Dune (David Lynch Film)

  • Heute und an den nächsten Tagen bis einschließlich Sonntag möchte ich euch das nächste Kapitel meiner 80er-Kolumne vorstellen. Da es recht umfangreich geworden ist, habe ich es in 7 Abschnitte aufgeteilt.

    Ich mache an dieser Stelle einen kleinen Exkurs - weg von der Popmusik, hin ins Kino. Aber keine Angst, die Popmusik wird dabei auch eine Rolle spielen. Viel Spaß!


    Kapitel 79 Genial gescheitert

    Oder

    David Lynchs Dune wird 40


    Ein Meisterwerk! Der beste Science-Fiction Film aller Zeiten! Ein atemberaubendes Kino-Erlebnis!

    Der neue, zweite DUNE-Film von Denis Villeneuve hat 2024 sowohl Kritiker, als auch Publikum begeistert. Damit übertrifft Villeneuve nicht nur seinen auch hochgelobten ersten DUNE-Film, sondern steht in auffälligem Kontrast zu David Lynchs DUNE-Verfilmung, die in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag feiert. Denn Lynchs Werk gilt heute bestensfalls als ambitioniertes, aber ziemlich durchwachsenes Epos. Autor Max Evry hat im letzten Jahr zu Lynchs Film einen dicken Schmöker veröffentlicht. Das mit unglaublich viel Leidenschaft und Liebe zum Detail verfasste Buch lädt unter dem augenzwinkernden Titel A MASTERPIECE IN DISARRAY zu einer Wiederbegegnung mit dem 84er DUNE ein. Und führt zu der Erkenntnis: Vielleicht ist der Film ja doch besser als sein Ruf. Und definitiv sind die Geschichten rund um diesen Film unterhaltsamer als der Streifen selbst.

    Ich habe Evrys Wälzer in wochenlanger Lektüre (immerhin über 500 Seiten auf Englisch) akribisch durchgearbeitet und möchte an dieser Stelle die besten dieser Geschichten erzählen und damit den Film und seine Mitwirkenden ein Stück weit rehabilitieren. Und eventuell auch Lust darauf machen, sich Lynchs DUNE “mit anderen Augen” noch einmal anzuschauen. Alle wörtlichen und sinngemäßen Zitate, die auch aus zahlreichen Interviews stammen, die Evry mit Beteiligten des damaligen Films führte, stammen aus seinem Buch. Zusätzliche Informationen aus dem Kapitel über TOTO entnahm ich Lukathers Autobiografie.


    79/I - DUNE ZWISCHEN KUNST UND KOMMERZ


    Wer sich mit dem DUNE-Film von 1984 beschäftigt, wird sehr schnell auf die Einschätzung stoßen, dass es sich hierbei weder künstlerisch noch kommerziell um ein gelungenes Ergebnis handelt. Diese Einschätzung bedarf meines Erachtens einer näheren Betrachtung. Beginnen wir mit dem kommerziellen Aspekt.


    Als DUNE am 14.12.1984 in die Kinos kam, konnte der Film die an sein Einspielergebnis gerichteten Hoffnungen nicht erfüllen. Am Eröffnungswochenende reichte es am amerikanischen Box Office gar nur zum zweiten Platz hinter Eddie Murphy’s BEVERLY HILLS COP (wobei das sicher einer der besten Filme der 80er ist...) Insgesamt werden für den nordamerikanischen Markt innerhalb von ca. sechs Wochen Gesamteinnahmen von etwa 31 Millionen $ angegeben.

    Die Produktionskosten beliefen sich aber inklusive des Werbebudgets nach Schätzung der L.A. Times auf 55 Millionen $. Selbst wenn man die Einnahmen außerhalb Nordamerikas mit berücksichtigt – und in Ländern wie Deutschland waren Presse und Publikumsresonanz positiver als in den USA – muss man anhand der Zahlen vermutlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Film (kurzfristig) nicht profitabel war. Das ist zumindest die Bilanz von Universal’s Sid Sheinberg: “Bottom line is it’s just not profitable”.


    Dem widerspricht Raffaella de Laurentiis. Sie kenne zwar die Wahrnehmung, dass DUNE seine Kosten nicht eingespielt habe. Sie wisse aber, dass Universal mit dem Film Geld verdient habe (“The movie at Universal is in the green. It did make its money back”). Vielleicht hängen diese unterschiedlichen Darstellungen damit zusammen, wie man profitabel definiert. Bedeutet “nicht profitabel”, dass ein Film Minus machen muss? Oder reicht es, dass er nur nicht genug Gewinn macht? Möglicherweise fließen in Raffaellas positivere Bewertung auch langfristigere Einnahmen mit ein, denn natürlich hat der Film in den vergangenen 40 Jahren für Universal regelmäßig weiter Geld abgeworfen, durch z.B. den Verkauf von Fernsehrechten und Medien für das Heimkino (DVD, Blu-ray ...). Wir können diese Diskrepanz an dieser Stelle nicht auflösen. Aber wir können feststellen, dass dem Film auch heute noch das Stigma eines kommerziellen Flops anhaftet, völlig unabhängig davon, wie viel damit noch verdient werden wird.


    Und dass DUNE als Film kommerziell gescheitert ist, ist dann doch in mancherlei Hinsicht bemerkenswert. Warum? Nun, zunächst einmal ist das dem Film zugrunde liegende Buch von Frank Herbert zu einem Bestseller geworden. Manch einer glaubt sogar: Das, was Tolkiens HERR DER RINGE für das Fantasy-Genre ist, ist Herberts DUNE für das Genre Science-Fiction. Nämlich eine absolute Referenz!

    Außerdem waren Science-Fiction-Filme Mitte der 80er Jahre unglaublich populär, seit George Lucas 1977 mit dem Start seiner STAR WARS-Reihe nicht nur eine wahre Gelddruckmaschine, sondern quasi einen “Gold Standard” für dieses Genre geschaffen hatte. Und wenn man weiter bedenkt, dass Lucas seine STAR WARS Welt in vielerlei Hinsicht nicht alleine erfand, sondern statt dessen dreisten Ideenklau aus dem Werk Frank Herberts betrieb (Herbert erwog damals sogar eine Klage gegen Lucas und 20th Century Fox), die Ideen aus DUNE also auch kommerziell funktionieren konnten, dann bleibt schon die Frage, wie ein DUNE-Film scheitern konnte.

