Rockpalast 78

Zitat von The.Musical.Box

...Aber ich denke er hat es nicht nötig gehabt seinen "alten" Bandkollegen damit zu zeigen wies geht.

Nicht "wies geht", sondern wie's auch anders geht! - Im Übrigen war das zwar nur mein Eindruck damals - da ich jedoch 1978 altersmäßig zur Zielgruppe gehört habe, ist das vielleicht ein wenig repräsentativ für sein damaliges Publikum. Ich denke außerdem, dass er es sehr wohl nötig hatte, sich von seiner Vergangenheit abzugrenzen - er war noch lange nicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt (Solsbury Hill war bis dahin sein einziger, nur mäßig erfolgreicher Hit) - und die Zeiten waren eben so, dass es Gift für jede Karriere war, mit Prog assoziiert zu werden. Da kam so eine Coverversion schon recht frech und mutig rüber.

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Aber seine Band war in der Zusammenstellung der Musiker schon ziemlich komisch zwei seiner Musiker von 1978 kamen frisch aus einer Rockband.

Was ist daran komisch? - Rock ist doch präzise genau das, was er da gemacht hat!

Herma: Rockpalast Interviews waren immer seltsam. Habe mir extra die Mitch Ryder at Rockpalast DVD gekauft, nur wegen des legendären Interviews (MR war die ganze Zeit hackevoll).
tom

Zitat von The.Musical.Box

Naja ich möchte das nicht unbedingt als Rock bezeichnen aber da gehen die Einteilungen eh immer weit ausseinander.

Sorry aber wenn das nicht Rock ist, was dann?

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War es Peter nicht egal, ob jemand seine Musiker hört ich denke er macht seine Musik trotzdem ob man sie hört oder nicht und ein Weltsstar wollte er ja auch nicht gerade werden oder?

Machen, was du willst kannst und konntest du in dem Business nur, wenn du ein Star bist und/oder genug Geld hast. Das war Gabriel aber 1978 noch nicht (und Geld hatte er auch keins - als er die Band verließ, war sie hoch verschuldet). Von daher hätte die Plattenfirma ihm sicher noch etwas Zeit gelassen, aber die Tendenz ging ja schon nach unten, das zweite Album war das schlechtestverkaufte seiner Karriere. Und wenn das dritte 1980 nicht so ein Knaller gewesen wäre (erste Nr.1 in UK), hätte es den Weltstar PG sicher nicht gegeben. Das muss ja auch alles finanziert werden. Er stand also mit Sicherheit unter einigem Erfolgsdruck. Der Rockpalast-Auftritt war jedenfalls eine Riesenchance für ihn, schlagartig in ganz Europa bekannt zu werden.

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Aber warum galt es als Gift mit prog. asoziiert zu werden?

Die Jahre 1977-80 bedeuteten eine absolute Revolution in der Musikszene Englands. Eigentlich ging es schon ein paar Jahre eher los mit den Pubrockern, aber die Sex Pistols waren Ende 1976 der Kulturschock, der alles verändern sollte. Dies wurde durch unflätiges Verhalten in spießigen Talkshows oder spektakulären Aktionen wie dem Pistols Bootsfahrt-Gig auf der Themse zum Thronjubiläum der Queen erreicht ("God save the Queen, the fascist regime"- Nr. 1 in UK) - davon abgesehen gab es auch durchaus geile neue Musik zu dieser Zeit. Es gab plötzlich hunderte von jungen neuen Bands und neuen Sounds und damit einhergehend volle Breitseiten gegen das Establishment. Englands Musikpresse fuhr da voll drauf ab, erfand Begriffe wie Rock-Dinosaurier (damit waren grundsätzlich immer ELP, Yes, King Crimson und Genesis gemeint) und BOF (boring old farts, das waren deren Mitglieder sowie etablierte Solo-Künstler wie Clapton oder McCartney) und zog erbarmunglos über alles her, was mehr als die berühmten drei Akkorde beherrschte. Ich habe damals den Musikexpress gelesen, das war die beste Zeitung hier und trotzdem haben auch die auf alles eingeschlagen, was nicht Punk/NewWave war oder wenigstens so aussah. Punk hatte damals Gesellschaftsrelevanz - alles, was etabiert war, war mega-out und prätentiös (das liebste Schimpfwort). Natürlich hat das Publikum diesen Hype bereitwillig mitgemacht und jede neue 3-Akkorde-Band bejubelt - ein Grund mit, warum am Ende des Jahrzehnts nahezu alle bis dahin populären Bands entweder aufgaben oder versuchten, sich den neuen Trends und Sounds anzupassen. Ein Song wie Turn It On Again oder ein Album wie Abacab kam damals nicht aus heiterem Himmel - das war letztlich Genesis Reaktion auf das, was in der übrigen Musikszene vor sich ging. Und Peter Gabriel arbeitete für sein drittes Album ganz bewußt mit "Punk/NewWave"-Leuten wie Steve Lilywhite (Ultravox, XTC, U2-Producer), Paul Weller (The Jam) und Dave Gregory (XTC) zusammen. Hör dir mal And Through The Wire an mit Paul Weller's Gitarre - das war vielleicht nicht Punk, aber absolut cool und angesagt damals.

So weit mein kleiner Exkurs zur Musikgeschichte - wollte nur nochmal meine Eingangsthese unterstreichen, wonach Musik immer im zeitgeschichtlichen Kontext verstanden werden will. Ansonsten kann es 28 Jahre später passieren, dass es einem so vorkommt als sei Peter da auf Droge und überhaupt was für eine komische Lamb-Version spielt er da...
tom