Beiträge von townman

    Ja das Alte Video ist so cool. Und wenn ich das Solo vom Steve höre krieg ich immer wieder ne Gänsehaut und könnte fast heulen.
    Nach Comfortably Numb von Pink Floyd mein 2stes Gänsehaut Solo ever...:topp:



    Das ist bei mir auch so. D. Gilmour kam mir heute in den Kopf, als ich "The Human Condition" von Saga im Auto gehört habe. Ian Crichton spielt da echt tolle und originell-abwechslungsreiche Soli, aber niemand berührt mich diesbezüglich so wie Gilmour, besonders bei "C. Numb". Und bei Hackett fällt mir noch sofort sein Solo von "The Lamia" ein (auch zum Heulen schön). Allerdings ist das hier ja leider kein Gitarrensolo-Thread...:)
    Also noch mal zum Thema: Den Drummer von Rush fand ich auch schon immer sehr geil. Neulich war ich von der Musik allerdings etwas enttäuscht, als ich mir "Snakes & Arrows" gekauft habe. Ich habe mich echt gelangweilt. Muss man das einfach öfter hören?

    Ja, unglaublich. Diese Aufnahme ist eine Perle.
    Collins als Schlagzeuger gefällt mir immer besser, je älter ich werde. O.K., ich habe 2007 gemerkt, dass auch er diesem Prozess unterliegt, aber wenn es um eine Gesamtwürdigung seines Drummer-Daseins geht: Ich halte es mit Peter Gabriel, der ja irgendwo sagte, man könne von P.C. als Songschreiber halten, was man wolle, als Schlagzeuger jedoch sei er ein extreeeem ("gifted") talentierter Musiker. Dieses Talent finde ich bei ihm besonders deswegen symphatisch, weil er es nicht dazu einsetzte, um bei "Super-Drumming" ein Held zu werden oder mit diesem merkwürdigen Dream- Theatre-Trommler + Dave Weckl im Trio "Die drei Schlagzeuger" zu spielen (Ich weiß nicht, ob er da einen großen Eindruck gemacht hätte). Nein, wenn ich die "Archive"-Aufnahme von TLLDOB höre oder "Abacab" live oder "Los Endos", dann spielt er so dermaßen differenziert im Dienste der Musik, wie ich es kaum von einem Rockschlagzeuger gehört habe. Er hat so einen Sinn für die Komposition, die musikalische Entwicklung und Wirkung, unterstützt diese, hat Fantasie und Esprit, Power und Feinsinnigkeit... Und bei Brand-X spielt er ganz anders, supergeil, aber wieder ganz klar im Kontext des Gesamten.
    Supermusiker, Verehrung, auch du darfst einmal alt werden, dein Schaffen als Drummer braucht keinen Superlativ, du warst und bist ein ganz Großer.

    Über die Reihenfolge beim Hören: Die Emotion ist unbestritten das Erste, was da ist. Wenn's mich nicht packt, hat der Song keine Chance - komplex hin oder her (geht mir z.B. extrem bei Dream Theatre so). Wenn's mich aber packt, kann daraus eben ein lebendiges, dynamisches Verhältnis zum Song entstehen, auch auf geistiger Ebene. Und wenn mir dann der Song immer mal wieder Neues zu bieten hat, dann kann das bedeuten, dass er komplex ist, also so differenziert und beziehungsreich, dass er eben nicht so leicht "abzuhaken" ist und damit irgendwann langweilig würde. Und das versuche ich mir manchmal dann eben auch zu erklären, so wie brecher es gesagt hat.
    Vielen Dank Dir übrigens für deine letzte Kategorisierung, die ich total treffend finde. Obwohl ich beide Songtypen schätze, bin ich für den epischen Zweig bei Genesis seeeeehr anfällig.
    Ein Gedanke noch zur "Sonderstellung" von Genesis im Prog: Die Songdienlichkeit der Komplexität ist ja erwähnt worden, und das hat so in der Form und Konsequenz eben kaum jemand geschafft (andere Beispiele wären "Close To The Edge" u.Ä., aber mein Heimathafen für eine kontemplative RockMusikPoesie bleibt Genesis).

