Was mich nervt und wovon ich euch erzählen muss (Weil keine Freunde) Thread

  • Gestern abend hat mir meine Frau erzählt, dass der Kindergarten, in dem ihre Freundin arbeitet, jetzt bis 20 Uhr geöffnet hat. Aber damit nicht genug. Sie meinte, in bestimmten Großstädten gäbe es sogar schon Einrichtungen, in denen Eltern ihre Kinder rund um die Uhr abgeben und betreuen lassen können. Da fiel mir echt die Kinnlade herunter.


    Dass es seit einigen Jahren bei Eltern vermehrt die Tendenz gibt, Kinder in die Welt zu setzen, für die man anschließend kaum oder gar keine Zeit mehr hat, ist mir natürlich nicht entgangen. Und es mag auch immer Ausnahmefälle geben, in denen es aus existentiellen Gründen die Notwendigkeit gibt, sein Kind fremd betreuen zu lassen. Ansonsten stelle ich mir schon die Frage: Warum bekommt jemand Kinder, wenn er sie sich eigentlich zeitlich gar nicht leisten kann oder will? Ach ja, diese Frage würde ich an Mütter UND Väter richten.


    Wahrscheinlich ist es diese "Wir-machen-uns-alles-verfügbar"-Mentalität gepaart mit einer "Wir-können-von-allem-nicht-genug-kriegen"-Haltung. Da müssen die Bedürfnisse von Kindern eben marktkonform zurechtgestutzt werden, damit sie neben Eigenheim, ein oder zwei Autos, Urlauben, Hobbys etc. nicht stören, aber eben als Sahnehäubchen eines bürgerlichen Lebensideals funktionieren. Und natürlich muss dieses Leben auch irgendwie bezahlt werden. Anstatt beim Konsum ein paar Abstriche zu machen und weniger zu arbeiten, macht man eben bei denjenigen Abstriche, die sich nicht wehren können. Falls das Kind dann nicht wie gewünscht "mitspielt", kann man es dann auch mit Konsum betäuben - oder mit Ritalin.


    Ich kriege Bauchschmerzen, wenn ich sehe, dass eine solche Verstaatlichung von Erziehung dann auch noch als fortschrittlich bzw. Erfolg gefeiert wird. Die Kinder fühlen sich ja wohl (hahaha), und es geht ihnen gut (hihihi). Glauben diejenigen, die das behaupten, wirklich? Oder wollen/müssen sie das glauben? Aus meiner Sicht sollte es die Aufgabe der Politik sein, Arbeitgeber dazu zu bringen, dass sie mit Blick auf die Arbeitszeiten und -modelle Rücksicht auf die Bedürfnisse von Erziehenden und Familien zu nehmen. Eine Mutter von zwei kleinen Kindern sollte nicht abends um 21 Uhr bei Kaufhof an der Kasse stehen müssen, auch nicht, wenn es um die Ecke eine Kita gibt, bei der sie ihr Kind so lange abgeben kann. Solange die Interessen der Wirtschaft aber die allein maßgeblichen sind, werden immer die Schwächsten (und das sind oft die Kinder) die Leidtragenden sein. Die langfristigen Folgen dieser Fehlentwicklung können wir heute noch gar nicht absehen.


    Wen es interessiert:


    http://www.brigitte.de/frauen/…haft/kita-schwedt-559624/

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • oh Mist, ich muss eigentlich los... mutzel, ... mönsch ... gut, unten hast Du nochmal die Kurve gekriegt in Richtung Gesellschaftskritik und Kritik an Vorrangigkeit der Wirtschaft, aber sonst... Dein posting bietet dicht an dicht Streit-Punkte, bei denen man voll einsteigen müsste (Frankreich, Teilhabe, Ausbildungs-Verwertung, fehlende Großeltern, Schließung kleiner Schulen mit langen Wegen). Müssen wir verlagern, leider keine Zeit...


