Mein Resümee vom Samstags-Konzert, das ich im Oberrang (Block 137, also immerhin noch im vorderen Drittel dieser viel zu großen Halle) miterleben durfte:
Es war für mich irgendwie wie ein Besuch bei einem alten, sympathischen Onkel, den man schon ewig nicht mehr gesehen hat. Früher als Kind hat er mir immer seine Geschichten erzählt, die ich begeistert aufgenommen und ihn dafür so richtig ins Herz geschlossen hatte. Überhaupt war er dafür verantwortlich, dass ich mich so sehr für die Geschichtenerzählerei begeisterte. Mit der Zeit verlor ich den Onkel und seine Geschichten ein wenig aus den Augen und vermisste ihn auch nicht wirklich. Stattdessen wandte ich mich eher anderen, für meinen Geschmack doch wesentlich interessanteren Geschichten zu.
Am Samstag erfolgte dann das Wiedersehen. Und was soll ich sagen? Der Onkel ist schon deutlich älter geworden, aber ich habe ihn mir vorher doch deutlich weniger rüstig vorgestellt. Hier und da hatte er weiterhin genau diesen Schalk in den Augen, den ich als Kind so geliebt hatte. Und er erzählte größtenteils wieder seine alten Geschichten. Allesamt beförderten sie mich wieder mitten in meine Kindheit. Viele davon weckten einfach nur schöne Erinnerungen, bei einigen verdrehte ich ein wenig die Augen nach dem Motto: "Ach Onkel, die Geschichte hättest Du Dir jetzt aber wirklich sparen können - dabei bin ich doch schon damals immer sofort eingeschlafen!" . Hier und da erzählte er auch neuere Geschichten, aber die wirkten irgendwie nicht richtig. Ich vermisste zwar viele meiner Lieblingsstories aus alten Tagen, aber insgesamt war ich doch ganz zufrieden und bin aus Düsseldorf abgereist mit dem Gefühl, einen recht schönen Abend verbracht zu haben.
So, jetzt mal etwas konkreter (diese Onkel-Metapher kam mir fast das gesamte Konzert über in den Sinn, deshalb wollte ich sie hier mal anbringen): Ich kann von mir leider nicht sagen, dass es eines der besten Konzerterlebnisse meines Lebens war. Dafür ist Phil (mittlerweile) einfach nicht mehr so meine Wellenlänge. Aber schon alleine aufgrund der Tatsache, dass ich mit äußerst geringen Erwartungen hineingegangen bin, bin ich alles andere als enttäuscht worden. Merkwürdigerweise habe ich Phil solo (nur ein einziges Konzert mit Genesis am 13.07.1992 in Hannover) noch NIE live erlebt. Konnte mich z.B. 1997 und selbst 1994 irgendwie nicht richtig dazu aufraffen.
Und am Samstag? Zuerst dachte ich "au weia", als er sich ans Drum-Kit setzte und ein wenig unmotiviert auf die Snare haute... zum Glück erwies sich das Ganze recht schnell als "Showeffekt" (?) und dann war wieder alles wie früher... wow, er ist immer noch ein Super-Drummer! Bei den Schlagzeugpassagen (wunderbar, dass Chester und natürlich auch Daryl auch jetzt noch dabei sind!) hatte ich hier und da wirklich Gänsehaut.
Meine Favoriten waren an diesem Abend eindeutig "We Wait And We Wonder" (absolut mitreißend!), "Take Me Home" (bestes Arrangement, das ich je von diesem Song gehört habe), "Invisible Touch" (hier störten auch die Bläser nicht!), "In The Air Tonight" (klar!) und "Hang In Long Eonugh" gefallen. Die Balladen kamen bei mir nicht so gut an. Und das nicht nur, weil ich sie (also die aus den Zeiten nach 1984, auf die er sich ja leider bei dieser Tour konzentriert) größtenteils (wie etwa "Separate Lives" oder auch "True Colours") eh nicht mag, sondern wegen Phils Stimme. Ich bin immer ein Sympathisant von "Groovy Kind Of Love" gewesen... was hat er es früher warm und gefühlvoll gesungen... aber nun macht sich seine veränderte/ angegriffene Stimme leider doch bemerkbar... hier und da war es schon etwas quäkig (wobei dies bei den Strophen des mitreißenden "Don´t Lose My Number" wieder sehr gut passte!). Auch bei "Against All Odds" vermisste ich am Ende diese "Hilfe, mein Haus brennt!"-Schreierei (absolut POSITIV gemeint!) von früher sehr. Naja, aber dies war zu erwarten und soll meinen insgesamt doch recht positiven Gesamteindruck nicht schmälern. Respekt Phil, das war alles in allem wirklich ein unterhaltsamer Abend!