Dune (David Lynch Film)

  • In dem Zusammenhang sollte man das Projekt von dem chilenischen Regisseur Alejandro Jodorowsky nicht gänzlich unerwähnt lassen. Der hatte sich bereits in den 70ern an die filmische Umsetzung dieses Schinkens gewagt, das Ganze kam dann aber aus verschiedenen Gründen nicht zustande. Hätte wirklich interessant werden können, denn für die Ausstattung war kein Geringerer als H.R. Giger eingeplant und die Filmmusik sollte von Pink Floyd kommen. Gibt in der arte Mediathek immer noch eine spannende 90minütige Doku über dieses gescheiterte filmische Abenteuer, gespickt mit vielen Interviews von Zeitzeugen und Beteiligten:

    https://www.arte.tv/de/videos/…-000-A/jodorowsky-s-dune/

    Danke für den Hinweis auf diese Doku!

    Die wird von Max Evry natürlich auch erwähnt. In dem Kapitel „Previous Dune Attempts“ nennt er übrigens drei geplante und nicht zustande gekommene Verfilmungsversuche von Dune:


    Arthur P. Jacobs/Haskell Wexler Version (1971-74)

    Michel Seydoux/Alejandro Jodorowsky Version (1974-76)

    Dino de Laurentiis/Ridley Scott Version (1976-80)


    Zu Jodorowsky gibt es in Evrys Buch auch noch eine nette Anekdote. Der genoss nämlich Lynchs Dune im Kino ganz besonders - aus purer, ehrlicher Schadenfreude:

    „I start to see the picture, and step by step, step by step, step by step, I became happy because the picture was awful! It`s a failure! Well, it`s a human reaction, no? It`s not beautiful but I have that reaction“

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Gerne geschehen, du möchtest doch jeden Tag etwas bekommen, was du nicht vergisst.

    Heute also mal kein Schlag in die Fresse ... :D

    Nein, im Ernst, ich kann dein Interesse für solche Themen sehr gut verstehen.


    Die anderen Verfilmungsversuche hatte ich auch nicht mehr auf dem Schirm, da fühlt man sich fast an die Bibel erinnert, daran sind auch schon Regisseure gescheitert.


    Oft finde ich Making Ofs, Biopics von Schauspielern und Regisseuren oder eben solche Dokus noch interessanter als die Filme selber. Und ein solch nachhaltiges Echo muss eine literarische Vorlage erst einmal auslösen.


    Was war eigentlich nochmal der Grund, dass das Buch so lange Zeit als unverfilmbar galt, die noch fehlenden technischen Möglichkeiten oder eine eher nicht greifbare SciFi-Ebene, die visuell überhaupt nur sehr schwer zu vermitteln ist ? Schon seit dem Film "2001" nach der Vorlage von Arthur C. Clarke gibt es im Kino im wahrsten Sinne des Wortes doch eigentlich keine Grenzen mehr, und der wurde bereits 1968 gedreht (kaum zu glauben). Man muss dem Publikum ja auch nicht alles erklären, macht es jedenfalls in diesem Genre sogar noch interessanter. Den Film von Kubrick hat doch bis heute auch keiner wirklich verstanden, ähnlich wie diese Geschichte von Rael :/ , und trotzdem gehört beides zum absoluten Kulturgut (so wie Notre Dame oder die historische Börse in Kopenhagen || ).


    Werde mir die Doku wohl auch nochmal ansehen, was wären wir doch bloß ohne arte.


    Gleichzeitig bin ich jetzt doch noch auf Dune 2 neugierig geworden, insbesondere im IMAX wirkt es sicherlich ziemlich umwerfend. Die Referenz ist für mich jedoch immer noch "2001 - Odysse im Weltraum", das war auf der riesigen gebogenen Leinwand damals wirklich atemberaubend: Auf dem Fernseher kommt davon, mit den sehr breiten Streifen oben und unten, allerdings nicht mehr viel rüber.

    Die mysteriöse Geschichte des schwarzen Monolithen beschäftigt interessierte Cineasten ja bis heute, ist das auch die Dimension von Dune ? Kenne den Film und das Buch wie gesagt nicht, scheint von der Komplexität her aber wohl eher mit "Herr der Ringe" vergleichbar zu sein.