    Nur eines: Wo warst Du denn, als das neue Unterhaltsrecht und das neue Familienrecht FamFG vom Gesetzgeber entwickelt, ganz fix durchgewunken wurde und 2009 in Kraft trat? Kennst Du das überhaupt?


  • Nur eines: Wo warst Du denn, als das neue Unterhaltsrecht und das neue Familienrecht FamFG vom Gesetzgeber entwickelt, ganz fix durchgewunken wurde und 2009 in Kraft trat?


    Weil es thematisch so hervorragend passt, beantworte ich die eine Frage mal sofort:


    2009? Wo ich da war? Da befand ich mich in Elternzeit...:)

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • G Da müssen die Bedürfnisse von Kindern eben marktkonform zurechtgestutzt werden, damit sie neben Eigenheim, ein oder zwei Autos, Urlauben, Hobbys etc. nicht stören(...)http://www.brigitte.de/frauen/…haft/kita-schwedt-559624/


    Die Realität einer alleinerziehenden Grosstadtmutter sieht trotz Dreiviertelstelle und Kitabetreuung anders aus: Mietwohnung und Zelten in der Lüneburger Heide.
    Ich bin froh über diese Familienpolitik. Ohne sie hätte ich Ole,Philip und all die anderen womöglich nie kennengelernt,da sie nicht geboren worden wären.
    Eine Mutter in meinem Freundeskreis nutzt dann auch einmal im Monat das Angebot zur nächtlichen Betreuung ihres Kindes, um etwas unternehmen zu können.
    Dass sie für diese extra-Betreuung auch ordentlich zahlen muss,sollte erwähnt werden.

    Hier steht nichts wichtiges! Trotzdem danke für's Lesen.

  • Die Realität einer alleinerziehenden Grosstadtmutter sieht trotz Dreiviertelstelle und Kitabetreuung anders aus: Mietwohnung und Zelten in der Lüneburger Heide.
    ...
    Eine Mutter in meinem Freundeskreis nutzt dann auch einmal im Monat das Angebot zur nächtlichen Betreuung ihres Kindes, um etwas unternehmen zu können.


    Darf ich mal fragen, was in den von dir genannten Beispielen die Väter machen? Es geht ja nicht darum, die Mütter an den Pranger zu stellen. Verantwortung für die Kinder tragen beide Elternteile - selbst dann, wenn sie sich getrennt haben.



    Dass sie für diese extra-Betreuung auch ordentlich zahlen muss,sollte erwähnt werden.


    Da taucht dann die Frage auf, ob sich dieses Angebot diejenigen, die es beruflich z.B. wegen Schichtarbeit unabdingbar brauchen, auch finanziell leisten können.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • In den "Bildern des Tages" zeigt tagesschau.de heute auch ein Foto von weiblichen (!!) Fans der frühen Gabrieljahre (man beachte die Frisuren!) - womöglich bei Spielen Ohne Grenzen?

    [Blockierte Grafik: http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/brasilien498~_v-videowebs.jpg]

    (Quelle: tagesschau.de, zweites Bild)



    Ich glaub Du hast den Gag nicht erkannt.



    Vielleicht sollten wir ihm einen Tipp geben? (Hier ist der Tipp nochmal breiter: :P )



    :P Oja, tolles Bild von PG, die Rasur macht tatsächlich ein längeres + schmaleres Gesicht :D


    Oh jaa, danke. Endlich habe ich es auch kapiert. Na ja, im Alter wird man eben langsamer....;)

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski


  • Aus meiner Sicht sollte es die Aufgabe der Politik sein, Arbeitgeber dazu zu bringen, dass sie mit Blick auf die Arbeitszeiten und -modelle Rücksicht auf die Bedürfnisse von Erziehenden und Familien zu nehmen. Eine Mutter von zwei kleinen Kindern sollte nicht abends um 21 Uhr bei Kaufhof an der Kasse stehen müssen, auch nicht, wenn es um die Ecke eine Kita gibt, bei der sie ihr Kind so lange abgeben kann.



