchmal doch gerne 2 Sachen auf einmal. Ich kaufe mir ein neues Album als Platte und bekomme die CD als kostenlose Beilage. Denn eine Platte umdrehen ist doch "spürbarer" als das Durchhören einer CD. Supper's Ready etwa nimmt eine ganze LP Seite und ist strikt von den anderen Songs getrennt. Dies entfällt bei einer CD und versprüht damit eine ganz andere Wirkung. Klar kann man 2 CDs beilegen wie es z.B Grace For Drowning der Fall ist.Aber dies passiert aus Kostengründen oft nicht ./

    <!---

    The rain auditions at my window
    Its symphony echoes in my womb
    My gaze scans the walls of this apartment
    To rectify the confines of my tomb


    -->

  • Aufgewachsen bin ich mit der Schallplatte... und auch ein Tonband-Gerät meines Vaters habe ich noch zu Gesicht bekommen - Ein Telefunken-Gerät aus den 60er-Jahren :schock2:


    Doch meine erste Hifi-Anlage hatte einen Plattenspieler... somit waren meine ersten Platten noch Vinyl.


    Doch der Fortschritt nahm schnell seinen Lauf - der erste CD-Player wurde angeschafft... damals noch mit 800 D-Mark recht teuer, er hatte noch nichtmal eine Fernbedienung!!! Aber immerhin war er von YAMAHA *lol*. War damals echt stolz drauf, steckten ne Menge Stunden Ferienarbeit in den Geräten!


    Ich hab ihn genossen... aber hab den Plattenteller nie vergessen! Konnte damals Pink Floyds "The Wall" direkt vergleichen in Vinyl und auch auf CD ... war meine erste CD. Der Preis war mit 70 D-Mark relativ hoch für ein Schüler-Taschengeld.


    Da gab es nun CDs mit DDD-Qualität... hörten sich gut an, fast schon zu gut.


    Schade ist wirklich, daß ich über die Zeit viele meiner alten Vinyl-Platten aufgrund persönlicher Umstände verloren habe... da waren glaub einige "kleine" Schätzchen dabei...


    den Plattenspieler hab ich zwar noch, auch wenn der Riemen dieses Plattentellers sich schon wohl in Staub fast aufgelöst hat und die Nadel relativ abgenutzt sein wird.


    Nützt aber nüx, wenn die alten Platten nicht mehr da sind leider *seufZ*


    Ein Ausgraben des Plattentellers lohnt also nicht wirklich... höre heute meist die Musik eh via Laptop ... Archiv ist in Flac konserviert!


    grüssle, dat Erdbeerteufelchen :teufelgrins:

    ------------------------------------------------------------
    Alles Gute fängt mit G an: Genesis, Peter Gabriel, Grobschnitt, Gott (welcher auch immer) usw.:topp:

  • Bei mir gibts eine friedliche Coexistenz. Ich nutze CDs, LPs und Audiodateien. LPs werden natürlich zelebriert. Klar. Wurde ja auch schon alles gesagt. Ich befürchte jedoch das meine Enkel nur noch meine LPs hören können. Der Rest dürfte dann Schrott sein......

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht wird es überraschen, aber TM hat nicht die eigens für ihn bestimmte Antwortoption genommen, denn bei ihm stehen etwa 800 LPs und 250 Vinylsingles, sowie ein Plattenspieler (sogar mit relativ neuer Nadel) in Reichweite.


    Daher: Altbestände werden noch gehört,aber kein Neuerwerb mehr.


    Auch wenn beides nicht ganz stimmt, denn gerade gestern ist die "Never Mind The Bollocks" - Deluxe Box gekommen, in der eine getreue Replik der noch vor dem Erscheinen wieder eingestampften God Save The Queen single beim A&M-Label lag.
    Meine Altbestände spiele ich jedoch auch nur noch sehr gelegentlich. Im Jahr läuft der Plattenspieler etwa 20-30 min. Das liegt daran, dass ich alle guten LPs mittlerweile auch als CD, SACD oder DVD-Audio habe.


    Dennoch habe ich als ehemaliger Grafikdesign-Student eine spezielle Vorliebe für das Medium und das ist ganz klar das große Format. Das ist auch der Hauptgrund, wenn ich heute noch Lücken in der Sammlung fülle (oder gern großformatige Boxsets kaufe). Z.B. habe ich mir erst vor zwei Jahren die drei fehlenden Farbkombinationen von "Abacab" nachgekauft (und dabei auch darauf geachtet, dass die Pressung jeweils aus einem anderen Land kommt).


    Um noch einmal einen kleinen Abstecher in Richtung Digital vs Analog bzw. CD vs LP zu machen:
    Es ist absolut nicht irrational, wenn Menschen Vinyl auch klanglich bevorzugen. Neben dem umgekehrten Placebo-Effekt (hier: ich habe eine Mörderknete für Plattenspieler-Vorstufe-Verstärker-Kabel-Boxen ausgegeben, daher MUSS das jetzt besser klingen, sonst wär ja alles umsonst gewesen) gibt es durchaus mithilfe der Messtechnik und der Psychoakustik nachvollziehbare Erklärungen für das Phänomen. Es trägt den schönen Namen: "Klirrfaktor".


    Der Klirrfaktor ist bei analoger Schallspeicherung und -übertragung immer eine kritische Größe, denn ihn möglichst klein zu halten erfordert schaltungstechnischen Aufwand, der zu steigenden Fertigungskosten führt. Wer es mag, da mal in die Tiefe zu gehen: Klirrfaktor
    Bei der Fertigung einer Schallplatte (die ja seit der Einführung des Direct-Metal-Masterings in den frühen 1980ern keinerlei technische Fortschritte mehr gemacht hat) kommt es prinzipbedingt zu Verzerrungen des Audiosignals. Das bedeutet, dass sowohl beim initiierenden Lackschnitt als auch bei jedem Abspielvorgang der fertigen Platte durch die Platte selbst und durch die Übertragungskette dem Signal eine ganze Reihe sowohl gradzahliger als auch ungeradzahliger Oberschwingungen zugefügt werden, die im Original-Master nicht vorhanden waren.


