PHIL COLLINS - Still Not Dead Yet live | 25.06.2019 PRAG

    • Offizieller Beitrag

    So, das war ein ziemlicher Ritt. Gluthitze in Dresden, aber auch dort als wir gg 18:30 ankamen. Schnell noch was essen und dann gg 19:30 an der Halle gewesen.

    Was dann folgte war schon etwas absurd. Einlasskontrollen wie am Flughafen, das ging alles sehr zäh. Die Leute warteten in schlecht durchlüfteten Korridoren und ölten munter vor sich hin. Folge: Als wir um 19:55 (!) am Platz ankamen, war gut die Hälfte der Ränge noch unbesetzt, der Innenraum (nur Stehplätze) dagegen bereits voll. So ging es mit Rücksicht auf die Einlassprobleme auch erst um ca 20.20 los.

    Tony Smith saß wie gewohnt am Mischpult und vor uns nahm John Giddings mit Begeleitung Platz. Wir saßen seitlich, relativ weit vorn mit exzellentem Blick auf die Bühne.


    Als Phil auf der Bühne erschien, flippte die Halle komplett aus. Man ließ Phil kaum beginnen, ein paar Worte zu sagen. Das tat er auf Tschechisch (zwei Sätze), was große Anerkennung erfuhr. Gleich von Beginn war klar: Phil ist bester Laune und das Publikum in Top-Form.


    zur Show: Der Set ist bekannt, es wurde auch I Missed Again wieder gespielt. Against All Odds sang Phil ohne größere Probleme und deutlich sicherer als vor zwei Jahren in Sheffield. Immer wieder ist zu erkennen, wie er sich auf seinem Stuhl versucht lang zu machen, um den Nachteil des Singens im Sitzen auszugleichen (so deute ich das zumindest).

    Die erste Gänsehaut bekomme ich, als Nicholas bei Another Day in Paradise auf die Felle haut. Überhaupt ist hier viel mehr direkt gespielt (ohne Unterstützung "vom Band"), als das bei früheren Tourneen der Fall war.

    Bei Don't Lose My Number verkackt Phil den Text und zeigt auch gestenreich, dass er der Vollhorst war und die band nix dafür kann. "Did you hear that? I fucked up" kommentierte er dann trocken.

    Who Said I Would hatte in der Tat eine Verlängerung bekommen und ich hab mich sehr über das Sax-Solo gefreut.

    Bei der Bandvorstellung gab es den größten Jubel für Leland Sklar - da musste nur der Scheinwerfer auf ihn gerichtet werden, und schon tobte der Saal. Das war noch mal deutlich mehr als wie es von Levin bein Gabriel gewohnt ist. Schön zu sehen, dass auch Bassisten so populär sein können (wenn sie nicht Sting heißen). Arnold McCuller machte bei seiner Vorstellung anzügliche Gesten Richtung Phil, was der trocken mit "later!" kommentierte.

    Nicholas erntete natürlich ähnlichen Applaus, der dann nochmals aufbrandete und Phil war sichtlich gerührt. Überhaupt hatte er einige emotionalere Momente. In diesem Fall deutlich erkennbar, das sihm an Anfang von Separate Lives die Stimme etwas flatterte, da war wohl noch ein Kloß im Hals. Sonst sang er das Stück sehr präzise. Vor You Know what I Mean (eigentlich mein Show-Highlight) witzelte Phil: "If you don't like the song, it's not long, so don't get away to get a beer. You will miss the next song".

    Das Drum Battle ist nochmals länger geworden und dauerte alleine fast 10 Minuten., Nicholas tobte sich hier richtig aus, während Phil vor seinen Drums sitzt und seinen Sohn beäugt - dabei auch, wie den ganzen Abend über, immer mal wieder AirDrums spielt. Und dann kam der Moment - Scheinwerfer auf Phil und er beginnt auf seinem (sagen wir) alternativen Percussion Instrument, den Rhythmus vorzugeben. Die Halle bebte und auch ich hatte an der Stelle den nächsten Kloß im Hals.

    You Know What I Mean war wieder exzellent vorgetragen.

    In The Air Tonight hat ein paar Vocals Samples im Intro bekommen, die andeuten, was kommt. Phil stand und sang den Song souverän.

    Auch nach dem Drumeinsatz stand er seinen Gesangsmann, natürlich zurückhaltender als früher, aber doch besser als seinerzeit in Sheffield.

