Peter Gabriel - ein Perfektionist im Park
Von Lutz Wendler
Fast kahl rasiert, mit weißen Haarstoppeln und Kinnbart: So präsentierte sich Peter Gabriel gestern im Hamburger Stadtpark.
Hamburg -
Wenn ein Perfektionist wie er anreist, scheint sogar das Wetter unter Kontrolle zu sein. "Warm Up Tour - Summer 2007" lautet das Motto von Peter Gabriels aktueller Bühnenshow, die sinnigerweise mit dem Song "The Rhythm of the Heat" von 1982 beginnt. Hamburg, dritte Tour-Station, war da kein Spielverderber. Die Freilichtbühne im Stadtpark zeigte sich zu Beginn im besten Licht. Und was in der milden, aber nicht gerade tropischen Luft fehlte, die Hitze und ihr Rhythmus, das erhofften sich die Fans, sichtlich in Vorfreude, von der Bühne.
Gabriels vergangene Tourneen - "Secret World Live" und "Growing Up Tour" - waren Gesamtkunstwerke, durchorganisiert wie Choreografien, reich an Bildern und Effekten, technisch aufwendig, kurz: logistische Meisterleistungen. Diesmal geht's erklärtermaßen zurück zu den Basics, denn Gabriel hat im Internet Fans aufgefordert, aus seinem reichen Repertoire Songs auszuwählen, die sie gerne hören würden. Auf dieser Tour stehen also die Musik und die insgesamt siebenköpfige Band mit alten Bekannten wie Tony Levin (Bass), David Rhodes (Gitarren) und Ged Lynch (Drums) im Mittelpunkt. Auch Gabriels Tochter Melanie ist als Backing-Vokalistin wieder dabei. Und anstelle von Rachel Z sitzt Angie Pollock an den Keyboards.
Wie kompliziert selbst ein vorgeblich schlichtes Rock-Konzert sein kann, verrät das Tour-Tagebuch von Toningenieur Richard Chappell, der seit 15 Jahren mit Gabriel zusammenarbeitet. Da schimmert bei allem Spaß immer auch die Angst vor Pannen durch. Doch in Hamburg wird einmal mehr deutlich, dass der Kopfmensch Gabriel, der zwischendurch Kommentare auf Deutsch vom Blatt abliest, sich keine Sorgen machen müsste, weil er sich auf der Sympathiewelle des Publikums treiben lassen könnte. Nach Songs wie "On the Air" und "Intruder" kommen viele Fans in Stimmung an diesem lauen Abend im dicht gefüllten Stadtpark-Halbrund: fast ausschließlich seine mit ihm alt gewordenen Getreuen aus frühen Genesis-Tagen, die auch seine Solo-Karriere begleitet haben.
Querbeet geht's durch die Soloalben des 57-Jährigen mit Songs wie "Steam", "No Self Control" oder dem deutsch gesungenen "Family Snapshot" (Schnappschuss - ein Familienfoto) - Höhepunkte in einem Programm, das auch schwächere frühe Songs enthält. Schließlich bringen die lange erwarteten Hits in den drei Zugaben die Menge zum Wogen: "Digging in the Dirt" mit funky Einstieg (1992), "Solsbury Hill" (1977), "Sledgehammer" und nach gut zwei Stunden "In Your Eyes" (beide 1986).
Das Fazit ließe sich dezent britisch mit Chappells Worten im Tourbuch zitieren: "Anyway lots of happy faces."
erschienen am 20. Juni 2007