PETER GABRIEL - die deutschen Alben - Rezension und Analyse

  • Hast du denn einen singbaren Gegenvorschlag?


    Ansonsten sind diese Details genau die Abstriche, die man bei so einer Übersetzung machen muss. Wobei ich zugebe, dass auch ich bei den Übersetzungen von Königstein Stellen kenne, die ich a) sinnverändernd übersetzt und b) unnötig verändernd übersetzt finde. Beides zusammen wohlgemerkt.

    Ich werde jetzt sicherlich kein textliches Alternativkonzept entwickeln. Und dafür wäre ich natürlich auch der falsche Mann, so etwas könnte ich nicht.

    Martinus hat allerdings in den Raum gestellt, dass das Projekt nur scheitern konnte. Und wenn man es so betrachtet, hätten Gabriel/Königstein einfach die Finger davon lassen sollen. Wenn klar ist, dass keine geeigneten künstlerischen Mittel zur Verfügung stehen, um ein Projekt überzeugend entwickeln zu können, wären Künstlys für meine Begriffe bestens beraten, sich anderen Dingen zuzuwenden. Es kann doch nicht ernsthaft darum gehen, sehenden Auges gegen Wände zu laufen und sich für ein solches Verhalten dann feiern lassen zu wollen.


    Ich selbst finde selbstverständlich nicht alles gleich bescheuert auf diesen deutschen Alben. Schließlich sind das ja auch keine Volltrottel, die da agieren. Einige Passagen sind besser gelungen, andere schlechter. Und dass Übersetzung in einem solchen Fall höchst diffizil ist - martinus hat ja z.B. auf rhythmische Aspekte, Betonungsmuster und Aspekte der Aussprache hingewiesen -, stellt sich mir natürlich auch dar. Dennoch ergeben sich so viele Ungereimtheiten und so viele irritierend komische Wirkungen im Verhältnis zu Gewinn bringenden Lösungen, dass das einfach insgesamt viel zu wenig ist als künstlerischer Ertrag.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube, die Tatsache, dass sie es zwei Mal gemacht haben, ein Beleg dafür ist, dass es gar nicht gescheitert ist, sondern schlicht die Realisierung einer alternativen Idee war, die offenbar für die Beteiligten erfüllend war.

    Interessant wäre es nun, Meinungen von Fans einzufangen von 1980 oder 1982, statt von 2022 - hinterher kann man immer zig Sachen sagen, die sind dann aber nicht mehr geprägt vom Momentum.

    • Offizieller Beitrag

    ...und bei So haben sie ja offenbar nochmal wirklich ersthaft drüber nachgedacht...


    Da ich selbst ja auch irgendwie von der Abteilung "Wort" bin, habe ich öfters über die Übersetzungen nachgedacht und teilweise aus Spaß mal Alternativfassungen erstellt.


    Wenn man irgendwas an dem Projekt als nicht ganz gelungen darstellen will, dann ist das meiner Meinung nach tatsächlich der Part von Königstein, der sich laut eigenen Angaben ja nicht als Übersetzer, sondern als Mit-Autor gesehen hat. Und sprachlich-gedanklich hatte Königstein offenbar eher so einen Brecht-Ansatz, der ihn angahlten hat, auch mal den Gedanken vor die Ästhetik/Musikalität zu setzen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie man auf sowas wie "Liebes, Liebster, du von Frost besetzt" kommt.

    Die üblichen und bereits erwähnten Probleme von wegen Übersetzbarkeit aus dem Englischen ins Deutsche und Schwierigkeiten von Englischsprachlern mit dem Deutschen kommen dann nur erschwerend hinzu.

    • Offizieller Beitrag

    Martinus hat allerdings in den Raum gestellt, dass das Projekt nur scheitern konnte.

    ... in dem Sinne, das es (wahrscheinlich) keine Art und Weise gab, es so zu gestalten, dass niemand etwas an der Übertragung auszusetzen hatte. (Andererseits hätte ich von Ilias und Odyssee dasselbe gesagt, und dann kam Joh.H.Voss.)

    Zudem: Es ist meine Außenansicht, dass ein Scheitern wohl unvermeidlich gewesen sei. Die Innenansicht von Gabriel und Königstein wird anders gewesen sein - darauf hat Christian weiter oben zurecht hingewiesen.

