Unsere Achtziger: Eine Würdigung des besten Musikjahrzehnts aller Zeiten

  • Das Buch heißt SPILLING THE BEANS ON ... MAKING IT IN MUSIC (2001), und ich möchte es an dieser Stelle nochmals empfehlen. Ist eine unterhaltsame Lektüre für alle, die Musik ihr Hobby nennen und bisweilen schon mal vom großen Durchbruch träumten.


    Danke für die Auflösungen, insbesondere für den Buch-Tipp. So habe ich ein Geburtstagsgeschenk für meinen Bruder, der Nik Kershaw (ebenfalls) sehr schätzt. :topp:

  • Die heutige Ausgabe wieder einmal mit Genesis-Bezug!


    Kapitel 19 Auf Tuchfühlung mit einer Leiche

    ODER

    Cutting Crew


    Es gibt Momente in der Rockgeschichte, da wäre man gerne dabei gewesen. Viele große Ereignisse sind darunter: Woodstock, Live Aid, das Rooftop Concert der Beatles – just to name a few.

    Manchmal sind es aber gerade die kleinen, relativ intimen Augenblicke, in denen wichtige Entscheidungen fallen. Ein solcher ist für Genesis-Fans sicher die Suche eines Nachfolgers für Phil Collins im Jahre 1996. Man kennt das Ergebnis, aber bezüglich des Prozesses gibt es bis dato kaum offizielle Verlautbarungen. Außer David Longdon (heute Frontmann von Big Big Train) und dem letztlichen Gewinner Ray Wilson ist auch Nick van Eede längere Zeit ein Kandidat. Ob er – wie wikipedia behauptet – tatsächlich als letzte verbliebene Alternative zu Wilson bis kurz vor Schluss im Rennen ist oder schon vorher ausscheidet (Longdon reklamiert den „zweiten“ Platz ebenfalls für sich), kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Aber nehmen wir aus dramaturgischen Gründen einmal an, es sei so gewesen. Van Eede gegen Wilson, England gegen Schottland. Ein musikalischer Showdown um eine vakante Popkrone. In der Jury: Tony „Pokerface“ Banks und Mike „Nuschelnase“ Rutherford. And the winner is: Ray Wilson! Bleibt die Frage: Wie kommt es zu dieser Entscheidung?


    Dass Nick van Eede überhaupt an dieser Audition teilnimmt, grenzt an ein kleines Wunder. Eigentlich ist van Eede nämlich schon lange tot. Er stirbt bereits 10 Jahre zuvor in den Armen einer unbekannten Schönheit. Da erobert der von ihm geschriebene Hit (I JUST) DIED IN YOUR ARMS seiner Band Cutting Crew die Pole Position der amerikanischen Singlecharts. Cutting Crew ist van Eedes zweites Bandprojekt, nachdem er von 1981 bis 1983 schon Mitglied der Gruppe THE DRIVERS ist. Diese hinterlässt pophistorisch zwar kaum hörenswerte Spuren, aber durch die in Kanada ansässige Plattenfirma begegnet Nick dem Gitarristen Kevin MacMichael. Beide sind sich auf Anhieb sympathisch und beschließen, gemeinsam musikalisch etwas auf die Beine zu stellen. MacMichaels prägnante Gitarrenarbeit soll neben van Eedes Stimme und Songwriting die Musik der noch zu gründenden Band entscheidend prägen. 1985 ist es dann so weit. Van Eede und MacMichael haben mit Colin Farley (bass) und Martin „Frosty“ Beedle (drums) die nötige Verstärkung gefunden – die Cutting Crew ist komplett.


    Mit BROADCAST (1986) veröffentlichen sie ein schönes Debut, welches leider im Schatten des Megahits etwas untergeht. Die Nachfolgesingle I'VE BEEN IN LOVE BEFORE (1986) bekommt immerhin noch etwas Aufmerksamkeit. Der Rest wird vom Publikum weitgehend verschmäht. Dabei ist ONE FOR THE MOCKINBIRD (1986) doch so eine großartige Rockhymne. Und mit dem Titelsong schielt van Eede sogar in die progressive Musikecke. Insgesamt besitzt BROADCAST eigentlich alle Zutaten, die ein erfolgreiches Popalbum haben muss. Ein kommerzieller Durchbruch bleibt ihm dennoch versagt. Aber es soll noch schlimmer kommen.

