Beiträge von townman

    Mich würde unheimlich interessieren, welche Perlen der Rockmusik ich noch kennen lernen muss. Könnt ihr mir eure Nicht-Genesis-Favourite-Songs nennen (gerne mit You-Tube-Link) und eure Begründung / Beschreibung des Songs mitliefern?
    Ich bin mir zwar nicht sicher, aber wahrscheinlich ist es für mich "Comfortably Numb": Für mich ein Song vollendeter Schönheit und Tiefe. Drückt wahrscheinlich auch einen großen Teil meines Lebensgefühls aus. Und beim Solo habe ich immer das Gefühl, dass hier eine Art gesteigerter "Gesang" erklingt, der aber eben das ausdrückt, was sich textlich nicht mehr fassen lässt - die große Stärke der Musik.

    Spontanantwort ohne dauerhafte Gültigkeit:

    1. Genesis
    2. Pink Floyd, Yes, King Crimson
    3. Pearl Jam, Led Zeppelin
    4. Toto
    5. Saga
    (Ich hatte in Mathe P3 nur 03 Punkte...)
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    1. Glenn Gould
    2. Miles Davis
    3. Frank Zappa
    4. Prince
    5. Peter Gabriel

    Ich muß gestehen, dass mir aufgrund der Meldung der Name MJ zum ersten Mal seit Jahren wieder in den Sinn kam. Seine Musik war mir immer ... sagen wir, ich war nicht motiviert, sie aktiv zu verfolgen. In den 80ern und Anfang der 90er war er jedenfalls einer der auffälligsten Künstler, und in puncto Musikvideo hat er ganz gewiß Maßstäbe gesetzt.
    Es ist zweifellos schwierig, wenn das exzentrische Auftreten eines Musikers sein musikalisches Schaffen überlagert, wenn die Person und nicht die Musik das Ereignis ist.



    So ähnlich geht's auch mir damit. Ich finde es unglaublich schwer zu beschreiben, was Jacksons "Größe" ausmacht. Sicherlich kann man ihn "King of Pop" in dem Sinne nennen, dass er definitiv der "populärste", also erfolgreichste und beachtetste Superstar der Pop-Historie ab den 80ern ist. Und "Thriller" hat sicherlich auch musikalisch eine große Bedeutung.
    Unvergleichlich mehr Hochachtung (also mein "King of Pop / Funk") habe ich z.B. vor dem Schaffen von Prince (Symbol usw.).

    Ja das Alte Video ist so cool. Und wenn ich das Solo vom Steve höre krieg ich immer wieder ne Gänsehaut und könnte fast heulen.
    Nach Comfortably Numb von Pink Floyd mein 2stes Gänsehaut Solo ever...:topp:



    Das ist bei mir auch so. D. Gilmour kam mir heute in den Kopf, als ich "The Human Condition" von Saga im Auto gehört habe. Ian Crichton spielt da echt tolle und originell-abwechslungsreiche Soli, aber niemand berührt mich diesbezüglich so wie Gilmour, besonders bei "C. Numb". Und bei Hackett fällt mir noch sofort sein Solo von "The Lamia" ein (auch zum Heulen schön). Allerdings ist das hier ja leider kein Gitarrensolo-Thread...:)
    Also noch mal zum Thema: Den Drummer von Rush fand ich auch schon immer sehr geil. Neulich war ich von der Musik allerdings etwas enttäuscht, als ich mir "Snakes & Arrows" gekauft habe. Ich habe mich echt gelangweilt. Muss man das einfach öfter hören?

