Ich gebe dir zum teil sogar recht, auch wenn ich Collins als genialen Musiker mit vielen Talenten sehe. Aber das sprichst du ihm wahrscheinlich auch nicht ab, oder?
Nein, keinesfalls. Ich vertrete vielmehr die Ansicht, dass Phil der begabteste und kompletteste Instrumentalist der ganzen Genesisfamilie ist, darüber hinaus ein ganz feines Gespür für Arrangements hat (auch da hat er seinen Bandkollegen etwas voraus), gut singen kann und auch ein paar fantastische Songs geschrieben hat.
Ich selbst finde Platten wie "Hello I must be going" oder "Face value" natürlich auch interessanter als DITL. Aber ich stehe halt, neben dem komplexen und tiefgründigen, ab und zu auch auf einfache, direkte und transparente songs, um deine Wortwahl zu nehmen. Ich brauche beides (...)
Ich brauche auch beides, je nach Verfassung. Z.B. ist "The west side" ein absoluter Liebling von mir, der einfach so grandios einfach und direkt wirkt wie nur irgendwas. Phil hat ganz klar die Gabe (gehabt?), eine unglaubliche musikalische Intensität zu erzeugen, wenn er nicht in seine Lieblingsfalle tappt und Einfachheit sowie direkten musikalischen Ausdruck mit Sentimentalität und naiver Plakativität verwechselt. Und die Geschmacksverirrungen, die ich da in seinen Songs immer wieder finde, könnten daraus resultieren, dass er kompositorisch rein intuitiv arbeiten und seine Songs keiner Kritik auf geistiger Ebene unterziehen möchte.
Und ich finde in "Lorenzo" auch noch immer die Ansätze davon, dass er musikalische Abläufe hervorbringt, die wirklich berühren können. Der Song hat für mich überhaupt nichts mit Dilettantismus zu tun, sondern eben mit Geschmacksverfehlungen, mit falschen ästhetischen Entscheidungen - und vielleicht auch mit kreativer Mutlosigkeit / Kommerzdruck.