    Last but not least hat Denis Villeneuve 2021 (und noch einmal 2024) grundsätzlich bewiesen, dass man aus DUNE einen Blockbuster fürs Kino machen kann. 400 Millionen $ weltweite Kinoeinnahmen (bezogen auf Teil 1) sprechen da eine klare Sprache.


    Wo also genau liegt das Problem des DUNE-Films von David Lynch? Die einfache und etwas unfaire Antwort lautet: Bei David Lynch. Lynch wollte und konnte keinen Film machen, der die Massen in die Kinos lockt. Aber er wäre ganz sicher in der Lage gewesen, einen guten DUNE-Film zu machen. Das wäre natürlich kein Pendant zu STAR WARS geworden, sondern eher ein “Sci-Fi goes Arthouse” Film. Der Film hätte eine ganz eigene Handschrift gehabt, und er wäre als künstlerisch ambitionierte Umsetzung auch vermarktbar gewesen. So sieht es immerhin Paul M. Sammon von Universal: “The biggest missed opportunity? To market the film as a sweeping, serious, slightly psychedelic science-fiction epic, not as a pop fantasy shoot-‘em-up.” Denn eigentlich sei dafür alles vorhanden gewesen: das Buch, eine Zielgruppe und David Lynchs Vision für die Umsetzung.


    Okay, vielleicht ist es dann doch nicht so einfach. Hätte man Lynch alleine entscheiden lassen, dann hätte er eine 4-Stunden-Fassung von DUNE in die Kinos gebracht. So lang war nämlich die erste Fassung, die er herstellte. Aber wer guckt sich schon einen so langen Film an? Es war also notwendig, dass gekürzt wurde. Als nächstes entstand eine Fassung, die bei ca. 3 Stunden lag. Aber auch das war Dino de Laurentiis und Universal zu viel. An diesem Punkt hatte Lynch dann nicht länger die Kontrolle. Production Office Assistant Craig Campobasso erinnert sich: “I remember Dino coming in ... Dino is standing there looking at it going, “Good ... cutta cutta cutta ...” I would see David’s face ... like, “Oh my God, he’s just chopping my thing to pieces.”


    Was letztlich im Kino landelte, ist eine arg verstümmelte Version der Lynchen Fassung. Und dass diese Fassung dann für den Zuschauer schwer verständlich ist, weil sie Handlungen teilweise stark zusammenrafft oder bestimmte Handlungsstränge komplett rausschneidet, liegt auf der Hand. Ebenso ist verständlich, dass Lynch diese Fassung verabscheut. Ja, seine Verachtung könnte kaum größer sein, wenn er sagt, dass er auf alles, was er gemacht hat, stolz ist – außer auf DUNE. Und sein Leid könnte kaum größer sein, wenn man erfährt, dass er nach der Beendigung des DUNE-Fiaskos kurz vor einem Selbstmord stand (“Towards the end of Dune, I probably would have ... eh, I might have committed suicide if it weren’t for Transcedental Meditation.”). Es war aus künstlerischer Sicht unverzeihlich, dass man David Lynch nicht die Möglichkeit gab, einen Director’s Cut zu machen. Da ist es fast schon eine Ironie des Schicksals, dass DUNE David Lynchs erfolgreichster Film ist und wohl auch bleiben wird.


    Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Wir müssen also bejahen, dass DUNE in seiner 84er-Kinofassung nicht nur kommerziell (mit Blick auf die Profiterwartungen der Kinomacher), sondern auch künstlerisch (mit Blick auf die klare Distanzierung von David Lynch) irgendwie gescheitert ist. Ein kleines Trostpflaster gibt es: “I know it’s become kind of a cult movie here in the United States”, meint David Paich. Ein Kultfilm also immerhin. Das ist doch auch etwas.


    Die Frage ist: Lässt sich aus diesem Ergebnis wenigstens etwas lernen? Zumindest Denis Villeneuve hat eine Menge gelernt, indem er zwar seine Bewunderung für David Lynch äußerte (“one of the best filmmakers, I have massive respect for him”), aber auch klar kundtat, mit seinen Filmen etwas Eigenes schaffen zu wollen (“It will not have any link with the David Lynch movie”). Und vielleicht war der Plural im letzten Satz die wichtigste Lehre aus Lynchs DUNE-Desaster. Denn Villeneuve verteilte die Erzählung, die Lynch in 137 Minuten quetschen musste, auf zwei Filme mit insgesamt mehr als doppelt so langer Laufzeit. Das Ergebnis scheint ihm – kommerziell und künstlerisch – recht zu geben.


    Regisseur Robert Eggers (THE WITCH, THE NORTHMAN) machte daraus gleich eine goldene Regel für alle Filmemacher, damit sie Herr über die eigenen Entscheidungen bleiben mögen: “I’m not going to be DUNED!”


    Fortsetzung folgt...

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Zum Thema DUNE Versionen sollte man vielleicht noch erwähnen dass es zwar keinen Director's Cut aber immerhin die Fernsehfassung gibt, die nicht nur länger (rund 3 Stunden) sondern auch anders geschnitten ist (und im 4:3 Format). Und mittlerweile gibt es auch eine Fassung die alles aus Kino- und TV-Fassung zusammenfügt.

  • Weiter geht es mit der Betrachtung von David Lynchs Dune::


    79/II - DER FREAK UND DIE MAFIA


    Wer verstehen will, warum DUNE letztlich wohl als ein gescheitertes Filmprojekt gelten muss (wenngleich ein Scheitern auf hohem Niveau!), muss sich die beiden wesentlichen Stellschrauben anschauen, die fast immer über das Gelingen eines Films entscheiden: Regie und Produktion.