    Ja, unglaublich. Diese Aufnahme ist eine Perle.
    Collins als Schlagzeuger gefällt mir immer besser, je älter ich werde. O.K., ich habe 2007 gemerkt, dass auch er diesem Prozess unterliegt, aber wenn es um eine Gesamtwürdigung seines Drummer-Daseins geht: Ich halte es mit Peter Gabriel, der ja irgendwo sagte, man könne von P.C. als Songschreiber halten, was man wolle, als Schlagzeuger jedoch sei er ein extreeeem ("gifted") talentierter Musiker. Dieses Talent finde ich bei ihm besonders deswegen symphatisch, weil er es nicht dazu einsetzte, um bei "Super-Drumming" ein Held zu werden oder mit diesem merkwürdigen Dream- Theatre-Trommler + Dave Weckl im Trio "Die drei Schlagzeuger" zu spielen (Ich weiß nicht, ob er da einen großen Eindruck gemacht hätte). Nein, wenn ich die "Archive"-Aufnahme von TLLDOB höre oder "Abacab" live oder "Los Endos", dann spielt er so dermaßen differenziert im Dienste der Musik, wie ich es kaum von einem Rockschlagzeuger gehört habe. Er hat so einen Sinn für die Komposition, die musikalische Entwicklung und Wirkung, unterstützt diese, hat Fantasie und Esprit, Power und Feinsinnigkeit... Und bei Brand-X spielt er ganz anders, supergeil, aber wieder ganz klar im Kontext des Gesamten.
    Supermusiker, Verehrung, auch du darfst einmal alt werden, dein Schaffen als Drummer braucht keinen Superlativ, du warst und bist ein ganz Großer.

    Über die Reihenfolge beim Hören: Die Emotion ist unbestritten das Erste, was da ist. Wenn's mich nicht packt, hat der Song keine Chance - komplex hin oder her (geht mir z.B. extrem bei Dream Theatre so). Wenn's mich aber packt, kann daraus eben ein lebendiges, dynamisches Verhältnis zum Song entstehen, auch auf geistiger Ebene. Und wenn mir dann der Song immer mal wieder Neues zu bieten hat, dann kann das bedeuten, dass er komplex ist, also so differenziert und beziehungsreich, dass er eben nicht so leicht "abzuhaken" ist und damit irgendwann langweilig würde. Und das versuche ich mir manchmal dann eben auch zu erklären, so wie brecher es gesagt hat.
    Vielen Dank Dir übrigens für deine letzte Kategorisierung, die ich total treffend finde. Obwohl ich beide Songtypen schätze, bin ich für den epischen Zweig bei Genesis seeeeehr anfällig.
    Ein Gedanke noch zur "Sonderstellung" von Genesis im Prog: Die Songdienlichkeit der Komplexität ist ja erwähnt worden, und das hat so in der Form und Konsequenz eben kaum jemand geschafft (andere Beispiele wären "Close To The Edge" u.Ä., aber mein Heimathafen für eine kontemplative RockMusikPoesie bleibt Genesis).

    @ Helge, da du mich so direkt fragst: Die psychischen Qualen des Fahrers hätten für meine Begriffe andere Strukturen erfordert, um dem Vorwurf der Oberflächlichkeit zu entgehen. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass die verschiedenen Stimmen, die im Fahrer tönen, ganz stark "verdichtet" worden wären, meinetwegen unter Aufgabe der hier grundsätzlich so gewöhnlichen grammatikalischen Strukturen als Gedankenfetzen (Gedankenstrom), die dann aber natürlich irgendeiner anordnenden Gestaltung bedürften. Es wären starke Bilder möglich, die die Schattierungen der Seelenpein veranschaulichen, ohne sie so platt und undifferenziert im inneren Monolog zu benennen. Die wenigen, verstreuten rhetorischen Kniffe des Textes finde ich jedenfalls nicht filigran, sondern eher pseudopoetisch vor dem Hintergrund der übrigen Darstellungsweise, die atmosphärisch und gedanklich keine Dichte, keine Intensität aufweist. Es wären aussagekräftige Wortfelder möglich, Andeutungen und einiges mehr.
    Natürlich ist nichts gegen Tonleitern und reduziertes musikalisches Material zu sagen. Es sollte aber in einen substanziellen Kontext eingebettet sein oder eben Entwicklungspotenzial haben. Mir ist sofort z.B. das berühmte Anfangsmotiv von Beethovens 5. Sinfonie eingefallen ("dä-dä-dä-dääääääääää!"): Ein völlig banales, wenn auch rhythmisch kraftvolles Motiv, aus dem dann zumindest der ganze erste Satz entsteht - durch Veränderung (z.B. Fortspinnung) eben dieser simplen Keimzelle des Stückes. Oder eben auch "Apokalypse in 9/8": Ein paar Minuten Musik, die auf einem einfachen, ständig wiederholten Rhythmus basieren (den Collins allerdings natürlich dann auch großartig variiert), über dem sich aber dann eine fantastische musikalische Entwicklung "apokalyptisch" vollzieht mit melodischer, dynamischer und harmonischer Steigerung. Wahnsinn, Gänsehaut, Erweiterung / Bereicherung des eigenen emotional-musikalischen Erlebens.
    Das "diatonische" Beispiel zielte darauf ab, dass zu Beginn des "All my life" ein Höhepunkt des musikalischen Verlaufs erreicht werden soll - und die wiederholte sentimental-einfache Abwärtsbewegung wird der notwendigen Tiefe eines solchen Seelendramas in diesem Kontext nicht gerecht, die melodische Bewegung müsste irgendwo abgründig sein (auch da gibt's verschiedene Möglichkeiten), irgendwo einen nachhaltigen oder auch untergründigen Widerstand bieten. Simpel-traurig reicht m.E. nur zur Erzeugung naiv-dumpfer Betroffenheit. Die Musik zeigt hier zu wenig individuelle Ausprägung, hier könnte genauso ein unglücklich Verliebter "All my life I love you" singen, es würde ebenso gut oder schlecht passen. (Firth Of Fifth habe ich mir übrigens noch nicht wieder angehört, kann dazu nicht viel sagen.)

