Eine Band, die hier noch nicht genannt wurde, ist Saga, die 2009 mit dem damaligen Michael Sadler-Nachfolger Rob Moratti das Album "The Human Condition" herausbrachte. Das Album an sich war eigentlich sehr gut, live hatte jedoch Moratti hörbar einige Schwierigkeiten mit den alten Sadler-Songs. Ähnlich ist das ja auch mit Yes in der "Drama"-Besetzung gewesen: "Drama" an sich ein überraschend gutes Album, stimmlich war jedoch Trevor Horn den Sachen, die Jon Anderson vor ihm sang, nicht gewachsen. Er selbst sah sich wohl auch immer neben seiner Produzententätigkeit eher als reiner Studiosänger.
Auch bei Genesis komme ich mit allen bisherigen Sängern aus. Bei der Phase mit Ray Wilson hat einfach ein CAS-Nachfolge-Album gefehlt, das wohl mehr Auskunft über diese Besetzung hätte geben können. Das Album selbst hat mir überwiegend gut gefallen (bis heute) und auch die Konzerte dazu präsentierten Genesis (trotz insgesamt drei neuer Leute auf der Bühne) einmal mehr als exzellente Liveband.
Van Halen mit Sammy Hagar finde ich bis heute toll, weniger das "Van Halen 3"-Album mit Gary Cherone (Extreme), allerdings war er genauso wenig wie Ray Wilson bei Genesis für das Scheitern der Band verantwortlich. Heutzutage hat man ja in gewisser Weise die Möglichkeit, Van Halen doppelt zu haben. Einerseits die klassischen Van Halen mit Rückkehrer David Lee Roth, den Brüdern Eddie und Alex sowie Eddies Sohn Wolfgang am Bass. Andererseits die Supergroup Chickenfoot, bei der neben Joe Satriani und Red Hot Chili Peppers-Drummer Chad Smith ja auch mit Sammy Hagar und Michael Anthony zwei Ex-Van Halen-Mitglieder vertreten sind.
Queen ist wohl eher eine Sache für sich. Mit ihrer "Queen + Sänger XY"-Nennung machen sie ja schon seit der letzten 1999er "Greatest Hits"-Compilation klar, dass es eben nicht mehr die Queen von früher sind und man deswegen auch gar nicht erst Vergleiche zur Deacon/May/Mercury/Taylor-Ära ziehen sollte. Man sollte auch nicht vergessen, dass von Freddie selbst, als er wusste, dass es mit ihm zu Ende ging, die Aufforderung an seine Kollegen Brian, Roger und John kam, sie sollen doch ohne ihn weiter machen und sich einen neuen Sänger hinzuholen. Eben ganz nach dem Motto des überragenden Songs: "The Show Must Go On". Das Projekt mit Paul Rodgers hielt ich für gelungen und hätte es begrüßt, wenn es noch einige Zeit weiter gelaufen wäre. Sowohl dort, als auch jetzt mit Adam Lambert geht es ja auch nicht ansatzweise um einen Freddie-Ersatz.
AC/DC haben sowohl mit Bon Scott als auch mit Brian Johnson als Sänger Klassiker, die jeder Hardrock-Fan in seinem Schrank stehen haben sollte, geschaffen. Alben wie "The Razor's Edge", "Stiff Upper Lip", "For Those About To Rock..." und allen voran "Back In Black" (immerhin eines der weltweit meistverkauften Alben überhaupt) brauchen sich auf keinen Fall hinter "T.N.T.", "Highway To Hell" etc. verstecken.
Foreigner bieten nach wie vor soliden AOR mit genügend Abwechslung. Ihr bislang letztes Studioalbum mit Sänger Kelly Hansen ("Can't Slow Down" ,2009) habe ich sehr gerne gehört. Und auch live machte die Band mit Mick Jones als einzig verbliebenem Gründungsmitglied seinerzeit eine gute Figur. Zudem hat Kelly Hansen auch die alten von Lou Gramm gesungenen Heuler exzellent rübergebracht (vermutlich sogar besser, als Gramm dies selbst heutzutage noch könnte).
Mein Favorit unter den bisher genannten Bands ist definitiv Marillion mit Steve Hogarth. Ich denke, der Einfluss von Fish wird allgemein sehr überschätzt. Ja, er ist (war) ein toller Texter und Frontmann, musikalische Akzente in der Band setzten dann aber wohl doch eher die Herren Kelly, Rothery und Trewavas. Dies sollte einem spätestens beim parallelen Hören der Alben "Clutching At Straws" (dem letzten mit Fish) und "Seasons End" (dem ersten mit Hogarth) auffallen, bis auf die Gesangsstimme unterscheiden sich die Alben stilistisch kaum. Positiv auch, dass sich Marillion im Laufe der Jahre (auch dank Hogarth) den Ruf als "Genesis für Arme" ins Gegenteil verkehren konnten und sich musikalisch immer wieder im neuen Gewand (mal poppig, mal proggig, mal post-punkig, mal in die Alternative Rock-Richtung) präsentiert haben. Herausgekommen sind dabei tolle Alben wie "Brave", "Afraid Of Sunlight", "This Strange Engine", "Anoraknophobia", "Marbles" oder "Sounds That Can't Be Made", die ich inzwischen "Script For A Jester's Tear", "Misplaced Childhood" sowie jedem Fish-Soloalbum jederzeit vorziehen würde.
Bei Marillion hat der Wechsel von Fish zu Hogarth erstaunlich gut geklappt. Allerdings sagt mir der "neue" Stil noch weniger zu als der alte.
"DEN neuen Stil" gab und gibt es bei Marillion genau so wenig wie "DEN alten Stil", da die Band ihren Stil viel zu oft und konsequent gewechselt hat. Das war übrigens auch schon zu Fish-Zeiten so, wenn man bedenkt, dass bereits "Clutching At Straws" musikalisch kaum noch was mit "Script" oder den vorab auf der "Market Square Heroes"-EP veröffentlichten Songs zu tun hat. Den musikalischen Stil des letzten Albums der Fish-Marillion atmeten dann auch noch die ersten beiden Alben mit Steve Hogarth (wenngleich "Holidays In Eden" etwas kommerzieller gehalten ist), da erfolgte erst 1994 mit dem experimentielleren Konzeptalbum "Brave" ein erster wirklicher Stilwechsel, der dann wiederum drei Alben lang andauerte.
Pink Floyd passt für mich nicht so recht zu diesem Thema, da die Band eigentlich nie einen Frontmann im eigentlichen Sinne hatte. Nicht mal Syd Barrett trotz seines exzessiven Auftretens.