TotW: [27.06.-03.07.2016]: GENESIS - Cul-de-Sac

    • Offizieller Beitrag

    Cul de Sac gehört nicht zur Suite und behelligt mein Ohr denn auch in der Tat aufs Unschmackhafteste. Wahrscheinlich wollte man mit diesem Unfug Phils Solokarriere fördern, indem man die Fans von Genesis weg- zu Phil hinjagt. Hat vielleicht sogar funktioniert, von mir gibts dafür trotzdem nur 4 Punkte.


    Wo hörst du denn in Cul-de-Sac Anflüge von Phil's Solomusik? Cul-de-Sac könnte stilistisch nicht weiter weg von Phil-Solo sein. Würden wir hier von "Please don't ask", "In too deep" oder "Hold on my heart" (und so einiges weiteres) sprechen, würde ich dir recht geben. Aber Cul-de-Sac?

  • Klanglich könnte das Stück von Banks Solowerk "A curious Feeling" stammen, hätte irgendwie auch "besser" dorthin gepasst.
    Ich bin bei Cul-de-sac immer hin & hergerissen, manchmal gefallen mir einige Momente, aber es wirkt doch zu sehr bemüht & zugekleistert von zuviel Keyboardsound.
    Wenn's da nicht Collins' Drums & Stimme wären, käme man erstmal nicht auf Genesis..


    Tja:gruebel: 8 Punkte

    Tippspiel Statistiker :thumbup: - Abbuzze !

  • Klanglich könnte das Stück von Banks Solowerk "A curious Feeling" stammen, hätte irgendwie auch "besser" dorthin gepasst.
    Ich bin bei Cul-de-sac immer hin & hergerissen, manchmal gefallen mir einige Momente, aber es wirkt doch zu sehr bemüht & zugekleistert von zuviel Keyboardsound.


    Tja:gruebel: 8 Punkte


    Sehe ich auch so. Tony losgelassen und auf Wakeman´s Spuren? Nun, solistisch brilliert Tony nicht wie er. Schön sind die Pianoläufe, das Schlagzeug, aber Bass und Gitarre höre ich kaum....Sie dienen als Füllwerk und gehen im Keyboard-Mahlstrom unter. Für mich ein Beweis, wie gut Steve Hackett´s Gitarrenharmonien Bank´scher Hybris einen Rahmen gegeben haben. Cul-De-Sac wirklich eine Sackgasse für die letzten Prog-Fetzen in der Genesis-Musik? Muss ich wohl bejahen und gebe, da sie immerhin noch vorhanden sind, 8P.

  • Zitat von Prophet

    Wo hörst du denn in Cul-de-Sac Anflüge von Phil's Solomusik? Cul-de-Sac könnte stilistisch nicht weiter weg von Phil-Solo sein. Würden wir hier von "Please don't ask", "In too deep" oder "Hold on my heart" (und so einiges weiteres) sprechen, würde ich dir recht geben. Aber Cul-de-Sac?

    Da hast Du mich komplett falsch verstanden. Ich wollte damit lediglich beschreiben, dass ich Cul de Sac für so laaaaangweilig halte, dass sich die Leute lieber Phils Mucke zuwandten. Also weg von Genesis. Das Face Value später erschien hat da für meine Logik keine Relevanz. ;)

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Eine grossartige Banks-Komposition und eines meiner Favoriten auf Duke.


    Vom filigranen Anfang "Wake up now, this is the time you've waited for" mit dem darauffolgenden typischen Banks Piano-Thema bis zum bombastischen Schluss, wo die Band ihr perfektes Zusammenspiel demonstriert ein tolles Stück Musik.


    Gesanglich finde ich die Stelle "And now that the job is almost done
    Maybe some escape, no, not even one"
    super, sorgt immer wieder für Gänsehaut!

    No cloud, a sleepy calm
    Sunbaked earth that's cooled by gentle breeze
    And trees with rustling leaves
    Only endless days without a care
    Nothing must be done

    • Offizieller Beitrag

    Fremdsprachige Ausdrücke sind in den Liedtexten von Genesis nicht eben häufig. Der französische Begriff cul-de-sac ist sicherlich das prominenteste Beispiel. Also bringen wir das gleich mal ins Lot: Cul-de-sac ist wörtlich der „Boden des Sacks“, also der Punkt, an dem es eben nicht mehr weitergeht. Sackgasse: Genau das bedeutet cul-de-sac im Französischen wie auch im Englischen. Der Unterschied zu „dead end“? Es gibt kein Genesis-Lied namens Dead End.