    Beginnen wir mit dem Regisseur. David Lynch ist – das zeigen schon die beiden Filme vor DUNE, aber noch deutlicher die meisten danach – kein Macher und Fan von seichter Massenunterhaltung. Seine Filme sind mit Ausnahme von A STRAIGHT STORY düster, schwer zugänglich und irgendwie auch “gestört”. Sex und Gewalt in teils exzessiver Darstellung, psychotische und krankhaft agierende Figuren ohne Potenzial für eine Identifikation, die Auflösung linearer Handlungsfäden, die Zerstörung von Logik und das Vermischen von Realität und Fiktion, das alles liebt Lynch. Ihn für ein Projekt wie DUNE zu gewinnen, das eher als mainstreamkompatibler Blockbuster und Pendant zu STAR WARS gedacht war, konnte nicht funktionieren. Denn Lynch kann im Grunde nur Lynch-Filme machen.


    Bob Ringwood, am Set für DUNE der federführende Kostüm Designer, beschreibt Lynch als “ungebildeten Intellektuellen”. Das trifft es sehr gut. Ein hochintelligenter Mann mit komischen, teilweise fast schon abartigen Spleens, Ticks und Manieren. Manches erinnert an ein autistisches Verhaltensmuster, so zum Beispiel die Angewohnheit, während seiner Zeit mit DUNE an jedem Tag dasselbe Restaurant zu besuchen und dort zur selben Zeit stets dasselbe Gericht zu essen. Das mag noch als harmlose Macke durchgehen. Anderes eher weniger. So widmete er sich parallel zum Filmdreh eigenen kleinen “Kunstprojekten”wie z.B. dem “chicken kit”. Dabei zerlegte er ein echtes Huhn komplett in alle Einzelteile, legte dann alles – Körperteile, Knochen Innereien – nebeneinander und versah es mit Beschriftungen/Kommentaren. Das alles wurde anschließend fotografiert. Das so entstandene “anatomische Lehrplakat” verschenkte er dann an Crew-Mitglieder, wenn sie Geburtstag hatten. Immerhin tötete er die dafür nötigen Hühner nicht selber, bat aber Leute darum, ihm auf Straßen totgefahrene Tiere mitzubringen, falls sie welche sehen würden.


    Ringwood erwähnt noch Lynchs Angewohnheit, in der Vordertasche seines Shirts immer mehrere Textmarker in verschiedenen Farben bei sich zu führen. Ist es also ein Zufall, dass im Film Doktor Yueh ein Outfit trägt, an dessen Vorderseite zahlreiche Taschen mit diversen Dingen sind? Diese Figur taucht übrigens in Herberts Roman nicht auf und ist somit eine reine Lynch-Erfindung. Gleiches gilt für die berühmten Herzstöpsel, die es dem Baron ermöglichen, vom Blut seiner Untertanen zu trinken und sich so zu stärken. Nicht im Buch, nur im Film. Eine Lynch-Idee.


    Man sieht also, dass Lynch ein Regisseur mit einer eigenen Vision ist, einer sehr kûnstlerischen Vision, die sich aus seiner Gedankenwelt – der Gedankenwelt eines im Grunde liebenswerten Freaks – speist. Was er definitiv nicht ist, ist ein bloß ausführender Regisseur, der auf Geheiß eines Produzenten handelt, dessen einziges Ziel es ist, mit einem Film möglichst viel Geld zu verdienen. Deshalb sagte Lynch auch George Lucas ab. Er hätte den dritten STAR WARS Film machen können. Aber er sah zu recht keinen Raum für eigene kreative Entscheidungen, da Lucas den Rahmen sehr eng vorgegeben hatte.


    Und genau da beginnt nun auch bei DUNE das Problem. Denn hier sitzt dem liebenswerten Freak und Künstler David mit Dino de Laurentiis und seiner Tochter Raffaella ein “Produzentenclan” gegenüber, der nicht gegensätzlicher denken und handeln könnte. Während Lynch sich gerne in Details verliert und darüber oft die Zeit vergisst, müssen Dino und Raffaela darauf achten, dass das Projekt DUNE voranschreitet. Denn jeder Drehtag kostet Geld. Gut ist also, was Geld bringt oder aber Geld spart. Und Einsparmöglichkeiten wittern die Italiener ständig und überall.

    Als die Jungschauspieler Danny Corkill und Diego Gonzalez für eine Szene einen Messerkampf proben sollen, tun sie dies nicht unter der Anleitung eines professionellen Stuntman. Statt dessen wird Hauptdarsteller Kyle MacLachlan gebeten, sie in seinen Drehpausen in Sachen Kampftechnik zu schulen. Wieder etwas Geld gespart. MacLachlan war es auch, der einmal in den Streik treten musste, da trotz mehrfachen Bemühens eine Unterschrift von Dinos Anwalt unter seinem Arbeitsvertrag fehlte.


    Dass zwanghaftes Sparen mitunter negative Auswirkungen auf die Qualität eines Films hat, wird in keinem Bereich so offensichtlich wie in dem der Special Effects. Mit Apogee war bei DUNE zunächst eine der Top-Firmen für Effekte am Start. Als aber die Produzenten immer stärker auf die finanzielle Bremse traten, sah sich Apogee-Chef John Dykstra gezwungen, auszusteigen. Er sah sich nicht in der Lage, für das wenige Geld eine Arbeit abzuliefern, die dem Anspruch seiner Firma und auch dem, was dieser Film gebraucht hätte, gerecht werden würde. Auch wollte er keine komischen Deals mit Dino eingehen, die im Kern darauf hinausliefen, Geld zu sparen, indem man Steuern hinterzog.


