Scratch der Woche [09.04.2010]: PETER GABRIEL - I Think It's Going To Rain Today

  • Ich bin überascht dass Peter Gabriel's Version von "I Think It's Going to Rain Today" so wenig Anklang findet. Mir gefällt sie wirklich gut. Das Original von Randy Newman ist mir nicht bewusst bekannt. Ich kenne die eine oder andere Cover Version, insbesondere die von Katie Melua, die ich sehr mag. Peter's Version ist da sicherlich nicht sonderlich originell, insofern passt sie eigentlich nicht auf "Scratch My Back", wo die Songs ja zumeist völlig anders rekonstruiert werden. Wie dem auch sei, mir gefällt die Ruhe und Melancholie des Stücks.

    Gut, 11 Punkte.

    Die Gabriel-Version finde ich ähnlich schlecht wie die Newman-Version; ich höre da lieber das, was Manfred Mann 1967 daraus gemacht haben. [...] MM haben da jedenfalls einen Schlagzeugrhythmus drunter gesetzt und dem Stück ein bisschen Rhythmus verliehen, ohne aber die melancholische Stimmung aufzugeben.



    Die erwähnte Manfred Mann Version findet sich übrigens als Bonus Track auf der Expanded Edition des "Up the Junction" Soundtrack Albums von 1968.

    http://www.amazon.de/Up-Juncti…onus-Tracks/dp/B0006FGHF6

    • Offizieller Beitrag

    Rain Today ist möglicherweise das farbloseste Stück auf Scratch My Back. Gabriel tritt mit dem Minimum an Instrumenten an und spielt das Klavier in einem Tempo, das in den 80ern "RAF-Sekretärin" hieß (jede Woche ein Anschlag). Alles, was in dem Stück passiert, ist innerliche Handlung. Nicht einmal die Dose zu Füßen des Sängers bewegt sich, es heißt nur "ich glaube, ich werde sie die Straße entlangkicken".
    Es stellt sich dadurch aber auch keine besondere Intensität ein, was ja durchaus ein denkbarer Effekt so starker Reduzierung ist. Stattdessen steht mir ein Bild vor Augen. Ein Mann am Klavier in einer sparsam möblierten Wohnung spielt sich ein Stück, schaut aus dem Fenster in den indifferent grauen Himmel und kommt ins Träumen und ins Sinnieren. Gedankenversunken schlägt er nur noch wenige Akkorde an, nur als Begleitklang zu seinen Gedanken, sieht das Klavier nicht mehr bewußt und nicht das Fenster, nicht den Himmel, und als er von dem fernen Ort zurückkommt, an den er sich gedacht hat, und das Bild vom grauen Himmel wieder weiter dringt als nur bis zur Netzhaut, bleibt von all dem nur die vage Vermutung übrig: Ich glaube, es wird heute noch regnen.


    Kein Stück, das mich völlig aus allen Socken haut vor Begeisterung - wie auch, bei dem Thema! Ganz sicher kein Stück für die Tonne. Die relative Farblosigkeit ist ja beabsichtigt, das muss man bedenken. Das Arrangement und die Darbietung finde ich sehr gelungen. 3+

  • Es fällt mir wirklich schwer diesen Titel mit einer Punktzahl zu belegen.


    Ich mag Randy Newman nicht und nur vom Hören her mag ich diesen Song irgendwie auch nicht so richtig. Aber da ich mich jetzt zwangsweise damit auseinander setzen musste, gerate ich wirklich in eine Zwickmühle. In bestimmten Aspekten ist mir dieser Song ans Herz gewachsen. Dieser Song ist absolut zeitlos (ich glaube sogar der älteste auf der Scheibe), wunderbar filligran, unglaublich visionell sowie makaber humorvoll. Ich hab' mich inzwischen sogar gefragt, ob Gabriel beim Texten der Szenerie des LLDOB-Song davon beeinflußt war. Ich finde es gibt auffällige Paralellen.


    Gabriels Interpretation mutete sich mir zunächst genauso femdartig an wie das Original im Ganzen. Sollte mich von daher also nicht sonderlich überraschen. Nach wie vor bin ich aber der Ansicht, dass man ihm hier seine Anstrengung anmerkt, ein gewisses Gefühl der Authentizität fehlt, ähnlich wie stellenweise bei "The Power Of Love" und im Gegensatz zum Rest der Songs, die ihm entweder persönlich besser liegen oder er hier einfach routinierter ist. Abseits der Authentizität, die in fast allen anderen Songs spührbar ist, kann ich diese Interpretation jetzt aber auch nicht als mißlungen bezeichnen.