    Bist ja jetzt sozusagen der große Experte für Dune, deswegen frage ich einfach mal ... ;)

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

  • Die mysteriöse Geschichte des schwarzen Monolithen beschäftigt interessierte Cineasten ja bis heute, ist das auch die Dimension von Dune ? Kenne den Film und das Buch wie gesagt nicht, scheint von der Komplexität her aber wohl eher mit "Herr der Ringe" vergleichbar zu sein.

    Bist ja jetzt sozusagen der große Experte für Dune, deswegen frage ich einfach mal ... ;)

    Großer Experte? Nein, sicher nicht.

    Ich bekenne, dass ich das Buch bzw. die Buchreihe auch noch nicht gelesen habe.

    Mein Sohn hat mehrere Bände davon, mal schauen, ob ich das irgendwann mal angehe.


    Den Film von Lynch hab ich ein paar Mal gesehen, aber immer noch nicht alles verstanden. Das mag einerseits an der fehlenden Lektüre liegen, andererseits ist die Handlung im Film gerade in der zweiten Hälfte hier und da seltsam gerafft und gestrickt.

    Ich finde den Film als Ganzes auch deutlich weniger reizvoll als einige Szenen und Figuren.

    Mein Interesse am Film kam ursprünglich aus der popkulturellen Ecke. Es mag vielleicht seltsam klingen, aber ausschlaggebend für das Bestellen von Max Evrys Buch waren die darin enthaltenen Interviews mit Steve Lukather und David Paich. Aber dann hab ich beim Lesen so viele interessante Geschichten entdeckt, die mich näher mit Produktion, Regie und Cast beschäftigen ließen.

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  • An die erste Verfilmung habe ich keine guten Erinnerungen. Sting war, äh...bizarr...sonst: ?

    Vor allem auch ziemlich nackig... ^^


    Womit ich den Werbeblock für morgen anrühre: Im morgigen Kapitel geht es um Sex! 8o

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  • Bitte schön!


    V - EIN KURZES KAPITEL ÜBER SEX


    DUNE und Sex, das ist auf den ersten Blick eine abwegige Verbindung. Denn es gibt im Film keine expliziten Sexszenen. Aber Lynch wäre nicht Lynch, wenn er nicht auf einer subtileren Ebene ein paar schmutzig-sexuelle Anspielungen platziert hätte. Im Mittelpunkt steht dabei Giedi Prime, der Heimatplanet der Familie Harkonnen, und natürlich der Baron selbst.


    McMillan, der den Baron im Film spielt, erklärt dazu: “Der Grundgedanke im Film ist, dass der Baron sexuellen Kontakt mit jedem und allem hat. Ein durchaus beunruhigender Gedanke. Da ist diese Szene, wo sie mir dieses kleine Kind bringen. Das Kind hatte Angst. Und ich zog seinen Herzstöpsel und hatte Kontakt mit seinem Blut und allem.” Es fällt nicht schwer, hierin eine Anspielung auf einen sexuellen Akt zu sehen, wenn man Lynchs Gedankenwelt zugrunde legt. Und so sieht Autor Max Evry viele grundlegende Ähnlichkeiten zwischen Baron Harkonnen und der Hauptfigur aus Lynchs nächstem Film BLUE VELVET, Frank Booth, dessen Motto lautet: “Ich ficke alles, was sich bewegt!”


    Giedi Prime gilt als die Welt jn DUNE, in der sich Lynch am wohlsten fühlte. Und die schmuddelig-schlüpfrige Atmosphäre dieses fast schon obszönen Ortes hatte eine ganz besondere Inspiration, wie Kostümassistentin Mary Vogt weiß: “Bob (Ringwood) hatte eine große Sammlung von S&M Büchern, die er mit nach Mexiko “geschmuggelt” hatte. Die Erscheinung des Barons und die Ausstattung des Looks seiner Umgebung wurden unmittelbar davon geprägt.”

    Damit ist es sicher auch kein Zufall, dass die größte Annäherung an das Thema Nacktheit im Film aus dem Lager des Barons kommt. Es ist Sting, sein Vertrauter, der nackt aus der Dusche kommt und mit Begeisterung ein Suspensorium trägt.


    Und dann sind da natürlich die eigentlichen Hauptdarsteller des Films, die Sandwürmer. Auf der einen Seite bloße Kreaturen, auf der anderen aber eben auch größtmögliche Phallus-Symbole, so dass ihr Design behutsam gewählt werden musste. Ging da vielleicht die Fantasie mit dem einen oder anderen durch? Barry Nolan, zuständig für Spezialeffekte, glaubt das nicht. Für ihn war das ein echtes Problem: “In one shot, Paul has control over the worms, and in the background, there are three worms standing up. They looked like three big penises standing up in the air.” Man änderte die Szene dann so, dass die Würmer am Boden lagen. Schließlich so Nolan halbernst, wollte man die Altersfreigabe nicht riskieren.


