Warum sind neue Alben von Genesis oder Phil Collins so unrealistisch?

  • In den 1980'ern haben Genesis und Phil Collins fast jährlich neue Alben veröffentlicht:


    1980 Duke 1981 Face Value 1981 Abacab 1982 Three Sides Live 1983 Genesis 1985 No Jackett Required 1985 Mike and the Mechanics 1986 Invisible Touch 1987 Living Years 1988 But Seriously ...


    Dann haben Genesis nur noch selten Alben veröffentlicht: We can't Dance - Calling all Stations 6 Jahre, Dance into the Light - Testify 5 Jahre, Testify - Going Back 9 Jahre.


    Warum haben Phil und Genesis so wenig Lust auf neue Alben, mit Außnahme der Mechanics?


    Selbst wenn Phil nicht mehr Schlagzeug spielt, könnte dies doch Nick oder Chester tun? Warum will man nichts neues mehr produzieren? Das letzte Genesis Album ist über 20 Jahre her...

    And the Lamb lies down ... on broooooooaaaaadddddwayyyy ......

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, dass ist eine Frage, die sich auf sehr viele Bands/Musiker übertragen lässt.


    In jüngeren Jahren will man sich und der Welt beweisen, dass man wer ist, dass man was kann. Es allen zeigen.


    In späteren Jahren ist das nicht mehr so wichtig, da man schon weiß, wer man ist und was man erreicht hat. Da gibt's dann wichtigeres.


    Bei größeren Bands spielt wohl auch eine Rolle, dass man den Erfolg gerne halten will. Oft ist es dienlicher, die Mythen auszuleben und von alten Zeiten zu zehren, als was neues hinzulegen, was vielleicht misslungen oder nur alte Sachen wiedergekäut ist. Dann lieber kein Risiko eingehen.


    Das reine Alter spielt aber sicher auch eine Rolle. Wie viel Arbeit und Kraft kann man noch leisten?

  • Die Gewissheit, dass alte Erfolge kommerziell unerreichbar sind, spielt psychologisch vielleicht auch eine Rolle.

    you're the ones we've been waiting for...
    Genesis - 98 München - 07 Linz, Düsseldorf x 2, Berlin, München - 22 Berlin x 2, London x 2

    • Offizieller Beitrag

    Dann gibt es noch zwei Faktoren, die noch nicht genannt wurden:


    1.) Sie wollten in späteren Jahren auch den erarbeiteten Erfolg genießen.

    Man sollte nicht unterschätzen, welche anstrengende Tretmühle es ist, jedes Jahr im Studio und/oder auf Tour unterwegs zu sein. Das ist harte Arbeit, die man zu Beginn der Karriere auch definitiv gehen muss. Aber das eigentliche (Familien-)Leben bleibt dabei nahezu völlig auf der Strecke. Good old Phil aber auch z.B. Peter können davon ein Liedchen trällern.

    Wenn man also erreicht hat, was man erreichen wollte und auch das Konto einem entgegen lacht, dann ist es durchaus verständlich, wenn man ein paar Gänge zurückschaltet.

    Da sollte man auch mal an das Statement von Mike nach "Calling all stations" denken, in welchem er sagte, dass aus seiner Sicht Genesis wieder zurück in diese Arbeitstretmühle hätten gehen müssen um mit Ray wieder erfolgreich zu sein. Dazu waren sie aber nicht mehr bereit.


    2.) Nachlassende Popularität / Erfolg:

    Auch hier hatte Mike mal sehr gut erkannt, dass sowohl Genesis als auch Phil gegen Mitte der 90er einfach aus dem musikalischen Trend gefallen sind (wie viele andere ältere Künstler ebenso). Nach "We can't dance" und dem '94er Mechanics Album sind die Türen insbesondere hinsichtlich Radio-Airplay zugefallen. War es davor für Genesis / Peter Gabriel / Phil Collins / Mike & Mechanics ein leichtes mit neuen Singles auf Heavy Rotation im lokalen Dudelfunk und auf MTV/Viva zu gehen, war das danach deutlich schwieriger bis unmöglich. Da kam dann die Zeit von (salopp formuliert) Eurodance, Boygroups und Kelly Familiy.