    Das folgende Hit-Festival bewerte ich gemischt. Manchmal ging Phil darin etwas unter, manchmal war er sehr präsent. Bei Easy Lover gab es wieder so einen Publikumsmoment, als Arnold Phil umgarnte und man sich offenbar an die Sache mit der Bandvorstellung erinnerte.

    Invisible Touch ist mit Bläsern sicher eine Wucht und Harry Kim sah völig fertig aus - man musste fast Angst haben, er könnte platzen.

    Das für mich völlig überflüssige Sussudio kam gut an und Take Me Home ebenso, wobei Take Me Home mir kürzer vorkam als in Sheffield. Nach ca 125 Minuten war das Konzert vorbei. Eine Vorband gab es nicht.


    Mich hat die Show sehr bewegt. Da war auch in Sheffield so. Ich denke da schwingt viel "wer weiß wie oft noch" mit. Ich finde es garndios mutig von Phil, trotz seiner Einschränkung so eine Tour zu machen. Und es funktioniert überwiegend sehr gut.

    Was mich etwas erschrocken hat: Er ist wirklich sehr wackelig auf den Beinen. ich hatte oft Sorge, dass er mal stolpert oder fällt. Nach dem Drum Trio brauchte er auch zwei Anläufe, um aufzustehen und nach vorn zu gehen. Körperlich ist er wohl ziemlich "durch", aber eine Show dieser Art kann er eben noch spielen.


    Nicholas war einmal mehr wunderbar. Der ist nun auch erwachsen geworden, er wirkt kräftiger und reifer. ich habe ihn oft beobachtet und wie er sich in die Songs reinbeißt - grandios. Da ist er nah bei seinem Vater ....


    Fazit: Ich war 2017 jemand, der nicht hingehen wollte. Nun war ich schon zwei Mal da und bin froh, dass ich es gemacht habe.

  • Nicholas war einmal mehr wunderbar. Der ist nun auch erwachsen geworden, er wirkt kräftiger und reifer. ich habe ihn oft beobachtet und wie er sich in die Songs reinbeißt - grandios.

    Ja, so ziemlich genau diesen Eindruck hatte ich neulich, als das "Take me home"-Video seiner "Drum cam" aus Australien hier eingestellt wurde. Das wirkte sehr kraftvoll, voll auf den Punkt und ganz in der Musik entflammt.

    Es ist die eine Sache, dass er schon in sehr jungem Alter sowohl mental als auch musikalisch eine solche Tour von Riesengigs auf offenbar durchgehend hohem Niveau spielen kann - aber damit nicht genug: Er wirft sich offenbar emotional voll rein - ich finde das ausgesprochen bemerkenswert. Denn dafür muss man sich sehr souverän und selbstsicher fühlen. Toll.

  • Mich hat die Show sehr bewegt. ... Ich denke da schwingt viel "wer weiß wie oft noch" mit.

    Ich glaube, dieses entscheidende Detail ist der Hauptgrund für den Erfolg der Konzerte und die positive Mundpropanda seit Beginn der Tournee in 2017. Mich haben die Konzerte auch sehr bewegt und ich bin "nur" ein Genesis-Fan. Bisher konnte auch keines der mir bekannten Youtube-Videos diese spezielle und emotionsgeladene Stimmung einfangen. Das schafft Youtube auch im Jahre 2019 nicht. ;)


    Danke für Deine ausführliche und sehr gut nachvollziehbare Schilderung aus der "Glut von Prag"!:welle:

    Genesis - més que un grup.

    Einmal editiert, zuletzt von barcelona2000 ()

  • Dein Bericht, Christian, stimmt grösstenteils überein mit meine Erlebnisse in Nijmegen. Auch ich war in 2017 nicht dabei und hab vor kurzem Mailand verpasst, war aber sehr Dankbar dass ich diese grossartige Band doch noch hier in den Niederlanden sehen konnte. Und ja, viele waren sehr bewegt, auch Ich. Viele Erinnerungen an den 80-er Jahre, der Soundtrack meines Lebens.

  • Er bekommt nun viel von dem zurück was er über die Jahre erarbeitet hat und es ist toll dass zu sehen.

    Auch ist die teilweise sinnfreie Kritik der 80er die wegen Omnipräsenz und weil es cool war ihn zu hassen einer berechtigten Kritik und Anerkennung gewichen.

    Ich muss sagen ich hätte nach deinem Bericht doch gehen sollen.

    Naja nächstes mal dann


    ME