STEVE HACKETT - Wolflight (Neues Album, VÖ: März 2015)

  • seine Rolle als Keyboarder interpretiert er in einer Weise, die mir missfällt. Originäre Keyboardsounds wie Klavier, Orgel, Rhodes oder analoge Synthesizer hört man von ihm nur noch selten. Statt dessen wird man über weite Strecken des Albums mit Samples bombardiert. Vor allem füllige Streicher- und Orchestersounds, sowie Chorsamples lauern fast hinter jeder Ecke. Und als sei das noch nicht genug, werden auch noch diverse Percussioninstrumente, ein großer Teil der Bässe und viele Schlagzeugparts komplett mit dem Computer erzeugt. Man könnte auch sagen: King imitiert mit seinem Keyboard/Computer vorrangig andere Instrumente, anstatt dass er das Keyboard einfach mal nach Keyboard klingen lässt.
    Diese digitalen Reproduktionen echter akustischer Instrumente/Stimmen sind rein klanglich betrachtet durchaus erstaunlich. Man kann sie kaum noch vom Original unterscheiden. Das Problem ist ein anderes: Während ein echtes Orchester wahnsinnig viel Geld kostet, und sich ein Musiker gut überlegen muss, welche Parts seines Albums er mit z.B. echten Streichern aufwerten will, ist eine einmal gekaufte Software ohne Zusatzkosten beliebig häufig einsetzbar. Dies führt dann leider wie beim Album WOLFLIGHT oft zu einer maßlosen Dosierung. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen. Das Orchester als zusätzliche Klangfarbe hat hier keinen Reiz mehr, es ist eine ausgelutschte Klangkomponente und ein permanenter Nervfaktor, dem man nur in der Albummitte (EARTHSHINE und LOVING SEA) und am Ende entkommen kann. Das Album ertrinkt manchmal förmlich in Bombast und Kitsch.
    Da ist es fast kein Wunder, dass ein Keyboarder, der sich so an der Klangechtheit von Samples zu berauschen scheint, auf diesem Album rein spieltechnisch nicht ein einziges Ausrufezeichen setzt. Dabei ist King durchaus ein Keyboarder, der auch mal ein tolles Solo zaubern könnte. Macht er aber nicht. Schade!


    Das empfinde ich ähnlich. Diese künstlichen Orchestersounds verbreiten irgendwie so eine unangenehme Filmmusikatmosphäre. Mit Mellotron etwa würde da so einiges völlig anders klingen. Zudem nehmen besagte Samples den echten exotischen Instrumenten deutlich den Wind aus den Segeln, da sie in dem Sample-Wust kaum noch auffallen, könnten ja ebenfalls Samples sein...

  • Ich hab mal 20 Minuten im CD Laden investiert und hab mal zwecks Kaufentscheidung in das Album reingehört.


    Fazit: Die Instrumentals finde ich klasse, die SOngs......Na ja, da hab ich das selbe Problem wie schon seit Jahren mit Steves Material, ich finde viele Gesangsmelodien ziemlich dürftig. Steves Gesang ist für mich absolut ok, beim letzten Song schleicht sich sowas wie eine eingängiger Refrain ein (oder ist es eine Strophe) da klingt er sogar ziemlich gut. Ich habe manchmal den Eindruck, Steves Neigung vieles mit Hall, Effekten oder mehrstimmigen Gesang zuzukleistern, ist eher kompositorischen Defiziten geschuldet als mangelnden Selbstbewusstsein als Sänger. Vermutlich müsste ich das ALbum öfter hören um damit warm zu werden.

    • Offizieller Beitrag

    @ Fripp: Das musst du auch :)
    Witzigerweise hat sich bei mir die Begeisterung für den Titelsong und Love Song To A Vampire vor allem durch die Videos überhaupt erst ergeben.


    @ mutzel & co: Ich hatte beim Hören oft das Gefühl, dass er hier und da sich bei sich selbst bedient hat. Das Zitat aus Metamorpheus fiel mir auch auf, konnte es aber nicht zuordnen. ich habe diese "Entdeckungen" alle in meine Rezi aufgenommen. Danke!