    Dass parallel zum Film Kinderspielzeug auf den Markt kam, darunter eben auch Sandwürmer oder eine Actionfigur des Barons, könnte die Frage aufwerfen, wie kindgerecht das Ganze ist. Aber wahrscheinlich auch nur dann, wenn man Evrys Buch gelesen hat, und nun um einige filmische Bedeutungsebenen reicher ist.


    Schließen wir dieses Kapitel mit einer Anekdote, die zeigt, dass Sex am Set durchaus Spaß machen kann. Kyle MacLachlan schildert dabei die Aufnahme einer Szene, an der neben ihm noch Everett McGill und Patrick Stewart (“Gurney”) beteiligt sind.

    “Einmal haben wir die Szene gedreht, wo wir dabei zusehen, wie die Schildmauer durchbrochen wird. Wir benutzen Atome , um ein Loch in die Mauer zu sprengen, damit wir rein können und die Stadt übernehmen können. ... Mein Satz war etwas in der Art wie “Hol es raus, Gurney!”, und dann dreht sich Gurney um und sagt “Atomics!” mit diesem großartigen Patrick Stewart Timbre. Aber dieses Mal sagte ich zu Everett: “Wenn ich “Hol es raus, Gurney” sage, schauen wir beide nach unten auf Patricks Unterleib, und dann schauen wir uns an und sagen ”Boah!”. Wir haben das tatsächlich so gemacht. Die Szene hat es nicht in die offizielle Fassung geschafft, aber irgendwo gibt es sie noch.”


    Fortsetzung folgt ...

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  • Jedenfalls ein sehr ungewöhnlicher Einstieg in dieses Thema, dass der Soundtrack von TOTO und Brian Eno stammt wusste ich noch nicht.


    Für die Bücher musst du dann wohl die Sommerferien opfern, gegen die insgesamt 6 Bände ist ja selbst "Herr der Ringe" fast schon ein Kurzroman. Gibt aber schöne Sonderausgaben, irgendwie muss einem eine solche Mammutaufgabe ja auch schmackhaft gemacht werden.

    Aber du schaffst das natürlich ... ;).


    Was sagt eigentlich dein Sohn zu dem späten Interesse an Dune, ist er einfach nur belustigt oder unglaublich stolz auf seinen Vater ?


    Mich hätte mal interessiert, was der Autor Frank Herbert wohl zu der aufwändigen Neuverfilmung gesagt hätte, aber leider ist er ja schon kurze Zeit nach dem Film von Lynch verstorben. Richtig zufrieden werden Autoren mit einer Verfilmung ihrer Werke wahrscheinlich niemals sein. Anthony Burgess war über Kubricks ganz eigene Version von "Clockwork Orange" jedenfalls nicht gerade sehr erfreut (siehe arte Mediathek). Über den großartigen Publikumserfolg hätte Herbert sich aber doch auch freuen können.

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  • Was sagt eigentlich dein Sohn zu dem späten Interesse an Dune, ist er einfach nur belustigt oder unglaublich stolz auf seinen Vater ?

    Weder noch.

    Er ist gerade in einem Alter, in dem er die Aktivitäten seiner Eltern gerne ignoriert. :)

    Den Lynch Film haben wir aber vor kurzem gemeinsam geschaut, und er war bis zum Ende dabei und hat hier und da Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den neuen Dune-Filmen, die er sehr schätzt, erwähnt.

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  • Heute wird es musikalisch:


    79/VI - DIE POPSTARS IM HINTERGRUND


    In diesem Abschnitt soll es – für ein Musikforum sicherlich nicht unpassend – um Musik gehen. Denn DUNE ist eben auch ein Film mit vielfältigen Beziehungen zur Musik. Genauer gesagt zur Popmusik. Schließlich war die prominenteste Person im Cast ein Popstar. Und Popstars waren es, die die Filmmusik kreierten. Also widmen wir uns zuerst dem Thema Filmmusik.