    "WCD- geht wieder bergauf besonders Faiding Lights super schöner, nachdenklicher und trauriger Text. Geniales und reinhauendes Keyboard im Instrumental-Part, Taktwechsel von Schlagzeug. Komplixiertes Stück das trotzdem einprägsam ist toll! Das ist für mich Prog!"

    Ich gebe dir in vielem Recht, was du geschrieben hast, aber bei "Fading Lights" ist es genau das, was ich meine: Es ist ein relativ simples, aber soundmäßig ziemlich aufgeplustertes Stück. Es gibt keine komplexen Strukturen, weder von der Grob- noch von den Feinstrukturen her, schon gar keine Taktwechsel. Vielleicht hat sich dieser Eindruck bei dir ergeben, da Collins das Stück durch sein dynamisches, grooviges Drumming beim Keyboardsolo noch so ganz lebendig macht. Zudem sind hier ein paar nette Akkordfolgen zu hören, sodass sich auch bei mir z.T. wieder das so schöne Gefühl einer epischen Reise durch verschiedene Innenwelten / Gefühlswelten einstellt. Aber dieses Gefühl habe ich bei "Firth Of Fifth" noch viel intensiver, weil so viel mehr und Originelles unterwegs passiert, weil es so viel differenzierter und eben nicht nur mit der Brechstange instrumentiert ist, weil Hackett ein so geiles und außergewöhnliches Solo spielt, weil die rhythmischen Ereignisse sich kurz zuvor so intensiv verdichten, dass man innerlich erst taumelt, dann wieder mitgerissen wird - kurzum, ich höre deutliche graduelle Unterschiede zwischen beiden Stücken.

    Ein gewichtiges Thema macht noch lange keinen guten Text - ein Umstand, der sich nicht nur bei Genesis auf den letzten Alben wiederholt gezeigt hat. Keine Poesie, nur rühriges Selbstmitleid eines Fahrerflüchtigen mit pseudo-psychologischem Gepräge ("[...]it will live inside of me, / I will never be free all my life") - ohne Tiefe, ohne irgendeine Zeile, die dem Hörer eine ungewöhnliche Perspektive bietet; kaum (und wenn, dann schwache) Bilder oder sprachlich-künstlerische Mittel. Der Text ist absolut banal und naiv umgesetzt.
    Und die Musik? Lebt bei aller rhythmischen und harmonischen Armut von den Dynamikwechseln und dem fetten Sound sowie von Collins mehr oder weniger ergreifenden / sentimentalen hohen Tönen ("All my life"), wobei hier die melodischen Phrasen überwiegend einfache diatonische Abwärtsbewegungen in Sekundschritten sind - damit's schön simpel-traurig klingt.
    Fazit: Eine musikalisch enorm aufgeblähte Belanglosigkeit und ein textlich enorm belanglos umgesetztes Thema.
    Vier Gnadenpunkte.