    Gerade der Einzelhandel ist nun aber das denkbar schlechteste Beispiel. Denn hier wird sehr viel Rücksicht auf Mütter mit Kindern genommen. Kaum irgendwo sonst sind Arbeitszeit so flexibel gestaltbar wir im Handel!
    Und Mütter (Alleinerziehende mal ausgenommen) mit kleinen Kindern KÖNNEN oft nur die Abendschichten arbeiten. Weil der Papa dann nämlich zu Hause ist und die Kinder (hoffentlich) im Bett sind.

    Ich kenne übrigens nicht eine Kita, die bis 20 Uhr geschweige denn rund um die Uhr geöffnet hätte. Dafür aber durchaus Mütter, die das sehr begrüßen würden, wenn es soetwas gäbe. Nur weil die Kita bis 20 Uhr oder länger aufhat, heißt das doch nicht, dass die Kinder dort von morgens bis abends abgegeben werden?
    Diese langen Öffnungszeiten schaffen doch ganz viel Flexibilität und ermöglichen vielen Müttern vermutlich überhaupt erst wieder arbeiten zu gehen. Nicht alles Jobs haben Arbeitszeiten von 8 - 12 Uhr und nicht jede Mutter will nur halbtags arbeiten!

    Den unterschwellig anklingenden Vorwurf an die Mütter, die arbeiten gingen (womöglich noch Vollzeit) und ihre Kinder deshalb zur Verwahrung in die Hände staatlicher Erziehungsanstalten geben lasse ich mal unkomentiert.
    Die rundum sorglos Betreuung des Kindes allein durch die Mutter (Eltern) ist ja eine Erfindung der 50er Jahre. Das gab es vorher in der Form gar nicht. Auf dem Land und in der Arbeiterklasse ohnehin nicht und beim wohlhabenden Bürgertum auch nicht. Im ersteren Fall liefen die Kinder halt so mit und jeder Erwachsene hatte ein Auge drauf und die letzteren haben ihre Kinder in teure Internate geschickt.
    Bei durchschnittlich 4 - 12 Kindern pro Familie (Arbeiter, Bauern, untere Mittelschicht) braucht man über einen weiteren Job als Frau nicht nachzudenken, dazu hat man eh keine Zeit und Kraft.

    Und dass die Frauen nicht arbeiten gingen hatte ja eher was damit zu tun, dass sie nicht durften, nicht damit, dass sie nicht wollten. Immerhin musste man als Frau ja noch Anfang der 70er Jahre in Deutschland den Mann um eine schriftliche Arbeitserlaubnis bitten!

    Die Flexibilisierung der Kinderbetreuung IST fortschrittlich und ein Erfolg. Sie ermöglicht vielen Frauen trotz Kind im Beruf zu bleiben und sich nicht irgendwann mit Hilfsarbeiterjobs begnügen zu müssen, trotz erlerntem Beruf, weil sie den Anschluß verpasst haben. Kinder sind jahrhundertelang damit klar gekommen, dass ihre Eltern sie nicht rund um die Uhr betüddeln, die werden das auch im 21. Jahrhundert überleben.

  • Ich glaube. ich muss mich erst einmal etwas näher positionieren, bevor hier ein falscher Eindruck entsteht. Ich bin dafür, dass Frauen arbeiten gehen. Ich bin auch dafür, dass Kinder einen Kindergarten bzw. eine Kita besuchen (ob man dies schon Säuglingen zumuten soll, steht auf einem anderen Blatt). Ich bin gegen das sogenannte Betreuungsgeld, da es falsche Anreize schafft. Kinder brauchen für soziale Lerneffekte unbedingt auch den Kontakt zu anderen Kindern außerhalb des Elternhauses.
    Und ich bin grundsätzlich dafür, dass der Staat Betreuungsmöglichkeiten schafft, um Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So weit, so gut.