    1983, als ihnen DUNE angeboten wurde, waren TOTO gerade auf dem Höhepunkt ihrer Bandkarriere. Ihr Album IV war ein Megaseller (“triple platinum”), ausgezeichnet mit vielen Grammys und Heimat von AFRICA, dem Song (bei Konzerten wird er auch gerne als “that song” angesagt), der die Band noch heute vor dem Vergessenwerden bewahrt. Darüber hinaus hatte man das Glück, als maßgebliche Mitstreiter auf dem erfolgreichsten Album der Musikgeschichte (Michael Jacksons THRILLER) verewigt worden zu sein.

    Auf der anderen Seite befand sich die Band gerade in ihrem ersten größeren Umbruch. Bassist David Hungate wollte sich verändern und verließ die Truppe. Sänger Bobby Kimball wäre wohl gerne geblieben, wurde aber gegangen, da ihm der Erfolg offenbar zu Kopf stieg, und zunehmender Drogenkonsum eine professionelle musikalische Performance verhinderte. Da man auf der Suche nach einem neuen Sänger etwas Zeit brauchte, aber dennoch kreativ sein und etwas Geld verdienen wollte, kam der Abstecher in die Filmmusik durchaus gelegen.


    Zunächst musste man eine Entscheidung treffen. Tatsächlich standen nämlich zwei Angebote zur Wahl: DUNE oder FOOTLOOSE. Und damit zwei völlig verschiedene musikalische Ansätze. Mit FOOTLOOSE hätte man sich für die Aufnahme von ein paar neuen Songs, also für ein bandnahes Konzept entschieden. Das hätte man auch ohne aktuellen Frontmann (mit Paich und Lukather als Leadsänger) gut stemmen können. DUNE hingegen war musikalisch völliges Neuland. Hier war ein Score gefordert und damit das Schreiben und Arrangieren von instrumentaler Musik für ein großes Orchester unter weitgehendem Verzicht auf bandtypische Instrumente. Warum entschied man sich nun für DUNE? Hier spielten nach Aussagen von Paich und Luke drei Dinge eine Rolle: 1. Der Reiz des Neuen/Anderen, 2. David Lynch als Regisseur (Luke, Paich und Jeff Porcaro waren Fans seiner beiden ersten Filme) und 3. last but not least das Versprechen der Filmproduzenten, dass mit der Verfilmung von DUNE etwas ähnlich Populäres und finanziell Erfolgreiches wie STAR WARS entstehen sollte. Und wer hätte dazu schon Nein sagen wollen?


    Man entschied sich also für die musikalische Wüste, und nachdem Paich David Lynch getroffen und ihm seine Idee für das MAIN THEME vorgespielt hatte, was dieser sehr mochte, war man im Geschäft. Tatsächlich muss den Jungs von Toto aber schon bald klar gewesen sein, dass das, was da entstand, nicht nur musikalisch eine Art Gegenentwurf zu STAR WARS war. “I want this music LOW, and I want it SLOW”, wird Lynch von David Paich zitiert. Also eben keine Filmmusik im Stile von John Williams für ein Popcorn verzehrendes Publikum in einem familientauglichen Unterhaltungsfilm. Immerhin war es dann auch Lynch, der mit dem DESERT THEME etwas bekam, was er gefordert hatte: Nämlich ein Stück, das mehr nach der Band TOTO klang.


    Auch wenn TOTO stets als gemeinsamer Urheber des Filmsoundtracks angegeben wird, so verweist Lukather darauf, dass die Arbeit an der Musik vor allem die Sache von Mastermind David Paich und seinem Vater Marty war. Diese beiden hatten einfach die meiste Erfahrung mit Orchestrierungen (insbesondere Marty Paich durch seine Arbeit für Film und Fernsehen). Aber auch diese Erfahrung konnte eine denkwürdige Panne bei der Aufnahme des Orchesters nicht verhindern. Eigentlich wollte David Paich die Aufnahmen in London machen (wo auch schon die Orchesterparts für TOTOS IV entstanden). Aber die Produzenten bestanden, weil es wohl billiger war, auf Wien. Dort plante Paich zunächst nicht nur mit dem falschen Orchester (es gab dort zwei fast namensgleiche, und das von ihm engagierte hatte keine Erfahrung mit dem Spielen zu Click Tracks über Kopfhörer). Nein, zu seinem Verdruss sorgten die instrumentalen Aufnahmen der Band, zu denen das Orchester spielen sollte, zu einer problematischen Missstimmung. Erklärung: Die Band hatte – wie allgemein üblich – ihre Musik auf der Basis einer Stimmung von 440 Hz aufgenommen. Das betreffende Orchester hingegen orientierte sich an einer Stimmung von 442 Hz. Paichs Bitte, die Orchestermusiker mögen nun ausnahmsweise einmal ihre Stimmung den Aufnahmen der Band anpassen, wurde stur abgelehnt. “We don’t tune up to you, you have to tune up to us”, so lautete die Antwort. Da die Aufnahmen von TOTO einen Tick zu tief waren, musste nun technischer Aufwand betrieben werden, um sie etwas schneller (und damit höher) abzuspielen. Ein echtes Ärgernis laut Paich, denn “that’s exactly not the way to do that”. Für Paich bleibt das Ganze ein kleines Trauma, wenn er resümiert: “If I ever do a movie again, I’ll have the word London written in my contract”.