    Die Neigung von Vater und Tochter de Laurentiis, es mit Regeln nicht so genau zu nehmen, erinnerte teilweise sogar an mafiaähnliche Methoden. Ein Opfer davon wurde Bob Ringwood. Er hatte viel Arbeit in die Entwürfe von Kostümen gesteckt, bekam aber lange kein grünes Licht für die Produktion. Deshalb verlor er das Interesse und wollte nun aus dem DUNE-Film aussteigen. Er sagte Raffaella, er wolle zurück nach England gehen. Sie bot ihm an, seine Ausreise zu organisieren, wofür sie aber noch seinen Pass benötigte. Als er ihr den Pass gab, nahm sie seine Einreiseerlaubnis heraus und riss sie in der Mitte durch. Ringwood war jetzt offiziell ein illegaler Ausländer, und die geplante Ausreise wurde unmöglich. Er arbeitete dann weiter für DUNE und resümiert: “I mean, Dino’s basically a gangster, Raffaella is sort of a daughter of a gangster, so they play by their own rules.”


    Im Grunde waren Lynch und die de Laurentiis sich sehr ähnlich, wenn es darum ging, Dinge zu fokussieren und konsequent am Erreichen von Zielen zu arbeiten. Sie hatten nur leider zu selten den gleichen Fokus. Beispielhaft dafür war u.a. die Frage der Ausleuchtung und Gestaltung der Filmsets. Dino wollte es möglichst hell haben (er dachte da schon an die Zweitverwertung des Films auf VHS Videocassetten, die bei dunkleren Filmen schwieriger war), während David es möglichst dunkel wollte. “Light is for life, dark is for Dune.” Das war Davids Motto. Und er ließ den Spruch auf T-Shirts drucken, die er an alle am Set verteilte. So viel zum Thema Fokus.

    Ein einziges Mal waren sich Regisseur und Produzenten dann wahrscheinlich doch einig. Das war, als Bob Ringwood die Idee hatte, die schwarzen Gewänder der Gildenmitglieder im Film aus Leichensäcken herzustellen. Gebrauchten Leichensäcken. Das war einerseits schön morbide (Lynch) und andererseits kostengünstig (Dino/Raffaella).


    Fortsetzung folgt...

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Erinnert mich an Youtube Videos wo Heio und Pei dem unachtsamen Anklicker (ihrer Videos) die Unterschiede zwischen den Raumschiffen in Star Trek erklären wollen. Ich beam mich mal in Sicherheit.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Zum Thema DUNE Versionen sollte man vielleicht noch erwähnen dass es zwar keinen Director's Cut aber immerhin die Fernsehfassung gibt, die nicht nur länger (rund 3 Stunden) sondern auch anders geschnitten ist (und im 4:3 Format). Und mittlerweile gibt es auch eine Fassung die alles aus Kino- und TV-Fassung zusammenfügt.

    Beide Fassungen werden von Evry in seinem Buch auch erwähnt.

    Für die etwa 3-stündige Fernsehfassung erwirkte Lynch übrigens das Entfernen seines Namens, da er hier nicht involviert war. Als Regisseur fungiert deshalb ein gewisser Alan Smithee.

    Alan Smithee – Wikipedia

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Heute geht es um den Cast von Lynchs Dune:


    79/III - GESCHICHTEN ZUM CASTING


    Alter, Erfahrung, Herkunft - die Liste der Schauspielerinnen und Schauspieler des 84er DUNE-Films liest sich sehr abwechslungsreich. Zu einigen von ihnen gibt es ein paar nette Anekdoten, die an dieser Stelle erzählt werden sollen.


    Kyle Maclachlan (“Paul Atreidis”) – Favorisiert für die Hauptrolle waren anfangs mit Tom Cruise und Val Kilmer zwei bekanntere Namen. Cruise galt aber als Milchbubengesicht (“baby faced”), ihm fehlte äußerlich eine gewisse Reife. Kilmer war lange im Rennen, aber Raffaella de Laurentiis schien nicht zu 100% überzeugt. Dann tauchte MacLachlan auf, ein völlig unbeschriebenes Blatt. Er hatte das perfekte Gesicht für die beiden Facetten der Rolle, konnte sowohl jugendliche Unschuld, als auch Führungsstärke verkörpern. Und laut Mary Vogt war er der bessere Frauenschwarm. Alle Frauen im Raum machten angeblich “ahhhhh”, wenn sein Gesicht auf der Leinwand erschien. Außerdem hatte sich Autor Frank Herbert für die Rolle immer einen unbekannten Schauspieler gewünscht. Klarer Punktsieg für Kyle. Und für ihn der Beginn einer langen Zusammenarbeit mit David Lynch.

    Kenneth McMillan (“Baron Vladimir Harkonnen”) – Kennt jemand noch die Drag Queen Harris Glenn Milstead alias Divine (verstorben 1988), die mal in den 80ern ein paar billige Discohits hatte? Die war tatsächlich mal für die Rolle des Barons im Gespräch. Auch Orson Welles wurde angefragt. Als man ihm erklärte, dass er für die Rolle im Film in der Luft an Seilen hängen sollte, sagte er nur lapidar: “Leute, ich wiege 300 Kilo. Wollt ihr bekannt werden als diejenigen, die Orson Welles getötet haben?” Mit McMillan wurde die Rolle hervorragend besetzt. Und im Sinne von Lynch mit Furunkeln und Eiter wunderbar abstoßend gemacht. Dabei würde heute fast der Vorname reichen, Vladimir...

    Francesca Annis (“Lady Jessica”) – Glenn war dieser Rolle sehr close (sorry, aber dieses Wortspiel musste hier rein). Sie hätte sie haben können, lehnte aber ab, weil sie an einer Stelle im Skript die Darstellung ihrer weiblichen Figur zu klischeehaft fand. Worüber sie sich aufregte? Dass sie beim Weglaufen vor einem Sandwurm als einzige hinfallen sollte, während die anderen (Männer) weiter rannten. Ach, Glenn! Francesca hatte schon u.a. in Polanskis MACBETH überzeugt. Sie mochte Skript und Rolle und machte es gut.