  • Was bisher so an Kritik geäußert wurde (zugekleisterter Orchesterklang, unangenehme Filmmusikatmosphäre, viel Hall, Steves schreckliche Stimme, Selbstzitate, kitschiger Sound, kitschiges Cover usw.) kann ich nur bestätigen. Mit dem (kl)einen Unterschied: Ich find's klasse! :topp: Das Album gefällt mir genau so wie der Tunnel und der Horizont, und manche Stücke gehen richtig gut ab (Wolflight, Vampire, Midnight Sun). Die meisten Melodien, Harmonien und Arrangements habe sich mir nach dreimal hören noch gar nicht voll erschlossen. :)


    Ich beabsichtige nicht die Musik bis ins kleinste zu analysieren, weil das dem Wesen der Musik ganz einfach widerspricht. Würde man das mit einem Spitzenmenü machen, blieben am Ende nur Proteine und andere biochemische Stoffe. Und wer würde so etwas schon schmackhaft finden.
    Überhaupt, was essen und hören angeht: wir sind doch längst so überfüttert, dass wir gar nicht mehr zum genießen kommen. :( Also flugs das Wolflight-Album ins Regal gestellt, die nächste Bestellung bei jpc oder Amazon befindet sich schon auf dem Postweg! :teufelgrins:


    (Nur meine unmaßgebliche Meinung. Natürlich darf jeder das Album kritisieren und sogar nicht gut finden.)

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")


  • Ich beabsichtige nicht die Musik bis ins kleinste zu analysieren, weil das dem Wesen der Musik ganz einfach widerspricht.


    Ich glaube nicht, dass gute Musik ihre Faszination oder Wirkung verliert, wenn man weiß wie der Musiker gearbeitet hat bzw. wie sie entstanden ist.


    Ich möchte auch dem Eindruck entgegenwirken, dass ich WOLFLIGHT für schlecht halte.
    Die Kritik, die hier angebracht wird, ist sicher auch irgendwo Meckern auf hohem Niveau.
    Andererseits: Ein niveauvoller Musiker wie Hackett lässt sich auch kaum anders kritisieren, oder?


    Ich will auch nicht den Einsatz von virtuellen Instrumenten absolut verteufeln. Es geht mir eher um den Umgang mit dieser Technik. So ein Orchester wirkt eben nicht beeindruckender, wenn es quasi in jedem Song auftaucht. Das hat NICK MAGNUS auf N'MONIX m.E. geschmackvoller hinbekommen.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • ...die Erwartungen sind schon hoch...


    Jetzt habe ich das Album 2x durchgehört und stelle für mich fest, dass ich noch eine Weile brauchen werde, um damit richtig warm zu werden. Ist bei mir aber ein gutes Zeichen, weil Alben, die auf Anhieb total super sind, sich auch schnell abnutzen. Das wird hier hoffentlich nicht der Fall sein, denn es gibt viel zu entdecken.


    Da ja für jedes Stück ein eigener Thread eröffnet wurde, schreibe ich hier nichts zu einzelnen Stücken.


    Ich kann in der Gesamtbeurteilung der von Mutzelkönig folgen. Auch seinen Kritikpunkten. Ich bin aber auch etwas hin- und hergerissen. Denn als großer Fan, denke ich, dass das, was Meister Hackett uns präsentiert, genau das ist, was er präsentieren wollte. Dass er dabei nicht immer ganz meinen Geschmack trifft, ist eigentlich logisch, denn jeder hat einen anderen. In erster Linie gefällt mir seine Musik als solche. Die Liebe zum Detail, die Verwendung von besonderen Instrumenten, die (positive) Ignoranz jeglichen Mainstreams und die Vermischung verschiedenster Stile machen seine Musik für mich interessant, gepaart mit der Tatsache, dass er ein sehr sympathischer und Fan-bezogener Mensch ist. Das wurde auch beim Album-Launch in Berlin wieder deutlich. Dabei stört mich keineswegs, dass er sich manchmal bei sich selbst bedient. Schlimmer wäre es, wenn er das bei anderen täte. Mich hat eher TM Productions Schilderung verwundert, dass Steve auf Nachfrage nicht recht wusste, was gemeint sei. Wenn er sich wirklich nicht erinnert, ist es eben so. Er hat ja auch schon viel Musik geschrieben ;). Wenn nicht, hätte er auch sagen können, dass er die und die Melodielinie so gut findet, dass er sie nochmal verwenden wollte. Das hätte ich als ehrlich abgekauft. Ist aber nur Nebenschauplatz. Andere Künstler klingen auch manchmal verdächtig ähnlich. Man höre nur mal den hier im Forum teilweise zum Halbgott hervorgehobenen Steven Wilson bei PT an und vergleiche die Strophe von Lightbulb Sun und Trains....