    Und das bringt einen dann zurück zu Punkt 1. Wenn der Erfolg abnimmt, aber man eigentlich schon alles erreicht hat, ein volles Bankkonto hat und gleichzeitig einem die Familie böse Blicke zuwirft, warum sollte man dann nicht das erreichte genießen und nur noch das tun, wozu man wirklich Lust hat?

  • Die Gewissheit, dass alte Erfolge kommerziell unerreichbar sind, spielt psychologisch vielleicht auch eine Rolle.

    Und sicher auch die Gewissheit, dass man die besten Alben bereits vor über 40 Jahren gemacht hat - und musikalisch nix mehr Gleichwertiges zustande kriegen würde.

  • Und dazu die Tatsache, dass man heute durch Verkauf von Tonträgern im Vergeich zum Aufwand nix mehr verdient.

    Da kann man Steve verstehen, warum seine neuen Werke relativ kostensparend produziert werden.

    Damit sind ja hier auch nicht alle einverstanden.

    Can you tell me where my country lies
    said the unifaun to her true love's eyes

  • Und sicher auch die Gewissheit, dass man die besten Alben bereits vor über 40 Jahren gemacht hat - und musikalisch nix mehr Gleichwertiges zustande kriegen würde.

    Da wette ich mal dagegen. Banks, Collins und Rutherford halten INVISIBLE TOUCH sicher für ein besseres Album als THE LAMB. Und ich bin mir auch sicher, dass sie denken, dass sie ihre beste Musik als Trio gemacht haben.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Früher in den siebziger Jahren, vielleicht auch noch etwas später, war es Usus ein Album pro Jahr rauszubringen und danach dann auf Tour zu gehen. Selbst bei CAS fühlten sich Genesis genötigt, deshalb auf Tour zu gehen. Eigentlich Blödsinn, denn ich kenne keine EU-Verordnung, die vorschreibt, dass man nach einer Veröffentlichung eines Albums gezwungen ist, auf Tour zu gehen.

    Meiner Meinung nach war CAS kompositorisch eher mau, siehe auch die ständigen Ausblendungen, die Keyboardsounds und manchmal die ein bis zwei Finger-Soli von Tony.

    Warum dann was Neues machen? Dann hätte man ja wieder, nach ungeschriebenen Gesetz, auf Tour gehen müssen.

    Wahrscheinlich sind ihnen aber auch die Ideen ausgegangen für ein neues Album, welches die Genesis-Fans zufriedenstellen könnte, oder sie hatten Schiss gerade deshalb dabei zu versagen.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Alle drei waren in den letzten Jahren zumindest aktiv am Musik machen. Mike hat Alben rausgebracht, die er mit anderen schrieb und hat getourt. Tony hat Klassikalben produziert und zum Teil selber in die Tasten gegriffen. Phil ist seit zwei Jahren auf Tournee und viele der Stücke, so wie sie gespielt werden, mussten auch erst erarbeitet werden. Am Aufwand kann es nicht liegen.


    Es wird mit dem Umstand zu tun haben, als 'Genesis' etwas Neues auf die Beine zu stellen. Haben Tony und Mike Angst vor einem weitern CAS-Fall. Logischerweise kann so ein neues Album unmöglich an die alten Erfolge anknüpfen, das heisst man müsste von vornerein mit geringeren Erwartungen starten.

    Aber zumindest Mike dürfte das nicht schrecken - mit M&M ist er weit entfernt von den erfolgreichen Jahren der Band und trotzdem macht er weiter.


    Ich denke es fehlt vor allem der Anlass, die Gelegenheit es anzugehen. Vor 2006 war Phil zumindest theoretisch nicht mehr dabei, dann kam die Tour, die sie wahrscheinlich als eine Art Schlusspunkt sahen. Seitdem hat sich keine Möglichkeit geboten. Phil ging körperlich und geistig untendurch und ist erst vor wenigen Jahren wieder 'aufgetaucht'. Erst seit 1-2 Jahren ist klar, dass er es noch drauf hat, singen kann und man mit ihm wieder arbeiten kann. Die Lösung für das Drummer-Problem ist nun auch gelöst (Nic) und beim Jammen haben sie schon früher viel mit der Drum-Machine gearbeitet.


    Sobald Phil nicht mehr tourt, müsste von irgendwoher der Schubs kommen, damit sich die drei wieder mit dieser Idee beschäftigen. Die Songs, die dann geschrieben werden, würden auch zu Phils momentanen Tonumfang passen, von daher ...

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett