Beiträge von Doctone

    Finde den Song ganz ok, aber nicht wirklich spannend. Das könnte vom Stil im Prinzip so in dieser Form auf jedem Knopfler-Soloalbum sein, ohne dass man das als besonders herausstechend oder als Highlight wahrnehmen würde. Dynamisch und vom Aufbau ist das halt auch nicht sonderlich interessant. Und das ist ingesamt genau das Problem, das ich persönlich mit Knopfler habe. Es gibt zu wenige Songs, die hängen bleiben bzw. das Potenzial haben, auf einem Greatest Hits-Album zu landen. Ich finde das alles nicht schlecht und sogar eigentlich sehr sympathisch, dass Mark Knopfler in sich ruht, für niemanden mehr der Pop-Star oder Gitarren-Held sein möchte und einfach das tut, was sich für ihn richtig anfühlt. In einem Interview hat er auf die Frage, ob er die Dire Straits-Zeiten mit diesem ganzen Rummel vermisst geantwortet „Glauben Sie wirklich, dass ich zu wenig Aufmerksamkeit bekomme?“ Das finde ich schon sehr cool, konsequent und bewundernswert. Auch, weil er ziemlich regelmäßig etwas Neues veröffentlicht. Trotzdem vermisse ich bei all diesen kleinen und netten Songs das Besondere, das ihn früher einmal ausgemacht hat. Es ist vorhersehbar und Überraschungen sind nicht zu erwarten. Wenn er damit so glücklich ist, gönne ich ihm damit trotzdem Erfolg und die Zufriedenheit, die er offensichtlich hat.

    Auf Heinz R. Kunze bin ich besonders gespannt, weil ich den noch nie live erlebt habe. Er soll aber ganz gute Texte machen. Gendern hält er - wie ich - offenbar auch für ziemlich umständlich und bescheuert:

    Kunze habe ich zweimal live gesehen. Einmal 1994, als das Album „Macht Musik“ aktuell war und dann ein paar Jahre später, als er mit „Korrekt“ unterwegs war. Die Konzerte waren super. Sehr unterhaltsam, tolle Band und auch gelegentliche Kabarett-Einlagen. Ich habe in den letzten Jahren nicht mehr so sehr verfolgt, was er gemacht hat, aber seit „Draufgänger“ hatte er immer mal ein paar coole rockige Songs am Start.

    Was ich an den ganzen Vergleichen schwierig finde: Sie versperren einem manchmal die unvoreingenommene Sicht auf das Neue und nehmen einem damit fast automatisch die Möglichkeit, sich voll und ganz auf das Neue einzulassen. Ein bisschen vergleicht man ganz bestimmt automatisch und wenn man Musik überhaupt nicht in das Gesamtwerk einordnen würde, wäre es für echte Fans schon merkwürdig. Aber ich glaube trotzdem, dass man selbst steuern kann, wie offen man an neue Musik herangeht. Wenn man etwas Spezifisches erwartet und diese Erwartungshaltung in seinem Kopf zementiert, verliert man bei eigenwilligen Künstler*innen wie Peter Gabriel oder David Bowie fast automatisch, weil die sich nie selbst kopiert haben und immer wieder andere Wege eingeschlagen haben. Ich habe für „i/o“ versucht, so offen und unvoreingenommen wie möglich an die Songs heranzugehen. An ein oder zwei Dinge musste ich mich etwas gewöhnen und „Olive Tree“ erreicht mich nach wie vor nicht, aber insgesamt glaube ich, dass die Reise 2023 für mich so intensiv und interessant war, weil ich mich sehr bewusst darauf eingelassen habe. Ich will hier nicht spoilern, aber auch durch das, was Hans-Martin Buff über die einzelnen Songs und die Arbeitsweisen von Peter Gabriel berichtet hat, finde ich „i/o“ noch beeindruckender.

    Gut geschrieben. 👍🏻


    Ich persönliche halte von den Vergleichen der Alben untereinander nicht ganz so viel. Für mich hat jedes Album seine ganz eigene Handschrift und auch seinen ganz eigenen Charakter. Hits würde ich von einem 73jährigen grundsätzlich nicht mehr erwarten heutzutage. Die Single-Charts sprechen einfach eine andere Sprache als zu der Zeit, in der „Sledgehammer“ ein Erfolg wurde. Ein Maßstab für die Qualität eines Albums ist das einfach nicht. Und ob man jetzt die Tendenzen von III, IV, „Us“ oder „i/o“ besser findet, ist wirklich Geschmacksache. Meine Lieblingsalben sind „Us“, „Up“ und „i/o“. Eine genaue Rangfolge kann ich aber nicht festlegen und die anderen Alben gefallen mir auch sehr gut. Ich höre je nach Stimmung mal das eine und mal das andere ohne mich dabei zu fragen, wie ich das jeweils zu bewerten und zu vergleichen habe. „i/o“ hätte Peter zu einem früheren Zeitpunkt nicht machen können und genauso könnte er heute auch III oder IV nicht so machen wie damals. Ich finde es wichtig, Künstler*innen immer im Kontext ihrer jeweiligen Lebensphase zu sehen, den Alben ihre Eigenständigkeit zuzugestehen und für mich persönlich stellen sich solche Fragen wie „Wie wird man dieses Album wohl im Vergleich zu den Vorgängeralben in 20 Jahren beurteilen?“ gar nicht. Wenn Musiker*innen jung sind, ihre ersten Erfolge haben und den Zenit ihrer Popularität erreichen, wird das immer das sein, was stärker wahrgenommen und von den Medien häufiger aufgegriffen wird. Menschen im Rentenalter werden nicht in die Singlecharts gepusht und auch nicht mehr als Pop-Stars im eigentlichen Sinne gesehen. Genauso wenig werden sie logischerweise als junge und aufstrebende Talente gesehen, die noch auf dem Weg zum Zenit sind. Aus meiner Sicht spielen die eigenen Bewertungskriterien in dieser Hinsicht für aktuelle Alben wie „i/o“ eine Rolle. Und dann muss man sich die Frage stellen, was man selbst erwartet, wie sehr man sich selbst doch an Vergleiche zu früheren Alben fesselt und ob man theoretisch in der Lage wäre, so ein Album zu rezensieren ohne dabei immer wieder die Vorgängeralben heranzuziehen.


    Was ich persönlich im Gesamtwerk von Peter Gabriel großartig finde: Jedes Album klingt anders und allein dadurch kann jedes Album auch für sich stehen.

    Gegen eine Vielzahl an Jazz-Drummern oder jazzorientierten Schlagzeugern sieht Phillips dann doch alt aus (man nehme Jack DeJohnette, Vinnie Colaiuta, Antonio Sanchez etc.).

    Die spielen halt anders. Ähnlich wie im Gitarrenbereich: Ob Joe Satriani besser spielt als Paco de Lucia oder Pat Metheny lässt sich nicht wirklich beurteilen. Es ist einfach abhängig von der Frage, ob man eher Rock oder doch Flamenco oder Jazz bevorzugt.