    Was mir aber immer ein wenig enttäuscht, ist, was auch Mutzelkönig erwähnt hat, für mich aber einen anderen Fokus hat. Mich stört weniger der opulente Einsatz von Orchestersounds, der durch gesampelte Sounds ohne großen Aufwand erzeugt werden kann, sondern tatsächlich das Fehlen von echtem Schlagzeug und Bass. Das war bei "Out of the tunnel´s mouth" extrem, die bzgl. Schlagzeug komplett programmiert wurde. Damals gab es wohl Gründe wegen Nichtverfügbarkeit von Studio etc. Ok. Bei "Beyond the shrouded horizon" und nun bei "Wolflight" sind mehr oder weniger viele Stücke wieder programmiert, obwohl Steve doch Zugriff auf exquisite Drummer hat. Verstehe ich nicht. Und wenn ein echter Drummer engagiert wird, finde ich, wird die Chance nicht genutzt. Der Sound klingt immer zu mumpfig (v. a. die Snaredrum als zentrales Teil des Sets). Als ich vor ein paar Jahren las, dass Simon Phillips auf der "Beyond..." dabei ist, habe ich vorher Luftsprünge aus Vorfreude gemacht. Als ich dann hörte was er spielt, war ich von Sound und Spiel total enttäuscht. Denn was da von ihm getrommelt wurde...dafür hätte es keinen Simon Phillips gebraucht (für mich einer der Top-Drummer überhaupt - wer ihn kennt, weiß wovon ich rede). Das klang gar nicht nach Simon Phillips...das hätte auch Roger King programmieren können. Der hat sich bem Sound bei "Love Song to a vampire" aber auch vergriffen. Der Drumsound klingt im Refrain meiner Meinung nach schrecklich. Vor allem die Bassdrum und die Tomtoms klingen wie alte Papptrommeln. Das fiel mir sogar beim Album Launch-Vorspielen der CD auf, obwohl die Musik durch viele Geräusche überlagert wurde.


    Es sind bei Drumming der Groove und Details z. B. in den Fill-ins, die es interessant machen. Ein Grundbeat ist sicher schnell programmiert, im Detail schwächelt es eben dann. Einen echten, guten Groove kann man nicht programmieren. Meine Meinung.


    Ich freue mich dann eben auf die Live-Darbietung, weil dort ja echt getrommelt wird :).


    Zentrales Element der Musik von Steve Hackett ist aber natürlich die Gitarre. Da gibt es auf Wolflight reichlich und meisterlich. Sowohl elektrisch als auch akustisch. Sein elektrischer Sound ist für mich das höchste der Gefühle und seine Art zu spielen göttlich. Da gibt es gar nichts zu kritisieren.


    Das Artwork finde ich gut. Als das Titelcover-Bild erstmalig gezeigt wurde, habe ich aber auch ein wenig Kitsch empfunden. Auch wenn es sich um ein echtes Bild handelt, das ein wenig bearbeitet wurde.


    Auf jeden Fall werde ich mir das Album ganz bewusst erhören und freue mich jenseits aller Kritik, dass es neben Peter Gabriel wenigsten noch einen ernst zu nehmenden und äußerst aktiven Musiker aus der Genesis-Familie gibt, den man bei seinen muskalischen Reisen begleiten kann. Und das auch manchmal ganz nah... :)

    • Offizieller Beitrag

    ...muss unüberhörbar heißen, oder?


    *lach*


    Super, in der Überschrift stand auch "Krampf" statt "Kampf"


    Da hat mein fleischgewordenes Korrekturprogramm namens THOM aber auch nicht aufgepasst ;)


    Danke für die Hinweise!