    Konflikte mit dem Management zwingen die Musiker zu längerer Untätigkeit. Erst 1989 erscheint mit THE SCATTERING der Nachfolger. Cutting Crew klingen hier wesentlich reifer und experimentierfreudiger. Neben dem folkig angehauchten Titelsong beeindrucken vor allem das zwischen Ruhe und Aggressivität pendelnde HANDCUFFS FOR HOUDINI, die anmutige Ballade REACH FOR THE SKY und das mördermäßig groovende FEEL THE WEDGE. Zu diesem Zeitpunkt liegt die Band bei vielen schon in der Schublade für One-Hit-Wonder. Und so wird auch THE SCATTERING ein – wenn auch großartiger - Flop.


    Nach einer Halbierung der Mitglieder (Van Eede und MacMichael machen ab 1991 alleine weiter) wird mit COMPUS MENTUS (1992) noch ein letzter Versuch unternommen, um auf die Erfolgsspur zurück zu kommen. Vergeblich.

    Und so steht Nick van Eede also 1996 nach einer Achterbahnfahrt durch die Höhen und Tiefen des Musikbusiness im Finale von „Surrey sucht den Superstar“. Im Gepäck eine Nummer Eins, eine verschlissene Band und die Hoffnung auf ein Comeback. Ähnlich wie Kollege Wilson. Kommen wir zur Ausgangsfrage zurück: Warum entscheiden sich Banks und Rutherford gegen van Eede und für Wilson? Es gibt, wie gesagt, dazu keinerlei Begründungen aus erster Hand, aber bei näherem Nachdenken nimmt eine Hypothese Gestalt an.


    Wir befinden uns im Aufnahmeraum der Fisher Lane Farm. Nick hat gerade seine Audition beendet und sitzt jetzt vor Mike und Tony. „Das war wirklich gut“, gratuliert ihm Mike. „Ja, echt beeindruckend“, sekundiert Tony. „Schwierige Entscheidung“, nuschelt Mike. „Stimmt, die anderen waren ja auch gut“, erklärt Tony. Beide schweigen. Man sieht, wie es in Mike arbeitet. „Also stimmlich bist du auf jeden Fall in der engeren Wahl.“ Erneutes Schweigen. Dann zaubert Mike eine Frage hervor: „Wie sieht's denn so mit anderen musikalischen Fähigkeiten aus?“ Nick wittert seine Chance „Ich spiele auch etwas Gitarre“, bemerkt er. „Nicht schlecht, kann man vielleicht live irgendwie einbauen“, zeigt sich Mike gönnerhaft. „Noch etwas?“ Ein letztes Schweigen. „Keyboards könnte ich auch noch beisteuern“, freut sich Nick. Mike beginnt leicht zu grinsen, während Tonys Mine sich fast unmerklich verfinstert. „Wir melden uns bei dir“, beschließt er die Unterhaltung. Den Rest kennt man.


    Definitives Lineup

    Nick van Eede – lead vocals, guitar, keyboards

    Kevin MacMichael – lead guitars, keyboards, vocals

    Colin Farley – bass guitar

    Martin „Frosty“ Beedle – drums


    Gegenwart

    Nach dem Tod von MacMichael (2002) hat Nick van Eede nach einer längeren Pause die Band reformiert und ist bis heute aktiv.


    Weiterhören und Ansehen

    I just died in your arms

    https://www.youtube.com/watch?v=6dOwHzCHfgA

    One for the mockingbird

    https://www.youtube.com/watch?v=kayqZRFoHLM

    I've been in love before

    https://www.youtube.com/watch?v=AEPnb9GdMts

    The Scattering

    https://www.youtube.com/watch?v=CtHyY5PeWFs


    Lieblingsalbum

    The Scattering


    Demnächst

    In Kapitel 20 von „Meine Achtziger“ beschäftigen wir uns mit der Frage: Ist das Kunst, oder kann das weg?

