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  4. KING CRIMSON / Robert Fripp

Am Hofe des karminroten Königs

  • townman
  • 13. Oktober 2014 um 22:31
1. offizieller Beitrag
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    townman
    Giant Hogweed
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    • 13. Oktober 2014 um 22:31
    • #1

    Moin.

    Heute habe ich den Vorschlag aufgegriffen, mal eine eigene kleine Reihe über King Crimson zu beginnen. Je nachdem wie lange ich Lust darauf habe, werde ich (eventuell chronologisch...?) nach und nach ein paar Postings zu dieser faszinierenden Band in diesen Thread schießen und hoffe, dass es noch jemanden interessiert. Ich versuche dabei, sowohl KC-Unerfahrene als auch Fanboys anzusprechen - und ganz wichtig natürlich: Nichts würde mich mehr freuen, als wenn meine Postings aktiv aufgegriffen, kommentiert und ergänzt würden. Vorhin war die Rede von einem "Auditorium": Das soll hier aber nicht bedeuten, dass einer seinen Senf abgibt und der Rest brav mitschreibt. Zudem bin ich kein Experte, sondern nur begeisterter Liebhaber, der sich von dieser Aktion letztlich auch erhofft, sich am Hofe des karminroten Königs noch besser auszukennen und viele seiner dunklen Ecken und bislang geheimen Schatzkammern neu zu entdecken.

    Zunächst gibt es einen Prolog als Teil 1. Danach würde ich gern konkreter auf die Musik selbst eingehen und meine Sicht auf einige Stücke der Band vorstellen.


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    townman
    Giant Hogweed
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    • 13. Oktober 2014 um 22:54
    • #2

    Am Hofe des karminroten Königs 1: Prolog

    "Wir hörten uns auch In The Court Of The Crimson King an, das erste Album von King Crimson, das in jenem Herbst [1969] herauskam. Ich war überzeugt, dass dies der Weg in die Zukunft war, dass man ausgedehnte Stücke spielen und die Leute damit richtig begeistern konnte. Wir liebten den Klang des Mellotrons, die ganze Größe dieser Musik, die etwas darstellte, das auch wir versuchten: die frühen Moody Blues zu nehmen und sie eine Stufe weiter zu entwickeln." (Chapter & Verse, S.60)

    Was Tony Banks hier rückblickend erläutert, ist die wichtige Selbstfindungsphase von Genesis nach ihrem problematischen Debüt "From Genesis To Revelation". Die Band wollte sich nun nach der unliebsamen künstlerischen Gängelung durch Jonathan King unbedingt eigenständig entwickeln und definieren, ihren Weg in autonomer Weise abstecken. Dieser Weg führte schließlich in der Tat zum ersten Genesis-Album, auf welchem sich die typischen Elemente des klassischen Genesis-Prog der nächsten Jahre finden lassen: "Trespass".

    Aber wie es so ist: Kein Künstler schöpft nur aus sich selbst heraus. Man hält vielmehr Ohren und Nase in den Wind und nimmt die Stimmen und Gerüche auf, die dieser aus der Umgebung heranträgt. Und 1969 war nicht nur Woodstock-, sondern auch King Crimson-Jahr. Gerade erst gegründet, spielten diese im Sommer einen wohl überaus eindrucksvollen und mittlerweile legendären Gig vor riesigem Stones-Publikum im Londoner Hyde Park (laut Wikipedia vor 650000 Zuhörern!). Und dann gab es also in jenem Herbst vor 45 Jahren ein Album-Debüt mit Urknall-Effekt: "In The Court Of The Crimson King" wird bis heute oftmals als Geburtsstunde des Prog angesehen. Und als Meisterwerk dazu. Genesis brauchten sich kaum bemühen, um davon Wind zu bekommen. Denn das Album war schon damals ein großer Erfolg, es galt als fortschrittlich und war schwerst angesagt. Und so ließen sich eigene episch angelegte Songs mit Mellotron, längeren Solos und mal mystisch, mal mythisch angehauchten Texten dann eben auch mutig angehen. Der Wind stand günstig - er kam von hinten.

