Guut - Sachen, die man mögen kann und gut findet

  • Ist ja irre, Charles Aznavour will dieses Jahr hier auftreten, der ist 92 Jahre alt, was sagt man dazu......?:cool::augenrollen:

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    • Offizieller Beitrag

    Gedenktage gibt es viele. Bayern3 macht sich morgens den Spaß, anzukündigen, was heute für ein „Tag des XY“ ist. Natürlich wollen sie damit in erster Linie unterhalten, aber es wäre schön gewesen, wenn die Moderatoren auch angesprochen hätten, dass heute der Welttag einer aussterbenden Bevölkerungsgruppe ist – der Welttag der Menschen mit Down-Syndrom.
    Als Down-Syndrom wird eine Reihe von körperlichen und geistigen Besonderheiten bezeichnet, die bei einer Trisomie 21 auftreten, wenn das Chromosom 21 dreimal vorhanden ist (das passiert bei einem „Kopierfehler“ sehr früh in der Keimentwicklung). Deshalb ist der Welt-Down-Tag auch heute, am 21.3.: Chromosom 21 x 3.
    Down-Menschen fallen häufig durch den Schnitt ihres Gesichtes auf; in verschieden starken Ausprägungen kommen oft Sprachstörungen und Entwicklungsverzögerungen hinzu. Menschen mit Down-Syndrom können aber ein genauso erfülltes und glückliches Leben führen wie jeder andere.
    Oder: Sie könnten.
    „Dank“ der Pränataldiagnostik werden über 90% der Babys, bei denen die Untersuchungen im Mutterleib das Vorliegen eines Down-Syndroms zeigen, nicht ausgetragen. Die Eltern beschließen oft, dass sie ein „behindertes Kind nicht aufziehen können“ (oder, manchmal ehrlicher, nicht wollen), sie haben auch Angst, dass andere Leute ihnen Vorwürfe machen („Warum mutet ihr dem Kind das zu …?“) oder Angst vor Ausgrenzung.
    Wenn ihr also im Bus oder auf der Straße, in der Bücherei oder anderswo einen Menschen mit Down-Syndrom seht, macht euch klar: Ihr seht da jemand ganz besonderen. Denen fehlt nix. Im Gegenteil: Sie haben sogar eine Kleinigkeit zuviel. Und ich finde es gut, dass es jenseits des ganzen Optimierungswahns auch noch Menschen mit Down-Syndrom gibt, die das Bild ein wenig zurechtrücken:



    " 'n bitje scheef het Gott leef ", heißt es im Norden. So ist es


  • Danke martinus. Mir ist die Problematik auch bekannt mit Patienten, die Down-Syndrom haben.
    Bloss, hilft das was in diesem Zusammenhang:gruebel:? Ändert sich was zum Positiven hin, bloss weil diese armen Menschen jetzt einen Welttag haben...:gruebel:?
    Es gibt auch Welttage für:
    Förster
    Biologen
    Chemiker
    Bäume,
    und sogar für Pizzen und Nutten, kein Witz.
    Mal wieder ein Betroffenheitstag, ich zünde eine Kerze an und habe das alles spätestens in 2 Wochen vergessen. Keine Kritik an dich, aber so sieht es leider aus:(.

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    Charles Bukowski

    • Offizieller Beitrag

    Was es hilft? Es hilft, sich vor Augen zu halten, dass nicht alles auf dieser Welt "optimiert" werden muss. Es hilft, sich vor Augen zu halten, dass Menschen mit Down in manchen Dingen unter Umständen den "normalen" überlegen sind. Es hilft, eine Haltung zu entwickeln, die Menschen mit Down und deren Verwandten freundlicher und nicht ignorant gegenüber tritt. Es hilft auch, sich vor Augen zu halten, dass Menschen mit Down keine "armen Menschen" sind - sie sind wertvoll und kostbar.


    Jetzt kannst du sagen: Wenn an -einem- Tag im Jahr daran erinnert wird, was hilft das?
    Und ich antworte dir: Es hilft mehr, als wenn an -keinem- Tag im Jahr daran erinnert wird.

  • Wie viele andere auch habe ich im Laufe meines Lebens den ein und anderen Menschen mit Down-Syndrom kennen gelernt.
    Nach meinen Erfahrungen scheint es mir aberwitzig zu denken, diese sollten kein glückliches Leben leben können, im Gegenteil: Die Lebensfreude dieser Menschen hat mich ein ums andere Mal richtiggehend angesprungen.