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    Einmal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • Kapitel 20 Ist das Kunst, oder kann das weg?

    ODER

    Talking Heads


    Früher öffnete den meisten Menschen der 65. Geburtstag das Tor zum Ruhestand. Ob David Byrne an seinem heutigen Ehrentag daran denken wird? Vermutlich nicht. Der Mann ist umtriebig wie eh und je. Auch ist nicht bekannt, ob er Glückwünsche von Jerry Harrison, Tina Weymouth und Chris Frantz entgegennehmen kann. Man munkelt, dass die drei auf ihren ehemaligen Bandkollegen nicht so gut zu sprechen sind, seit er sie vor fast 30 Jahren in den – in diesem Falle unerwünschten – Ruhestand schickte.


    Aber der Reihe nach. Als die drei Kunststudenten Byrne, Frantz und Weymouth sich Mitte der siebziger Jahre zu einer Band zusammen finden, ist bereits der Gründungsakt ein denkwürdiger. David (Gesang und Gitarre) und Chris (Schlagzeug) sind zunächst nur zu zweit. Gesucht wird die für notwendig befundene Verstärkung am Bass. Laut wikipedia waren die beiden „unable to find a bass player in New York City“. Klingt unglaublich, wird aber so berichtet. Gelöst wird das Problem dadurch, dass sie Chris' Freundin Tina einen Bass in die Hand drücken und sagen: Mach du mal! Und die macht das dann als „angelernte Fachkraft“ sogar erstaunlich gut. Zwar wird die Rhythmusgruppe Frantz/Weymouth auch später nie Preise für Variabilität und Virtuosität gewinnen, aber das oft simple Grundgerüst, das sie basteln, ist der ideale Boden, auf dem Byrne seine Songideen entwickeln kann. Mit Multiinstrumentalist Jerry Harrison als viertem Rad ist die Popkünstlerkutsche dann komplett und fahrtüchtig.


    Das Debutalbum ist eher sparsam instrumentiert und noch nah am New Wave gebaut, zeigt aber mit Songs wie PSYCHO KILLER (1977) schon, wie gut man mit einfachen Mitteln Popmusik auf den Punkt bringen kann. Auf den nächsten drei Alben kooperiert die Band mit Brian Eno und gemäß der Maxime „Kunststudenten treffen Nichtmusiker“ werden jede Menge Experimente gewagt, die sich teilweise deutlich vom musikalischen Mainstream entfernen. Neben Sampling und den für Eno typischen elektronischen Effekten gewinnen Einflüsse aus Funk und afrikanischer Musik immer mehr an Bedeutung.

    Höhepunkt dieser Zusammenarbeit ist das Album REMAIN IN LIGHT (1980) mit dem in gleichem Maße verstörenden wie großartigen ONCE IN A LIFETIME, einer Mischung aus postmoderner Sinnsuche und Gardinenpredigt, die lediglich im Refrain etwas Aufheiterung erfährt. Und dann dieses durchgeknallte Video verbunden mit der Frage: Was hat sich der gute David da nur eingeworfen?


    Drei Jahre vergehen. Die Talking Heads machen ohne Eno weiter und veröffentlichen einen Song, der ihr größter Hit werden soll: BURNING DOWN THE HOUSE (1983).

    Garniert wird ein immens tanzbarer Grundrhythmus mit Schrammelgitarren und Extra Tom-Fills, während Byrnes Gesang abermals zwischen schön und schräg wandelt. So also klingt die Disco für weiße Akademiker. Die Nummer ist gut, allerdings ist sie für mich einer der wenigen Fälle, bei denen mich eine Coverversion mehr anmacht als das Original.

    Die Interpretation von Tom Jones und den Cardigans (1999) überzeugt nicht nur durch Jones, sondern besitzt mit schönen Bläsersätzen und neuen Basslinien klare Pluspunkte.