    @ Helge, da du mich so direkt fragst: Die psychischen Qualen des Fahrers hätten für meine Begriffe andere Strukturen erfordert, um dem Vorwurf der Oberflächlichkeit zu entgehen. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass die verschiedenen Stimmen, die im Fahrer tönen, ganz stark "verdichtet" worden wären, meinetwegen unter Aufgabe der hier grundsätzlich so gewöhnlichen grammatikalischen Strukturen als Gedankenfetzen (Gedankenstrom), die dann aber natürlich irgendeiner anordnenden Gestaltung bedürften. Es wären starke Bilder möglich, die die Schattierungen der Seelenpein veranschaulichen, ohne sie so platt und undifferenziert im inneren Monolog zu benennen. Die wenigen, verstreuten rhetorischen Kniffe des Textes finde ich jedenfalls nicht filigran, sondern eher pseudopoetisch vor dem Hintergrund der übrigen Darstellungsweise, die atmosphärisch und gedanklich keine Dichte, keine Intensität aufweist. Es wären aussagekräftige Wortfelder möglich, Andeutungen und einiges mehr.
    Natürlich ist nichts gegen Tonleitern und reduziertes musikalisches Material zu sagen. Es sollte aber in einen substanziellen Kontext eingebettet sein oder eben Entwicklungspotenzial haben. Mir ist sofort z.B. das berühmte Anfangsmotiv von Beethovens 5. Sinfonie eingefallen ("dä-dä-dä-dääääääääää!"): Ein völlig banales, wenn auch rhythmisch kraftvolles Motiv, aus dem dann zumindest der ganze erste Satz entsteht - durch Veränderung (z.B. Fortspinnung) eben dieser simplen Keimzelle des Stückes. Oder eben auch "Apokalypse in 9/8": Ein paar Minuten Musik, die auf einem einfachen, ständig wiederholten Rhythmus basieren (den Collins allerdings natürlich dann auch großartig variiert), über dem sich aber dann eine fantastische musikalische Entwicklung "apokalyptisch" vollzieht mit melodischer, dynamischer und harmonischer Steigerung. Wahnsinn, Gänsehaut, Erweiterung / Bereicherung des eigenen emotional-musikalischen Erlebens.
    Das "diatonische" Beispiel zielte darauf ab, dass zu Beginn des "All my life" ein Höhepunkt des musikalischen Verlaufs erreicht werden soll - und die wiederholte sentimental-einfache Abwärtsbewegung wird der notwendigen Tiefe eines solchen Seelendramas in diesem Kontext nicht gerecht, die melodische Bewegung müsste irgendwo abgründig sein (auch da gibt's verschiedene Möglichkeiten), irgendwo einen nachhaltigen oder auch untergründigen Widerstand bieten. Simpel-traurig reicht m.E. nur zur Erzeugung naiv-dumpfer Betroffenheit. Die Musik zeigt hier zu wenig individuelle Ausprägung, hier könnte genauso ein unglücklich Verliebter "All my life I love you" singen, es würde ebenso gut oder schlecht passen. (Firth Of Fifth habe ich mir übrigens noch nicht wieder angehört, kann dazu nicht viel sagen.)

    "WCD- geht wieder bergauf besonders Faiding Lights super schöner, nachdenklicher und trauriger Text. Geniales und reinhauendes Keyboard im Instrumental-Part, Taktwechsel von Schlagzeug. Komplixiertes Stück das trotzdem einprägsam ist toll! Das ist für mich Prog!"

    Ich gebe dir in vielem Recht, was du geschrieben hast, aber bei "Fading Lights" ist es genau das, was ich meine: Es ist ein relativ simples, aber soundmäßig ziemlich aufgeplustertes Stück. Es gibt keine komplexen Strukturen, weder von der Grob- noch von den Feinstrukturen her, schon gar keine Taktwechsel. Vielleicht hat sich dieser Eindruck bei dir ergeben, da Collins das Stück durch sein dynamisches, grooviges Drumming beim Keyboardsolo noch so ganz lebendig macht. Zudem sind hier ein paar nette Akkordfolgen zu hören, sodass sich auch bei mir z.T. wieder das so schöne Gefühl einer epischen Reise durch verschiedene Innenwelten / Gefühlswelten einstellt. Aber dieses Gefühl habe ich bei "Firth Of Fifth" noch viel intensiver, weil so viel mehr und Originelles unterwegs passiert, weil es so viel differenzierter und eben nicht nur mit der Brechstange instrumentiert ist, weil Hackett ein so geiles und außergewöhnliches Solo spielt, weil die rhythmischen Ereignisse sich kurz zuvor so intensiv verdichten, dass man innerlich erst taumelt, dann wieder mitgerissen wird - kurzum, ich höre deutliche graduelle Unterschiede zwischen beiden Stücken.