  • Vor diesem Hintergrund finde ich es nicht angemessen, Peter Gabriel anzukreiden, seine Aussprache der deutschen Texte sei mitunter unverständlich - zumal er sie ja nicht nur sprechen, sondern auch noch singen musste. Ganz im Gegenteil: Ich finde, Peter Gabriel hat in puncto "Vortrag" durchaus gute Arbeit geleistet.

    Bis auf den letzten Satz stimme ich Dir zu. Ich kreide Peter auch nicht an, dass er das nicht hinbekam, wohl aber, dass er das Produkt auf meine Ohren hetzte. Wobei das so nicht stimmt, denn genauso wie Peter nicht gezwungen wurde, diese Stücke aufzunehmen, war und bin natürlich auch ich nicht dazu gezwungen es mir anzuhören. Alles in allem kommt mir das gesamte Konstrukt immer noch so vor, als würde jemand versuchen mit einem Kartoffelnetz Wasser zu schöpfen. Kann man für künstlerisch wertvoll halten. Oder aber man geht einfach weiter.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Wenn man irgendwas an dem Projekt als nicht ganz gelungen darstellen will, dann ist das meiner Meinung nach tatsächlich der Part von Königstein, der sich laut eigenen Angaben ja nicht als Übersetzer, sondern als Mit-Autor gesehen hat. Und sprachlich-gedanklich hatte Königstein offenbar eher so einen Brecht-Ansatz, der ihn angahlten hat, auch mal den Gedanken vor die Ästhetik/Musikalität zu setzen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie man auf sowas wie "Liebes, Liebster, du von Frost besetzt" kommt.

    Das ist interessant für mich und macht mir noch durchsichtiger, warum die Ergebnisse mitunter so verquer oder ins Kraut geschossen wirken. Und umgekehrt: Wie es vielleicht doch hätte besser laufen können.

    Ich nehme mal ein positives Beispiel auf, das weiter oben schon mal erwähnt wurde. Der Refrain von "Du bist nicht wie wir" ist sprachlich-melodisch, finde ich, schon mal gut gelungen. Man hätte auch problemlos "Du bist keiner von uns" übersetzen und singen lassen können - dann hätte der Auftakt halt noch ein Achtelchen mehr bekommen, und der Sinn der Übersetzung wäre der Mutterversion näher gewesen. Phonetisch aber ist die gewählte Lösung prägnanter, bissiger. Und als Mit-Autor kann Königstein sagen, er habe auch die Textaussage aus einem leicht veränderten Blickwinkel geschärft.

    Diese Prägnanz aber geht anderen Stellen womöglich deshalb ab, weil es einfach grundsätzlich fragwürdig ist, bei einem Songtext nicht primär auf dessen lautlichen Qualitäten Wert zu legen.

    Zudem merke ich, dass es aus rein ästhetischen Gründen besser gewesen wäre, einen guten deutschsprachigen Sänger für das Projekt zu engagieren. Gabriels Aussprache wirkt z.T. einfach so unbeholfen, dass er die angesprochene phonetisch-rhythmische Prägnanz, sofern man sie dem Deutschen einigermaßen abgerungen hätte, nicht so gut umsetzen konnte. Dass das aus kommerziellen Gründen ein großer Nachteil gewesen wäre, ist mir aber natürlich klar.

    ... in dem Sinne, das es (wahrscheinlich) keine Art und Weise gab, es so zu gestalten, dass niemand etwas an der Übertragung auszusetzen hatte.

    Ah, dann habe ich dich missverstanden.

    Das oben allerdings lässt sich so verallgemeinern, dass es wohl keine Übersetzung und grundsätzlich kein künstlerisches Erzeugnis gibt, welches in diesem Sinne nicht gescheitert ist - und damit wird die Aussage für meine Begriffe beliebig.

    • Offizieller Beitrag

    Das oben allerdings lässt sich so verallgemeinern, dass es wohl keine Übersetzung und grundsätzlich kein künstlerisches Erzeugnis gibt, welches in diesem Sinne nicht gescheitert ist - und damit wird die Aussage für meine Begriffe beliebig.

    Auf künstlerische Erzeugnisse allgemein lässt sich das nicht verallgemeinern - denn ein Künstler, der sein (originales) Kunsterzeugnis veröffentlicht, sendet damit auch immer die Botschaft: "Genau so sollte das Produkt sein, so wollte ich es haben und nicht anders."


    Auf Übersetzungen kann das allerdings ganz sicher angewendet werden, denn hier gibt es ja neben der Übertragung stets auch das Original, an dem dieses sich messen lassen muss.