    Meine Lieblingsperiode der Talking Heads beginnt 1985, nachdem Byrne seinen künstlerischen Habitus ein wenig ad acta legt und zeigt, dass popmusikalische Eingängigkeit nicht flach klingen muss. Mit ROAD TO NOWHERE (1985), AND SHE WAS (1985) und WILD WILD LIFE (1986) schüttelt er drei Songperlen aus seinem Ärmel. Die zugehörigen Videos sind auch echte Hingucker und bescheren der Band eine solide Präsenz im Musikfernsehen. Byrne ist mehr denn je der klare Bandchef, und seine drei Mitstreiter werden immer mehr zu Randfiguren degradiert. Somit ist es nicht wirklich überraschend, dass es nach einem letzten Album (NAKED, 1988) zur Trennung kommt.


    David Byrne geht den Weg, den so viele Sänger vor ihm gegangen sind, denen ihr Bandgefüge zu eng wurde. Sein musikalisches Talent sichert auch der Solokarriere ein ausreichendes Maß an Aufmerksamkeit und Prosperität. Für Frantz, Weymouth und Harrison hingegen bedeutet der Tod der Band das Ende der musikalischen Relevanz.

    Der fast schon trotzige Versuch, es unter dem Namen THE HEADS als Trio ohne David Byrne zu schaffen, wird zum Rohrkrepierer. Das Album NO TALKING, JUST HEAD (1996) ist ein regelrechter Offenbarungseid einer Resterampe, die will, aber nicht kann.

    Ist schon irgendwie ungerecht: Einer geht, drei bleiben übrig, und nur der eine darf weiter Erfolge feiern. Aber hier geht es ja nicht um Demokratie, sondern um musikalische Qualität. Einer von vier Kunststudenten erweist sich langfristig als begnadeter Musiker. Eigentlich gar keine so schlechte Quote...


    Definitives Lineup

    David Byrne – vocals and guitar

    Tina Weymouth – bass

    Jerry Harrison – keyboards and guitar

    Chris Frantz – drums


    Gegenwart

    Die Band gibt es seit fast 30 Jahren nicht mehr, und eine Wiedervereinigung ist mehr als unwahrscheinlich.


    Weiterhören und Ansehen

    Once in a lifetime

    https://www.youtube.com/watch?v=I1wg1DNHbNU

    And she was

    https://www.youtube.com/watch?v=5gzM0hW2aQ0

    Wild wild life

    https://www.youtube.com/watch?v=bWP07YgUWig


    Zum Vergleichen

    Burning down the house (Original)

    https://www.youtube.com/watch?v=u06DpcFXc4U

    Burning down the house (Tom Jones + Cardigans)

    https://www.youtube.com/watch?v=iYuldgIOelY


    Lieblingsalbum

    Little Creatures


    Demnächst

    In Kapitel 21 von „Meine Achtziger“ widme ich mich Mr. Movie.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

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  • Etwas Feedback von mir:


    Auch ich empfehle wie Abbacab Nik Kershaws "Spilling The Beans", denn es ist witzig und in kurzer Zeit durchgelesen. A propos witzig: Seine 2012er Live-DVD (über seine Website) ist super, was Titel und Spielfreude angeht, nur er selbst sieht die ganze Zeit aus als sei er schlecht gelaunt.


    Cutting Crew hatten sehr schöne Songs mit eingängigen, einschmeichelnden Melodien. ONE FOR THE MOCKINGBIRD war da fast schon der rockige Ausreisser. Ich habe auch hier alle Alben, höre aber am liebsten die ersten beiden.