    Aber da war ja was: Kein Künstler schöpft nur aus sich selbst heraus. Auch die Crimsons hatten natürlich geschaut, woher der Wind in den 60ern blies. Von wegen "Urknall" - aus dem Nichts entstand der Progrock keineswegs. Und es gibt gute Gründe zu sagen, dass "In The Court Of The Crimson King" auch nicht unbedingt als erstes Prog-Album der Geschichte gelten muss. Ich meine damit gar nicht mal in erster Linie "Sergeant Pepper". Aber hört euch z.B. nur mal "Freak Out!" von Frank Zappa & The Mothers aus dem Jahr 1966 an.

    Heute lässt sich jedenfalls recht leicht ausmachen, dass es spätestens seit Mitte der 60er einige Belege dafür gab, dass das Spielfeld der Rockmusik enorm vergrößert und auch eklektischer besetzt wurde. Dass es immer mehr Musiker gab, die ganz gezielt die bisherigen Grenzen der Formensprache und des Sounds der Beat-Generation übertraten, erweiterten, in Frage stellten, verletzten.

    Und klar, da waren auch poppigere Bands wie The Moody Blues mit dem dicken Mellotronschwulst: " 'Cause I love you / Yes I love you / Oh how I love you - aaaaaaaaaaaaahaaaaaaahaaaaaaa- looooooooooove youuuuuuuuuu!":augenrollen:
    Na ja, Banks sagte es schon: Die machten mächtig Eindruck. Und Mellotron war geil. Nur: Es ging ja um eine Weiterentwicklung, nicht um ein Mitschwimmen im sentimentalen Süßwasser. Und so nahmen King Crimson 1969 also Songs wie "Epitaph" und "The Court Of The Crimson King" auf - auch mit fettem Mellotron und viel Pathos, aber doch spürbar anders. Dazu später mehr.


    3 Mal editiert, zuletzt von townman (7. März 2019 um 21:40)

  • charles bukowski
    Giant Hogweed
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    • 14. Oktober 2014 um 17:31
    • #3

    Sehr schön, townman:topp:. Leider kenne ich nicht viel von King Crimson. In the Court... natUrlich, und die ist klasse. Müsste es nicht karmesinrot heissen...:huhu:

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • RiverOfChange65
    Lurker
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    • 14. Oktober 2014 um 21:24
    • #4
    Zitat von townman

    "Wir hörten uns auch In The Court Of The Crimson King an, das erste Album von King Crimson, das in jenem Herbst [1969] herauskam. Ich war überzeugt, dass dies der Weg in die Zukunft war, dass man ausgedehnte Stücke spielen und die Leute damit richtig begeistern konnte. Wir liebten den Klang des Mellotrons, die ganze Größe dieser Musik, die etwas darstellte, das auch wir versuchten: die frühen Moody Blues zu nehmen und sie eine Stufe weiter zu entwickeln." (Chapter & Verse, S.60)

    ...-....

    Lieber Freund des exquisiten Musikgeschmacks, danke für diese ausgezeichnete "Steilvorlage" (zu einer meiner Lieblings-Prog-Bands), die ich nun mit Freuden entgegennehmen möchte:

    "...Es waren einst zwei Brüder, die irgendwann Ende der 60er Jahre einem KC-Konzert beiwohnten und daselbst, insbesondere bei dem jüngeren der beiden,
    (durch das Flöten-Spiel eines gewissen Ian McDonald) ein solch prägender Eindruck hinterlassen wurde, dass jener die kurz zuvor (für eifrig erspartes Taschengeld) erstandene Akustik-Gitarre- im Musikalien-Laden um die Ecke- gegen eine Querflöte wieder eintauschte.
    Was folgte? Ein Studium der Querflöte an der entsprechenden Musik-Akademie und etliche Inspirationen und Anteile an der Musik unserer hier allseits geliebten Band (v.a. dem "W&W" und dem "Lamb-Album") sowie seines grossen Bruders....". :topp:


    Hier der Querverweis:....


    • Biography


    He began by learning guitar until aged 15, after hearing Ian McDonald playing with rock band King Crimson, he took up the flute. He collaborated with his brother on his early albums, Voyage of the Acolyte and Please Don’t Touch before leaving Sheffield University to work with Steve, who had just left Genesis. This led to further recordings and tours of the UK, USA and Europe with John playing flute, guitar and bass pedals.
    [Blockierte Grafik: http://1.1.1.3/bmi/www.johnha…hotos/john2.jpg]


    -...sowie:

    Interview with JOHN HACKETT

    "It was KING CRIMSON’s Ian McDonald who inspired you to learn the flute, and you surely met Ian, whose album is released by Steve’s label. Did he have anything to say about your playing? Yes, I have met Ian on a couple of occasions and he was complimentary about my playing; but I still think “I Talk To The Wind” is the best rock flute solo ever recorded.
     [Blockierte Grafik: http://dmme.net/wp-content/uploads/2013/02/jhack2.jpg]- Did you ever want to build a career like McDonald’s – or even Ian Anderson‘s?
    In the early days when I was touring with Steve, yes. But then I wanted to develop my tone and technique and the only way I could work on that at the time, I felt, was in the classical world....".

    -Inspirations:...

    King Crimson - I Talk To the Wind Live (HQ) Best Quality -DO - YouTube
    Steve Hackett - Ian Mcdonald - John Wetton \\ I Talk To The Wind - YouTube
    Genesis - Wot Gorilla? - YouTube
    Genesis - "In the Rapids" / "it." - YouTube
    SERPENTINE SONG - Steve Hackett - YouTube

    But back to topic! :rolleyes:
    Was mir heute mal wieder so spontan im Kopf "rumspukte"...: (wie ich finde hier- in ziemlich "abgefahrener" Version:cool:)
    Red - King Crimson (Live in Japan) (HD) - YouTube

    Momentan höre ich mir jedoch dieses hier an:
    KING CRIMSON: DEJA VROOOM full concert - TOKYO 1995 - YouTube
    [Blockierte Grafik: http://1.1.1.5/bmi/www.johnhackett.com/images/spacer.gif]

    "...A mother sreams and a baby cries, the memory gone before the blood has dried... - ...The options are ever viewer on the ground these days... - ...Credo, it don't mean nothin' to me!". FISH/ Credo

    Nordlichter Stargast ´2012 + 2013 !

    7 Mal editiert, zuletzt von RiverOfChange65 (14. Oktober 2014 um 21:41) aus folgendem Grund: Back to Topic!

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    townman
    Giant Hogweed
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    • 15. Oktober 2014 um 00:47
    • #5

    @RoC65: :huhu::topp::)

    Danke, das wusste ich alles gar nicht! Und "I talk to the wind" werde ich dann hier wohl auch keineswegs übergehen.

    Übrigens: Ich habe auch mal 3 Semester Querflöte studiert, und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Entscheidung damals auch in erster Linie mit Leuten wie McDonald, Gabriel, Anderson und nicht zuletzt John Hackett zu tun hatte, den ich zuvor mit Steve in Bremen bei der "Momentum"-Tour (hieß die so?) gehört hatte. Klassische Querflötisten kannte ich damals praktisch nicht. Den Typen von The Moody Blues allerdings auch nicht.

    Zitat von charles bukowski

    Müsste es nicht karmesinrot heissen...:huhu:

    Ist wohl beides richtig.:huhu:


  • pealmu
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    • 15. Oktober 2014 um 00:54
    • #6

    Meine Geschichte:
    1978 war ich bei einem Freund in Vermont und empfahl ihm "A Trick Of The Tail". Er las die Texte bevor er die Musik hörte, mochte das Meiste, war aber enttäuscht von Squonk, weil er sich durch den Text die Musik viel lyrischer vorgestellt hatte. Dann spielte er mir "In The Court Of The Crimson King" vor, was mich umhaute.

    Dann machte ich etwas was ich selten tue. Aus Geldknappheit kaufte ich mir die Doppel-LP "A Young Persons Guide To King Crimson", weil fast alles vom Debutalbum drauf war und noch mehr. So habe ich einen umfassenden Überblick über diese Band hören können, bevor mir die Personalwechsel bewusst wurden. Nach und nach habe ich alle Alben gekauft und es eher im Sinne einer musikalischen Leidenschaft gehört, als im emotionalen Sinne. (Irgendein Freund sagte mir, wer KC ertrage, könne alles ertragen, auch Frank Zappa. Na ja, KC ertrage ich weitestgehend, aber zu Zappa hatte ich nie Zugang, obwohl ich ihn live sah.) Das Debutalbum triff allerdings hochgradig auch meine Emotion.

    Die Band hat sich nicht entwickelt. Sie ist gesprungen.

    Während townman an anderer Stelle auf die stärkere Fortentwicklung von KC als Genesis hinweist, habe ich eher das Gefühl, dass es keine Entwicklungen sind, sondern Sprünge. KC war auf den ersten drei Alben eine andere Band als Mitte der 70er, ganz anders Anfang der 80er und in den 90ern wieder anders.