    Was ich allerdings NICHT befürworte, ist ein Zustand, bei dem das Wohl der Kinder aus dem Blick gerät, weil das Primat von Arbeit und Wirtschaft vorgibt, wie die Kindererziehung zu laufen hat. Sprich: Die Eltern müssen für den Job möglichst viel und möglichst rund um die Uhr verfügbar sein, und wenn dann ein paar Bröckchen Zeit übrig bleiben, kommt das Kind an die Reihe. Nein, so kann es nicht laufen, da fehlt die Balance. Vereinbarkeit von Kind und Beruf bedeutet doch, dass beides Werte sind, für die Eltern Zeit haben müssen. Letztlich geht es hier auch um Verantwortung. Wenn Eltern Kinder bekommen, dann sind zunächst einmal SIE für diese verantwortlich. Nicht die Oma, nicht die Tagesmutter, schon gar nicht der Staat.


    Leider habe ich das Gefühl, dass sich immer mehr Eltern hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder für immer weniger Dinge verantwortlich fühlen. Die Folgen sind schon heute verheerend. Immer mehr Grundschüler können schlecht oder gar nicht schwimmen. Das Gleiche gilt für das Radfahren. Die Sexualaufklärung überlässt man gerne der Schule, ebenso die Drogenprävention, die Begleitung der Hausaufgaben sowieso. Das Mittagessen wird nicht mehr zu Hause gekocht, sondern von irgendwelchen Firmen in Kitas und Schulen geliefert - in entsprechender "Qualität". Selbst Kindergeburtstage werden seit einigen Jahren wie selbstverständlich "outgesourcet" (schreckliches Wort, aber es beschreibt so treffend das heutige Denken), weil Mama oder Papa nicht in der Lage sind, mal selbst ein paar Ideen zu entwickeln. Für alle Erziehungsfragen gibt es heute Experten, Ansprechpartner und Dienstleister. Da müssen sich manche Eltern schon fragen lassen: "Was macht ihr eigentlich noch selbst für eure Kinder?"


    Gerade der Einzelhandel ist nun aber das denkbar schlechteste Beispiel. Denn hier wird sehr viel Rücksicht auf Mütter mit Kindern genommen. Kaum irgendwo sonst sind Arbeitszeit so flexibel gestaltbar wir im Handel!
    Und Mütter (Alleinerziehende mal ausgenommen) mit kleinen Kindern KÖNNEN oft nur die Abendschichten arbeiten. Weil der Papa dann nämlich zu Hause ist und die Kinder (hoffentlich) im Bett sind.


    Das klingt ja so, als würde eine berufstätige Mutter lieber abends als tagsüber arbeiten.
    Das glaube ich nicht. Warum sollte sie das wollen? Eine Beschäftigung am Tage zu den "normalen" Öffnungszeiten von Schule und Kindergarten ist doch viel eher mit der Erziehung der Kinder vereinbar.


    Diese langen Öffnungszeiten schaffen doch ganz viel Flexibilität und ermöglichen vielen Müttern vermutlich überhaupt erst wieder arbeiten zu gehen. Nicht alles Jobs haben Arbeitszeiten von 8 - 12 Uhr und nicht jede Mutter will nur halbtags arbeiten!


    Richtig! Natürlich gibt und gab es immer schon Berufe, in denen rund um die Uhr gearbeitet werden muss (Ärzte, Polizei, Feuerwehr etc.). Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten aber beispielsweise ist so nicht zwingend notwendig. Niemand braucht Geschäfte, die rund um die Uhr geöffnet haben. Das ist letztlich unserer eigenen Bequemlichkeit geschuldet bzw. unserem zunehmendem Unvermögen, das eigene Leben zeitlich zu organisieren. Im übrigen macht das wirtschaftlich auch so gut wie keinen Sinn, denn viele Untersuchungen haben gezeigt, dass die längeren Öffnungszeiten nicht zu mehr Umsatz führen. Wer's nicht glaubt, kann ja mal abends in der Woche um 21 Uhr in ein Kaufhaus gehen. Da steht dann oft mehr Personal als Kundschaft herum. Im übrigen gehen längere Ladenöffnungszeiten immer zu Lasten der kleineren Geschäfte, denn deren Inhaber stehen dann mangels personeller Ressourcen selbst hinter der Ladentheke. Und den Wettbewerb mit den Online-Shops können die klassischen Geschäfte eh nicht gewinnen. Den können nur wir Konsumenten entscheiden, indem wir endlich damit aufhören, bevorzugt Sachen im Internet zu kaufen - aber das ist ein anderes Thema.


