TotW: [27.02.-05.03.2017]: PETER GABRIEL - Humdrum

  • Humdrum gehört für mich zum eindeutig positiv Herausstechenden des aus meiner Sicht für Gabriel-Verhältnisse noch etwas unausgegorenen und in sich unschlüssigen ersten Albums. Auf diesem tummelt sich wunderbares (vor allem Moribund The Burgermeister, Down The Dolce Vita, Here Comes The Flood und eben dieser Song hier), aber teilweise auch aus meiner Sicht langweiliges Material (Excuse Me, Waiting For The Big One). Ein fröhlicher Stilmix eines großen Musikers, der den richtigen Weg seines Solopfades erst noch ergründen musste.

    Was mir an Humdrum immer gefiel, war neben der Melodie auch Peters zerbrechlicher Gesang in den ersten Strophen und dann die raue, düstere Stimme im bombastischen Schlussteil. Allerdings gibt es auch nach knapp 31 Jahren, die mich der Song nun begleitet, einen Haken: Der Latino-Mittelteil, dem ich einfach überhaupt nichts abgewinnen kann, bevor mich dann das grandiose Finale wieder versöhnt. Umso erfreuter war ich vor einigen Jahren, als ich auf YouTube die unten verlinkte, wunderbare TV-Aufnahme (?) entdeckte, die sich auf das Wesentliche konzentrierte. Ohne Latinosounds und Drums und einem immer noch Gänsehaut erzeugenden Schlussteil. Gabriel sieht zwar hier aus, als wenn er dringend für mehrere Tage das Bett hätte hüten sollen, aber hum... äh... sei´s drum - umso beachtenswerter ist diese Performance. Für mich gibt´s für die Studioversion, die es ja letztlich zu bewerten gilt, unter Berücksichtigung der erwähnten Aspekte insgesamt 13 Punkte.


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    Einmal editiert, zuletzt von Virgil ()

  • Es gab für mich auf Peters erstem Album einige Höhepunkte, wie z.B. Solbury hill, und ein paar "so-na-ja" Stücke. Humdrum gefiel mir immer, kommt aber nicht an andere Meisterwerke von ihm heran, daher von mir 10 Punkte.

    it's one o'clock and time for lunch ...:kaffee:

  • Peter Gabriels erste LP liegt bei mir im ständigen Kampf mit der vierten um den Spitzenplatz in meinem Herzen. Der Sieg geht zwar regelmäßig an die vierte; aber im Puncto Genesis-feeling ist die erste die einzige, welches ein solches bei mir herstellen kann. Das liegt besonders an „Humdrum“: akustische Gitarren, Flöten, die Art, wie Peter intoniert, wechselnde Stimmungen, wechselnde Instrumentierung – selten hat Peter wieder so viele verschiedene Register für einen einzelnen Song gezogen. Ich werde nie dieses Gänsehautgefühl beim ersten, kompletten Anhören dieser Scheibe vergessen. Ich erwarb sie, glaube ich, auf einer Schallplattenbörse im sächsischen Eilenburg 1988 oder 1989; natürlich noch als Vinyl. Das war schon echt blöd, so eine Situation: Ob die Platte in Ordnung ist, oder nicht, konnte man nur visualisieren, Anhörmöglichkeiten gab es nicht, oder man hätte endlos lange angestanden, und den Kaufpreis als Pfand beim Verkäufer hinterlegt, der dann vielleicht weg war. Mein Exemplar sah von der Hülle und vom Vinyl her so ziemlich aus nach „na ja, wenn man sich lange genug einredet, die Scheibe wäre noch gut, mag‘s angehen“. Bezahlt habe ich 130,- Mark der DDR; ein unverschämt hoher Preis, aber was wollte man machen. Mein Netto-Verdienst lag damals vielleicht bei 750,- Mark. Kaufen, oder nicht? In der ganzen Zeit von 1977 bis 1989 habe ich nicht einen Menschen kenngelernt, der diese Scheibe auch nur komplett auf Tonband (zum Überspielen für mich) hatte; ganz zu schweigen davon, als originale LP. Auch in Budapest war sie mir nie ins Auge gefallen. Also nicht gezögert, schnell gekauft, wer weiß, wann man die Platte mal wieder angeboten bekommt. Zu Hause, dann, natürlich das Resultat, dass man als leichtes Grummeln schon vor dem Kauf gespürt hat: War ja klar, Seite zwei praktisch „fertig“, im Prinzip nicht hörbar (wurde wahrscheinlich jahrelang abgenutzt, dann nass gespielt); Seite 1 nur einfach „abgenutzt“. Was schon bei neuem Vinyl evident ist, lag hier kompensiert vor: Je näher die Nadel der Auslaurille, desto abgespielter die Platte. Besonders „Humdrum“ hatte darunter zu leiden. Das konnte mir aber nicht die Überraschung und Begeisterung verderben, als ich dieses wunderbare Stück nun endlich in der Studioversion hörte. Vorher kannte ich schon die Livefassung von „Peter Gabriel Plays Live“, aber was dort elektrisch verstärkt und synthetisch reproduziert und mit allzu lauten drums fast verdorben wurde, erklang nun in voller, akustischer Pracht. Ein Song, der mir unter die Haut geht. Immer noch. Von mir aus hätte er es auch gern bei diesem Stil belassen können. Hier liegt wirklich in der Kürze die Würze, andererseits deutet der musikalisch verspielte Charakter an, dass da durchaus mehr hätte sein können. Rätselhaft bleibt, wie ein musikalisch so anspruchsvoll-vielschichtiges, filigran gewebtes Kleinod „Stumpfsinn“ oder „Langeweile“ illuminieren soll?! Weniger als 15 Punkte geht nicht. Obwohl: der unvermittelte Anfang erscheint mir nicht perfekt; da hätte ich mir ein Vorspiel gewünscht.