    Jürgen Prochnow (“Duke Leto Atreides”) – “Unser” Jürgen hatte 1981 seinen Durchbruch als Kapitän auf Wolfgang Petersens U-Boot. Anschließend war er in Hollywood gefragt und auch als Terminator im ersten Film der Reihe im Gespräch. Diese Rolle ging dann bekanntlich nach Österreich. Lynch war zunächst wegen Prochnows starkem Akzent besorgt, liebte aber die Autorität, die er ausstrahlte. Prochnow hat an seine Zeit am Set von DUNE nur gute Erinnerungen: “Great director, full of fantasy. As I said, every day was special.”

    Sean Young (“Chani”) – Young bekam die Rolle nur durch einen skurrilen Zufall. Sie wollte eigentlich Lynch in New York treffen, sagte aber das Treffen ab, weil sie zurück nach L.A. musste. Lynch war deshalb etwas sauer und nahm mit Raffaella de Laurentiis ebenfalls einen Flieger zurück nach L.A. Dann stellten die drei fest, dass sie im gleichen Flieger saßen. Nach einem kleinen Anschiss von Lynch unterhielt man sich doch noch über die Rolle, und Young bekam den Zuschlag.

    Patrick Stewart (“Gurney Halleck”) – Patrick denkt bis heute, dass er David Lynch beim Casting irritiert hat. Denn als David ihn in London auf einer Theaterbühne zum ersten Mal sah, trug Patrick einen großen Bart. Diesen “brutalen Kerl” mit großem Bart wollte Lynch haben. Patrick aber erschien zum Vorsprechen in L.A. frisch rasiert. Damit war er aus Sicht Davids eigentlich der “falsche” Mann. Er kriegte die Rolle trotzdem.

    Dean Stockwell (“Doctor Wellington Yueh”) – Dean Stockwell berichtet, dass David Lynch beim ersten Vorsprechen komisch reagiert habe. Lynch klärte das später auf. Er habe ihn (Stockwell) für tot gehalten. Als der für die Rolle des Doktors ursprünglich eingeplante John Hurt aufgrund von Terminkonflikten passen musste, kam Lynch dann auf Stockwell zurück.

    Sting (“Feyd-Rautha”) – Zu Sting gibt es so viele tolle Geschichten, dass diese ein eigenes Kapitel bekommen (siehe “der Popstar im Vordergrund”).

    Brad Dourif (“Mentat Piter de Vries”) – Brad Dourif wollte eigentlich keinen Verrückten mehr spielen. Er hatte dies schon so oft getan (und oft sehr eindrucksvoll wie im Film EINER FLOG ÜBER DAS KUCKUCKSNEST). Es kostete Lynch etwas Überzeugungsarbeit, damit Dourif erneut für eine “irre” Rolle zusagte. Die hat sich aber mit Blick auf seine Performance in DUNE wirklich gelohnt.

    Jose Ferrer (“Padishah Emperor Shaddam IV”) – Aus der Abteilung “Schauspielprominenz” stieß Ferrer zum Cast. Er spielte zusammen mit Alec Guinness bei LAWRENCE OF ARABIA mit. Nachdem Alec Guinness mit STAR WARS zur Sci-Fi-Ikone wurde, war es irgendwie logisch, dass man Ferrer für DUNE wollte. Zur Ikone wurde er mit dem Film aber nicht.

    Alicia Roanne Witt (“Alia”) – Keine Schauspielerin passte so gut zu ihrer Figur wie die zum Zeitpunkt des Drehs 8-jährige Alicia Roanne Witt zu Alia. Witt galt als hochbegabtes Wunderkind, das schon mit einem Monat sprach, mit sieben Monaten Buchtstaben und Zahlen lernte und im Alter von zwei Jahren Shakespeare las. Sie zeigte sich von ihrem ersten Treffen mit David Lynch sehr beeindruckt, da sie ihm dort von den Hunden in ihrer Nachbarschaft erzählte, und Lynch bei ihrem Wiedersehen sich noch an alle Details aus dem Gespräch erinnern konnte. Hochintelligent trifft hochbegabt, könnte man sagen.

    Max von Sydow (“Doctor Kynes”) – Der schwedische Mime wurde durch Filme mit Ingmar Bergmann weltbekannt. Mit FLASH GORDON wirkte er erstmals in einem Science-Fiction-Film mit. Bei DUNE durfte er Duke Leto vor die Füße spucken. Die Szene ist im Film nicht zu sehen, weil sie – wie so viele andere auch – rausgeschnitten wurde.

    Virginia Madsen (“Princess Irulan”) – Virginia ist die jüngere Schwester von Michael Madsen, den man aus diversen Filmen von Quentin Tarantino kennt. Sie wird ungern an ihr schauspielerisches Debut im Film CLASS von 1983 erinnert, da sie dort eine sehr unangenehme Szene drehen musste, bei der ihr unter den lüsternen Blicken einiger männlicher Kollegen ein T-Shirt vom Leib gerissen wurde. Sie ließ sich dadurch aber nicht von der Schauspielerei abbringen. Interessante Info am Rande: Sofort nach DUNE stand sie für ELECTRIC DREAMS vor der Kamera, wobei dieser Film noch sechs Monate vor DUNE in die Kinos kam.

    Silvana Mangano (“Reverend Mother Ramallo”) – Silvana war die Frau von Produzent Dino de Laurentiis. Das Rollenangebot an sie – ausgesprochen durch Tochter Raffaella – diente hier als therapeutisches Mittel, denn Silvana, nicht nur eine frühere Miss Rome, sondern auch eine erfolgreiche Schauspielerin in Italien, steckte zu diesem Zeitpunkt in einer schweren psychischen Krise. Grund war der tragische Tod von Sohn Federico im Jahre 1981, der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Dass sie zu häufige Besuche am Grab ihres Sohns gegen die Arbeit an ihrer Filmrolle eintauschte, tat ihr sichtlich gut. Ihre Ehe konnte das allerdings auch nicht retten, denn Dino hatte sich bereits mit einer Affäre getröstet.

