PETER GABRIEL - Growing Up Live – Kölnarena, 25.05.2003
Liebes Tagebuch ...
Eigentlich wollte ich ja in die Arena nach Oberhausen fahren, flugs zum Ticketshop geflitzt – ausverkauft ! Der Ärger war groß, war der gute Peter Gabriel doch vor gut neun Jahren das letzte mal auf Tour. Die Chance, ihn in den nächsten Jahren nochmals in deutschen Hallen zu sehen, war dementsprechend gering. Umso größer war dann meine Freude, als ich mehr durch Zufall von dem Zusatzkonzert in der Kölnarena erfahren hatte. Diesmal war ich noch schneller, ergatterte eine der wohl letzten Innenraum-Karten und fieberte ein Viertel Jahr diesen einen Abend entgegen.
Innenraum, da stand ich nun. 25.05.2003, 19:20 Uhr, entleerte Blase, ein klein wenig aufgeregt – in zehn Minuten sollte es ja losgehen. Die Bühne war ziemlich mittig in der Arena aufgebaut, mehr rund als eckig und wenig spektakulär – auf den ersten Blick. Die Apparaturen etwa 10 Meter über der Bühne und über mir machten mir Angst, eine Mördergerätschaft, hoffentlich gut angeschraubt. Ich beschloss trotzdem, meinem optimalen Platz etwa drei Meter vor der Bühne nicht zu verlassen - so gut hatte ich schon lang nicht mehr auf einem Konzert gesehen, nur Kleinwüchsige vor mir – so muss das sein.
20 Minuten später, um 19:40 Uhr ging es los: Peter Gabriel betrat die Bühne, fünf Minuten Jubel und Applaus, ohne dass er auch nur ein Wort sagen konnte (das man verstand). Dann kündigte er die Vorband aus Usbekistan an, auf Deutsch – woran ich mich aber im Laufe des Konzerts noch gewöhnen sollte. Er verschwand wieder, die Band um die Frontfrau mit klasse Stimme spielte nur vier Lieder, dafür mit Überlänge, und verabschiedete sich unter höflichem, wohl verdientem Applaus.
Um 20:30 Uhr war es dann endlich so weit – Peter Gabriel kam und wurde ein zweites Mal frenetisch empfangen, von seinen Musikern fehlte zunächst jede Spur. 'Ich möchte mit dem Lied beginnen, mit dem ich die letzte Tour aufgehört habe', und das war wohl 'Hier kommt die Flut' – fantastisch. Während er selber die Keys bediente, drehte sich mit ihm der äussere Rand der Bühne.
Das Lied war zu Ende, Applaus riesig und seine hochkarätigen Mitstreiter an diesem Abend betraten die Bühne. Dem eher ruhigen Opener folgte das an Intensität kaum zu überbietene 'Darkness' und haute mich beinahe aus den Latschen.
Vor jedem Lied erzählte Gabriel eine kleine Geschichte, ein Gedicht oder einen kurzen philosophischen Text – auf Deutsch, wohlgemerkt. Sehr stimmungsvoll, sehr schön.
Bei 'Red Rain' endlich wurde Drummer Ged Lynch aus seinem kleinen Glashaus entlassen, indem er sich bis dahin in der Mitte der Bühne befand. Es folgte 'Secret World' und langsam begann sich das seltsam aussehende Ungetüm über der Bühne zu verändern, wechselte ständig auf spektakuläre Weise die Form und näherte sich nach 'Sky Blue' immer weiter der Bühne. So weit, dass Gabriel und seine Tochter Melanie (als Background-Sängerin mit dabei) bei 'Downside Up' mit Kabeln am Gestell befestigt wurden und sie kopfunter singend den Kreis entlangliefen – sehr cool.
Mittlerweile ganz unten angekommen, entpuppte sich die 'Apparatur' als zweite, etwas höher gestellte Bühne, auf der Gabriel 'Barry Williams Show' performte, dabei mit einer Kamera Band und Publikum filmte.
Nach 'More than This' folgte das schöne 'Mercy Street', wobei der Anfang des Liedes von kompletter Band akapella vorgetragen wurde. 'Digging in the Dirt' kam als nächstes - guter Kontast, noch besserer Song.
'Growing Up' war der absolute Hammer. Aus der Decken-Deko, die zwischenzeitlich (bei Mercy Street’) Mondform angenommen hatte, war nun eine große, durchsichtige Kugel geworden, in die Peter Gabriel kletterte und beim Song entweder im Rhythmus auf und ab sprang oder am Aussenrand der Bühne entlangrollte – sehr, sehr geil.
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'Animal Nation' kannte ich nicht, war aber nicht schlechter als die anderen Songs an diesem Abend und entstand wohl in Zusammenarbeit mit Bonobo-Affen.
Nächster kleiner Höhepunkt war Gabriels erster Solo-Hit – 'Solsbury Hill', bei dem er auf einem kleinen Fahrrad die Bühne unsicher machte.
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Bei 'Sledgehammer' trug er sein aus alten Tagen bekanntes, mit Glühbirnen besetztes Jacket - die Stimmung kochte über, während die Akteure auf der Bühne bei schnelleren Passagen kleine Rennen veranstalteten. 'Signal to Noise' beendete das offizielle Programm.
Als Zugabe gab's noch 'In Your Eyes', zusammen mit einigen Mitgliedern der usbekischen Vorband, und das von Gabriel alleine dargebotene (lediglich Monster-Basser Tony Levin begleitete Peter Gabriel) 'Father, Son'.
So endete das Konzert um 23:10 Uhr genauso emotional, wie es begonnen hatte, ich verpasste beinahe meine letzte S-Bahn und schlief irgendwann vollgepumpt mit Glückshormonen ein (zu Hause, nicht in der S-Bahn).
Viel hatte ich erwartet, sehr viel. Und noch mehr bekommen. Eigentlich kann ich jetzt sterben. Es sei denn, Peter Gabriel kommt in den nächsten Jahren noch einmal auf Tour. Ich werde dafür beten.
Setlist:
Hier kommt die Flut
Darkness
Red Rain
Secret World
Sky Blue
Downside Up
Barry Williams Show
More Than This
Mercy Street
Digging In The Dirt
Growing Up
Animal Nation
Solsbury Hill
Sledgehammer
Signal To Noise
In Your Eyes
Father, Son
(Mehr Bilder auf www.petergabriel.com )