    Im Idealfall passt da alles gut zusammen - aber dieser Idealfall tritt äußerst selten ein (von den großen, vielgerühmten Übersetzungsleistungen würde ich beispielsweise sogar Schlegel/Tieck ausschließen, und nur Voss gelten lassen). Gerade Übersetzungen von Dichtungen schaffen es in den allermeisten Fällen nur auf einer der beiden Skalen von "Rhythmuserhaltung" und "Verständlichkeit" hohe Werte zu erzielen. (Von Parametern wie Sinntreue usw. einmal ganz abgesehen) Oder der Übersetzer entschließt sich, das Werk nicht im vorgegebenen Rhythmus/Versmaß wiederzugeben - aber bei Liedtexten, die gesungen werden sollen, besteht diese Option einfach nicht.

    Alles in allem kommt mir das gesamte Konstrukt immer noch so vor, als würde jemand versuchen mit einem Kartoffelnetz Wasser zu schöpfen. Kann man für künstlerisch wertvoll halten. Oder aber man geht einfach weiter.

    Manchmal ist es Kunst, weil einer es nicht versteht, und manchmal ist es Kunst, obwohl einer es nicht versteht.

  • Ich glaube, die Tatsache, dass sie es zwei Mal gemacht haben, ein Beleg dafür ist, dass es gar nicht gescheitert ist, sondern schlicht die Realisierung einer alternativen Idee war, die offenbar für die Beteiligten erfüllend war.

    Interessant wäre es nun, Meinungen von Fans einzufangen von 1980 oder 1982, statt von 2022 - hinterher kann man immer zig Sachen sagen, die sind dann aber nicht mehr geprägt vom Momentum.

    Also, ich kannte zuerst die deutsche Version von Security und fand es ganz toll, dass PG diese auf deutsch gesungen hatte, obwohl mein Augenmerk mehr auf der Musik und der Stimmung lag.

    Einige Textpassagen fand ich schon merkwürdig wie z.B. den schon erwähnten Ofen bei Shok the monkey.

    Dafür erzeugte "Drei mal drei von Wand zu Wand" Gänsehautfeeling.

    Also, ich fand es gut, dass PG es so gemacht hat.

  • Ich finde die beiden deutschen Alben misslungen, die Übersetzungen sind bestenfalls schräg, dem Gesang merkt man einfach zu deutlich an dass der Sänger keine Ahnung hat was er da singt. Das Projekt kam auch zu spät um kommerziell erfolgreich zu sein. In den 1950ern/60ern konnten viele Deutsche kein Englisch, da war es sicher hilfreich wenn Elvis oder Beatles mal auf Deutsch gesungen haben. Aber in den '80ern war das nicht mehr so.


    Es gibt natürlich einzelne gelungene deutsche Lieder, insbesondere "Jetzt kommt die Flut" oder auch "Biko", aber man hätte nicht mit Gewalt die beiden Alben komplett eindeutschen sollen. Zumal man dann einen deutschen Texter genommen hat der offenbar mit Gewalt eigene Ideen einbringen wollte.


    Bei Kraftwerk finde ich z. B. die deutschsprachigen Originale immer besser (und bei "Tour de France" das französische) als die englischen Übersetzungen. Aber der Unterschied ist nicht groß, die Texte sind bei Kraftwerk im Detail auch reichlich unbedeutend. Bei Peter Gabriel ist das aber anders, da sind die Texte doch ziemlich wichtig.


    Ein interessanterer Ansatz wäre vielleicht gewesen wenn man einzelne Lieder in verschiedene Sprachen übertragen hätte, ein paar Lieder in Deutsch, ein paar Französisch, ein paar Italienisch, wo man in der jeweiligen Sprache eine passende Entsprechung findet.


    Trotzdem finde ich es schade dass es die beiden deutschen Alben seit vielen, vielen Jahren nicht mehr auf CD gibt und die letzte Wiederveröffentlichung nur auf Vinyl erfolgt ist. Diese Rarität gibt den Alben einen Wert der ihnen nicht zusteht.


    Also: Ofen! Ofen!

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  • Mir gefielen die Alben damals, war sogar zu der Zeit angenehm überrascht, dass ein "Hero", der Gabriel damals für mich war ,es wagte das Ganze in Deutsch zu versuchen.

    Mit Abstand und der Reife des Alters kann man es vielleicht etwas kritischer sehen, aber furchtbar misslungen oder schlecht finde ich die Alben auch heute noch nicht,

    "Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?"