Kürzlich habe ich gelesen, dass weiterhin rund 90% der antisemitischen Strafttaten einen rechtsextremen Hintergrund haben, trotz steigender Zahl von Straftaten mit muslimischem Hintergrund.
Ich möchte nur mal kurz zu dieser Statistik etwas einwerfen bzw. der Art wie sie erfasst und gelesen wird. Konkret gibt es aus dem Jahr 2017 für das erste Halbjahr eine Polizei-Statistik, nach der 93 % der angezeigten antisemitischen Übergriffe (von Sachbeschädigung bis hin zu körperlichen Übergriffen) als rechtsradikal eingestuft werden, sieben Prozent werden dem islamistischen Spektrum zugeordnet. Was einem hier direkt auffallen sollte - das linksextreme Spektrum, in dem antiisraelische Haltungen und Antisemitismus ebenfalls sehr verbreitet sind, wird statistisch nicht als solches erfasst. Der Grund ist, dass alle nicht eindeutig zuweisbaren Taten pauschal unter "rechtsextrem" erfasst werden.
https://www.welt.de/politik/de…n-Deutschland-steigt.html In diesem Artikel stehen die Zahlen nach Vorfällen aufgelistet zum Nachprüfen dabei, gleichzeitig wirft der Artikel auch den Grund auf, warum ich bei der Verwendung dieser Zahlen "dazwischengehe".
Es gibt nämlich eine Studie der Universität Bielefeld zum Thema Judenfeindlichkeit in Deutschland, die das Bild der Polizeistatistik nicht gänzlich, aber doch zu einem sehr auffälligen Teil umkehrt. Die Studie ist hier zu finden: https://uni-bielefeld.de/ikg/d…uPe_Bericht_April2017.pdf
Der für diesen speziellen Diskussionspunkt entscheidende Teil findet sich auf Seite 21. Die Zahlen daraus entnommen besagen, dass bei den politischen Spektren mit möglicher Mehrfach-Nennung die Verteilung so aussah:
- Versteckte Andeutungen: 20 % linksextrem, 15 % rechtsextrem, 48 % muslimisch, 27 % christlich
- Verbale Beleidigungen/Belästigungen: 19 % linksextrem, 19 % rechtsextrem, 62 % muslimisch, 22 % christlich
- Körperliche Angriffe: 25 % linksextrem, 19 % rechtsextrem, 81 % muslimisch, 13 % christlich
Spätestens bei der Betrachtung körperlicher Angriffe wird deutlich, wie groß die Diskrepanz der Studie unter Juden zur offiziellen polizeilichen Statistik ist. Ich bin sofort bei jedem, der sagt, dass man Rechts- und Linksextremismus bekämpfen muss und Antisemitismus dort ein Problem ist. Aber dieses ständige Wegrelativieren von islamistischer Gewalt hält nun mal leider nur einer sehr oberflächlichen Prüfung stand und ist kein "geringeres Problem". 81 % der Straftaten gegen eine Bevölkerungsgruppe werden einer Gruppe zugewiesen, die 5 % der Gesamtbevölkerung ausmacht.
Deswegen, bei allem Respekt Martin, aber Aussagen wie "Mit dem Begriff "muslimischer Antisemitismus" muss man sehr vorsichtig sein." funktionieren da auch nicht mehr. Es ist zwar durchaus richtig, wenn du darauf verweist, dass davon aktuell auch einiges mit dem Nahost-Konflikt zusammen hängt, aber der Hass auf Juden an sich entstammt auch dem Koran und wird in vielen muslimischen Familien an die Kinder weitergegeben, auch wenn er mit dem Nahost-Konflikt nun einen Deckmantel bekommen hat, wie er auch in den anderen extremistischen Lagern gerne übergeworfen wird.
Zitataber um dieses allgemeine "du bist doof, du glaubst ja nicht mal das richtige" geht es ja gerade nicht.
Und eben das tut es an diversen Schulen inzwischen doch. Die Kinder dort haben in den seltensten Fällen etwas mit dem Nahost-Konflikt zu tun, werden aber von Haus aus unter Verweis auf das "Leid der Geschwister" antijüdisch indoktriniert. Der Verweis auf den Nahost-Konflikt dient da oft nur noch als Deckmantel, siehst du alleine schon daran, dass eine der häufigsten Reaktionen auf einen gegen Antisemitismus gerichteten Beitrag aus der Frage "Bist du Jude?" besteht. Sehr zu empfehlen, die gestrige Sendung von Anne Will mit dem Sozialarbeiter und Psychologen Ahmad Mansour, der genau mit solchen Jugendlichen täglich zu tun hat.