    Den unterschwellig anklingenden Vorwurf an die Mütter, die arbeiten gingen (womöglich noch Vollzeit) und ihre Kinder deshalb zur Verwahrung in die Hände staatlicher Erziehungsanstalten geben lasse ich mal unkomentiert.


    Wenn du da einen Vorwurf hörst, dann richtet er sich nicht an die Mütter, sondern an beide Elternteile. Aber in der Tat ist es für mich oft unverständlich, dass es Eltern gibt, die Kinder haben und dennoch meinen, sie müssten beide Vollzeit arbeiten.


    Dieses Unverständnis ist besonders dann gegeben, wenn der Vollzeiterwerb existentiell nicht notwendig ist und nur dazu dient, einen möglichst hohen Lebensstandard zu schaffen/zu erhalten. Aber auch da ist "existentiell" sicher Definitionssache. Es gibt vermutlich nicht wenige, die glauben, sie könnten ohne das neueste iphone oder einen hochwertigen Kaffeeautomat nicht existieren...


    Natürlich gibt es prekäre Lebensverhältnisse, wo beide Partner wirklich viel malochen müssen, damit genug Geld in der Haushaltskasse ist. Aber wenn die Umstände wirklich so sind, dass Vater und Mutter ständig nachts und am Wochenende arbeiten müssen, und keine Großeltern verfügbar sind, und auch keine Änderung dieser Umstände absehbar sind, dann sollte man sich fragen, ob man wirklich dazu in der Lage ist, die Verantwortung für ein Kind zu tragen. Oder anders gesagt: Warum wollen Eltern ein Kind, wenn sie überhaupt keine Zeit für dieses erübrigen können? Nur weil es irgendwie in die biografische "To do-Liste" gehört?



    Die rundum sorglos Betreuung des Kindes allein durch die Mutter (Eltern) ist ja eine Erfindung der 50er Jahre. Das gab es vorher in der Form gar nicht. Auf dem Land und in der Arbeiterklasse ohnehin nicht und beim wohlhabenden Bürgertum auch nicht. Im ersteren Fall liefen die Kinder halt so mit und jeder Erwachsene hatte ein Auge drauf und die letzteren haben ihre Kinder in teure Internate geschickt.


    Eine persönliche Anmerkung hierzu: Ich habe es als Kind sehr genossen, dass meine Mutter Hausfrau war, dass mittags immer zusammen (ein frisch gekochtes Essen) gegessen wurde, dass immer jemand da war, wenn ich Aua oder Sorgen hatte, jemand, dem mein Wohlergehen eine echte Herzensangelegenheit war und nicht eine professionelle Dienstleistung.


    Ich weiß, dass diese Zeiten nicht wieder kommen, dass sich vor allem auch die Rollenbilder von Mann und Frau gewandelt haben. Ich begrüße auch dies. Aber ich befürchte, dass wir in eine Schieflage geraten, wenn Eltern nicht ein Mindestmaß an Zeit und Verantwortung für ihre Kinder aufbringen. Die Alarmzeichen sind schon heute unverkennbar. Noch nie gab es so viele Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten. Noch nie wurden so viele Medikamente - besser gesagt Drogen - verschrieben, damit die Kinder in dem von Erwachsenen ausgearbeiteten Lebensplan funktionieren.