    Das Album:

    Allein das Cover schreit nach Aufmerksamkeit. Es hat eine Wucht, die nicht nur die Unisono-Passage von "21st Schizoid Man" voran treiben, sondern selbst eine zarte Ballade wie "I Talk To The Wind" in sich trägt. Die Musik von Ian McDonald und seine Fähigkeit auf seinen vielen Instrumenten haben mich nachhaltig beeindruckt und ich wollte immer solche Musik machen wie er. Obwohl ich Greg Lake von ELP kannte, erschien mir seine Stimme auf diesem Album anders. Fripp nahm ich kaum wahr - erstaunlich dass ER die Band weiterführte. Es ist ein vielseitiges, kraftvolles Meisterwerk.

    Ein Jahr später kopierte Fripp den Erstling unter dem Namen " Wake Of Poseidon" nahezu 1:1, wobei er dann als Autor genannt wurde. Das Album war eigenartigerweise nicht so erfolgreich.

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

    2 Mal editiert, zuletzt von pealmu (17. Februar 2015 um 10:11) aus folgendem Grund: 1 Tippfehler, 1 Wortumstellung ,1 Wortaustausch

  • Online
    townman
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    • 15. Oktober 2014 um 01:21
    • #7
    Zitat von pealmu

    (Irgendein Freund sagte mir, wer KC ertrage, könne alles ertragen, auch Frank Zappa. Na ja, KC ertrage ich weitestgehend, aber zu Zappa hatte ich nie Zugang, obwohl ich ihn live sah.)

    Oh Mann. Zappa live gesehen, großartig! War es die "Broadway the hard way"-Tour? Da hatte ich auch das Glück - wenigstens 1 Mal Zappa...
    Das mit dem "Ertragen" deutet halt auch irgendwie auf bestimmte Merkmale der Crimson-Musik hin: Zum einen erlebe ich sie immer wieder als verstörend. Und damit im Zusammenhang steht auch manchmal so eine gewisse Ästhetik distanzierter oder sogar etwas grausam scheinender Kälte. Verstörendes findet sich auf dem Debüt auf jeden Fall schon mal an mehreren Stellen. Die Kälte findet sich dann, meine ich, eher in späteren Phasen wieder.

    Zitat von pealmu

    Das Debutalbum triff allerdings hochgradig auch meine Emotion.

    Die Band hat sich nicht entwickelt. Sie ist gesprungen.

    Während townman an anderer Stelle auf die stärkere Fortentwicklung von KC als Genensis hinweist, habe ich eher das Gefühl, dass es keine Entwicklungen sind, sondern Sprünge. KC war auf den ersten drei Alben eine andere Band als Mitte der 70er, ganz anders Anfang der 80er und in den 90ern wieder anders.

    Das Album:

    Allein das Cover schreit nach Aufmerksamkeit. Es hat eine Wucht, die nicht nur die Unisono-Passage von "21st Schizoid Man" voran treiben, sondern selbst eine zarte Ballade wie "I Talk To The Wind" in sich trägt. Die Musik von Ian McDonald und seine Fähigkeit auf seinen vielen Instrumenten haben mich beeindruckt nachhaltig und ich wollte immer so etwas machen wie er. Obwohl ich Greg Lake von ELP kannte, erschien mir seine Stimme auf diesem Album anders. Fripp nahm ich kaum wahr - erstaunlich dass ER die Band weiterführte. Es ist ein ein vielseitiges, kraftvolles Meisterwerk.

    Hm, ja ja. Da scheint es mir in der Tat auch gewisse Sprünge zu geben, wenn ich über diesen Begriff nachdenke. Ursachen hierfür könnten wohl z.T. in bestimmten Besetzungswechseln zu sehen sein, die ja manchmal recht heftig ausfielen und dann eben auch neue musikalische Impulse mit sich brachten. Aber: Es scheint auch in Fripps Wesen zu liegen, Brüche zu schaffen. Er hat ja wohl mal über sich gesagt, dass er die Band, sobald sie erfolgreich war, immer wieder auf andere Wege bringen wollte, damit der Erfolg keinen ästhetischen Stillstand provozieren könne.

    Und zum Cover: Das ist in der Tat der Wahnsinn.