    Aber damit nicht genug. Der nächste Ärger deutete sich an, als Lynch einen weiteren Musiker an Bord holte, ohne die Band an dieser Entscheidung zu beteiligen: Brian Eno. Dieser nahm zwar nur ein einziges Stück für den Soundtrack auf, aber sein Engagement ließ Paich zunächst denken, dass Lynch mit der Arbeit von TOTO nicht zufrieden sei oder musikalisch in eine andere Richtung gehen wolle. So sehr sich sowohl Lukather, als auch Paich grundsätzlich als Eno-Fans outen (Eno stand auch auf der musikalischen Gästeliste von Paichs Solodebut FORGOTTEN TOYS), so deutlich missfiel der Band die Nennung der musikalischen Credits im Film selbst. “Music by Toto and Brian Eno” heißt es da, womit der winzige Input von Eno gleichrangig mit der enormen Arbeit der Band behandelt wird. Lukather vermutet hier sicher nicht zu unrecht, es sei wohl einfach hipper gewesen, einen Lynch-Film mit der Musik von Brian Eno zu vermarkten, als die “Popper” von TOTO als zentrale Musikschöpfer hervorzuheben.


    Als TOTO ihre Score-Beiträge endlich im Kasten hatten, kam die nächste Ernüchterung für Paich dann im “editing room”. Seine Musik wurde teilweise stark geschnitten und an Stellen im Film verschoben, für die sie eigentlich nicht gedacht war. Schließlich war Lynch einiges immer noch nicht low and slow genug, weshalb er Teile der Aufnahmen mit halber Geschwindigkeit abspielen ließ. Und im finalen Audio-Dreikampf zwischen Sprachdialogen, Musik und Soundeffekten musste die Band erfahren, dass Musik – für sie die absolute Hauptsache – in einem Film längst nicht immer die erste Geige spielt. Wann was wie laut abgemischt wird, ist oft ein Kompromiss, der gerade Soundtrack-Liebhaber häufig nicht zufriedenstellt. Beispielhaft erinnert sich Lukather an eine Filmszene, in der ein schöner Streicherpart durch lautes Hundegebell gestört wurde, und er mit dem für die Soundeffekte zuständigen Typen darüber stritt, das Bellen des Köters leiser und die Musik hörbarer abzumischen. Ohne Erfolg.


    Dies alles führte wohl dazu, dass Paich die Arbeit am Dune-Soundtrack heute sehr ambivalent erinnert. Er ist nach wie vor dankbar für die gemachte Erfahrung und mit den einzelnen Kompositionen sicher zufrieden (sonst hätte die Band nicht immer wieder Teile davon auch live gespielt), aber alles in allem bleibt festzustellen, dass weder Paich alleine noch TOTO als Band anschließend noch einmal einen Soundtrackjob angenommen haben. Zu sehen, dass Dinge mit der eigenen Musik passieren, auf die man null Einfluss hat, war dann offensichtlich zu viel Salz in der Suppe.


    Lässt man die ganzen Begleitumstände einmal außer Betracht und konzentriert sich nur auf die geschriebene und aufgenommene Musik, so bleibt ein wirklich fantastischer Score, der den Film hervorragend unterstützt und die unterschiedlichen Stimmungen/Szenen super einfängt. Feierliche und hymnische orchestrale Darbietungen wechseln sich mit geheimnisvoll-synthetischen Sounds und rhythmisch-lebhaften Percussionparts ab. Die Melodien/Themen sind memorabel und schön, ohne die kitschige Hollywoodnote eines Williams oder Zimmer zu imitieren. Eigentlich schade, dass Paich keine weiteren Filme vertont hat. Er hat gezeigt, dass er es kann.