    Jack Nance (“Nefud”) – Jack Nance ist in gewisser Weise der Schützling von David Lynch. Er wurde durch seine Hauptrolle in Lynchs ERASERHEAD zu einer Untergrundkinolegende. Er hätte nach Lynchs Wunsch auch die Hauptrolle in ELEPHANT MAN spielen sollen. Das kam jedoch nicht zustande. Als Ausgleich für die verpasste Chance wurde der Part seiner Figur im DUNE-Film gegenüber dem Buch erweitert.

    Diego Gonzalez (“Kaleff”) – Der vergessene Schauspieler. Er war der Filmbruder von Danny Corkill, und Danny fiel auf, dass Diegos Name im Zusammenhang mit dem Film nirgendwo erwähnt wird. Blöde Sache! Könnte so etwas heute auch noch passieren? Immerhin wird er jetzt hier (und natürlich im Buch von Max Evry) ein wenig gewürdigt. Dank gilt Danny für den Hinweis!

    David Lynch (“Spice Worker”) – Last but not least spielt Lynch auch selbst mit. Dazu stellt er folgendes fest: “I enjoyed it in a way because for the first time, I felt what it must be like to face those cameras. I’m glad I did so I know what an actor goes through, but that’s the only reason I’m glad I did it.” Klingt nicht so, als hätte ihm das Schauspielern Spaß gemacht. Außerdem kann ich mich an seinen Auftritt im Film gerade überhaupt nicht erinnern. Werde beim nächsten DUNE-Watch aber gezielt auf den guten David achten...


    Fortsetzung folgt...

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Und weiter geht es: Achtung: Es gibt ein paar Spoiler zur Filmhandlung!


    79/IV - PLEITEN, PECH, PANNEN UND PROBLEMZONEN – DAS DUNE DESASTER


    Wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Auch beim Drehen von Filmen läuft längst nicht alles glatt. Und bei einem “Problemfilm” wie Lynchs DUNE treten dann vermutlich ein paar mehr Probleme auf wie gewohnt. Umso schöner ist es, dass hinter den meisten Misslichkeiten mit etwas Abstand betrachtet eine durchaus unterhaltsame Geschichte steckt. Hier sind die TOP 10 der kleinen und großen DUNE-Katastrophen:


    Platz 10 – Die Motten- und Moskitoplage

    Beim nächtlichen Drehen in der Wüste von Mexiko zog die Beleuchtung oft Massen von Motten und Moskitos an, die dann über die Schauspieler und Techniker herfielen. Als Konsequenz wurde ein Mitglied der Crew mit dem Versprühen von Insektiziden zwischen den Aufnahmen beauftragt, während ein weiteres Schutzmasken verteilte, damit niemand die Chemikalien einatmete. Ein vergleichsweise kleines Problem, aber ein nerviges mit sechs Beinchen.


    Platz 9 – “Get the fuck off my set” oder Lynchs Wutausbruch

    Beim Drehen einer Szene platzte dem sonst so ruhigen und gutmütigen David einmal der Kragen. Sean Young (“Chani”) hatte wohl in einem unpassenden Moment nicht drehbuchkompatibel ihre Filmschwester angeschaut und dabei mit den Augen gerollt. Lynch empfand dies als respektlos und rief “CUT!”, bevor er Young dann vor allen Anwesenden heftig anbrüllte und zusammenfaltete. Das wiederum fand Young nicht besonders prickelnd, was sie ihm anschließend unter vier Augen klar mitteilte. Fortan war David stets nett zu ihr.


    Platz 8 – Wassergefechte und Hitzekollaps

    Vor kurzem konnte man lesen, dass beim Drehen von Villeneuves DUNE die Hitze ein großes Problem war, und Schauspieler kollabierten. Alles olle Kamellen, dachte ich spontan. Schon 1984 sorgten die hohen Temperaturen beim Drehen in der Wüste (11 Tage waren dafür angesetzt) für extreme Umstände. Zahlreiche schlecht bezahlte Statisten aus Texas und Mexiko mussten teilweise stundenlang in schweren Kostümen im glühenden Sand hin- und herlaufen. Besonders schlimm wurde es, wenn die Crew (viel zu wenige Container) Wasser an die Anwesenden verteilte. Es kam dann regelmäßig zu tumultartigen Kampfszenen ums kostbare Nass, die man sonst nur aus Berichten über globale Krisenherde kennt.


    Danny Corkill (“Orlop”), der im Film ein Fremen-Kind spielt, machte besonders unangenehme Erfahrungen mit der Hitze. In einer Einstellung sieht man eine Reihe von Fremen stehen, darunter zwei Kinder. In der nächsten Einstellung ist nur noch ein Kind zu sehen. Das fehlende Kind ist Corkill, der nach Stunden in der Sonne kurz vor einem Zusammenbruch stand: “I think by that point they had me under an umbrella, frantically spritzing my face with water, trying to make sure they didn’t kill a kid.”


    Platz 7 – Die “sick list”

    Mexiko war als Drehort vielleicht günstiger als die Vereinigten Staaten. Allerdings wurde diese Ersparnis durch zahlreiche Widrigkeiten teilweise wieder aufgebraucht. Die hohe Luftverschmutzung und schlechtes Essen sorgten für viele Krankheiten am Set. Bis zu 15% der Filmcrew mussten im ersten Monat der Produktion wegen massiver gesundheitlicher Beschwerden ein Krankenhaus aufsuchen. An jedem Tag kursierte morgens eine “sick list”, auf der der tägliche Krankenstand erfasst wurde. Besonders schlimm erwischte es die Schauspielerinnen Virginia Madsen und Molly Wren nach einem Restaurantbesuch. Beide wurden sehr krank, hatten hohes Fieber und konnten Tage lang nicht arbeiten. Wren dachte sogar, sie würde sterben. Letztlich war das Ganze wohl eine Folge von Montezumas Rache. Irgendwann wurde es Dino de Laurentiis zu bunt, und er ließ von außen gutes italienisches Essen herbringen. Das Catering hatte Erfolg, die Krankheitsquote sank. Der einzige Fehler bestand danach nur darin, dass zu jedem Essen ein ausgezeichneter Wein serviert wurde. Kostümbildnerin Mary Vogt erinnert sich: “After lunch everyone was useless, but it was great.”


