Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • (...) Quod licet bovi, et licet Iovi: Was der kleine Mann tut, darf er dem Staat nicht vorwerfen.


    Moment mal, eigentlich heißt es doch: Quod licet Iovi non licet bovi,


    also was dem Jupiter erlaubt es, ist dem Ochsen (dem kleinen Mann?) (noch lange) nicht erlaubt...:)

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.

    • Offizieller Beitrag

    Moment mal, eigentlich heißt es doch: Quod licet Iovi non licet bovi, also was dem Jupiter erlaubt es, ist dem Ochsen (dem kleinen Mann?) (noch lange) nicht erlaubt...:)


    Das stimmt, aber als alter Lateiner habe ich mir erlaubt, das geflügelte Wort zu variieren (die ursprüngliche Blickrichtung ist ja genau andersherum). Ich hätte auch schreiben können: "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen" oder fragen "Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?" oder "Ein jeder kehr vor seiner Tür / da hat er Dreck genug dafür."


  • Dein anderes Beispiel ist ebenso symptomatisch. Keiner will den Atommüll haben - aber weg muss er trotzdem. Hast DU die Lösung? Wie kannst Du da den Parteien Versagen vorwerfen.


    Nein, natürlich habe ich keine Lösung für dieses Jahrhundertproblem.
    Ich mache allerdings auch nicht das Versprechen, in 14 Jahren eine gefunden zu haben.
    Versagen der Politik sehe ich hier in zweierlei Hinsicht.
    Erstens natürlich das Hauptversagen in der Jahre langen Nutzung einer Energieform, ohne dass für den anfallenden gefährlichen Müll die Entsorgungsfrage geklärt ist. Ist nun leider passiert, also "Schwamm drüber".
    Zweitens in der Darstellung, dass mit dem neuen Gesetz nun einer Lösung substanziell näher rückt. Das ist für mich unehrliche Propaganda, da man Stand heute noch nicht mal weiß, wie man mit der Sauerei in der Asse fertig wird. Vielleicht wäre es zielführender, erst einmal dieses Problem zu lösen, bevor man den ganz großen Wurf in der Endlagersuche angeht.


    Entsorgst, deponierst und verwaltest du eigentlich deinen eigenen Hausmüll? Nein: die Abfallbetriebe der Stadt oder des Kreises kommen und entsorgen deinen Hausmüll (wie und wohin auch immer), und dafür entrichtest du Müllgebühren. Du bezahlst also andere dafür, dass dein eigenes Problem gelöst wird. Und dir würde nicht im Traum einfallen, dieses Verhalten als "dein persönliches Versagen" zu bezeichnen.


    Natürlich delegiere ich die Entsorgung meines Hausmülls an die städtische Müllabfuhr.
    Dieses aber mit der Verschiffung von hochgefährlichem deutschen Abfall in eh schon benachteiligte Regionen zu vergleichen, halte ich für zynisch.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    • Offizieller Beitrag

    Natürlich delegiere ich die Entsorgung meines Hausmülls an die städtische Müllabfuhr. Dieses aber mit der Verschiffung von hochgefährlichem deutschen Abfall in eh schon benachteiligte Regionen zu vergleichen, halte ich für zynisch.


    Ich beziehe mich auf deine Äußerung: "Grunddevise deutscher Politik: Andere dafür bezahlen, dass die eigenen Probleme gelöst werden." Wir sind uns einig, dass dort kein konkretes Thema genannt wird?
    Auf dieser Basis vergleiche ich deine beiden Haltungen:
    1. Du bezahlst andere dafür, dass dein Problem (z.B. Müll) gelöst wird. Das ist offensichtlich okay für dich.
    2. Der Staat bezahlt andere dafür, dass sein Problem (z.B. Müll) gelöst wird. Das ist offensichtlich NICHT okay für dich, sondern Versagen.


    Daraus folgt:
    Entweder versagst du jeden Tag selbst nach den Maßstäben, die du setzt -
    oder es ist kein Versagen deinerseits, dann ist es auch kein Versagen des Staates -
    oder du legst für dich wesentlich lockerere Maßstäbe an als für andere.