    Die Talking Heads entdeckte ich über den Kinofilm "Stop Making Sense", wobei ich nicht weiß, wie es mich darin verschlagen hat. Der Film ist als Konzertfilm sehr interessant aufgebaut und das Interesse bewirkte den Kauf vieler Alben. Die Musik fand ich gut, aber Byrne als Sänger war nicht so mein Fall, weshalb meine anfängliche Begeisterung auch schnell wieder nachließ. Frantz und Weymouth hatten mit dem Tom Tom Club und vor allem "Genius of Love" einen ziemlichen Hit in den Diskotheken:
    https://www.youtube.com/watch?v=ECiMhe4E0pI

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

    Einmal editiert, zuletzt von pealmu ()

  • Frantz und Weymouth hatten mit dem Tom Tom Club und vor allem "Genius of Love" einen ziemlichen Hit in den Diskotheken:
    https://www.youtube.com/watch?v=ECiMhe4E0pI


    Stimmt, die Nummer begegnete mir unlängst auch auf dem Soundtrack zu TSCHICK.


    Der Song basiert auf einem schönen zweitaktigen Motiv, hätte aber deutlich kürzer ausfallen können. So nett dieser Groove ist, so wenig trägt er einen fünfminütigen Song.
    Dies illustriert auch gut, warum es ohne Byrne nicht weiter ging.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Ein neuer Sonntag, ein neuer Künstler!


    Kapitel 21 Mr. Movie

    ODER

    Kenny Loggins


    Heute vor genau 31 Jahren kommt der Film TOP GUN in die deutschen Kinos. Er handelt grob gesagt von starken Jungs, die ein wenig Krieg spielen, und einer schönen Frau, die von ihnen begehrt wird. Dabei wird eine äußerst vorhersehbare Handlung mit leicht imperialistischem Gedankengut und viel Herz-Schmerz-Kitsch verrührt. Logistische und finanzielle Unterstützung für die Dreharbeiten kommt ganz explizit vom US-Verteidigungsministerium. In der Ära Trump würden sich in Europa wohl nur wenige Fans für eine derartige Stilisierung amerikanischen Heldentums erwärmen können. Damals aber rennen alle ins Kino, und selbstverständlich bin ich auch dabei.


    TOP GUN ist jedoch auch in anderer Hinsicht ein bemerkenswerter Film. Er ist quasi der Prototyp einer neuen Form von Musikvermarktung auf der großen Leinwand. Von den 10 Stücken des Soundtracks werden 6 als Singles ausgekoppelt (4 davon werden Charthits). Film und Soundtrack führen sich dabei gegenseitig zum Erfolg, Blockbuster produzieren Bestseller und umgekehrt – ein in den Achtzigern weit verbreitetes Konzept.

    Mit dabei auf unserem musikalischen Flugzeugträger an vorderster Front: Die Megaballade und Numero Uno TAKE MY BREATH AWAY (1986) von der Gruppe Berlin (komponiert übrigens von Giorgio „Flashdance“ Moroder). Gleich dahinter lauert der unvermeidliche Kenny Loggins mit dem Rocker DANGER ZONE (1986).


    Dabei sieht es zunächst gar nicht so aus, als ob Loggins hier zum Zuge kommen soll. Am Anfang sind nämlich Toto als Interpreten für diesen Song im Gespräch. Rechtliche Streitereien zwischen den Filmproduzenten und Totos Management verhindern aber die Beteiligung meiner Lieblingsband. Wobei es sicher spannend gewesen wäre, diese Nummer mal mit einer echten Rhythmusgruppe zu hören. Nun gut, es soll nicht sein.

    Als nächstes kontaktiert man keinen geringeren als Bryan Adams. Der winkt ab, weil er den kriegsverherrlichenden Charakter des Films nicht unterstützen möchte.

    An dritter und vierter Stelle versucht man die Schmalzrocker REO Speedwagon und Sonnenbrillenträger Corey Hart in die „Gefahrenzone“ zu holen. Beide wollen jedoch lieber einen eigenen Song im Film unterbringen, als einen fremden interpretieren. Wird also wieder nichts.

    Tja, wen könnte man jetzt noch anrufen? Na wen wohl? Aber klar, wie konnte man ihn nur vergessen? Kenny „Soundtrackkönig“ Loggins heißt der Mann der Stunde. Und das völlig zu Recht.