    Platz 6 – Feuer am Set

    Im Oktober 1983 brach auf einer Bühne mit einem Bluescreen ein Feuer aus. Ein ärgerlicher und eventuell vermeidbarer Vorfall. Denn die empfindlichen Bluescreens waren zu ihrem Schutz mit einem einfachen Laken bedeckt. Zwar herrschte überall ein strenges Rauchverbot, aber die Scheinwerfer über der Bühne konnten bis zu 140 Grad (Fahrenheit) heiß werden. Keine gute Kombination mit einem Laken aus Stoff und einer Bühne aus Holz. Bemerkenswert war sicher auch die Frage eines Kameramanns, die er David Lynch stellte, während um ihn herum alles in Flammen stand: “Kann ich jetzt ausnahmsweise mal eine rauchen?”


    Platz 5 – Tränen lügen nicht – oder doch?

    Kyle MacLachlan (“Paul Atreides”) hatte gerade eine emotionale Szene abgedreht und sollte am Ende laut Drehbuch weinen. Aber “Weinen auf Kommando” ist eine Königsdisziplin, an der schon viele andere Schauspieler gescheitert sind. Es klappte also nicht. Die Crew versuchte, etwas nachzuhelfen, und gab ihm Menthol. Das solle er einatmen, und dann würden die Tränen sicher fließen. Auch ohne Erfolg. MacLachlan wurde nun ungehalten, sah seine Schauspielehre befleckt, fluchte, rieb sich die Augen – und dabei versehentlich Menthol IN seine Augen. Sie ahnen, was passierte? Klar, ein Weinkrampf par excellence. Der Regie war es wahrscheinlich egal, dass hier jemand nicht aus Trauer, sondern echtem (körperlichen) Schmerz weinte, denn es sah ja total echt aus.


    Platz 4 – Francesca Annis und die Gasexplosion

    Die meisten Unfälle passieren nicht an Filmsets, sondern bekanntlich im Haushalt. Also darf ein solcher Unfall auch in dieser Liste nicht fehlen. Annis (“Lady Jessica”) hatte gerade ein paar Stunden frei und kochte in der von ihr angemieteten Villa Reispudding für ihre Kinder. Sie stand dabei vor einem Gasofen, als dieser plötzlich explodierte. Neben dem Verlust von Wimpern, Augenbrauen und Haaren zog sie sich dabei schwere Verbrennungen an Armen und Händen zu. Im Krankenhaus wurde sie mit einer speziellen Salbe behandelt, die sonst bei Überlebenden von Flugzeugabstürzen benutzt wird. Auf wundersame Art und Weise waren fünf Tage später, als die Verbände abgenommen wurden, keine Narben zu sehen. Annis konnte also weiter drehen. Vorher aber nahm sich die gesamte Produktion ein paar Tage Auszeit – auf Kosten der Versicherung. Wenn schon, denn schon...


    Platz 3 – Eine “Gebrauchsanweisung” für einen Film? Unglaublich, aber leider wahr...

    Wenn man ins Kino geht, um sich einen Film anzusehen, geht man zu recht davon aus, dass das, was man da sieht, aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar ist. Ein Film, der vor dem Anschauen erklärt werden muss, hat an sich schon einen gehörigen Dachschaden bzw. ein Qualitätsproblem. Genau das passierte aber bei DUNE. Denn 1984 wurde allen Besuchern einer DUNE-Vorstellung vorab ein schriftliches Glossar mit einer Auflistung und Erklärung filmrelevanter Terminologie ausgehändigt. Max Evry erinnert sich wie folgt: “We all got handed this thing, and I was like “Oh boy, this can’t be good. This must mean the studio doesn’t expect us to understand what’s going on here” ... It was two sides full of text, so I looked at as much of it as I could before the movie started, like cramming for a test.”

    Aber mal im Ernst. Diese Sache ist so skurril, dass ich mich frage, ob so etwas in der Kinogeschichte davor oder danach noch einmal passiert ist. Wer etwas weiß, möge sich melden!


    Platz 2 – Erst geblendet, dann rausgeschnitten – die Demütigung der Molly Wren

    Mit Ausnahme des noch folgenden ersten Platzes hat wohl niemand aus dem Cast so gelitten wie Molly Wren (“Harah”). Sie spielte eine Fremen-Kriegerin und sollte deshalb spezielle Kontaktlinsen tragen, um die für die Fremen signifikanten “blue-within-blue eyes” zu zeigen. Leider waren die Linsen hinsichtlich gesundheitlicher Risiken offenbar nicht hinreichend getestet worden. Hatte man sie eingesetzt, konnte man nichts sehen, musste aber die Augen offen halten. Einmal konnte Molly einen ganzen Tag nicht richtig sehen, nachdem sie die Linsen entfernt hatte. Sie empfand sich als Versuchskaninchen und weigerte sich fortan, diese “Plastikdinger” zu tragen.


    Inwieweit diese Weigerung mit dem nun Folgenden in einer Beziehung steht, ist nicht erwiesen. Einige Monate später wohnt Molly der Filmpremiere in einem Kino in Los Angeles bei. Sie war zuvor wie alle Schauspielkollegen für die Credits fotografiert worden. Der Film beginn, und Molly wartet ... und wartet ... und wartet, um am Ende festzustellen, dass ihre Figur, die durchaus tragende Rolle der Harah, komplett aus dem Film rausgeschnitten wurde. Und auch ihr Credit-Foto wird nicht gezeigt. Molly ist am Boden zerstört, denn darauf war sie nicht vorbereitet: “David (Lynch) had said to me not long before that, “You know, some of your stuff has been cut.” Keine gute Performance von Herrn Lynch!


