Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • Und dann?? Wer kann es besser? Wer ist überhaupt tragbar?


    Na ja, die Überlegungen können wir wohl ohnehin in die Tonne treten.
    Erstens will die SPD nun auch bei einem Verzicht von Merkel nicht koalieren.
    Und zweitens denkt Merkel überhaupt nicht an einen Amtsverzicht.


    Es wird jetzt also gepokert.
    Wer knickt als erster ein. Ich hoffe, die SPD bleibt standhaft. Keine GroKo mit Mutti. Das wäre der "worst case", denn dann geht alles so weiter wie bisher...

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    • Offizieller Beitrag

    Spannend wäre es, wenn die CDU und Merkel persönlich sich trauen würden und sagen: Wir machen jetzt eine Minderheitenregierung und suchen uns für jedes Thema eine neue Mehrheit.


    Natürlich würde das Regieren schwieriger - aber ich könnte mir dabei eine deutliche Belebung der Debattenkultur vorstellen, und die Erosion von ideologischen Grabenkämpfen a la "Obergrenze der Leitkultur" zugunsten von pragmatischen Herangehensweisen a la "was ist denn wirklich nötig?" Was man sich so erträumt...

  • Ja, fände ich auch spannend.
    Aber dafür müsste Merkel ihren Politikstil fundamental ändern. Ob sie das will? Oder überhaupt kann? Wie hieß es noch gleich kurz nach der Wahl: "Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten".


    Merkel hat in fast 2 Monaten Sondierung keinerlei Vision für eine zukunftsfähige Politik erkennen lassen. Sie hat darauf vertraut, dass sich irgendwie ein kleinster gemeinsamer Nenner finden lässt, der ihr die Kanzlerschaft sichert. Das war einfach zu wenig.

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    • Offizieller Beitrag

    Ja, fände ich auch spannend. Aber dafür müsste Merkel ihren Politikstil fundamental ändern. Ob sie das will? Oder überhaupt kann? Wie hieß es noch gleich kurz nach der Wahl: "Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten".


    Von der ganzen "munteren Schar", die da zwei Monate lang sondiert hat, halte ich Merkel für eine der pragmatischsten Personen: Erstmal laufen lassen und schauen, wo's hingeht - das ist für Diskussionsleiter eine wichtige Regel. Kennste sicher aus dem Unterricht.


    Zitat

    Merkel hat in fast 2 Monaten Sondierung keinerlei Vision für eine zukunftsfähige Politik erkennen lassen. Sie hat darauf vertraut, dass sich irgendwie ein kleinster gemeinsamer Nenner finden lässt, der ihr die Kanzlerschaft sichert. Das war einfach zu wenig.


    Ich staune über deine Erwartungshaltung. Da haben vier Parteien miteinander geredet, die sehr unterschiedliche Interessen und Ziele haben und zum Teil auch noch solche, die sie glaubten ohne irgendwelche Abstriche durchboxen zu müssen (und, ein Gipfel der Verblendung, auch glaubten durchboxen zu können). In dieser Konstellation geht es nicht um Visionen (an anderer Stelle hast du, meine ich mich zu erinnern, Helmut Schmidts Rat für Personen mit Visionen) zitiert, sondern um einen kleinsten gemeinsamen Nenner.
    Eine Basis nennt man das. Eine Reihe von Eckpunkten, die man gemeinsam umzusetzen verabredet - und um alles andere wird gestritten. Muss gestritten werden. Das hätte aber dann dort passieren müssen, wo es in der deutschen Demokratie geschehen muss: Im Plenum des Bundestages. Da ist es dank Großer Koalition in den letzten Jahren leider kaum noch geschehen - man möchte fast meinen, mancher potenzielle Koalitionär hatte, gelindner gesagt, Angst davor, die Politik der (jetzt nicht stattfindenden) Koalition dort vertreten zu müssen.
    Merkel hat keine auffällige Rolle in diesem Debakel gespielt, das stimmt. Aber das "Fehlen einer Vision" als Ursache für das Scheitern dieser Gespräche zu sehen, scheint mir ziemlich grotesk.

