GENESIS / PHIL COLLINS - Audiophile Neuauflagen (Vinyl / SACD)

  • Und ansonsten ist es wirklich erstaunlich, wie nah er am Sound des Originalmixes geblieben ist.

    Aber manche Nuancen fehlen halt schon im Davis-Remix, z.B. der schön wabernde Effekt am Ende von "Firth of Fifth".

    Könnten Blicke töten, wärt ihr flöten

  • Aber manche Nuancen fehlen halt schon im Davis-Remix, z.B. der schön wabernde Effekt am Ende von "Firth of Fifth".

    War zwar nicht der Punkt meiner Analyse, aber sicher - die Nick Davis-Remixe sind eben keine genauen Clones der Originalmixe. Zum Beispieli fehlt mir beim "Trick of the Tail"-Album immer bei Los Endos der Effekt, wo alles zu mono wird und sich dann explosionsartig wieder verbreitert. Wäre einfach nachzumachen gewesen, aber die wollten das halt so nicht mehr.

    Deshalb schrieb ich ja, dass man die Remix-Version nicht wirklich sinnvoll vergleichen kann, daher sollten wir das Thema hier nicht weiter vertiefen. Und wo der Vergleich möglich ist, nämlich bei den beiden anderen CD-Versionen, finde ich es schon beeindruckend, wie gering da der Unterschied zur SACD ausgefallen ist.

  • Vielen Dank tom, dass Du Dir die Zeit für die Analyse und den Vergleich genommen hast!
    Ich mochte das DER von 94 auch immer, hatte aber manchmal den Eindruck, dass es aufgrund der Noise Reduction der damaligen Zeit zu Artefakten und etwas "unnatürlich metallischem" Sound kam, vor allen der Becken.
    Ich hatte erwartet, dass das DER deutlich mehr komprimiert wäre als jetzt die SACD.
    Also ist die SACD weit von einem Flat-Transfer entfernt, schade.
    Es gibt aber ein paar Referenzstellen, die ich gleich toll fand. Wenn man sich die UK-Vinyl-Erstpressung anhört, dann sind manche Stellen einfach zusätzlich mitreissend, weil sie sehr viel Dynamik haben, es also echt (im Wortsinn) lauter oder bassiger wird.
    (Zu 2007 sage ich hier fast nichts: Fand ich sofort grauenhaft. So ein schlechter Mix, so ein schlechter Gesamtsound.)


    Die Ähnlichkeit der Messdaten zwischen dem 94er Remaster und einem Remaster fast 30 Jahre (!) später von einem anderen Engineer in einem anderen Studio mit (wahrscheinlich) komplett anderem Equipment ist wirklich frappierend.

    Genesis-Fan seit 1991. Interessenschwerpunkt: 1970 bis 1980 ;)

    Einmal editiert, zuletzt von tom () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Mellotron mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ich mochte das DER von 94 auch immer, hatte aber manchmal den Eindruck, dass es aufgrund der Noise Reduction der damaligen Zeit zu Artefakten und etwas "unnatürlich metallischem" Sound kam, vor allen der Becken.
    Ich hatte erwartet, dass das DER deutlich mehr komprimiert wäre als jetzt die SACD.
    Also ist die SACD weit von einem Flat-Transfer entfernt, schade.

    Würde ich gar nicht sagen - gerade die Tatsache, dass sich im Grunde alle drei digitalen Remaster so ähnlich sind, ist ein Indiz dafür, dass da bei keinem viel nachbearbeitet wurde. Bei der DER ist die Stereobasis etwas verbreitert worden, dafür hat die SACD bei einigen Stücken etwas mehr Tiefbässe. Diese Abweichungen könnten sich durchaus erklären lassen mit den Equipment-Unterschieden, die es in der Analogwelt immer gibt. Möglicherweise waren es ja auch nicht dieselben Mastertapes - in der Anfangszeit der CD wurde oft ja das genommen, was man gerade zur Hand hatte, auch wenn es "nur" eine Kopie war (wobei die Kopierverluste bei professionellem 38 cm/s "Schnürsenkel" und sorgfältig eingemessenen Maschinen sehr viel geringer waren, als man das gemeinhin vermutet).


    Warum die SACD bei den leiseren Stücken und Passagen hörbar stärker rauscht, erklärt sich nicht mit einer nachträglichen digitalen Rauschunterdrückung bei der 85er CD, denn die gab es damals noch nicht. Bei More Fool Me sind die Höhen bei der 85er gegenüber der SACD abgesenkt, was auch das Bandrauschen absenkt. Nicht auszuschließend ist jedoch, dass die Höhen bei der SACD aktiv angehoben wurden, denn im direkten Vergleich erscheint die Balance bei der 85er CD etwas natürlicher. Bei After The Ordeal hört man nur am Ende Rauschen, auch da ist es kräftiger als bei der 85er und blendet ebenfalls später aus. Hier gibt's keine Höhen- oder Bassanhebung - beide Versionen klingen daher praktisch identisch.