    Es ist für mich erschreckend, wie hoch die Abtreibungsquote dennoch ist. Ich möchte da nicht falsch verstanden werden: Die Entscheidung über eine Abtreibung obliegt in letzter Instanz unbedingt der Mutter. Ich breche über niemanden einen moralisierenden Stab.
    Aber diese hohe Quote ist für mein Empfinden auch ein Indikator hinsichtlich des von martinus genannten gesellschaftlichen 'Optimierungswahns', der in diesem Zusammenhang nicht nur sprichwörtlich lebensfeindliche Züge bekommt. Da kommen Grusel und Traurigkeit bei mir auf.

  • Ich verstehe die Problematik, nur finde ich, dass ein Welttag so inflationär eingesetzt wird, dass es kaum Sinn macht. Das, oder auch Baum-, oder Umwelt-, oder Wal-, oder Delphintag macht Sinn.
    Dann gibt es aber noch (kein Witz) Pizza-,, Fleisch-, oder Nuttenwelttag, was soll das?. Gehe ich deswegen in ein Grill-, oder Pizzarestaurant oder in den Puff, denn beim Welttag könnte ich vielleicht billiger vögeln?.....:(

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    Einmal editiert, zuletzt von charles bukowski ()

  • 10. März: In Denkerpose stehe ich vor dem Haus, die rechte Hand streicht gedankenverloren über das Kinn. Den Blick auf den Horizont gerichtet, grübele ich. Es ist kein leichtes Thema, welches ich mir da intellektuell aufbereite. Immerhin ist heute Weltnierentag.


    21. März: Endlich, nach nur einem Jahr darf ich aufwaschen und die Wohnung einer Grundreinigung (eher Entkernung) unterziehen. Das ich hierfür eine Firma brauche, welche mir den inzwischen reichlich vorhandenen Schimmel von den Wänden leckt, nehme ich gern in Kauf. Immerhin ist heute Welttag der Hauswirtschaft. Ich habe ohnehin besseres zu tun. Zum einen muss ich heute der Menschen mit Downsyndrom gedenken, wozu ich mir wohl am besten ein Tattoo stechen lasse.


    22. März: Ich hätte gestern noch baden sollen. Heute, am Welttag des Wassers fühle ich mich schuldige, wenn ich statt Sand, Wasser in den Kärcher fülle.


    23. März: Zum Glück ist heute nur Welttag der Tuberkulose. Die ersten drei Stunden gedenke ich mit Mundschutz, aber irgendwann wird mir das zu stressig, den dauernd zum rauchen abzunehmen.


    27. März: Welttheatertag. Da am Montag keiner ins Theater rennt, schaue ich mir, gewissermaßen notgedrungen und aus purem Gedenken im Internet eine Folge "Eine schrecklich nette Familie" an.


    3. April: Schon wieder ein Montag. Und heute ist Welt-Party-Tag. Das ärgert mich dann doch. Aber ich habe am Tag darauf Spätschicht, also erstmal ne Runde Komasaufen. Natürlich mit der gleichen Energie, mit der ich am 21. 3. noch der Menschen mit Down Syndrom gedachte.


    30. April: Endlich Geburtstag. Von den Geldgeschenken gönne ich mir einen 15 € Haarschnitt. Weil Welttag der Frisur ist, gibts sogar einen Euro Trinkgeld.


    Fazit: Welttage fetzen. So irgendwie ...

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

    Einmal editiert, zuletzt von Herma ()

  • ...und gleich kommt noch ein Beitrag, in dem aufgerechnet wird, wie viel so ein Tag kostet
    und dass es doch besser wäre, diesen Betrag gleich einer Organisation zu spenden,
    die sich mit dem Thema beschäftigt oder so...


    Bei so einem "Welttag" geht es um die Gewinnung von Aufmerksamkeit.
    Herma  charles bukowski Zumindest das könnt ihr doch nachvollziehen, oder?
    Immerhin funktioniert das ja in diesem Thread, wenn auch nicht bei allen mit der angemessenen Ernsthaftigkeit,
    und ja, so etwas kann sehr viel helfen,
    sich mit dem Thema auseinandersetzen,
    darüber reden, Positionen und Meinungen dazu hören und darüber nachdenken etc.
    und wenn es auch nur ein Anstoß ist,
    der für eine Vertiefung gern über diesen einen Tag hinaus gehen darf...