  • Erstmal laufen lassen und schauen, wo's hingeht - das ist für Diskussionsleiter eine wichtige Regel. Kennste sicher aus dem Unterricht.


    Dieses "laufen lassen" führte aber dazu, dass dann Zwischenergebnisse ständig von Leuten wie Dobrindt, Trittin oder Kubicki verkündet bzw. zerredet wurden. Darüber hinaus wurde das Verhandlungsklima durch öffentliche Zurechtweisungen und Vorwürfe immer wieder vergiftet, ohne dass Merkel mal auf den Tisch gehauen hat.
    Ein guter Diskussionsleiter lässt eben nicht nur diskutieren, er bestimmt auch entscheidend mit, in welchem Klima ein Gespräch geführt wird.


    Dass ein Vier-Parteien-Bündnis keine leichte Aufgabe ist, ist mir auch klar. Trotzdem glaube ich, dass man jenseits aller Vernunft und Staatsräson auch ein gewisses Maß an Begeisterung braucht, um ein herausforderndes politisches Projekt zu stemmen. Eben eine Prise Obama oder Macron, welche die Extraportion Energie und Gestaltungswillen aus allen Beteiligten herauskitzelt. Merkel fehlte diese Energie.

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  • Ach herrjeh!:(


    Die klare Haltung der SPD gegen einen Wiedereintritt in eine GroKo beginnt zu bröckeln.
    Mürbe gemacht durch zahlreiche Leitartikel und die sinngemäßen Aussagen von Steinmeier, dass man in dieser schwierigen Situation doch Verantwortung übernehmen müsse, melden sich jetzt immer mehr Genossen, die sich doch vorstellen können, vier weitere Jahre in eine von Merkel geführte Regierung einzutreten.
    Nicht wenige sind bestimmt geil auf die Pöstchen, die sie schon haben (Gabriel, Maas etc.) oder eventuell bald bekommen (Kahrs?, Scholz?). Da vergisst man schon mal, warum man noch vor kurzem so vehement gegen eine Große Koalition war.
    Ich rufe nur mal zwei Zahlen in Erinnerung:


    SPD: 20,5 %
    AfD: 12,6 %


    Ist das nicht genug Argumentationshilfe gegen eine neue Runde GroKo? Will man das tatsächlich umdrehen, also die SPD unter und die AfD über 20 % bringen?
    Man muss sich das mal klar machen: Wenn wir eine neue GroKo bekommen, dann ist dies der Inbegriff des politischen Stillstandes. Inhaltlich wie personell.
    Dann hat die letzte Wahl nichts aber auch gar nichts gebracht. Fürchterlich!


    Warum wehrt man sich so gegen Neuwahlen? Mag sein, dass wir ein ähnliches Ergebnis wie im September bekommen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht gibt es ein paar signifikante Veränderungen, die neue Bündnisse ermöglichen. Oder hat man Angst, dass es nach einem weiteren Wahlgang nicht einmal mehr für eine GroKo reicht?
    Eine GroKo unter Merkel und einem SPD-Vorsitzenden, der dann nicht mehr Schulz heißen wird, ist ein Bündnis der Verlierer.


    Schulz hat dies richtig erkannt. Und am Montag haben sich Vorstand und Präsidium der SPD einstimmig (!) gegen die GroKo ausgesprochen. Wenn das jetzt revidiert wird, werde ich nicht nur nie wieder mein Kreuz bei dieser Partei machen, sondern auch noch kräftig die Werbetrommel dafür rühren, dass es kein anderer tut.


    Ob Steinmeier mit "Verantwortung übernehmen" auch das vorsätzliche schamlose Anlügen des Wählers gutheißt?


    Liebe Genossen, überlegt euch gut, was ihr tut. Ihr werdet mit einem Eintritt in eine GroKo unter Merkel diesem Land nicht besser dienen als mit der Tolerierung einer CDU-Minderheitsregierung.
    Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werdet ihr eure Partei in einen Zustand führen, in dem sie nicht mehr zu retten ist.