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/61I%2By-rx9VL._AA160_.jpg]

    Äh, Wahnsinn... durchaus ein Aspekt, der sich durch das Album zieht. Heißt also: Das Cover ist wohl ganz klar Teil des Gesamtkonzepts. Den alten König auf der Innenseite, der zugleich lächelt und traurig guckt, mag ich auch sehr.

    Und das mit der Vielseitigkeit und Kraft unterschreibe ich sofort.


  • RiverOfChange65
    Lurker
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    • 15. Oktober 2014 um 01:49
    • #8
    Zitat von townman


    ...-...
    Das mit dem "Ertragen" deutet halt auch irgendwie auf bestimmte Merkmale der Crimson-Musik hin: Zum einen erlebe ich sie immer wieder als verstörend. Und damit im Zusammenhang steht auch manchmal so eine gewisse Ästhetik distanzierter oder sogar etwas grausam scheinender Kälte.
    ...-...
    Und das mit der Vielseitigkeit und Kraft unterschreibe ich sofort.

    ...in diesem Zusammenhang kam mir vorhin noch spontan jenes in den Sinn (auch wenn dieser Vergleich hinkt):
    Pina Bausch Le Sacre du Printemps re edition - YouTube
    ...hier mal auf eine etwas andere Art
    Igor Strawinsky - Le sacre du printemps - Drumsolo - YouTube

    Dieses "Stück Musik" hat ja damals auch entsprechende "Verstörung" ausgelöst...

    "...A mother sreams and a baby cries, the memory gone before the blood has dried... - ...The options are ever viewer on the ground these days... - ...Credo, it don't mean nothin' to me!". FISH/ Credo

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    townman
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    • 15. Oktober 2014 um 02:05
    • #9
    Zitat von RiverOfChange65

    ...in diesem Zusammenhang kam mir vorhin noch spontan jenes in den Sinn (auch wenn dieser Vergleich hinkt):
    Pina Bausch Le Sacre du Printemps re edition - YouTube
    ...hier mal auf eine etwas andere Art
    Igor Strawinsky - Le sacre du printemps - Drumsolo - YouTube

    Dieses "Stück Musik" hat ja damals auch entsprechende "Verstörung" ausgelöst...

    Ja, Verstörung kann gleichzeitig auch Betörung sein - im Bereich der Künste! Bei mir läuft gerade "zufälligerweise" noch die Union-Tour... in deine Links oben gucke ich dann morgen rein. Schön, dass du heute da warst. Für mich ist es jetzt Zeit: "With nightmares and with dreams"...


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    townman
    Giant Hogweed
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    • 16. Oktober 2014 um 12:27
    • #10

    Am Hofe des karminroten Königs 2: Den Totenacker im Blick



    Nicht gerade am Rande des Areals oder gar hinter hohen Hecken versteckt, vielmehr als ein zentraler Bestandteil des Geländes gemahnt der Friedhof den Besucher daran, dass Tod und Vergänglichkeit am Hofe dieses Königs keine geringe Rolle zu spielen scheinen. Und wenn man näher hinschaut, ist da ein vielleicht sogar gerade erst aufgestellter Grabstein mit einer besonderen Inschrift zu erkennen: "Confusion". Wer da begraben und den noch Lebenden auf diese Weise ins Bewusstsein gerückt wird, weiß man allerdings nicht. Ein Name fehlt auf dem Stein. Damit nicht genug: Es finden sich auch weder Blumen noch Kranz für den Gestorbenen, keine sichtbaren Zeichen von Anteilnahme - ja, wer seinen Blick dann unwillkürlich suchend über die Szenerie hinwegschweifen lässt, registriert den Umstand, dass auch kein Kirchturm, keine noch so kleine Kapelle oder irgendein Plätzchen der Andacht zu sehen ist - nur eine brüchige Mauer, auf welcher sich eine alte, bis zur Unkenntlichkeit verwitterte Schrift befindet. Man beginnt sich beunruhigt zu fragen, an welchem trost- und gottlosen Ort man denn hier gelandet sei. Und meint dann, in diesem verstörenden Moment von irgendwoher ein elendes Weinen zu vernehmen.