    Persönlich ist und bleibt DUNE mein Lieblingssoundtrack. Vielleicht bin ich da als TOTO-Fan ein wenig befangen, aber das ist auch nicht schlimm. Denn manche Liebeserklärung geht noch tiefer. So berichtet David Paich: “The one guy that came up to me was Billy Idol, who told me: “By the way, I love the Dune-Album. That’s my favorite Toto record of all time”. Man kann das für ein vergiftetes Lob halten. Oder man reagiert gelassen wie Luke: “I love you for that, Billy!”


    Für TOTO als Band endet das Dune-Kapitel noch nicht ganz mit der Fertigstellung des Films. Als sie ihr fünftes Studioalbum ISOLATION fertig aufgenommen haben, entsteht die Idee, David Lynch, den sie nun als guten Freund betrachten, für das Design des Albumcovers zu gewinnen. Lynch macht sich auch gleich voller Elan ans Werk und gestaltet – womöglich mit den Gedanken noch am Set von DUNE – einen Entwurf mit einem (Welt)raum voller schwarzer Löcher, wobei aus einem Loch ein menschlicher Kopf herausragt. Die Coveridee wird letztlich nicht für gut befunden und abgelehnt. Die 25000 Dollar Designbudget sind da aber schon leider verbraten. Positiver gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Brad Dourif für den Videoclip zu STRANGER IN TOWN. Dourif, der in DUNE mit Piter De Vries einmal mehr einen perfekten Psycho verkörperte, darf im Video von TOTO eine Jesus-ähnliche Figur spielen. Der Clip selbst lehnt sich in seiner schwarz-weißen Ästhetik sogar ein wenig an die ersten Filme von David Lynch an. Ein Hit wird die neue Single – ähnlich wie DUNE – leider nicht.


    Fortsetzung folgt ...

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  • Weder noch.

    Er ist gerade in einem Alter, in dem er die Aktivitäten seiner Eltern gerne ignoriert. :)

    Den Lynch Film haben wir aber vor kurzem gemeinsam geschaut, und er war bis zum Ende dabei und hat hier und da Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den neuen Dune-Filmen, die er sehr schätzt, erwähnt.

    Wenn Vater und Sohn auch gemeinsame Interessen haben ist das doch schön, bei mir waren es damals Bücher von C.S. Forester und Johannes Mario Simmel.


    Bei Simmel werden jetzt wahrscheinlich einige den Kopf schütteln, was der Literaturpapst Reich Ranicki (oder auch Denis Scheck) über ihn als Autor wohl gesagt hätten. Jedenfalls waren seine spannenden Bücher immer sehr gut recherchiert und nah am Zeitgeist. Die Verfilmungen von Alfred Vohrer entsprachen dann jedoch tatsächlich eher dem Ruf als Trivial-Literatur.


    Und von Forester hat sein Buch "Konvoi" bei mir bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen, eine Geschichte aus dem Jahr 1943 über den Angriff eines Rudels deutscher U-Boote auf einen amerikanischen Konvoi, und das so unfassbar spannend, als hätte der Autor beim Schreiben neben einem permanent tickenden Metronom gesessen. Diesmal wird dieser besonders erbarmungslose Teil des Krieges allerdings aus Sicht des Kommandanten eines Zerstörers erzählt, und das nicht weniger hautnah realistisch als in "Das Boot". Deswegen war ich dann auch hocherfreut, über die aktuelle Verfilmung dieses Buches in "Greyhound - Schlacht im Atlantik", mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Ein frühere Verfilmung des Stoffes müsste "Duell im Atlantik" aus dem Jahr 1957 sein, mit Robert Mitchum und Curd Jürgens in den Hauptrollen. Greyhound ist noch immer auf Apple TV+ zu sehen, führt dort sogar bis heute die Rangliste der beliebtesten Filme an.


    Hat jetzt zwar alles nichts mit "Dune" zu tune (dazu kann ich auch nicht wirklich viel beitragen), aber hier geht es ja auch um die Faszination einer literarischen Vorlage und was dann im Film daraus geworden ist. Im Falle von Simmel hätte man sich da deutlich mehr gewünscht, denn sein Stoff (... aus dem die Träume sind) hätte eigentlich auch immer für Hollywood gereicht. In dem anderen Fall kann man es nur als eine wirklich gelungene Verfilmung ansehen, die den Krieg noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive schildert.

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