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    • Offizieller Beitrag

    Es läuft wie ich es prognostiziert habe:
    Verweigert sich die SPD einer GroKo, ist sie der Buhmann. Geht sie in die GroKo, wird sie als Umfaller gebrandmarkt und ist ebenfalls der Buhmann.


    Was ich der SPD raten würde und nicht verstehe, warum sie das nicht ernsthaft in Erwägung zieht:
    Tolerierung einer Minderheitsregierung von CDU bzw. CDU + Grüne oder FDP. Dann könnte sie die Union wunderbar vor sich hertreiben und mit ihr zusammen Dinge umsetzen, die sie mutmaßlich innerhalb einer GroKo niemals könnte. Die Union wäre ihr quasi ausgeliefert (und nicht wie sonst andersrum). Und offiziell wäre sie nie umgefallen, weil a) sie nach wie vor in keiner GroKo drin wäre und b) trotzdem Verantwortung übernommen und sich nicht total verweigert hätte.

  • Warum wehrt man sich so gegen Neuwahlen? Mag sein, dass wir ein ähnliches Ergebnis wie im September bekommen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht gibt es ein paar signifikante Veränderungen, die neue Bündnisse ermöglichen. Oder hat man Angst, dass es nach einem weiteren Wahlgang nicht einmal mehr für eine GroKo reicht?
    Eine GroKo unter Merkel und einem SPD-Vorsitzenden, der dann nicht mehr Schulz heißen wird, ist ein Bündnis der Verlierer.


    Schulz hat dies richtig erkannt. Und am Montag haben sich Vorstand und Präsidium der SPD einstimmig (!) gegen die GroKo ausgesprochen. Wenn das jetzt revidiert wird, werde ich nicht nur nie wieder mein Kreuz bei dieser Partei machen, sondern auch noch kräftig die Werbetrommel dafür rühren, dass es kein anderer tut.


    Ob Steinmeier mit "Verantwortung übernehmen" auch das vorsätzliche schamlose Anlügen des Wählers gutheißt?


    Ich persönlich hoffe alleine schon wegen Heiko Maas, dass weder diese Partei noch er persönlich in absehbarer Zeit nochmal in eine politisch verantwortliche Position auf Bundesebene kommen.


    Das Wahlergebnis bei Neuwahlen wäre momentan trotz diverser Umfragen unberechenbar. Die Verteilung der Stimmanteile dürfte sich in jedem Fall deutlich ändern, da der Hickhack um die Sondierungen und auch jetzt das Verhalten der SPD zu einem ziemlichen Frust bei den gemäßigten Wählern führen wird, der einige auch zum Nicht-Wählen animieren wird. Die Extremisten von links wie rechts hingegen haben beide kein Problem damit, ihre jeweilige Wählerbasis zu mobilisieren.


    Ich denke, dass sich Steinmeier der Auswirkungen von Neuwahlen sehr gut bewusst ist. Du sagst, du denkst, dass sich dadurch neue Bündnisse ergeben könnten, ich denke eher, dass sogar genau das Gegenteil eintreten würde und zukünftige Bündnisse vielleicht ohne die fundamental linke und rechte Partei nicht mehr möglich wären, was zu einem großen politischen Chaos führen würde. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, was eine Regierungsbeteiligung der AfD oder der Linken bei der jeweils anderen Partei an Reaktionen auslösen würde.


    Insofern tut Steinmeier genau das Richtige, indem er zunächst den Versuch unternimmt und allen Beteiligten die Konsequenzen vor Augen führt, die ihr parteipolitisches Geschacher im schlimmsten Fall haben könnte. Eine Minderheitsregierung wäre trotz der schwierigen Entscheidungsfindung aber einer großen Koalition meiner Meinung nach vorzuziehen. Die jüngeren Personalentscheidungen der SPD zeigen sehr gut, in welche Richtung das ansonsten führen würde.