Was ich wirklich gehasst habe, war der Wachdienst. Ich hatte mal ein Wochenende Torwache. Da steht man zwei Stunden lang in voller Montur und Gewehr nach vorn unbeweglich in dem kleinen Häuschen am Haupttor und die Zeit geht einfach nicht rum, vor allem nicht in der Nacht. Dann gabs vier Stunden Pause, in der man in einem etwas größeren Häuschen daneben in einem Zimmer mit acht Stockbetten eingesperrt ("vergattert") war und auf plastikbezogenen Matratzen ohne Bettwäsche schlafen oder sich langweilen sollte. Dann wieder zwei Stunden stehen. Das Ganze dann volle 48 Stunden lang - echt die Hölle.
Den Rest der Woche hatte man dann Bereitschaft, was nicht nur bedeutete, dass man abends nicht rauskonnte, sondern auch, dass plötzlich wildfremde Reserveoffiziere und -unteroffiziere in der Kaserne auftauchten, die einen Heidenspaß daran hatten, einen ganzen Kasernenblock sinnlos herumzukommandieren. Wir mussten mal eines Morgens zehnmal draußen "antreten", weil es dem Herrn nicht schnell genug ging. Da kamen Mordgedanken auf.
War auch mal 14 Tage als Fernmelder auf einer Übung. Kilometerlange Kabel in den Straßengräben von Schleswig-Holsteins schönsten Alleen verlegt, was Stunden dauerte - dann wurde mal kurz durchgeklingelt und das Kabel anschließend wieder aufgerollt.
Mein eigentlicher "Job" war noch idiotischer. Nach der "Grundi" sollte ich erstmal den Führerschein machen - leider nicht von einem LKW - den hätte ich ja später vielleicht sogar gebrauchen können, sondern den normalen PKW-Führerschein, den ich schon zwei Jahre hatte. So hab ich dann nicht nur die Straßen Flensburgs kennen gelernt, sondern auch einen weiteren bekloppten Fahrlehrer ohne jegliche Pädagogikkompetenz (mein ziviler Fahrlehrer kam auch von der Bundeswehr, daher kannte ich das schon). Natürlich habe ich danach nie wieder einen Kübelwagen fahren müssen.
Denn man meinte irgendwann, ich könne doch so gut rechnen (was nicht stimmte), deshalb solle ich "Rechner" werden. Tatsächlich ging es darum, abgeleitet von den Koordinaten des Lance-Raketenwerfers und des zu beschießenden Ziels die Parameter für die Ausrichtung des Raketenwerfers zu errechnen, abhängig auch davon, ob ein A, B oder C-Sprengkopf oben draufsaß und in welche Himmelsrichtung geschossen werden sollte (Stichwort: Coriolis-Kraft). Das musste man unter 15 min schaffen und wurde täglich von morgens bis abends geübt. Der Witz daran war, dass es nur für den Fall erforderlich war, dass der Computer mal kaputt ging, der diese Berechnungen normalerweise durchführte. Das war ein kühlschrankgroßer Klotz mit ein paar Kippschaltern und bunten Lämpchen drauf, der in der Ecke stand und meistens ausgeschaltet war.
Auch die Tatsache, dass wir tatsächlich mit Atomsprengköpfen rechneten, obwohl die Rakete nur maximal 160 km Reichweite hatte und ich eigentlich davon ausgegangen war, dass die BRD keine Atommacht war, hat zu meiner vorzeitigen Demission beigetragen (natürlich hat die BRD niemals nie nicht Atomwaffen gehabt - die A-Sprengköpfe hatten nur die Amis! - Wie praktisch, dass die einen eigenen Block auf demselben Kasernengelände hatten!).