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Hungarian Horizons: Steve und John Hackett live in Budapest

Steve & John Hackett - Hungarian Horizons (2003)

Neue Horizonte


Er spricht nicht viel während des fast zweistündigen Konzerts: all seine Ausdruckskraft ergießt sich über das mal konzentriert-angespannte (aber nicht nervöse) mal ausgelassen entrückte Minenspiel, vor allem aber über die flinken Finger, deren anscheinende Mühelosigkeit offenbart, dass der Gitarre Hals und Schoß (und – es wären sonst nicht seine Finger – übrige Körperpartien) ihr kleines Reich sind, alle Kraft ergießt sich in die musikalische Darbietung.

CoverUnd sie bewegen sich nicht vom Fleck, die drei braven Herren, die sich anlässlich eines einmaligen Konzertabends, der Steve Hackett am 26. Januar 2002 erstmals musikalisch nach Ungarn führt, unter Scheinwerfern in tropischen Farben und vor dezent eingesetzten impressionistischen bis naiven Diaprojektionen eine geräumige Bühne teilen.

Musik steht im Mittelpunkt dieses Erlebnisses, und die kann sich hören lassen!

Steve Hackett nimmt mit seiner Yairi-Akustikgitarre in der Mitte der von vier einfachen Nachbildungen antiker Säulen gesäumten Bühne Platz und eröffnet den Abend mit einigen etüdenhaften Akkordbrechungen, die schließlich zu seiner Erkennungsmelodie Horizons hinführen. Was folgt, sind solistische Darbietungen, Vorträge zu zweit oder zu dritt mit „Brother John“ Hackett an der Flöte (im linken Drittel der Bühne angesiedelt) und Roger „of the Skies“ King am Keyboard, rechter Hand, sowie Stücke mit wechselnder Besetzung. Die Programmfolge orientiert sich offenbar am Prinzip Abwechslung.


Steves Solovorträge

Bay Of Kings, das Titelstück von Hacketts erstem Akustikalbum aus dem Jahre 1983, fordert mit seinem beharrlichen Andante über dem meist vorherrschenden tiefen E schon etwas die Geduld des modernen Hörers heraus. Hackett leitet es mit stilgerechten Arpeggi ein, die nicht zum Original gehören.

Das vom Baskenland inspirierte The Barren Land und Black Light, beide von Bay Of Kings, erklingen nacheinander, das erstere in gekürzter Fassung.

Time Lapse At Milton Keynes, in all seiner Nostalgie über das 1982er Genesis-Reunion-Konzert, kommt getreu dem Original von der Cell 151-Single daher.

Steve HackettBei Mustard Seed von Steves Vertonung des Shakespeareschen Sommernachtstraums (1997) dominieren leider etwas die von den drei höheren Saiten abgegebenen Töne über die leiseren Klänge der tieferen Saiten.

Ein neues Stück präsentiert Steve mit Little Cloud, das sich nach entzückendem Beginn dann doch eher als Mosaik diverser Spielweisen und Improvisationsansätze entpuppt.

Zum Standardprogramm bei Steves Konzerten dieser Art gehört auch das Andante in C von einem Komponisten namens Giuliani (auch als Titelmelodie von Tales Of The Riverbank bekannt und einst als B-Seite von Hope I Don't Wake veröffentlicht).

En bloc erklingen Skye Boat Song (volkstümlich, auf den Bay Of Kings-Wiederveröffentlichungen enthalten), By Paved Fountain von A Midsummer Night's Dream, eine Etüde in A-Moll und ein paar Takte aus der Einleitung von Blood On The Rooftops.

Letzter Solovortrag ist End Of Day, bekannt vom „offiziellen Live-Bootleg“ There Are Many Sides To The Night (1995), eingeleitet durch eine eigens als „C-Moll-Triolen“ betitelte Passage.


Johns Solovortrag

John lässt uns eine außergewöhnliche Darbietung von Claude Debussys (1862-1918) berühmtem Solostück für Flöte, Syrinx, zu Ohren kommen. Nicht die Interpretation ist so außergewöhnlich, vielleicht sogar etwas nervös, sondern die akustische Umgebung, denn über das Mikrofon wird das musikalische Kleinod mit einem leichten Echoeffekt übertragen, der in klassischen Aufnahmen nicht zu hören ist. Außergewöhnlich ist auch Johns Instrument, eine gesundheitsbedingte Spezialanfertigung für ihn mit sehr ungewöhnlicher Formgebung, über die er in dem am Nachmittag vor diesem Konzert geführten Interview berichtet.


Roger King

Gitarre und Keyboard

Aus einem Concerto in D des von ihm verehrten Antonio Vivaldi (1678-1741) (Steve hat auch vor Jahren ein Drehbuch über Vivaldis Leben geschrieben) bringt uns Steve wie schon auf There Are Many Sides ... einen Satz zu Gehör. Die Gitarre spielt in Steves Arrangement eine Monodie über einem Streicherteppich.

In gleicher Weise arrangiert sind das Thema aus Ennio Morricones Filmmusik zu Cinema Paradiso (ebenfalls 1995 auf der Live-CD erschienen) und Walking Away From Rainbows vom 1993er Comeback-Album Guitar Noir. Schließlich untermauern die Keyboard-Streicher noch die Harmonien des Klassikers The Journey von Bay Of Kings.


