Dass die Show genial ist und dass man die Arbeit von Serge Morissette und TMB gar nicht genug wertschätzen kann, steht für mich außer Frage. Ich hätte mir die Lamb-Show sonst sicher nicht ein viertes Mal angesehen.
Mir steht das Lamm näher als Selling, aber besser als 2005 wird es nicht. Damals habe ich einige shows gesehen, in Oberhausen und Frankfurt. Ein Jahr später in Dortmund war es schon nicht mehr so spannend, da man alles kannte.
Letztes Jahr war es schön, das ganze noch einmal präsentiert zu bekommen, aber die Darbietung war qualitativ nicht so stark wie 2005/2006.
Dieses Jahr gehe ich nicht hin.
Ich kenne die Show inzwischen auch so gut, dass es für mich keine Überraschungseffekte mehr gibt. Das Staunen ist nicht mehr da. Der "Dass ich das noch erleben darf"-Effekt fehlt.
Nach insgesamt 16 TMB-Konzerten, davon 4x "The Lamb", gibt es zunehmend mehr Momente, wo bei mir der Gedanke aufkeimt: "Das hab´ ich bei TMB aber schon besser gesehen." Man wird anspruchsvoller. Das schadet dem Konzertgenuss ein wenig.
Aber nun konkret zu den Eindrücken von gestern:
Auffällig die gähnende Leere auf dem Parkplatz und im Foyer. Kein Vergleich zu den letzten Jahren. Der Merchandising-Stand nicht aufgebaut. (Erst nach dem Konzert)
Sehr schön, sich nochmal mit Young King Cole, stevx01, banjogirl und MartinC zu unterhalten ...bei Ernie und Uffel reichte es leider nur für ein freundliches Zuwinken
Sehr schön und sinnvoll der Dokufilm zu Beginn, von dem es auf der TMB-Seite auch einen kurzen Trailer gibt: The Musical Box
Nach kurzem Gänsehauteffekt bei dem gelungenen Piano-Intro von TLLDOB stellte sich bei mir schon das erste Stirnrunzeln ein. Ich hatte beinahe den Eindruck, das Schlagzeug unverstärkt, ohne PA zu hören. Da fehlte völlig der Druck. Dies wurde später zwar besser, insgesamt habe ich aber den "Wumms" beim Schlagzeug vermisst. Im Vergleich zu den letzten Konzerten kamen mir die bombastischen Passagen insgesamt sehr "schmächtig" vor. So z.B. "Fly On A Windshield", der Instrumentalteil von "Anyway" und vor allem das Finale von "It". Dieses hatte ich nicht nur optisch, sondern auch akustisch wie ein bombastisches Feuerwerk in Erinnerung. Diesmal musste ich vom akustischen Eindruck her ein wenig an eine "verpuffte Fehlzündung" denken. Selbst das Finale von "The Musical Box" habe ich bisher noch nie so dünn erlebt. Ich muss leider sagen, dass dies das erste Konzert von TMB war, bei dem es keinen einzigen intensiven Gänsehaut-Moment gab, bei dem ich wegen der bombastischen Intensität beinahe das Atmen vergessen hätte. Schade.
Die offensichtlichen "Pannen" haben mich nicht gestört, wie der falsche Gesangseinsatz bei Carpetcrawl oder die nicht ganz richtig berechnete Flugbahn der Flaschenattrappe, die statt am Felsen an der links daneben stehenden Monitorbox landete...das ist LIVE, da lächelt man wohlwollend...das ausgefallene Stroposkoplicht beim offenbar sehr kurzfristig und überraschend als Zugabe ins Programm genommenen The Knife war allerdings sehr schade, das hat dem Finale etwas den Wind aus den Segeln genommen.
Nicht besonders überzeugt hat mich der Keyboarder, der mir stellenweise etwas überfordert vorkam. Kein Vergleich zu David Myers, der in meinen Ohren präzise wie ein Uhrwerk spielt, fast, wie ein programmierter Roboter. Besonders negativ aufgefallen ist mir die fehlende Präzision beim Solo von „Riding The Scree“, was er wohl durch übermäßig viel Delay-Effekt zu kaschieren versuchte. Bei den Läufen von „Colony Of Slipperman“ schien er mir versehentlich immer zwei benachbarte Tasten gleichzeitig zu treffen. Sehr empfindlich bin ich auch bei einem meiner Lieblingsparts von Tony, dem durchgängigen Hammond-Muster von „In The Cage“. Das klang sehr verwaschen und ich konnte die Töne, die man, sofern man es mit verschachtelten Händen auf einem einzelnen Manual spielt, mit der linken Hand einwirft (ich hoffe, ihr versteht mich;)), kaum wahrnehmen. Es kam mir fast so vor, als hätte er einfach nur die Akkorde mit der rechten Hand gespielt, weil es sonst zu kniffelig gewesen wäre.
Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich die „Lamb-Show“ als sehr überfrachtet empfinde. Es ist gar nicht möglich, der durch die Dias dargestellten Handlung und der rein musikalischen Präsentation gleichzeitig zu folgen. Ich empfinde das als sehr anstrengend und über die komplette Albumlänge als sehr ermüdend. Bei der Selling-Show sind die visuellen Effekte so eingesetzt, dass sie das musikalische Klangerlebnis intensivieren. Bei „The Lamb“ wirken die Dias diesbezüglich teilweise kontraproduktiv, lenken ab und vermindern dadurch sogar den Hörgenuss.
Nachdem ich bei den ersten Lamb-Konzerten mit großem Interesse die Umsetztung der von mir nicht sonderlich geliebten Klang-Kollagen verfolgt habe, hätte ich gestern sehr gerne, wie auch zu Hause beim CD-Player, die Skip-Taste gedrückt. Sind für mich einfach langweilig...da können TMB aber nix zu...
Allgemein sind meiner Ansicht nach bei der „Selling-Show“ die intensiven Momente deutlich konzentrierter. Sie stellt eben deutlich mehr eine Art „Best Of“ dar.
Ich möchte betonen, dass dies kein Verriss sein soll. Ich finde die Show genial, den Besuch ein absolutes Muss für jeden Fan der „alten Genesis“ und die Arbeit von TMB unbezahlbar. Ich könnte einige Seiten an positiven Aspekten ausformulieren, im Prinzip wurde dies aber alles bereits gesagt…und dieser Text hat mich schon mehr Zeit gekostet, als ich eigentlich wollte...