    "Epitaph" (= Grabschrift) ist als drittes von fünf Stücken rein zahlenmäßig schon einmal der Mittelpunkt des King Crimson-Debüts und dürfte ganz besonders das mitdefiniert haben, was wir 'sinfonischen Prog' nennen. Das sollte doch wohl in einem Genesis-Forum gut laufen können, oder? Also Ohren aufgesperrt und ab dafür in orchestraler Klangfülle:

    https://www.youtube.com/watch?v=Cdy2q6aBFOE

    Zugegeben: Die elegischen Strophen und das doch recht erhabene Pathos des Refrains sind längst nicht so verstörend wie die textliche Ebene mit ihrem düsteren, endzeitlichen Fatalismus: "Between the iron gates of fate, / The seeds of time were sown / (...) Confusion will be my epitath / (...) I fear tomorrow I'll be crying" Die betörenden Melodien und - natürlich - das kraftvolle Mellotron, welches dem Stück klar seinen Stempel aufdrückt, laden demgegenüber schon fast zum Schwelgen ein. Aber es ist nicht die Moody Blues- Schiene. Bein denen stände "Foreeeeeeeeeeeeeever in looooooooohoooooove with you-hou-hou" oder sowas auf dem Grabstein. Und: Bei denen gäbe es auch einen solchen Mittelteil nicht. Genau der Mittelteil ist es nämlich, der die Erwartungen an das gängige Strophe-Refrain-Schema aushebelt und damit anzeigt, dass sich der Crimson-Prog eben nicht einer leichten Konsumierbarkeit verschreibt.

    Ich will hier nicht so viel im Detail analysieren, aber schon die Stelle zwischen 3:35 und 3:53 ist wirklich bemerkenswert: Greg Lake singt die zweite Strophe bereits eine Oktave höher als die erste und erzielt damit schon eine Steigerung. Die Strophe endet dann auf einem noch ganz herkömmlichen Spannungsakkord, der die Erwartung schürt, nun käme gleich (als harmonische "Auflösung" in die Grundtonart) der Refrain zum zweiten Mal. Und an dieser Stelle (bei 3:53) wird die Erwartung dann massiv enttäuscht - da ist nix mit Refrain und Auflösung, stattdessen türmt sich - im ersten Moment fast wie ein Truggebilde - ein gewaltiger neuer und viel heftigerer Spannungsakkord auf wie ein dämonischer Klangwirbel, dass es fast schon nicht mehr zu ertragen ist (na ja, schon noch, ist ja ziemlich geil gemacht). Und als sich das Ganze dann doch auflöst und der aufgewirbelte Staub sich verzieht, kommt eine überraschende dynamische Zurücknahme des Stückes: Plötzlich (ab ca. 4:10) nur noch einsame gebrochene Akkorde einer akustischen Gitarre, und man weiß gar nicht, wie einem hier geschieht. Die Welt steht kopf. Nach diesem Moment der Verwirrung beginnt dann die instrumentale Episode mit den Klarinetten. (Ganz auffällig dabei: die Bassklarinette. Deren dunkles Timbre bestimmt nun die Klangwirkung enorm, ich habe in diesem Zwischenteil immer Bilder einer düsteren Beerdigungsprozession vor mir.)

    Apropos Beerdigung: Wem also gilt nun dieser Grabstein mit der Inschrift "Confusion"? Es gibt Menschen, die dem Stück (sowie dem ganzen Album) eine sozialkritische Relevanz zusprechen. Und wenn man etwas genauer hinhorcht, dann formulieren Text und Musik hier gemeinsam zumindest so etwas wie das Leiden an der Gegenwart sowie deren unaufhaltsamen Niedergang. Denn: Die prophetischen Stimmen der Alten werden entweder nicht mehr vernommen oder erfüllen sich jetzt in ihren Voraussagen von Zerstörung und Zerfall ("The wall on which the prophets wrote / Is cracking at the seams") - und die Welt ist in der Hand von Verwirrten, von Wahnsinnigen, die den tödlichen Gefahren der Moderne keinen Regulierungsrahmen entgegensetzen ("Knowledge is a deadly friend / When no one sets the rules. / The fate of all mankind I see / Is in the hand of fools"). Wir haben das Jahr 1969.

    Es ist das an der Gegenwart leidende und mit ihr zugrunde gehende Ich, welches hier mit dem Lied zu Grabe getragen wird. Im Grunde ist es die Gegenwart selbst. "Confusion" ist ihr letztes Charakteristikum. Und danach bleibt nur noch ein Weinen von irgendwoher.


    2 Mal editiert, zuletzt von townman (7. März 2019 um 21:42)

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