  • 2. Der Staat bezahlt andere dafür, dass sein Problem (z.B. Müll) gelöst wird. Das ist offensichtlich NICHT okay für dich, sondern Versagen.


    Dein Denkfehler liegt darin, dass im zweiten Fall, dass Problem nicht gelöst, sondern nur verlagert wird. Der radioaktive Müll liegt dann weit weg von Deutschland irgendwo herum.
    Das Problem haben dann andere.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    • Offizieller Beitrag

    Dein Denkfehler liegt darin, dass im zweiten Fall, dass Problem nicht gelöst, sondern nur verlagert wird. Der radioaktive Müll liegt dann weit weg von Deutschland irgendwo herum.
    Das Problem haben dann andere.


    Haargenau. Aber wenn du glaubst, dass mit deinem Hausmüll anders sei, ist das reichlich naiv.


    Sobald der Müllwagen da war, ist dein Problem mit deinem Müll für dich gelöst. Aber dein Müll ist noch da. Im Müllwagen von jemand anderen, den du dafür bezahlt hast, dass er dir deinen Müll abnimmt. Und das Problem "wohin mit dem Müll?" ist auch nicht gelöst. Es ist nur einfach nicht mehr dein Problem. Das bedeutet: Du bezahlst andere dafür, dass sie deine Probleme lösen, indem sie deine Probleme zu ihren Problemen machen. Und was du selbst machst, steht dir nicht zu, bei anderen als Versagen zu brandmarken - es sei denn du, stempelst dein eigenes Handeln gleich mit als Versagen.

  • martinus, du verkennst in deiner Argumentation, dass es sich um zwei völlig verschiedene Arten von Müll handelt. Wir müssen das aber hier nicht weiter diskutieren.
    Mir ging es um die ethische Dimension des Handelns, und da wirst du mir sicherlich zustimmen, dass die Arbeit der städtischen Müllabfuhr im Gegensatz zur Verschickung radioaktiver Altlasten in die Dritte Welt relativ unproblematisch ist.
    Oder um es mit Blick auf die Aussage "Andere dafür bezahlen, dass die eigenen Probleme gelöst werden" zu konkretisieren: Ich finde es nicht in Ordnung, wenn ein Staat für Leistungen bezahlt, die ethisch zu verurteilen sind.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    • Offizieller Beitrag

    Oder wenn man schon derartige Vergleiche bemüht: Das Problem sollte dort gelöst werden, wo es verursacht wird. Um mal beim "Hausmüll"-Beispiel zu bleiben: In Deutschland verursachter Hausmüll hat auch in Deutschland ordentlich entsorgt zu werden. Auch hier wäre es moralisch mindestens fragwürdig einen Dritten Welt Staat dafür zu bezahlen, dass man den deutschen Hausmüll einem dortigen Einwohner vor dessen Haustür kippt.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von mutzelkönig

    Mir ging es um die ethische Dimension des Handelns.


    Mir ging es darum, festzuhalten, dass es prinzipiell dasselbe ethische oder unethische Handeln ist: A bezahlt B, damit B das Problem von A für A löst... egal was dann B mit dem Problem macht. Das gilt für den Staat genauso wie für dich und für mich. Richtig oder falsch? Wie lautet deine Antwort auf diese erste Frage, mutzel?
    Wenn man den Fall "ich bezahle B, damit B mein Problem für mich löst" und den Fall "der Staat bezahlt B, damit B das Problem des Staates für ihn löst" unterschiedlich bewertet, ist das (ich formuliere es mal zurückhaltend: ) in der ethischen Haltung inkonsequent. Richtig oder falsch? Wie lautet deine Antwort auf diese zweite Frage, mutzel?


    Sobald ich weiß, wie deine Antworten auf diese beiden Fragen lauten, lässt sich abschätzen, ob es sich lohnt, die Anwendung des Ganzen auf das Thema "Müll" zu diskutieren. Vorher ist es sinnfrei. Wir brauchen erstmal geklärte Grundlagen.