Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

    • Offizieller Beitrag

    Dafür könnte man mal über die folgenden Leitfragen nachdenken:
    - Welche Politiker haben in der Vergangenheit gelogen?
    - Welche Politiker haben gravierende Fehler gemacht und dann keine Verantwortung übernommen?
    - Welche Politiker unterliegen dem massiven Einfluss von Lobbyisten?
    - Welche Politiker haben keinerlei Ahnung von Leben und Problemen des einfachen Bürgers?
    undsoweiterundsofort...


    Es ist natürlich einfach, mit rhetorischen Fragen Ressentiments hervorzurufen und Antworten zu suggerieren (denn es ist ja klar, auf welche Antwort du zielst). Dass deine Lieblingspartei davon - vielleicht - nicht getroffen wird, liegt daran:
    Die Vertreter der von dir beworbenen Partei haben bislang einfach zu wenig Erfolg gehabt, um an den oben genannten Maßstäben gemessen zu werden. Ich sage dir allerdings auf den Kopf zu, dass Lobbyisten auf jede Partei, die einen gewissen Einfluss erreicht, einwirken wollen und werden. Mag sein, dass die Leute aus deiner Lieblingspartei nicht von Lobbyisten bearbeitet werden - vielleicht nicht, vielleicht noch nicht, vielleicht werden sie das auch schon. Aber zu glauben, dass sie so wundervoll unschuldig-heiligmäßig bleiben würden, wenn sich ein gewisser Erfolg einstellt - das ist noch blauäugiger als die AfD uns gerne hätte.


    Und die Bezeichnung "Witzpartei" wird dem satirischen (und daher durchaus auch ernsthaften) Ansatz nicht wirklich gerecht, zumal man mit Serdar Somuncu einen Kanzlerkandidaten aufgestellt hat, der mit seinen intellektuellen und rhetorischen Fähigkeiten viele etablierte Politiker ziemlich alt aussehen lässt.


    Also ich finde es witzig, wenn eine Partei, die in NRW von etwas über 50.000 Leuten gewählt wird und von der 5%-Hürde genausoweit entfernt ist wie die 5%-Hürde von einer absoluten Mehrheit, einen Kanzlerkandidaten aufstellt.

  • Es ist natürlich einfach, mit rhetorischen Fragen Ressentiments hervorzurufen und Antworten zu suggerieren (denn es ist ja klar, auf welche Antwort du zielst). Dass deine Lieblingspartei davon - vielleicht - nicht getroffen wird, liegt daran:
    Die Vertreter der von dir beworbenen Partei haben bislang einfach zu wenig Erfolg gehabt, um an den oben genannten Maßstäben gemessen zu werden.


    Absolut treffend. Und mutzels Fragen sind damit alles andere als entwaffnend, verraten vielmehr eine realpolitische Naivität, die über die meine wohl noch deutlich hinausgeht - und ich bin da schon ein einigermaßen schwerer Fall. Na ja.

  • Absolut treffend. Und mutzels Fragen sind damit alles andere als entwaffnend, verraten vielmehr eine realpolitische Naivität, die über die meine wohl noch deutlich hinausgeht - und ich bin da schon ein einigermaßen schwerer Fall. Na ja.


    Du findest meine Heransgehensweise naiv? Vielleicht ist sie das.
    Andererseits: Findest du es in Ordnung, wenn Politiker lügen oder schwere Fehler machen, ohne dafür Verantwortung übernehmen zu wollen. Sicher nicht.
    Und genau darum geht es.
    Ich als Wähler habe keine Lust mehr, mich für dumm verkaufen zu lassen.
    Und ich bin auch nicht gewillt zu akzeptieren, dass es nicht anders/besser geht.
    Vielleicht sind das aus realpolitischer Sicht hohe Ansprüche. Aber wenn wir als Wähler keine hohen Ansprüche mehr haben, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir tagtäglich niedriges Niveau geboten bekommen.



    martinus:
    Ich würde auch niemals behaupten, dass es Parteien gibt, die völlig unschuldig sind oder überhaupt keinem Einfluss von außen unterliegen. Ich denke aber, dass es z.B. hinsichtlich der Verbindung zwischen Politik und Kapital bei den einzelnen Parteien deutliche Unterschiede gibt.


    Dass du die Kanzlerkandidatur von Somuncu witzig findest, geht auch voll in Ordnung.
    Der findet sie nämlich wahrscheinlich selbst auch witzig.

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    • Offizieller Beitrag

    Ich als Wähler habe keine Lust mehr, mich für dumm verkaufen zu lassen.


    Und dann unterstützst du eine Partei, die sich satirisch nennt, also nicht ernstzunehmen ist, weil ... ja, warum? Weil die keine Ziele nennen, die sie gegebenenfalls nicht einhalten können? Wie verbessern sie denn dann die Zustände (sofern sie denn schlecht sind, worüber man je nach persönlichen Umständen höchst unterschiedlicher Ansicht sein kann)?