    Bereits 1980 landet Kenny mit I'M ALRIGHT aus dem Film CADDYSHACK einen Top 10 Hit. Und mit FOOTLOOSE (1984) aus dem gleichnamigen Streifen erklimmt er sogar die Spitze der Charts. Nun also DANGER ZONE. Loggins überlegt nicht lange und ergreift die Chance. Als Lohn gibt es Platz 2 in den Charts und – REO Speedwagon und Corey Hart sollten jetzt besser weghören – Platz für einen zweiten, eigenen Song auf dem Soundtrack, den Loggins mit PLAYING WITH THE BOYS angemessen füllt.

    Ein Jahr später kommt der Film OVER THE TOP in die Kinos, und wieder ist Kenny Loggins mit von der Partie. MEET ME HALF WAY (1987) heißt sein Beitrag zum Soundtrack.

    Und als die Macher von CADDYSHACK im Jahre 1988 ein Sequel ihres Films drehen, kann es natürlich nur einen geben, der dazu einen Song beisteuert. Nein, nicht den Highlander, sondern Kenny „und jährlich grüßt“ Loggins, der sich mit NOBODY'S FOOL auf einem weiteren Soundtrack verewigt. Und diese Nummer ist nun wirklich ein verdammt gutes Lied.


    Viel mehr kann ich an dieser Stelle über Herrn Loggins nicht berichten. Ich erinnere mich, in ein Album (BACK TO AVALON, 1988) reingehört, es aber dann doch nicht gekauft zu haben. Und gäbe es einen Oscar für cineastisch-musikalische Emsigkeit, Loggins wäre der natürliche Kandidat für diesen Preis. Alles in allem ist er einer der durchaus angenehmen 80er-Musiker, über die ich immer mal wieder stolpere, ohne mich allzu lange bei ihnen aufzuhalten. Nur einmal, beim Betrachten seines Videoclips zum Song FOR THE FIRST TIME (ein Filmsong, man glaubt es kaum...), spüre ich ein leichtes Schaudern: Ohne Bart sieht der Mann echt blöd aus.


    Definitives Lineup

    Kenny Loggins – vocals, guitar


    Gegenwart

    Loggins ist nach wie vor aktiv und auch weiterhin gerne Soundtrackgast (zuletzt war er in der Parodie Donald Trump's The Art of the Deal zu hören).


    Weiterhören und Ansehen

    Footloose

    https://www.youtube.com/watch?v=ltrMfT4Qz5Y

    Danger Zone

    https://www.youtube.com/watch?v=siwpn14IE7E

    Nobody's fool

    https://www.youtube.com/watch?v=S5N6-38EhLE


    Lieblingsalbum

    hab ich keins, also nehmen wir den Soundtrack von TOP GUN


    Demnächst

    In Kapitel 22 von „Meine Achtziger“ beschäftige ich mich mit Rockys Rock Show.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

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  • Gestern Konzert gehabt, deshalb heute mit etwas Verspätung...


    Kapitel 22 Rockys Rock Show

    ODER

    Survivor


    Da

    Da da da

    Da da da

    Da da daaa

    (ein Überlebenskünstler unter den Gitarrenriffs)


    Ich denke, es ist an der Zeit, einmal über das Alter zu sprechen. Wer wie ich die Musik der Achtziger „live“ miterlebt hat, wird sich heute kaum als jung bezeichnen können. Dreißig Jahre liegen zwischen damals und jetzt, und der Blick in den Spiegel (oder auf die Waage) spricht Klartext. Bei mir bedeutet dies eine deutliche Zunahme von Kilos und grauen Haaren. Immerhin: Die Haare sind noch alle da.


    Der Musik der 80er wird oft nachgesagt, sie sei „schlecht gealtert“. Natürlich weiß ich, was damit gemeint ist. Einschlägige Kritik bezieht sich auf für die damalige Zeit typische Gitarren- und Synthisounds, sowie auf längst ausgestorbene Instrumente (z.B. trapezförmige Gitarren a la Steinberger und Simmons Drums), Frisuren und Mode. Zugegeben: Viele Musiker aus dieser Zeit sind unschwer als Vertreter dieser Dekade zu identifizieren. Aber ist das ein Beleg für „schlechtes Altern?“

    Ich möchte da Widerspruch einlegen. Ich finde es im Gegenteil wohltuend, wenn man Dingen ansehen/anhören kann, dass sie alt sind. Niemand sollte sich dafür schämen müssen, mit einer bestimmten Zeit in Verbindung gebracht zu werden. Und im Grunde ist die vermeintlich „gut gealterte“ Musik, der man auch gerne das Prädikat zeitlos anheftet, oft eine heimatlose Veranstaltung ohne Koordinaten in Zeit und Raum.