    Das Stück beginnt mit einem Weckruf: Wacht auf, eure Zeit ist gekommen. Unsere? Wessen Zeit? Diese Zeile ist melodisch mit sehr weicher, zärtlicher Stimme gesungen – dieser Tonfall wird im ganzen Stück nicht mehr vorkommen. Nach nur einer einzigen Textzeile kommt es hier also zu einem Sprecherwechsel: Der Rest des Liedes wird kräftig, hart, kantig geboten. Wie sehr eine Stimme doch die Atmosphäre eines Stücks gestalten kann…


    Eine Armee von Tausenden und Abertausenden merkt, dass ihre Zeit gekommen ist – sie dürften wohl diejenigen sein, die im ersten Vers angesprochen wurden. Wir, die Hörer, sind eben nicht angesprochen. Die Armee entwickelte sich dort in einer Region, „wo Schatten schwären, während sie wachsen“, eine infernalische Armee, die „besessen ist von Richtig und Falsch“. Was es damit auf sich hat, wird nicht weiter ausgeführt.


    Die Armee wendet sich nun dem Licht zu, marschiert immer weiter und wird bald zum Licht durchbrechen. Aus dem Untergrund der Bandgeschichte klingen Motive aus älteren Stücken an. Von einem „Heer dunkelgesichtiger Krieger, die unter der Erdoberfläche ruhig auf die Schlacht warten“, war schon in Supper’s Ready zu hören. Und bei den vielen, die aus einer Zone des Zerfalls unter der Erdoberfläche zum Licht hin streben, kann man auch an Pilze denken oder allgemein an Pflanzen – wenn man unbedingt möchte, vielleicht auch an die Rückkehr des Riesenbärenklaus.


    In geschickter Doppeldeutigkeit werden dann zwei Gruppen angesprochen. Auf den ersten Blick hin ist es klar, dass dieses ominöse Heer angesprochen wird: „Ihr seid auf dem Weg nach draußen“, aus der Erde heraus ans Tageslicht, und bestärkend wird hinzugefügt, das sei ja nur noch eine Frage der Zeit. Dann aber zeigt sich, dass da auch noch andere angesprochen werden, diejenigen, die jetzt da sind, an der Macht sind, die dann wohl von dem Heer gestürzt und vertrieben werden: „Ihr dachtet, ihr würdet die Welt für alle Zeit beherrschen“, schallt es ihnen fast höhnisch entgegen: Es gab da Wesen, die den Boden dieses Planeten geformt haben – jetzt aber ist ihre Herrschaft vorbei, jetzt hat das Leben das Leben wieder vernichtet, weiß der Watcher Of The Skies. Und in der Ergänzung „Lang lebe der König, schont nicht die Verlierer“ klingt die (Königs-)Herrschaft (their reign) an: „Fort sind die Schnitzereien (im Time Table) und diejenigen, die ihr Zeichen hinterlassen haben. Fort sind Könige und Königinnen. Jetzt herrschen nur noch die Ratten – und die Schwachen müssen den Gesetzen der Natur entsprechend vergehen.


    Ihr, die ihr jetzt vergehen werdet, seid eben nicht das, wofür ihr euch gehalten habt, ihr seid nicht die Herren der Welt. Ihr seid ein Faktum in der Naturgeschichte, aber eben auch nur eine Sackgasse, ein Zweig der Evolution, der nicht weiterführt und mit euch endet. Und die Träume, die ihr geträumt habt, werden halt nicht in die Wirklichkeit umgesetzt, sondern verschwinden, weil ja niemand mehr da ist, sie zu träumen. In der Blüte der Jahre gefällt seid ihr jetzt für alle Zeiten ausgestorben.


    Ist hier die Rede vom heutigen Menschen? Von den Dinosauriern? Von Neanderthalern? Die Anspielung auf die Träume legt einen Bezug auf den Menschen nahe, aber vielleicht ist diese Sicht ja zu eng – wer könnte mit Sicherheit sagen, dass Tyrannosaurus Rex, Diplodocus und Archaeopteryx nicht geträumt haben? Es ist auch gar nicht so wichtig – ob es nun um den Menschen geht oder ob es um jedwede Lebensform geht, die ihre Blütezeit hat und dann vergehen muss: Was bleibt, ist eben die Einsicht, das nichts bleibt. Genau genommen bleibt die halt auch nicht, denn es ist ja niemand mehr übrig, der diese Einsicht haben könnte.