    Zitat

    Vielleicht sind das aus realpolitischer Sicht hohe Ansprüche. Aber wenn wir als Wähler keine hohen Ansprüche mehr haben, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir tagtäglich niedriges Niveau geboten bekommen.


    Wenn ich mal Zeit habe, blättere ich mal nach, wer mir in diesem Faden schon mehrfach "hohe Ansprüche" vorgeworfen hat. Ich finde es gut, dass du deine Ansprüche jetzt höher setzst.


    Zitat

    martinus:
    Ich würde auch niemals behaupten, dass es Parteien gibt, die völlig unschuldig sind oder überhaupt keinem Einfluss von außen unterliegen. Ich denke aber, dass es z.B. hinsichtlich der Verbindung zwischen Politik und Kapital bei den einzelnen Parteien deutliche Unterschiede gibt.


    Ich hatte fast den Eindruck, dass du genau das getan hättest, indem du alle anderen Parteien (außer dieser einen) die Einhaltung dieser hohen Standards absprichst.


    Einen Gedanken möchte ich aber noch zu der allgemeinen Verteufelung der "Einflüsse von außen" vorbringen: Ich finde Lobbyismus nicht schlimm, solange es im Ganzen am Ende zu einem Ausgleich der Interessen kommt. Wir wollen uns auch darüber im Klaren sein, dass ich selbst Lobby-Arbeit betreibe, wenn ich zum Abgeordneten (oder zum Kandidaten) meines Wahlkreises hingehe und ihm erzähle, dass mehr Fahrradwege total super wären: Dann nimmt der Autoverkehr in seinem Wahlkreis ab, es gibt genug Parkplätze für die Bewohner seines Wahlkreises, die Luft wird ein bisschen sauberer in seinem Wahlkreis, und alle Leute sind ihm dankbar dafür, dass er sowas tolles bewirkt.
    Problematisch ist die verdeckte, unbekannte Lobbyarbeit. Einmal die finanzielle. Wenn ich weiß: "Mein" Abgeordneter bekommt für "Beratertätigkeiten" oder "Vorträge" viel Geld von, sagen wir, KraussMaffeiWegmann, dann weiß ich auch: Der wird sich wahrscheinlich nicht so heftig gegen Rüstungsexporte aussprechen wie jemand anderes. Ich kann die Lage beurteilen und den anderen Kandidaten wählen. Desgleichen bei Parteien.
    Richtig schlimm finde ich die strukturelle Lobbyarbeit: Es ist okay, wenn ein Minister sich Experten heranholt, um ein neues Rüstungskontrollgesetz auszuarbeiten. Man kann nicht alles in aller Tiefe kennen und durchdringen. Dafür hat man dann erfahrene Zuarbeiter. Aber nicht okay ist es, wenn in dem Expertengremium, das ein neues Rüstungskontrollgesetz ausarbeiten soll, die Experten von Heckler & Koch, von KMW, Eurocopter sitzen. Und Herr Feigenblatt von der Stiftung Weltfrieden. Entsprechend sieht der Gesetzentwurf dann aus.
    Aber: Diese Situation ist erstmal dieselbe, ganz egal, welcher Partei Herr/Frau Minister angehört. Und nicht immer sind die Verflechtungen so offensichtlich. (Für die Versicherungswelt kann man Verstörendes hier (correctiv.org) nachlesen.


    Kurz gesagt: Wichtig ist mir nicht unbedingt Abschaffung von Lobbyismus, sondern Offenlegung von Lobbyismus.

  • Und dann unterstützst du eine Partei, die sich satirisch nennt, also nicht ernstzunehmen ist, weil ... ja, warum? Weil die keine Ziele nennen, die sie gegebenenfalls nicht einhalten können? Wie verbessern sie denn dann die Zustände (sofern sie denn schlecht sind, worüber man je nach persönlichen Umständen höchst unterschiedlicher Ansicht sein kann)?


    Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor.
    Gute Satire ist kein dummes Herumblödeln, sondern hat einen sehr realen und ernsthaften Kern.
    Gute Satire ist auch nicht unpolitisch, sondern im Gegenteil sehr politisch.


    Hier mal beispielhaft: Martin Sonneborn über die Erdogan-Türkei:
    https://www.youtube.com/watch?v=I5EHpatjyAk


    Wer Serdar Somuncu in einer seiner zahlreichen Talk-Auftritte erlebt hat, weiß, dass dieser Mann auch für klare politische Haltungen steht. Wer sich diesbezüglich informieren möchte, kann dies mit relativ wenig Aufwand tun.


    Im Moment ist DIE PARTEI sicher vorrangig eine politische Protestbewegung. Sie bietet damit eine weitere Alternative für Menschen, die mit den etablierten Parteien unzufrieden sind. Ob das Grund genug ist, um ihnen bei Wahlen die eigene Stimme zu schenken, muss jeder selbst entscheiden.

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    Einmal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

    • Offizieller Beitrag

    Ich als Wähler habe keine Lust mehr, mich für dumm verkaufen zu lassen.
    Und ich bin auch nicht gewillt zu akzeptieren, dass es nicht anders/besser geht.


    Und dann eine Partei wählen, die alles aus Prinzip ins Lächerliche zieht und erst gar nichts wirklich ernsthaftes will außer sich aus allem einen Jux zu machen? Akzeptierst du nicht gerade mit dieser Wahl, dass es angeblich nicht besser geht? Du führst deine eigene Aussage durch die Wahl dieser Partei selbst ins Absurde.

  • Und dann eine Partei wählen, die alles aus Prinzip ins Lächerliche zieht und erst gar nichts wirklich ernsthaftes will außer sich aus allem einen Jux zu machen?


    Bitte sieh dir mal den in meinem letzten Posting verlinkten Clip an.
    Da übt Sonneborn - satirisch verpackt - durchaus ernsthafte Kritik, sowohl an der Regierung Erdogan, als auch an der Regierung Merkel.


    Und diese klare Wortwahl gerade gegenüber Erdogan, zu der sich in letzter Zeit kaum ein Vertreter der etablierten Parteien in der Lage sah, ist für mich der Beweis, dass es anders bzw. besser geht.

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    • Offizieller Beitrag

    Aber die EU ist nicht Europa. Man kann sowohl für Europa, als auch gegen die EU sein.
    Norwegen und die Schweiz machen das so, und ich habe nicht den Eindruck, dass sie ihren Status bereuen. Das sind stabile Demokratien und Länder, denen es wirtschaftlich gut geht.


    Sorry Mutzel, das ist ein ziemlicher Käse. Du suggerierst, dass die genannten Länder gegen die EU sind, weil sie nicht eintreten wollen. Wie kommst du zu dieser Auffassung?


    Norwegen und die Schweiz haben jeweils Verträge mit der EU ausgehandelt, die ihnen zB Zugang zum Binnenmarkt verschaffen und die Teilnahme an etlichen EU-Programmen, zum Beispiel Horizon2020. Dafür zahlen beide richtig viel Kohle - sie halten sich also mitnichten raus.
    Nur mitreden können sie nicht. Die Norweger wollen nicht beitreten, da sie dann einige Dinge korrigieren müssten (Walfang etc) und bei der Schweiz dürfte das Bankensystem die Hauptrolle spielen. Beide Länder sind Teil des Schengen-Raumes. Auch das ist übrigens Europa.


    Ich wünsche mir, dass die EU aus dieser Krise gestärkt hervorgeht. Kleinstaaterei hatten wir lang genug.

  • Du suggerierst, dass die genannten Länder gegen die EU sind, weil sie nicht eintreten wollen. Wie kommst du zu dieser Auffassung?


    Dann präzisiere ich mal sprachlich: Norwegen und die Schweiz sind gegen eine Mitgliedschaft in der EU.

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    Bitte sieh dir mal den in meinem letzten Posting verlinkten Clip an.
    Da übt Sonneborn - satirisch verpackt - durchaus ernsthafte Kritik, sowohl an der Regierung Erdogan, als auch an der Regierung Merkel.


    Hinsichtlich der Tatsache, dass Herr Sonneborn hier (aus meiner Sicht berechtigte) Kritik übt, stimme ich mit dir überein. Das tut mehr oder weniger gelungen jeder ernsthafte Satiriker (zu denen ich u.a. auch Herrn Somuncu zähle). Nur: Satire ist dazu geeignet, Missstände durch satirische Zuspitzung herauszuheben und dadurch klarer deutlich werden zu lassen. Satire legt quasi den Finger in die Wunde. Aber Satire ist nicht dazu geeignet, Politik zu machen.
    Herr Sonneborn nutzt die Politik nur als Bühne für die Darbietung seiner satirische Kritik (ob diese zutrifft oder nicht ist da erstmal irrelevant). Aber er und seinesgleichen (mehr noch seinesgleichen als er selbst) wollen nicht wirklich Politik im eigentlichen Sinne machen, d.h. Dinge gestalten und verändern. Sie begleiten Politik nur satirisch.


    So sehr ich gerade politisches Kabarett für überaus wichtig halte, so sehr bin ich der Meinung, dass in der Politik nur Leute sein sollten, die auch wirklich ernsthaft gestalten und verändern möchten.


    Auch aus diesem Grund finde ich, dass gerade jemand wie Herr Somuncu in der falschen Partei ist, eben weil er ein heller Kopf ist und Missstände treffend als solche erkennt und herausarbeiten kann. So Leute werden eigentlich dort gebraucht, wo sie wirklich Dinge verändern wollen und könnten. Und nicht in einer Spaß- oder von mir aus auch Protestpartei, für die als Ziel primär nur der nächste Gag wichtig ist.