    Unsere heutigen Protagonisten heißen Survivor und sind stilistisch auch unverkennbar ein Kind jener Zeit. Ihr melodieöser Poprock gehört zum klassischen Mainstream meiner Jugend. Mit EYE OF THE TIGER tragen sie sich Anfang der 80er in die Liste der besten Gitarrenriffs aller Zeiten ein – gleich zwischen SMOKE ON THE WATER (1972) und OWNER OF A LONELY HEART (1983).

    Die Band um die beiden Hauptsongwriter Frankie Sullivan (Gitarre) und Jim Peterik (Keyboard) profitiert dabei auch vom Erfolg Rocky Balboas, in dessen drittem Leinwandauftritt das Tigerauge für die prägnante musikalische Untermalung sorgt. Das ist heute übrigens exakt 35 Jahre her. Als ein paar Jahre später Rocky IV ins Kino kommt, kommt es zur Wiederauflage des Teams Stallone-Survivor. Abermals mit beeindruckendem Erfolg. BURNING HEART wandert erneut in höchste Chartregionen. Dass die Band zwischenzeitlich ihren Sänger ausgestauscht hat (Jimi Jamison ersetzt 1984 Dave Bickler), werden die meisten kaum bemerkt haben.

    HIGH ON YOU, I CAN'T HOLD BACK, THE SEARCH IS OVER – die Liste der guten Survivorsongs ließe sich noch fortsetzen.


    Von Zeit zu Zeit feiere ich ein Wiederhören mit dieser Musik. Dann schließe ich die Augen und reise gedanklich zurück in meine Jugend. Ich denke an meine ersten eigenen musikalischen Gehversuche, sehe mich mit Tennisschläger (eine Gitarre besitze ich damals noch nicht) vor dem Spiegel posen und entdecke in diesen Erinnerungen nicht einen einzigen Moment an Peinlichkeit. Denn alles war gut so, wie es war. Heute erlebe ich oft, wie sich Altersgenossen von vielem Damaligen distanzieren wollen.

    Sylvester Stallone? Mein Gott, wie oberpeinlich. Und Survivor? Total schlecht gealterte Mucke. Ich hingegen habe keine Berührungsängste mit dieser Vergangenheit. Ich kann immer noch nachvollziehen, warum ich vor 30 Jahren Feuer und Flamme für diese Art von Musik bin. Darin steckt so viel Kraft und positive Energie, und die ist heute immer noch spürbar.


    Definitives Lineup

    Jimi Jamison – lead vocals

    Frankie Sullivan – lead guitars, vocals

    Jim Peterik – keyboards, rhythm guitar, vocals

    Stephan Ellis – bass, vocals

    Marc Drubay – drums


    Gegenwart

    Die Band tourt nach wie vor, allerdings ist von der Originalbesetzung nur noch Frankie Sullivan mit dabei. Im Jahre 2014 verstarb Jimi Jamison.


    Weiterhören und Ansehen

    Eye of the tiger

    https://www.youtube.com/watch?v=btPJPFnesV4

    Burning heart

    https://www.youtube.com/watch?v=Kc71KZG87X4

    I can't hold back

    https://www.youtube.com/watch?v=Kc71KZG87X4

    The search is over

    https://www.youtube.com/watch?v=xELTfJ-ZVBc


    Lieblingsalbum

    Vital Signs


    Demnächst

    In Kapitel 23 von „Meine Achtziger“ machen wir eine Reise von Bath zur Weltherrschaft.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    2 Mal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()