    Nun zum Text: Ich denke mal, vieles, aus dem wir krampfhaft Sinn zusammenstückeln wollen, ist Wortmalerei geschuldet; as here, so at all. Trotzdem könnte es sein, dass es eine reale „Valentina“ gab (ob sie nun so hieß, oder anders, sei kaltgestellt). „Liebe schön“ – das könnte ein Hinweis auf ein deutsches Groupie sein, radegebrochenes, postkoitales Deutsch? So treu Peter im Prinzip seiner geliebten Jill gewesen sein mag; so mannigfaltig prasseln die Versuchungen auf jeden Star nach den Konzerten ein, und ob man nun immer und überall einer jeden derselben widerstehen kann – wer weiß das schon. Was aber daran ist „sächsischer Eintopf“? ;) Die Vorstellung, mit einer „normalen“ Frau ein normales Vorstadtleben zu führen? Ein anderer Mann, der die Fahrkarte in eine gemeinsame Zukunft (von Valentina und Peter?) gestern stahl, und sie in „Gewöhnung, Einerlei und Langeweile“ wandelte, indem er sich in-, und Peter aus dem Spiel brachte? Another semi-detached suburban Mr. James? Ein reines Gedankenspiel von Peter, was gewesen wäre, wenn er diesen Pfad der Musik nicht bestritten hätte; sondern stattdessen eine Büroexistenz gelebt hätte?


    Aus der Frau entfleucht jeder Mann. Will den Rest seines Lebens wieder rein, wenn er kann. ;)


  • In der Summe der Bilder, die Gabriel evoziert und benutzt, geht es , wie so oft bei Gabriel, um Mann und Frau, Beziehungen im Alltag, den Mann, der versucht dem zu entfliehen, aber am Ende wird die Kraft der Natur, des Ewigen repräsentiuert durch das Weibliche, beschrieben.

    Der Mann am Flughafen der DEIN Ticket nahm: ist es ein anderer Mann, der ein Ticket von IHR, von seiner Frau (der Frau des Beobachters) bekommen hat , den er beobachtet hat- sprich: geht es um Betrug? In der nächsten Strophe : er fährt Tandem mit dem ZUfall, nichts läuft wie geplant. Nächste Strophe: die Frau wird angesprochen-, bekommt einen Namen, Valentina: soll ich betteln? Du kochst mich weich bzw hart.. Alles in Langeweile, Eintönigkeit. Bleibt nur Fernsehen, und das ist dann der grosse Einschnitt die deep incision, ,das eizige Erlebnis in der Eintönigkeit, im Alltag.
    Das Hirn ist leer, aber immer wieder pocht es , das Herz, das einen an etwas erinnert.. an das kommt mit dem Wechsel in den bombastischen zweiten Teil, der erzählt vom großen Kreislauf des Lebens, den Urgewalten, vor denen jeder Alltag verblasst:

    Der Mann wird aus der Frau geboren und versucht sich sein Leben lang zurückzuficken in den Ursprung.
    Während des Sex ist für ihn alles gleich, as below so above, die Welt geht aus den Angeln,
    Die Tadpole, die Kaulquappe, die die dunkle weibliche Seite beschreibt, die brennt, das Erdige, die Kohle ist, die aus der dunklen Tiefe kommt..

    während er innerlich nur wegfährt und sich verliert im Echo nichtexistenter Dinge,zusieht wie sich KLang in Form verwandelt..

    (interessant ist, daß er auf der Studioversion von einer "white SCAR" singt, aber auf allen Livefassungen von einem "WHITE CAR"..was auch Sinn ergibt, da er zwei Zeilen vorher davon singt , in die Sonne GEFAHREN zu sein, Angst zu haben, zurückzublicken, von wo er kam..)
    doch was währendessen passiert , ist etwas viel Transzendenteres:

    ist das Bild des weißen Sterns, aus dem ein weißes Auto kommt und am Ende die Amöbe, die Kleine Liebe Schön..

    das Bild von Orgasmus, Sperma, Befruchtung und am Ende
    die Geburt eines Kindes?

    Here come the Cavalry!

    Einmal editiert, zuletzt von Zeb ()