Scratch My Back - allgemeine Eindrücke und Favoriten

So, nachdem ich mir das Album mehrfach "reingepfiffen" habe und mich grad für die Rezension warmlaufe, ein paar generelle Eindrücke

SMB ist vor alleim eins - schwere Kost. Man muss es sicher öfter hören und sich auch darauf einlassen. Da gibt es kein Growing Up oder More Than This, das man mal eben beim Abwasch hören kann.
Die Stimmung ist bei allen Stücken weitest gehend identisch, Listening Wind ist eine Ausnahme und My Body Is A Cage ebenfalls. Auch The Book of Love fällt etwas heraus - bei dem Stück hat man den Eindruck, es sei auf "Single" getrimmt.

Gabriels Stimme erscheint mir auf dem Album ziemlich schwach - oder sagen wir: er singt die Sachen nicht aus, vielen klingt aber auch, als habe er es genau so gewollt. Der Unterschied wird einem spätestens bei The Book Of Love deutlich, das er ja neu eingesungen hat. Die "Originalversion" des Shall We Dance Soundtracks ist deutlich "runder" gesungen.

Philadelphia ist so ein Song, bei dem man das bestens bekannte Original besser mal ausblendet, da Gabriel die hohe Stimme eh nicht hinbekommt. Wo wir beim Thema sind: Die "Steigerung" bei Heroes geht stimmlich auch in die Hose - wenn er das so gewollt hat, würd ich gern wissen, wieso. Wenn er's nicht (mehr) besser kann, dann würd ich wissen wollen, warum er's nicht anders gemacht hat.

Absolut grandios ist The Power Of The Heart, das könnte einer meiner all-time-gabriel-favorites werden, auch wenn's von Lou Reed ist.
Neben Listening Wind gefällt mir auch Flume sehr gut und I Think It's Going To Rain Today. Erst nach mehrfachem Hören entfaltet dagegen The Boy In The Bubble seine Qualitäten.
Alle Songs sind sicherlich interessant arrangiert, auf Albumlänge aber eben auch sehr zäh. My Body Is A Cage könnte langfristig DER Knaller des Albums sein.

Nach dem oben geschriebenen mag der Eindruck entstanden sein, das Album sei mitelmäßig, Es ist aber ein gutes Album. Aber eben auch ein anspruchsvolles.
Die größte Schwäche ist das Ende - Street Spirit ist einfach nur für die Tonne.

Bin gespannt, wie Gabriel das live umsetzt...

und darauf, die ausdifferenziert die Meinungen hier im Forum sind - Stoff genug gibt's ja nun...

ausführliche Rezi folgt.

Ich denke mal sollte vermeiden, sich ein urteil auf Grundlage von youtube-"clips" (!) zu bilden. Auf der Couch mit vernünftiger Lautstärke und angemessenem "Drumherum" kommt das ganz anders rüber als via youtube.

Ich hab gestern testweise mal einen Song via youtube angehört und damit kann man sich das Anhören eines neuen Albums schon gründlich versauen.

Hallo who_dunnit????

Vorweg: ich lobe nicht alles von PG in den Himmel. Im Gegenteil, OVO, RPF finde ich eher schwach. UP nicht schlecht.
Aber Scratch My Back empfinde ich als Kunstprojekt. Da wird nicht nach dem wieso gefragt, oder ob was richtig ist. Das lebt von Inspiration und Begeisterung. Und wer die nicht aufbringen kann, muß ja nicht hinhören. Der muß allerdings auch nicht Geld ausgeben, um sich etwas in den Schrank zu stellen. Wenns dir nicht gefällt, ignorier es doch einfach.

Für mich war PG immer ein Künstler. Einer der zufällig Popmusik als sein Terrain angenommen hat. Mir waren so Ausflüge wie eben OVO da immer zu gewerblich. Aber was er wann veröffentlicht - oder auch in der Schublade läßt - bleibt ihm überlassen. Mittlerweile will er sich nur noch austoben - schön. Wenn was spannendes dabei rauskommt, wie dieses Album, gerne. Das hier ist endlich mal wieder was, wo man sich dran abarbeiten und reiben kann. Mit auseinandersetzen muß.

Aber niemand wird gezwungen (jedenfalls nicht von mir) das zu tun.

Zusatz:
Lassen wir mal die Kunstkacke weg. Ich finde es angenehm, daß es mal etwas gibt, das einen zum Hinhören und Nachdenken, zum Innehalten zwingt. In einer Welt, in der man die Personencharakterisierung in den Herr der Ringe Filmen als tiefgründig empfindet, braucht man solche Positionslichter.