    Glücklicherweise hat nun jeder Klang Oberschwingungen - reine Sinustöne kommen in der Natur nicht vor - und der Anteil ungeradzahliger Verzerrungen ist hier relativ gering. Denn diese Signalanteile kommen in der Natur ebenfalls nicht vor und würden ab einem gewissen Pegel recht heftig das Hörvergnügen stören.
    Der hörbare Anteil an künstlich hinzugefügten Obertönen verstärkt also im Wesentlichen die natürlich vorhandenen, was zu dem psychoakustischen Effekt führt, dass so "behandelte" Klänge einen wahrnehmbaren Gewinn an Präsenz erfahren. Das liegt daran, dass das Gehör eine nicht-lineare Frequenzkurve hat, die im Mittenbereich am empfindlichsten ist (optimiert für Sprachwahrnehmung). Eine annähernd gleichmäßige Verteilung künstlicher Obertöne führt also vorwiegend zu einer gesteigerten Wahrnehmung dort, wo das Gehör am empfindlichsten ist. Gleichzeitig wird das Originalsignal durch die Überlagerung ein Stück weit verdeckt, zusammen mit der ohnehin schlechten Wiedergabetreue von sehr dynamischen Impulsen mit kurzen Attack-Zeiten (z.B. Bassdrum) wird das Signal quasi "verschliffen", was zu weiteren Verzerrungen führt, die sich nun dynamisch auswirken (hohe Dynamik=große Verzerrungen). Das ist der Effekt, den viele Hörer mit "warm" charakterisieren.


    Daher wirft man der Digitaltechnik ja heute noch vor, sie sei "kalt". In der messtechnischen Realität ist sie jedoch nur auf größtmögliche Neutralität getrimmt - das war von je her das Ziel aller Audioentwickler (übrigens auch von denen, die bis 1980 noch an der Weiterentwicklung der Vinylschallplatte gerabeitet haben).
    Mit den beim Digital Recording überall verbreiteten 24 bit A/D-Wandlern hat man dieses Ziel inzwischen erreicht; auch bei Doppelblindtests ist es selbst Fachleuten mit geschultem Gehör nicht mehr möglich, zwischen einem analogen Original und der digitalen Kopie zu unterscheiden.


    Dass viele Leute den Klang von Vinyl besser finden, ist daher durchaus begründet - obwohl man die darin enthaltene Wertung ja nicht teilen muss. Eine technische Überlegenheit in Sachen Klangtreue ist jedoch auch objektiv nicht vorhanden. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das was man klanglich beim Vinyl als Benefit empfindet, künstliche Obertöne sind, die von der ganzen Fertigungs- und Wiedergabekette hinzugefügt wurden - natürlich ohne Authorisation der beteiligten Künstler!* Wem es also darauf ankommt, das Studiomaster exakt so zu hören, wie es die Musiker und der Produzent im Studio entschieden haben, kann das nicht mit einem Plattenspieler tun (und wenn er noch so teuer war).


    *Nebenbei bemerkt gibt es natürlich längst Effektgeräte, die einem Klang künstliche Oberschwingungen zufügen können. In den 1970ern nannte man die "Exciter" - später waren sie verpönt, da sie einen Gewöhnungsfaktor hatten - bei längerem Gebrauch ermüdete die Wahrnehmung des Effekts, was den Toningenieur um seine Neutralität brachte.

  • Ich besitze viele LPs, die es auf CD nicht gibt und wahrscheinlich auch nie geben wird. Die behalte ich, auch wenn auf Börsen dafür Unmengen bezahlt werden würden(@ Herma: Was zahlst du für eine Original-Trespass;-)
    Nebenbei: Habe auch noch Cassetten.
    Neue LPs kaufe ich nicht.

    "Ich glaube, dass sich mein Standpunkt, nachdem ich die Band verlassen habe, nicht dramatisch geändert hat.(...).

    Aber ich bin immer stolz darauf, was ich tat und was sie taten"

    Peter Gabriel

  • Das haptische Erlebnis - Rausziehen aus der Hülle, dann aus der Schutzfolie, Auflegen, Aufsetzen der Nadel, Seite umdrehen - ist viel viel intensiver als bei einer CD.
    .


    Das kann ich gut nachvollziehen. Manchmal mache ich gezielt LP-Abende,gemütlich mit Kerzenschein und widme mich ganz intensiv der Faszination des mechanischen-inclusive Störgeräuschen.


    Vorhin,als ich In the Court of the Crimson King (das am besten klingende 5.1 Album aller Zeiten-dank Steven Wilson) im 6-Kanal-Klang hörte, fühlte ich mich an die Beschreibungen zum LP-Hören hier im Thread erinnert,denn hierzu sind ähnliche Vorbereitungen von nöten: Bildschirm richtung Sofa drehen,die optimale Sitzposition finden,die Kanäle richtig aussteuern , aber auch die innere Ruhe und Konzentration finden,um das optimale Hörerlebnis zu erfahren.
    Hat was meditatives.
    Warum tue ich mir den Aufwand an? Um ähnlich,wie beim Vinyl-Hören, mehr als nur die reine Beschallung zu erfahren-den Mehrwert des besonderen und bewussten sich in die Musik hineinbegebens...

    Hier steht nichts wichtiges! Trotzdem danke für's Lesen.