    Bei der 94er DER gab es keine höhere Kompression, sondern nur ein Peak-Limiting. Das wurde immer gern in denselben Topf geworfen, weil es natürlich auch die gemessene Dynamik begrenzt, es wirkt sich aber ganz anders aus als ein Summen-Kompressor. Das Denoising bei der 94er ist allen Unkenrufen zum Trotz sauber ausgeführt; damals gab es ja praktisch nur das "NoNoise"-System von Sonic Solutions, mit dem ich früher auch immer gern gearbeitet habe. Das werden sie auch hier benutzt haben - technisch wäre das heute noch konkurrenzfähig. Mit dem üblichen Bandrauschen hatte es kein Problem und produzierte keine hörbaren Artefakte. Nur bei "Trespass" sollen sie es damals ein bisschen übertrieben haben, da wird das Tape aber wohl auch stärker gerauscht haben. Bei "Selling" war mir nichts bekannt und mein Vergleichstest bestätigt das auch nicht, aber da Noise-Reduction-Artefakte meist nicht wirklich objektiv erfassbar sind, ist das auch eher meine persönliche Meinung.

  • Danke für Deine Mühe!
    Ergo: Man braucht die SACD nicht unbedingt und die nicht mehr im Handel erhältlichen Definitive Edition Remaster von 1994 sind immer noch konkurrenzfähig, wenn man den originalen Mix bestmöglich haben will.

    Genesis-Fan seit 1991. Interessenschwerpunkt: 1970 bis 1980 ;)


  • In der Tat! Kann ich komplett nachvollziehen. Auf der SACD gibt es ein paar Gleichlaufschwankungen, hier ein Ausschnitt der Spektralansicht an der genannten Stelle bei Cinema Show, kurz vor 10:40 min.

    Die hellorangen waagerechten Striche sind die von verschiedenen Instrumenten gespielten Töne in verschiedenen Frequenzen, oben die höheren, unten die tieferen Töne. Izotopes RX-Restaurations-Suite hat einen Algorithmus, der Gleichlaufschwankungen automatisch erkennt und repariert. Die Erkennung kann man sich vor der "Behandlung" mithilfe eines Pieptons einblenden lassen, das ist die gelbe Linie im Bild. Man kann hier sehr schön sehen, dass es zwischen 10:39,5 und 10:40 min eine kleine Beule nach unten gibt, der Ton wird also kurz etwas tiefer. Man kann das auch mit dem Cursor ungefähr messen - der Piepton hat ca. 1325 Hz und geht bei der Beule runter bis ca. 1310 Hz.

    Zum Vergleich hier der gleiche Ausschnitt bei der 1985er CD - der gelbe Strich ist nahezu völlig gerade, eine Schwankung ist hier nicht zu hören:


  • Das ist krass. Könnte man also mit Izotope RX eine schwankungsfreie Version herstellen?
    Und eine Vermutung: Könnte man über Gleichlaufschwankungen die Generation des Tapes rausfinden? Jede Kopie muss ja Schwankungen produzieren. Hat die DER 94 auch keine Schwankungen?

    Genesis-Fan seit 1991. Interessenschwerpunkt: 1970 bis 1980 ;)

  • Die DER 94 hat ebenfalls keine Gleichlaufschwankungen.


    Ich vermute, dass die Schwankungen dem Alterungsprozess des Bandmaterials geschuldet ist. Der Kleber zwischen Oxidschicht und dem Kunststoffträger darunter zieht mit den Jahren Feuchtigkeit an und die Oxidpartikel haften schlechter. Das führt zu stärkerer Abnutzung beim Abspielvorgang - lose Oxidpartikel setzen sich auf Umlenkrollen und Tonköpfe, was den Widerstand des Bandtransports allmählich erhöht. Viele alte Tonbänder (marken- und altersabhängig) müssen deshalb vor dem Abspielen für mehrere Tage in einen Klimaschrank ("Backofen"), damit die Oxidpartikel wieder anhaften. Das Backen muss für späteres Abspielen wiederholt werden, weil der Kleber natürlich wieder Feuchtigkeit anzieht.


    Klar, Izotope RX kann die "Wows" reparieren. Es ist jedoch nicht empfehlenswert, das Plugin über alle SACD-Files laufen zu lassen, denn dabei werden oft auch natürliche Schwankungen in der Musik ausgebügelt. Man müsste also sehr analytisch alles durchhören und dann nur die betreffenden Stellen mit jeweils entsprechenden Einstellungen behandeln. Das wäre mir zu aufwändig.


    Die Tape-Generation könnte man herausfinden, indem man die Rauschpegel an Stellen ohne Musik miteinander vergleicht. Bei jeder Generation einer 1:1-Kopie ohne Pegeländerung erhöht sich der um ca. 3 dB. Funktioniert natürlich nicht mehr bei anschließender digitaler Noise Reduction.