    Also unter den gegebenen Vorraussetzungen verpasse ich dem Song jetzt 11 Punkte, von denen aber 2 direkt an die bloße Auswahl des Songs und Gabriels Versuch ihn in den Griff zu bekommen gehen.

  • Für [Bob] Ezrin passierte die erneute Zusammenarbeit mit seinem alten Freund genau zur rechten Zeit. Ezrins ältester Sohn David, ein Musiker, war im Dezember 2008 im Alter von 42 Jahren verstorben. "Ich hatte das Interesse an allem verloren", sagt Ezrin. […] Circa einen Monat nach dem Tod seines Sohnes erwachte Ezrin und er spürte, dass er Musik bräuchte und sie wirklich gut sein müsse. […]
    An diesem Abend wäre vorgesehen gewesen, "Baltimore" von Randy Newman aufzunehmen. "Ich schlug stattdessen 'I Think It's Going To Rain Today' vor", sagt Ezrin. "Keiner kannte es wirklich. Wir fanden es online, Peter hörte es sich an und sagte vom Fleck weg, dass er es großartig fände und wir es machen sollten. Ich dirigierte ein wenig, um Peter ein Gefühl für die Phrasierung zu vermitteln. Der Gesang entstand in dieser ersten Nacht. Bei der Bridge brach seine Stimme kurz. Ich sah ihn an und bei uns beiden flossen die Tränen. Jeder hatte seine eigenen Gründe. Wir haben es nie besser hinbekommen. Es war ein magischer, brillanter, wunderbarer Moment. Das war mein Einstieg in das Projekt."

    Daryl Easlea - Das Leben und die Musik von PG (2013), S. 441

  • Ich bin überascht dass Peter Gabriel's Version von "I Think It's Going to Rain Today" so wenig Anklang findet. Mir gefällt sie wirklich gut. Das Original von Randy Newman ist mir nicht bewusst bekannt. Ich kenne die eine oder andere Cover Version, insbesondere die von Katie Melua, die ich sehr mag. Peter's Version ist da sicherlich nicht sonderlich originell, insofern passt sie eigentlich nicht auf "Scratch My Back", wo die Songs ja zumeist völlig anders rekonstruiert werden. Wie dem auch sei, mir gefällt die Ruhe und Melancholie des Stücks.

    Die erwähnte Manfred Mann Version findet sich übrigens als Bonus Track auf der Expanded Edition des "Up the Junction" Soundtrack Albums von 1968.


    Eine hübsche Version mit Orchester gibt es auch auf Paul Carracks Album A Different Hat, nach meiner Erinnerung sogar als Opener.

    Understand, Rael: It´s a trick of the tail ...

  • Ich darf eigentlich nichts dazu sagen, denn ich fremdle ja ohnehin schon seit eh und je mit Scratch My Back ( Heroes! ... :augenrollen: )


    Dabei hab ich nichts gegen Cover.
    Seine Tom Waits Interpretation von 'In The Neigborhood' geht tief unter die Haut, auch weil er seine Empfindungen und seine gedanken mitteilt. Ganz wunderbar, das Stück.


    Nun hat Littlewood den Hintergrund der Randy Newman-Interpretation eingestellt, diese herzzerreißende kleine Anekdote von Bob Ezrin und der magischen Athosphäre bei der Aufnahme, also höre ich brav nochmals genauer hin.


    Wie üblich bekomme ich Gänsehaut von seiner Stimme.


    Aber ... uhm ... ahh ... Nein


    Kommt bei mir nicht an.


    Das sind aber auch riesige Schuhe, die Pete da anprobiert.
    Riesig und schon ein bischen ausgelatscht.


    Meine Lieblingsversion ist die von Chris Farlowe 1985, die er etwas abgewandelt auch beim Alexis Corner Memorial 1985 blueste. Sie findet sich wohl auch auf zwei neueren Alben von 2005.


    spotify:track:1Otl25AoNJAGtR87SlY5Ap


    (track 6)


    Für Pete, nunja, Stimme 14, Klavier 9, Interpretation 2, Inspiration 0 = 6 P