    Die 24-Stunden-Kita ist keine Lösung des Problems. Wer auf sie angewiesen ist, braucht hinterher auch eine 24-Stunden-Schule. Wo soll das enden? Einen Vorgeschmack auf diese ach so fortschrittliche Erziehungszukunft kann man bekommen, wenn man sich die folgende Reportage ansieht:


    USA: Der 24-Stunden-Kindergarten | WELTBILDER | NDR - YouTube


    Wollen wir das wirklich? Oder geben wir unseren Kindern endlich die Zeit, die ihnen für eine kindgerechte Erziehung zusteht?

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    Einmal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • Leider habe ich das Gefühl, dass sich immer mehr Eltern hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder für immer weniger Dinge verantwortlich fühlen. Die Folgen sind schon heute verheerend. Immer mehr Grundschüler können schlecht oder gar nicht schwimmen. Das Gleiche gilt für das Radfahren. Die Sexualaufklärung überlässt man gerne der Schule, ebenso die Drogenprävention, die Begleitung der Hausaufgaben sowieso. Das Mittagessen wird nicht mehr zu Hause gekocht, sondern von irgendwelchen Firmen in Kitas und Schulen geliefert - in entsprechender "Qualität". Selbst Kindergeburtstage werden seit einigen Jahren wie selbstverständlich "outgesourcet" (schreckliches Wort, aber es beschreibt so treffend das heutige Denken), weil Mama oder Papa nicht in der Lage sind, mal selbst ein paar Ideen zu entwickeln. Für alle Erziehungsfragen gibt es heute Experten, Ansprechpartner und Dienstleister. Da müssen sich manche Eltern schon fragen lassen: "Was macht ihr eigentlich noch selbst für eure Kinder?"


    Mutzel fragt zu Recht, warum sich jemand für Kinder entscheidet, wenn er gar nicht die Zeit oder die Möglichkeit hat, sich angemessen um sie zu kümmern und sich an ihnen zu erfreuen. Allein dass er diese Frage öffentlich stellt, verdient ein "Like" von mir. Dieses Ping-Pong-Spiel zwischen Schule und Eltern nimmt immer krassere Formen an. Die Schulen übernehmen teilweise immer mehr Erziehungsaufgaben, was zu Lasten des Unterrichtsauftrags geht. Den übernehmen dann die überforderten Eltern, die sich nachmittags mit einem weinenden Kind an den Hausaufgaben versuchen. (Ich spreche aus eigener Erfahrung; ist zum Glück schon bis zu 18 Jahren her.) Da gibt es wirklich einen Fehler im System, und Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.
    Liebe Mütter und Väter hier im Forum: wieso, weshalb, warum habt Ihr Euch für Kinder entschieden? Meine kinderlosen Freunde und Kollegen, vor allem die "Dinkies" (double income, no kids) stehen allesamt wirtschaftlich besser da als meine Familie - worüber ich mich ausdrücklich nicht beklage. Warum ich die Kinder einer beruflichen Karriere vorgezogen habe und dafür eine Menge selbstbestimmte Freizeit gegen kleine und große (Kinder-)Sorgen eingetauscht habe, lässt sich rational nicht erklären. Es war für mich nie eine Frage, ob ich Kinder will oder nicht. Sie gehören einfach und selbstverständlich in meine Lebensplanung, jetzt als Erwachsene genauso wie früher. Zum Glück sind wir als Eltern alle mal Anfänger gewesen und hatten keine Ahnung, was es wirklich bedeutet, Mutter oder Vater zu sein. Obwohl wir selbst mal Kinder waren. Ich habe es nicht eine Sekunde bereut, Vater zu sein.
    Ich glaube nicht, dass Eltern heute verantwortungsloser sind als früher. Die Zeiten haben sich unglaublich geändert, die Möglichkeiten im Beruf sind ebenso vielfältiger geworden wie die Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Das darf aber nicht dazu führen, dass das Kindswohl darunter leidet. Die Fürsorge für ein Kind ist meines Erachtens nicht delegierbar. Wenn eine Mutter (oder ein Vater) tagsüber für das Kind da ist und es abends in eine Kita bringt, wo sich das Kind möglichst noch gerne aufhält, kann ich nichts Schlechtes daran finden.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")