    Platz 1 – Der Horrorunfall von Jürgen Prochnow

    Prochnow (“Duke Leto Atreides”) hatte sich zuvor als Darsteller in Wolfgang Petersens DAS BOOT einen Namen gemacht und bei den dortigen Dreharbeiten sicher auch so manche Strapaze überstanden. Das alles sollte aber harmlos im Vergleich zu dem sein, was er bei den Dreharbeiten zu DUNE erleben bzw. ertragen musste. Der Duke stirbt im Film einen relativ frühen, aber durchaus ikonischen Tod. Er trägt einen mit Giftgas gefüllten Zahn im Mund und zerbeißt diesen, um das Gas freizusetzen und den Baron zu töten. Der Mordanschlag, bei dem Leto sein eigenes Leben lässt, misslingt jedoch.


    Für diese Szene wird berichtet, dass Lynch zuerst ernsthaft erwogen haben soll, Prochnows Wange chirurgisch öffnen zu lassen, um von dort das Zeug herauszublasen. Was für ein Wahnsinn! Raffaella de Laurentiis musste ihn darauf hinweisen, dass er sich beim Drehen an Regeln halten muss – und nicht an seine eigenen morbiden “Nicht-Regeln”. Darauf hin schlug Lynch wohl vor, für diese Szene die Rolle von Leto zu übernehmen. Sprich: Seine Backe sollte aufgeschnitten werden. Raffaella blieb hart: “I’m not going to let my director be surgically chopped up in the middle of this film.”


    Schließlich einigte man sich auf das Anfertigen einer Latexschaumprothese für Prochnows Wange. In diese Prothese war ein Rohr mit einem Mechanismus eingebaut. Auf ein Signal hin konnte die an Prochnows Wange befestigte Prothese geöffnet und Rauch aus dem Rohr nach draußen geblasen werden. Beim Drehen der Szene war dann das Timing in fataler Weise ungenau. Der Rauch wurde zu früh rausgelassen, bevor die Prothese geöffnet war, womit die Prothese auf Prochnows Gesicht quasi zu einer Verbrennungskammer wurde. Jürgen Prochnow erlitt in dieser äußerst schmerzvollen Szene Verbrennungen im Gesicht. Und da er sich – verständlicherweise – weigerte, die Szene noch einmal zu drehen, ist die im Film zu sehende Szene nun diejenige, in der der Schauspieler verbrannt wurde.

    Das hätte sich selbst ein David Lynch kaum besser ausdenken können...


    Fortsetzung folgt...

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • In dem Zusammenhang sollte man das Projekt von dem chilenischen Regisseur Alejandro Jodorowsky nicht gänzlich unerwähnt lassen. Der hatte sich bereits in den 70ern an die filmische Umsetzung dieses Schinkens gewagt, das Ganze kam dann aber aus verschiedenen Gründen nicht zustande. Hätte wirklich interessant werden können, denn für die Ausstattung war kein Geringerer als H.R. Giger eingeplant und die Filmmusik sollte von Pink Floyd kommen. Gibt in der arte Mediathek immer noch eine spannende 90minütige Doku über dieses gescheiterte filmische Abenteuer, gespickt mit vielen Interviews von Zeitzeugen und Beteiligten:

    Jodorowsky’s Dune - Die ganze Doku | ARTE
    Der Dokumentarfilm blickt hinter die Kulissen eines nie zustande gekommenen Projekts: Die geplante Verfilmung von Frank Herberts kultigem Science-Fiction-Roman…
    www.arte.tv

    Habe diese Doku bereits lange vor der aktuellen Verfilmung gesehen und war von der ganzen Geschichte um dieses Buch herum echt begeistert. Deswegen war ich auch sehr gespannt, wie es dann jetzt wohl mit diesem gigantischem Aufwand umgesetzt wurde. Habe den ersten Teil von Villeneuve erst vor kurzem als Stream gesehen, die Story und die Charaktere haben mich allerdings nicht ausreichend gefangen genommen, um es bis zum Ende durchzuhalten. Ist wohl auch eher ein Film für das ganz große Kino, da der 2. Teil jedoch so hochgelobt wird, sollte ich es vielleicht doch nochmal in Angriff nehmen. Ging mir schon ganz ähnlich mit der Fortsetzung von "Herr der Ringe" auf Prime, wenn einen die neuen Charaktere einfach nicht interessieren, dann können die Effekte noch so großartig sein, für stundenlange Sitzungen vor dem Fernseher reicht es einfach nicht.


    Das Buch Dune habe ich übrigens nicht gelesen, aber manchmal ist die Geschichte drumherum mindestens genauso interessant und trägt sicherlich noch mehr zur Glorifizierung solcher Literatur bei. Autoren wie Asimov, Bradbury, Lem etc. sind mir jedoch durchaus ein Begriff, passte damals in den 70ern auch wunderbar in die Zeit des progressiven und psychedelischen Rock. Und dann kam damals auch noch diese unglaubliche Vision von 2001 in die Kinos. Heute interessieren mich eher realistische Vorlagen, aber inzwischen sind wir ja auch schon fast in dieser dystopischen Zukunft angekommen, auch wenn unsere endliche Geschichte noch immer auf diesem ehemals wundervollen Planeten namens Erde spielt.


    Jedenfalls Respekt für dich, Mutzelkönig, diese gewaltige Herausforderung (500 Seiten auf englisch 8| ) angenommen zu haben, scheint ja aber spannend genug zu sein (so wie die Doku über den ersten misslungenen Versuch). Und ich tue mich hier schon schwer, deiner im sehr guten Deutsch geschriebenen Zusammenfassung zu folgen. ;)


    Jetzt aber wieder zurück in die 80er ...

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

  • Ich habe die Dune - Trilogie mit ca 18 / 17 Jahren gelesen und war sehr angetan, im Laufe der Jahre aber aus den Augen verloren. Die aktuelle Verfilmung habe ich natürlich gesehen. Mich flasht vor allem die tolle Filmmusik. Erinnert etwas an PG´s Passion. Well done, Mr. Zimmer. Hach, und Lisa Gerrard macht mit - herzzereissend!

    An die erste Verfilmung habe ich keine guten Erinnerungen. Sting war, äh...bizarr...sonst: ?

    Danke, mutzel, für diese, deine Arbeit: :topp: