Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

Zitat von Fripp

Ich frage mich angesichts des aktuellen politischen Irrsinns auf internationaler Bühne und all dieser Gestalten aus dem Gruselkabinet (Orban, Le Pen, Erdogan usw.) ob man die bundesdeutsche Politik nicht etwas positiver bewerten müsste.

Nun gut, schlimmer geht immer.

Die letzten politischen Innovationen, die ich spontan uneingeschränkt als positiv erinnere, sind der Atomausstieg und die Verbesserung des Nichtraucherschutzes. Das ist aber jetzt auch schon ein Weilchen her.

Und wenn man Erdogan zur politischen "Referenz" erklärt, erscheint Alexander Gauland ja fast schon als Heiliger. Von daher schwierig.

Dieser Thread umfasst die wesentlichen politischen Ereignisse der letzten 2 Jahre. Dieser Zeitraum war m.E. keine Sternstunde bundesdeutscher Politik. International war es noch um ein Vielfaches negativer. Die Folgen wirken bis heute nach, und das Ringen um Lösungen gestaltet sich zäh.

Trotzdem zum Schluss mal zwei gute Nachrichten von heute:
- Gabriel lässt sich nicht von Netanjahu erpressen
- Baden-Württemberg beschließt ein Neutralitätsgesetz

Weiter so!

Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir hier darüber diskutiert, ob der satirische Ansatz von Parteien, wie ihn DIE PARTEI vertritt, gut oder nicht gut ist.

Österreichs grüner Bundespräsident Alexander van der Bellen scheint diese Frage für sich schon beantwortet zu haben.

Hier nun seine "inoffizielle Bewerbungsrede" für ein satirisches Ehrenamt:

https://www.youtube.com/watch?v=DtzxDU4JWso

Für alle, die sich den O-Ton nicht anhören wollen: Der Politiker denkt über ein Zeichen der Solidarität gegenüber muslimischen Frauen nach, indem dann einfach ALLE Frauen ein Kopftuch tragen sollen.

Was wie Satire klingt, scheint ihm ein durchaus ernsthaftes Anliegen zu sein.

Man kann jetzt darüber den Kopf schütteln. Oder wie die rechten Zuspitzer Gift und Galle spucken. Aber das sind auf Dauer recht ungesunde Emotionen.

Warum also nicht anerkennen, dass der Alexander durchaus ein komödiantisches Talent hat? Nur an der Mimik könnte er noch ein bisschen arbeiten. Damit es noch ein wenig unterhaltsamer wird, wenn er nächste Woche aus Solidarität gegenüber den Frauen ein Kopftuch für ALLE MÄNNER fordert.

In diesem Sinne: "Bella gerant alii, tu felix Austria nube."

Zitat von Eric

Jetzt ist mir doch noch schlecht geworden. Lag aber weniger am Popcorn als vielmehr an den Kommentaren unter dem Video.

Da muss ich dir zustimmen. Da gibt es viele Äußerungen, die einfach nur primitiv und unter aller Sau sind.

Leider ist man so etwas auf youtube oder Facebook irgendwie gewohnt.
Und ich frage mich jedes Mal, warum offensichtliche Beleidigungen da so lange stehen bleiben, ohne dass sich irgend jemand veranlasst sieht, das zu löschen.

Nach allem, was in der Türkei in den letzten Monaten passiert ist (inklusive des nun offensichtlich zumindest in Teilen manipulierten Referendums), wäre zumindest ein Aussetzen der Beitrittsverhandlungen die angemessene Reaktion gewesen.

Die EU hingegen, die sich so gerne als Wertegemeinschaft und Vorkämpfer für Demokratie und Menschenrechte versteht, schafft es nicht, dem Regime Erdogan die "gelbe Karte" zu zeigen. Das Wahlergebnis in der Türkei wird "respektiert", offensichtliche Verletzungen gegen elementare demokratische Spielregeln werden nicht näher kritisiert, schließlich will man den Boss aus Ankara nicht verärgern. Die Beitrittsverhandlungen sollen weiter gehen wie bisher, gleichzeitig mahnt man (zum wievielten Male eigentlich?) europäische Standards an, obwohl man mittlerweile wissen sollte, dass das niemanden von der jetzigen türkischen Regierung interessieren dürfte.

Und Erdogan hat die erneute Zögerlichkeit bereits richtig gedeutet und stellt selbstbewusst fest: "Die EU muss zusehen, wie sie die Beziehungen zur Türkei weiterentwickeln kann."
Wer soll sich entwickeln? Die EU? Ja, richtig gelesen.

Wenn man dies alles zusammen interpretiert, dann scheinen wirtschaftliche und kapitalistische Interessen, sowie der fragwürdige Flüchtlingsdeal für die meisten EU-Mitglieder von größerem Interesse zu sein als ein Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten. Und da fragt man sich noch, warum es in vielen europäischen Ländern wachsende politische Strömungen gibt, die gegen die EU (und nicht gegen Europa, wie immer behauptet) gerichtet sind? Diese Frage muss man nun wirklich nicht mehr stellen.

Es ist sicher richtig, dass niemandem daran gelegen sein kann, die Beziehungen zu Ankara vollständig abzubrechen. Aber heute wäre es wichtig gewesen, deutlich zu signalisieren, dass ein bloßes "Weiter so" nicht in Frage kommt. Dass die EU dies versäumt hat, könnte sich noch als schwerer Fehler erweisen.

EU-Außenministertreffen: EU erkennt Türkei-Referendum an - Politik - Tagesspiegel