Beiträge von ChamberOf32Doors

    Ich stand dem 'Scratch my back'-Projekt erst sehr kritisch gegenüber. Ein Album nur mit Coversongs? Wer sollte das hören wollen? Ich hätte, wie die allermeisten, sehr viel lieber ein Album mit neuen von Peter geschriebenen Songs gehabt.


    Nun habe ich SMB seit drei Wochen. Und mittlerweile sehe ich die Dinge ein wenig anders... Ich kann sogar sagen, dass SMB gute Chancen hat, zu meinem allerliebsten Album Peters, den ich wirklich schon lange, lange Zeit vergöttere, zu werden.


    Ist es bei mir sonst meistens so, dass nach einer Anfangsbegeisterung über neue Scheiben eine allmähliche Ernüchterung Einzug hält, so gefällt mir SMB als Gesamtkonzept von Tag zu Tag besser. Im Grunde eine Binse, so trifft doch bei diesem Album zu, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Die Songs bilden ein absolut abgerundetes Bild, so perfekt ausgesucht, so grandios aufeinander abgestimmt - das habe ich noch bei keinem anderen Album erlebt, weder bei Genesis, bei Peter, sonst erst recht nicht.... [Nur mal so, weils hier grad hinpasst: Einige haben geäußert, sie hätten gerne 'Waterloo sunset' mit auf der ersten CD gehabt, um das ganze ein wenig aufzulockern oder so.... Falsch! So unsagbar falsch.... 'Waterloo sunset' passt so was von gar nicht auf die erste CD dazu, es würde das Gesamtbild für mich zerstören.] Alle Titel zusammen bilden eine Figur, die, nähme man einen einzelnen Titel heraus oder verschöbe man die Zusammenstellung, in sich zusammenbrechen würde. So sieht es ja auch Peter, der über die 'Konstruktion' dieser fragilen Figur im Full Moon Club berichtete.


    Über 'Street Spirit' habe ich hier im Grunde noch nichts Positives gelesen. Ich jedoch finde, der Titel hat SO WAS VON seine Berechtigung auf diesem Album - es rundet es wunderbar ab. Für sich genommen, als einzelner Song - ok, da könnte man sicher einiges Kritisches sagen. Ich verstehe, wenn jemand sagt, ihm kräuseln sich die Fußnägel nach oben bei einigen hohen Passagen in Peters Gesang hier. Aber der Titel is so saustark im Gesamtkontext. Abgesehen von den hohen Passagen singt, wie ich finde, Peter hier grandios.


    Überhaupt Peters Gesang. Das ist es, was mir dieses Album so nahe gehen lässt. Man kann über einige Gesangspassagen streiten, ja! Peter kann nicht mehr so hoch singen wie früher - wenn er es denn je konnte. Einiges wirkt ungewohnt, ja "schlecht" gesungen. Aber - hallo?! Wir alle kennen Peter: Auf diesem Album ist nichts so, wie er es nicht haben wollte. Alles hat seinen Sinn. Dieses Album, dieser Gesang - das ist Peter pur. Die Stärke an SMB ist, dass wir hier Peter so nahe kommen wie niemals zuvor, mit Ausnahme vielleicht von "The Drop". Es ist das Unmittelbare, diese Reduktion auf Peter plus Orchester, ein gewisser Minimalismus - im Grunde braucht man nicht mehr.


    Bis vor drei Wochen hätte ich jedem zugestimmt, der gesagt hätte, 'UP' sei ein Meisterwerk. Inzwischen finde ich, dass 'UP' teilweise grotesk überproduziert ist. Es ist mir fast so, als verstecke Peter sich teilweise hinter all diesen Technikgimmicks, hinter diesem Sound, hinter jenem. Peter verschwimmt hinter einem Vorhang aus dem sogenannten technischen Soundfortschritt und all jenen Möglichkeiten, die die modere Computertechnik bietet. Sicher, das ist Peter Gabriel. Peter Gabriel plus Technik.
    Hier, auf SMB, haben wir Peter Gabriel. Einfach nur Peter Gabriel. Mit teilweise göttlichen Ochesterarrangements, mit majestätischer Orchestrierung. So viel Peter Gabriel war nie zuvor. Aus seiner Stimme höre ich seine ganze Erfahrung, seine Genialität heraus. Für mich klingt sie nicht brüchig, schwächer geworden. Ich höre hier Größe heraus. Wenn ich SMB höre, fühle ich mich darin bestärkt, Peter als meinen allergrößten Lieblingskünstler zu bezeichnen. Für mich ist SMB ein einziger, bewegender Beweis Peters Altersweisheit. Durch den Verzicht (auf Technik) hat er gewonnen, nichts verloren.