    Ein gewichtiges Thema macht noch lange keinen guten Text - ein Umstand, der sich nicht nur bei Genesis auf den letzten Alben wiederholt gezeigt hat. Keine Poesie, nur rühriges Selbstmitleid eines Fahrerflüchtigen mit pseudo-psychologischem Gepräge ("[...]it will live inside of me, / I will never be free all my life") - ohne Tiefe, ohne irgendeine Zeile, die dem Hörer eine ungewöhnliche Perspektive bietet; kaum (und wenn, dann schwache) Bilder oder sprachlich-künstlerische Mittel. Der Text ist absolut banal und naiv umgesetzt.
    Und die Musik? Lebt bei aller rhythmischen und harmonischen Armut von den Dynamikwechseln und dem fetten Sound sowie von Collins mehr oder weniger ergreifenden / sentimentalen hohen Tönen ("All my life"), wobei hier die melodischen Phrasen überwiegend einfache diatonische Abwärtsbewegungen in Sekundschritten sind - damit's schön simpel-traurig klingt.
    Fazit: Eine musikalisch enorm aufgeblähte Belanglosigkeit und ein textlich enorm belanglos umgesetztes Thema.
    Vier Gnadenpunkte.

    Munro: Ja genau. Die Band hatte mit NC und "Foxtrot" musikalisch schon extrem viel geboten und entwickelt - das Ergebnis der Studioproduktion wurde dem aber nicht gerecht. Es dröhnt und ächzt einfach an vielen Ecken der Alben so ungewollt schaurig (z.B. bei "Supper's Ready" am Schluss), dass die Band sich schätzungsweise bis dato unter Wert verkauft hatte. Was Aufnahmetechnik usw. angeht, habe ich extrem wenig Ahnung, ich kann nur sagen, wie das Endergebnis für mich klingt - das wurde mit SEBTP schon mal deutlich besser. Zur technischen Seite vor 1973 kann mir vielleicht jemand von Euch was sagen...???

    brecher: Ja, völlig einverstanden. Letztlich bleibt ja auch bei aller Analyse musikalischer Merkmale (gottseidank) immer ein nicht auflösbarer Rest. Und die Biographien von Künstlern sind sicherlich ein Schlüssel, um bestimmte Eigenheiten dieses Rests zu benennen. Ich selbst bin unglaublich fasziniert von diesem Konglomerat "elaborierter" Feingeistigkeit und dem gegenüber auch direkten Derbheiten, die ja auch bei Gabriel schon deutlich im Kontrast miteinander standen. Einerseits also feine Anspielungen z.B. mythologischer Art und andererseits das Mittel des abstrusen Nonsens, dem Gabriel ja eine konstruktive Kraft zuschrieb. Einerseits musikalisch sublime Strukturen wie bei "Cinema Show", andererseits rohe, ungebändigte Kraft wie bei "The Knife" oder "The Musical Box".
    Nun könnte man noch genauer gucken z.B. nach den Familienstrukturen usw., da habe ich allerdings überhaupt keine Ahnung. Aber Banks wirkt weiterhin ja sooooo steif bis verklemmt auf der Bühne, da frage ich mich immer: Wer ist das eigentlich, wo kommt bei all dieser Unnahbarkeit und Trockenheit diese unglaubliche lyrische und romantische Potenz her?
    Ich denke, dass die Jungs sich auch den kommerziellen Erfolg durchaus verdient haben, selbst wenn ich IT und WCD kaum etwas abgewinnen kann, das ist aber kein Problem, da es ja die anderen Alben gibt.
    Was mich manchmal ärgert, ist die überwiegende Ablehnung der Band von großen Teilen der Musikkritiker: Deshalb streite ich mich auch gerne über diesen Qualitätsaspekt, damit vielleicht irgendwann die Leistung der Band unmissverständlich benannt und belegt ist.

