Hallo Rainer,
besten Dank für Dein Kompliment :), auch wenn ich nach fast exakt zwei Jahren immer mehr - wie Eric anmerkte - von einigen Textteilen verwirrt werde.
Ants Konzept finde ich spannend, wenngleich auch ungemein anstrengend, da man hier statt mit einem freudigen Thema mit Verzweiflung konfrontiert wird. Wo im "Birdsong" die Vögel noch zwitschern, stirbt ganz zum Schluss alles. Und das reicht noch nicht, dann kriegt man mit "Squirrel" noch einen farblosen Klumpen hingeworfen, gegen den Van der Graaf Generator noch farbig wirken. Anstrengend!
Van der Graaf Generator und so einige Alternative/Metal-Bands habe ich mir erschließen können, aber bei diesem Album fällt es mir schwer. Mit emotionalem Bezug zu diesem Thema erhält das Ganze natürlich noch eine neue Dimension, sodass man sich vielleicht besser mit Ant identifizieren kann.
zum Gesang:
ich finde den sogar ganz gut. "Collections" hat mir gut gefallen, "We're All As We Lie" auch, vielleicht finde ich "Um & Aargh" sogar am coolsten.
Aber wahrscheinlich komme ich nicht mit dem (böse ausgedrückt) Nölen auf Stücken wie "Regrets" klar... zweistimmig und mit Orchester jammert sich Ant da was zusammen; sehr schwierig.
"Regrets", "Pulling Faces", "Paperchase" und "Now What" sind die Stücke, die gerade unter dem bombastischen Arrangement leiden.
Dabei sehe ich den Bezug zu den Beatles weniger im Arrangement, sondern in der Melodik und Rhythmik (in der Harmonik ist das für die Beatles sogar schon wieder zu barock) - und eben in der harrisonähnlichen Rezitierweise.
"Birdsong" hat mit der folkigen Note das perfekte "White Album"-Feeling, "We're All As We Lie" klingt in seiner psychedelischen Beschwingtheit eher nach "Magical Mystery Tour".
Bei der von mir weniger gemochten Seite B kommt mir dagegen eher Alan Parsons in den Kopf: Orchester, viele Keyboards, sterile Sounds auf unsteriler Komposition.
Für meine selbst programmierte Instrumentalversion (mit einer Runde "Magic Garden" und "Chinaman" zwischendurch) würde ich aber 14/15 Punkten zücken: eine absolute Freude, das zu hören.
Also, was haben wir da alles für Quellen:
Cottage Tapes: We're All As We Lie, Moonshooter, Pulling Faces
Die "Cottage" ist Michael Giles' Verwood-Aufnahmestudio in Dorset.
Die Aufnahmen wurden am 03.10.1977 live auf 4-Spur-Bändern gemacht; teilgenommen haben John Perry (Bass), Ant Phillips (Akustik,12-string-Electric) und Michael Giles (Drums).
Für "Moonshooter" und "Pulling Faces" nutzt Ant seine 12-saitige E-Gitarre, die er für das Album gekauft hat; "We're All As We Lie" wird auf einer Konzertgitarre gespielt.
Die Qualität ist absolut hervorragend, besser als beim fertigen Album, und absolut detailverliebt schmücken die drei Musiker die Songs aus; das Schlagzeug rummst dabei ganz ordentlich (wer "Tomorrow's People" von MacDonald&Giles kennt, weiß, wie saftig Mr. Giles spielen kann) und jeder hat Platz zum Atmen. Klasse!
Home Demos: Birdsong, Paperchase
...sind im August 1977 entstanden. Bei "Birdsong" spielt Ant diverse akustische 12-String-Gitarren und setzt noch ein paar schöne Klaviertupfer drunter.
"Paperchase" ist eine noch größere Offenbarung, da Ant hier sein ganzes Arsenal auffährt: 12-saitige-Akustik- und E-Gitarren hört man hier, dazu schöne Orgelakkorde - und Ant an seiner Tele. Höhen teilweise rausgedreht (der unterste Drehknopf an der Gitarre), Neck-Pickup (meine ich zumindest) und ordentlich Fuzz drüber. Hört sich gut an.
Instrumental Mixes: Now What?, Squirrel, Regrets, Wise After The Event
Der Großteil sind "nur" instrumentale Neuabmischungen der Originalbänder, bei denen die meisten Keyboards und eben der Gesang fehlen. Auch diese Aufnahmen sind nicht nur zum einmaligen Hören, sondern haben eine ganz andere Wirkung. Beschwingter, leichter, und wieder tut sich der Vergleich zu "MacDonald&Giles" auf: ein kristallklarer Sound.
Im Titelstück gewinnt besonders das Schlagzeug, im Instrumentalteil (fast hätte ich gesagt: natürlich) der ARP-Synthesizer, der hier hektisch umherflirrt.
"Regrets" und "Squirrel" werden bei der neuen Beleuchtung zu traumhaft schönen, fast impressionistischen Klavierstücken. "Regrets" merkt man hier sogar an, in welcher Ekstase Ant da am Ende angelangt ist und wie sehr das Orchester diesem sehr guten (klassischen) Pianisten die Show stielt.
"Now What" wird hier zum Keyboardfest. Die Albumversion war hier an Keyboardspuren etwas entrödelt worden; hier kriegt man statt dem Gesang mehr Mellotron und andere Spuren zu hören.