Vor einiger Zeit hier im Forum und zuletzt auch im Newsletter vom 11. April erwähnt: Die neue CD "Peter Gabriel: No memories - Seattle Broadcast 1983" des "Iconography"-Labels.
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Diese CD ist keine Empfehlung wert und scheint mir eher eine ziemliche Frechheit zu sein.
Es handelt sich um den Großteil eines Gigs der „Security“-Phase vom 10.08.1983 in Seattle / Paramount Theatre, der wohl auch im Radio übertragen wurde. Ob dieser Rundfunkbeitrag dem entspricht, was auf der CD zu hören ist, weiß ich nicht. Der Sound ist aber einer Ausstrahlung für meine Ohren nicht würdig, auch die musikalische Performance der Band bietet so gut wie nichts, was im positiven Sinne erwähnenswert wäre.
Im Einzelnen:
Der Klang der CD provoziert in meinen Ohren die Formulierung „unausgeglichene Rohfassung eines mäßigen Soundboard-Mitschnitts“, weil z.B. die Drums flach und ohne Punch, dafür aber so unangenehm hallig sind, dass ihr Nachklang den Rest der Band immer so ein wenig wegfrisst und dominiert. Der Gesang hat manchmal unangenehme Delay-Effekte. Alles in allem mischen sich die Komponenten überhaupt nicht gut zu einem ausgewogenen Klangbild, welches zudem auch instabil ist. Die Ohren versuchen ständig, sich einzuhören, werden dabei aber regelmäßig gestört von ungewollten Veränderungen und Schwankungen. Das Publikum ist von fern wohl über die Bühnenmikros zu hören, Live-Atmo kommt kaum auf.
Die Performance selbst wirkt (gerade rhythmisch) eher statisch und recht leblos. Abheben tut das Ganze eigentlich nie. Stattdessen gibt es ein paar Patzer und wirkt dadurch eher unsicher und unkonzentriert. Der größte Patzer ist bei „Solisbury hill“ zu hören. Bei dessen erstem Versuch gibt es wegen eines Gabriel-Fuck Ups einen veritablen Schmiss, und peinlicherweise folgen im zweiten Anlauf dann ziemlich markante Schwächen/Verspieler von Levin (Bass) und Rhodes (Gitarre). Gabriels Gesang ist insgesamt dürftig.
Nun könnte man sagen: Okay, als Bootleg geht das noch so durch, der dokumentarische Wert ist ja auch was für Fans. Allerdings bewirbt das Label „Iconography“ seine Veröffentlichung mit den Worten „From A Live FM Broadcast“ – da erwarte ich klanglich deutlich Besseres. Und im billigen und informationsarmen „Faltblatt-Booklet“ lese ich dann sogar: „(…) this superb CD, which contains the full concert in question. Released here for the first time in its entirety“. Geht es nur mir so, dass ich aus dieser Formulierung schließen würde, hier läge der gesamte Gig vor? Dies stimmt nämlich offenbar nicht: Auf der CD befinden sich die ersten 80 Minuten des Seattle-Konzerts. Der Website „Setlist.fm“ zufolge fehlen dessen letzten drei Tracks „San Jacinto“, „On the air“ und „Biko“.
Und noch etwas: Auf „YouTube“ kann man zwar ebenfalls nicht die vollständige Performance, aber immerhin zusätzlich „San Jacinto“ hören – und das auch noch in besserer Klangqualität! https://www.youtube.com/watch?v=VUqNywtJ_U8 (Achtung: Dieser von Mozo Rael hochgeladene Konzertmitschnitt ist an ein paar Stellen gekürzt. Es fehlen allerdings nur verzichtbare Aussagen Gabriels, der auf Zwischenrufer im Publikum reagiert, und der erste, völlig verpatzte „Solisbury hill“-Versuch.)
Da kann man als CD-Käufer durchaus mal angenervt den Kopf schütteln und anderen dazu raten, sich diesen Tonträger als potenziellen Staubfänger im Regal zu (er)sparen.