    Ich bin begeistert: Dies ist eine (zugegebenermaßen alte, aber eben auch ewig junge) fantastische Auseinandersetzung über das Schönste und Wichtigste, was Genesishörer haben: Die Qualität der Musik. Was anderes sollte es geben, über das so mit Leidenschaft gestritten werden müsste, als eben dies.
    Ich bin gar nicht der Meinung, dass wir einfach auf der Ebene des persönlichen Geschmacks bleiben sollten (nach dem Motto: Ich finde eben WCD geil, da lass ich auch nichts drauf kommen, wer was anderes findet, der soll bloß den Mund halten), denn das hieße, dass wir sofort am Ende jeglichen sachlichen Austausches wären und konsequenterweise nur noch Polls bräuchten und damit wäre die Sache dann entschieden.
    Der Troll ist absolut zu vernachlässigen, denn substanziell ist er auf dem Niveau, welches er Genesis nach ATTWT unterstellt. Kritik z.B. mit einem Hinweis auf die eigene Kenntnis eines einfachen Akkordes zu begegnen, ist entlarvend armselig, schaumschlägerisch und zugleich arrogant: Was soll das für eine esoterische Geisteshaltung sein, die davon ausgeht, dass musikalisches Fachwissen (welches er hier keinesfalls demonstriert hat) den reinen "Liebhaber" der Musik in Qualitätsfragen dominieren sollte?
    Nein, wir sollten diese Ebene verlassen. Besser wäre es, wenn wir uns fragten, was für Kriterien, die über die bloße persönliche Geschmacksebene hinausgehen, eigentlich für die Diskussion um Pop und Prog relevant sind und ob es eine benennbare Entwicklung der Band gibt, die begründet bewertet werden kann.
    Ich fände es nur angemessen, wenn wir uns dabei einerseits auf die Kompositionen selbst, die Texte und den Sound (also Instrumente / Klangfarben / Abmischungen) konzentrierten. Erschöpfend kann ich das natürlich so spontan auch nicht, aber wenigstens ein paar Anstöße möchte ich geben, die dann hoffentlich für eine fruchtbare gemeinsame Auseinandersetzung taugen (Übrigens ist der SdW, meine ich, genau hierfür auch ein Forum: Dort kann wunderbar konkret über musikalische Qualität gesprochen werden.)
    Eines scheint für mich außer Frage: Die von vielen kritisierte Entwicklung spätestens nach WAW hängt klar mit einer grundsätzlichen Vereinfachung von musikalischen Strukturen zusammen. Es gibt einen Grad der musikalischen Komplexität in den Jahren gerade nach 1970, der offensichtlich als Qualitätsmerkmal dienen kann. Diese Komplexität ist z.B. rhythmischer Natur: Hört euch mal TLLDOB an (die Archive-Live-Version macht das m.E. besonders deutlich mit einem göttlichen Collins), wie vielfältig die Rhythmen sind, also z.B. die Taktarten, und wie vielschichtig auch im Binnenbereich der einzelnen Formteile Rhythmen kombiniert, entwickelt, kontrastiert werden. Und das kann jeder hören, dass dies eben bei IT und WCD keinesfalls so ist. Auch harmonisch lässt sich das ohne Weiteres nachweisen: Wer ATOTT daraufhin hört, wird merken, dass auch bei den späteren "Longs" nie und nimmer dieser harmonische Reichtum auftritt. Mich hat die Diskussion um "Shorts" und "Longs" deswegen immer so genervt, weil oftmals zumindest suggeriert wurde, die Länge der Stücke sei ein Qualitätskriterium. Was für ein Quatsch: Die einzelnen Teile z.B. von "Driving The Last Spike" sind schlichtweg simpel gestrickt und haben kaum die musikalische Tragfähigkeit wie z.B. bei "One For The Vine": Sie leben von der Wiederholung einfachster Akkorde (meistens in viertaktiger Gliederung) bis eben der nächste Teil kommt. Der Text ist trotz des bewegenden Themas eindimensional und naiv umgesetzt.
    Auch die Melodik der Songs (beginnend mit dem Gesang) wird in den 80ern und 90ern wesentlich simpler / kurzatmiger / minimalistischer.