    Das Heer kommt zum Vorschein, ein Schatten senkt sich über die Erde (wenn es denn die Erde ist, um die es geht) und die Dunkelheit lag so schwer in der Luft wie der Griff eines eifersüchtigen Mannes. Niemand weiß, wie ihm geschieht, denn niemand kann etwas sehen. Die Sonne ist noch irgendwo, aber sie wird von etwas Ungestaltem, aber definitiv Lebendigem verhüllt. Wie soll man auch einen Feind bekämpfen, den man nicht sieht – von dem man nicht einmal weiß, dass er da ist? Wird diesen ungleichen Kampf irgendjemand überleben?


    Das kommt darauf an, welchen dieser Kämpfe wir betrachten. Den And Then There Were Three-Sessions verdanken wir das Lied The Day The Light Went Out (alle Textzitate im letzten Absatz, die nicht aus Cul-de-Sac sind, stammen aus jenem Lied); dort muss sich die Menschheit mit Schattenwesen aus dem Weltraum auseinandersetzen, und es bleiben tatsächlich einige Menschen übrig. In Cul-de-Sac dagegen geht es um einen Kampf einer Spezies gegen die Evolution, aus der sie erwachsen ist. Kann es da Überlebende geben? Nein, nicht mal einen einzigen.
    Tony Banks beschäftigt sich in diesem Lied (mal wieder) mit einem Endzeitszenario. Die Parallelen zu The Day The Light Went Out, das ebenfalls er geschrieben hat, sind unverkennbar. Beim Schreiben dieser Notizen war ich allerdings erstaunt zu entdecken, auf wie viele andere Stücke von Genesis hier angespielt wird: Neben The Day The Light Went Out finden sich Anklänge von Supper’s Ready, vielleicht The Return Of The Giant Hogweed, Watcher Of The Skies und von Time Table.
    Wenn man die ganzen Textaspekte beiseite schiebt, dann gibt es hier einen schön aufgebauten, treibenden Song, der nach den täuschend sanften ersten Sekunden bald ein gerüttelt Maß Dramatik entwickelt und auf den Höhe- und Schlusspunkt zuläuft. Ob ich hier Kritikpunkte anzubringen hätte? No, not even one. 15 Punkte.

    • Offizieller Beitrag

    Wat is? Hab ich hier alle in den Schlaf gelabert, dass niemand sich mehr über die beknackten Keyboard-Sounds oder die regelmäßigen Drumbeats oder das oberaffengeile Gitarrensolo auslassen mag?


    Na, los! Raus aus dem Fußballpolitikfaden und ran an das "Kerngeschäft" unseres Forums: Herzliches Abfeiern und herzliches Ablästern über unsere Lieblingsband!

  • Wat is? Hab ich hier alle in den Schlaf gelabert, dass niemand sich mehr über die beknackten Keyboard-Sounds oder die regelmäßigen Drumbeats oder das oberaffengeile Gitarrensolo auslassen mag?


    Na, los! Raus aus dem Fußballpolitikfaden und ran an das "Kerngeschäft" unseres Forums: Herzliches Abfeiern und herzliches Ablästern über unsere Lieblingsband!


    Bitte sehr, also das Gitarrensolo lässt wirklich zu wünschen übrig:p. Gibt es überhaupt eins?
    Unser Solo-Gitarrist Mike braucht sich nicht zu verstecken hinter Gary Moore, Ritchie Blackmore, Steve Howe, Steve Hackett, Jimmy Page, oder etwa Hendrix:p.
    So, habe ich jetzt genug gelästert....?:)
    Ach so, 6 Punkte für das Stück, liegt wahrscheinlich am Gitarrensolo......:)

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • :huhu: martinus, Du hast so eine schöne Interpretation des mittelmäßigen Banks-Songs abgeliefert, dass ich bis jetzt platt bin. Was soll man da noch sagen? Mike´s Gitarrensolo (ab Min 4 ?) veredelt Tony´s Emerson - Bombast, die Reminizensen an bessere (in meinen Augen) Genesis-Zeiten, die Du bei Deiner gelungenen Aufdröselung des wirren Textes verdeutlicht hast, rühen mich heute morgen wirklich zu Tränen. Was für eine Perle ist mir da entgangen! Mein Proggi-Herz schlägt schneller! Ich erröte vor Scham, diesen Song in seiner wahren Größe nicht erkannt und als Sackgasse bezeichnet zu haben......Äh,.... ich widme mich wohl lieber der Fußball-EM;-)


    P. S. Im Ernst: Du hast eine schöne Analyse geschrieben - Danke!