    Das alles liegt auch zweifelsohne an der kompositorischen Songentstehung: Da Collins / Banks / Rutherford seit "Duke" ja vor allem im Studio durch gemeinsame Improvisation anfangen zu komponieren, ist eben sehr klar, dass komplexere Strukturen gerade im Mikrobereich der Musik eher aufgegeben wurden. Es lässt sich über einen 7/8-Takt eben nicht so leicht gesanglich oder instrumental improvisieren wie im 4er-Takt und über komplexe Akkordstrukturen auch nicht. Und mir scheint, dass vor allem Banks und Rutherford dazu auch grundsätzlich nicht gut in der Lage wären (Collins macht sich ja z.B. über die Rhythmusfähigkeiten von Rutherford ziemlich lustig).
    Es bleibt also dabei: Die alten Genesis zeichneten sich durch musikalische Vielschichtigkeit, Komplexität und auch Sublimität aus (die ich persönlich sehr schätze). Mal abgesehen davon, dass ich auch die Texte der alten Genesis mit ähnlichen Attributen belegen würde, aber das führt mir jetzt zu weit. (Ist aber trotzdem eine wichtige Diskussion.)
    Was zeichnet die neueren Genesis aus? Wahrscheinlich das Gespür für eine minimalistischere (vor allem ab "Abacab"), eingängigere (vor allem ab "Follow You Follow Me") Musik, in der ganz gezielt mit wenigen musikalischen Mitteln eine große Wirkung erzielt werden soll ("Mama", "I Can't Dance" als Paradebeispiele). Der Sound / die Produktion ist sicherlich als "Sekundärmerkmal" von Musik hier eine ganz große Stärke. (Im Gegensatz zum verschrobenen, fürchterlichen Sound vor SEBTP.) All dies sind m.E. Merkmale von Pop bzw. hier von Pop-Rock.
    Weshalb ich die ältere Phase deutlich bevorzuge? Das Minimalistische, Durchschaubare, Voraussehbare, z.T. auch recht Stereotypische und Klischeehafte taugt m.E. nicht so sehr für einen ganzheitlichen Musikgenuss, also das Hören mit Emotion und Geist. "Mama" hat bei mir damals als 13-Jährigem eingeschlagen wie eine Bombe: Ich war zutiefst getroffen von der Gewalt der Songentwicklung, von der orgiastischen Steigerung, von den sofort im Ohr haftenden Melodien und Harmonien. Höre ich den Song heute, hat sich diese Wirkung etwas relativiert, die Substanz des Songs, also das was für mich über das bloße Ansprechen des vegetativen Nervensystems hinausgeht (Beziehungsreichtum, Vielschichtigkeit, Differenziertheit, Möglichkeiten zum Entdecken von Neuem, also durchaus auch intellektuelle Freude an der Musik wie am Text), ist hier nicht so tragfähig für ein tiefer gehendes Erleben wie z.B. bei "Cinema Show" - ein Song, der bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.
    Von daher glaube ich auch wirklich, dass unter primärstilistischen Aspekten die Collins-Ära kaum mehr als Fußnote in der Rockgeschichte ausmachen wird, während die Gabrielzeit sicherlich weiterhin als stilbildend angesehen muss (und hier auch ganz klar an der Spitze des Prog - aber das ist ein anderes Feld). Gleichwohl werden die Erfolge der Band während der 80er und 90er aber natürlich zumindest als Datenbestand der Pop-Geschichte erhalten bleiben.
    Trotzdem muss ich bei meiner Ausführung auch aufpassen, unzulässige Verallgemeinerungen zu vermeiden: "The Carpet Crawlers" ist harmonisch und rhythmisch eben auch sehr simpel gestrickt - also von wegen alt = stets komplex. Man kann also nur Tendenzen benennen und diese an konkreten Beispielen festmachen.
    Und demgegenüber haben die alten Genesis, meine ich, noch viel differenziertere, originellere Sounds verwendet als die neuen, also von wegen alt = Scheiß-Sound. (Die Kritik betrifft eher die Studioproduktion / - abmischung.)
    Und Komplexität ist eben auch mitnichten das einzige und schon gar nicht von allen akzeptierte Qualitätskriterium. Sublimität oder auch Eingängigkeit wären eben andere Kriterien, die man an die Musik anlegen könnte. Deshalb wäre ich so interessiert daran, zu erfahren, was ihr an der Musik schätzt, ohne dass es ausschließlich das subjektive Empfinden betrifft. (Gerne hier oder eben beim SdW.)