Darbietungen im Trio

Die erste der sechs Gnossiennes, die Érik Satie 1889 bis 1897 schrieb, erklingt im bekannten Arrangement von Sketches Of Satie (2000), ergänzt um Pizziccati vom Keyboard, die die gezupften Gitarrenakkorde auf den unbetonten Zählzeiten verstärken. Die Flöte kommt hier mit ihrem herrlichen Klangvolumen zur Geltung, das in den schattigen Klangsphären der tiefen Lage besonders mysteriös wirkt.


In den frühen Jahren von Steves Sololaufbahn spielte die Flöte des öfteren eine führende Rolle bei dem einen oder anderen Rockmusikstück. So auch bei Jacuzzi (Top-Ten-Album Defector, 1980) und in den Instrumentalparts von Overnight Sleeper (Cured, 1981). Jacuzzi, mit anspruchsvollen Doppelzungenpassagen für die Flöte, kommt in alter Frische daher, und bei dem ebenso ausgeschlafenen wie kurzen Overnight Sleeper-Teil hört und sieht man Steve zünftig die Gitarre „schrummen“. Als Überleitung zwischen beiden Teilen benutzt Steve ein paar Takte aus Marigold (Bay Of Kings). Roger King darf in erster Linie wieder Streicherharmonien bereitstellen und am Schluss auf Pianosound umsteigen. Dass für diese Veröffentlichung selbstverständlich technisch bedingte Pausen und Wartezeiten während des Konzertes herausgeschnitten wurden, wird sichtbar, als Steve nach der Ansage zu diesen beiden Titeln noch das Mikrofon weglegt und die Musik zugleich schon beginnt.

Kim sagt Steve auf Ungarisch an, und wir hören es im Arrangement von Bay Of Kings, wenngleich man sich fragen muss, ob die Percussion-Klänge wirklich nötig sind ... Spätestens wenn man einige Minuten später eine Gymnopédie von Satie vernimmt, wird einem auffallen, wie sehr Kim von diesen Satieschen Tänzen beeinflusst ist.

Hairless Heart ist einer von drei Titeln des Abends, die auf Genesis-Alben erstveröffentlicht wurden. Die leisen „Strophen“ dieses Instrumentalstücks von The Lamb Lies Down On Broadway (1974) spielt die Gitarre, begleitet von originalgetreuen gebrochenen Akkorden des Keyboards; beim „Refrain“ übernimmt die Flöte die Führung.

Die erste der drei Gymnopédien von Satie wird vom Keyboard diesmal mit gehaltenen Streicherakkorden (statt Pizziccati wie bei der Gnossienne) versehen; stellenweise spielt eine elektronische Oboe d´amore auch eine Oktav tiefer mit der Flöte colla parte (also dieselbe Melodie).


Ein musikalischer Leckerbissen folgt mit Jazz On A Summer's Night, bisher unveröffentlicht. Zwei kontrastierende Teile wechseln hier mehrmals miteinander ab: der eine impulsiv, mit rauhem Flötenspiel à la Ian Anderson (Jethro Tull), auf spanischer Harmoniefolge, der andere lyrisch verspielt; das ganze unterbrochen von einem ruhig gleitenden Mittelteil; insgesamt ein wundervolles Zusammenwirken von Flöte und Gitarre, während dem Keyboard wieder nur unterstützende Harmoniefunktion zukommt.

John Hackett

Das Concert For Munich (von Momentum, 1988) verzichtet auf die Keyboard-Streicher-Introduktion, und auch hier kommt die durch alle Lagen gleitende Flöte wieder gut zur Geltung.

Recht originalgetreu, und diesmal nicht zweigeteilt oder mit anderen Stücken verwoben, wird Hands Of The Priestess dargeboten, das von Steves erstem Soloalbum Voyage Of The Acolyte (1975) stammt und eines von John Hacketts Lieblingsstücken ist. Mit seinen mehrfach wiederholten langen Melodiebögen erlangt es hier einen sehr meditativen Charakter. Das Stück klingt aus mit dem Schluss des Songs There Are Many Sides To The Night (Guitar Noir).

Das Voyage-Album eröffnet bekanntlich Ace Of Wands, eine stilistisch schwer einzuordnende Nummer. Da Steve keine E-Gitarre für die ersten Takte mitgebracht hat, schlägt die Flöte – wie schon bei Jazz On A Summer's Night – etwas rauhere Töne an.

Das „As der Stäbe“ ist gelungener Schlusspunkt des Hauptprogramms, bevor das Trio zu einer Zugabe à la carte zurückkehrt: Man bekommt drei kurze neue Stücke zu hören, die noch etwas improvisiert wirken, aber sehr vielversprechend klingen:

Bei Idyll spielt Steve ein Ostinato aus vier Tönen auf der Gitarre, dazu spielt John „abstrakte“ Tonfolgen mit wenig tonalem Bezug, zum Teil mit Doppel- und Flatterzunge, und Roger King versucht das ganze mit Glasharmonika-Klängen zu harmonisieren.

Während Steve bei der Aubade („Morgenständchen“) unentwegt einen Dur-Akkord im Dreivierteltakt zupft, spielt Roger eine irrwitzig komisch klingende Melodei auf dem Keyboard mit dem Tutti-Sound einer großen englischen Pfeifenorgel, die Flöte spielt colla parte mit dem Keyboard. Spätestens bei diesem Stück, nämlich wenn Roger umblättert, fällt dem Zuschauer auf, dass Roger und John im Gegensatz zu Steve nach Noten spielen.

Das letzte Stückchen ist ein weiterer, ebenfalls viel zu kurzer Versuch, die Welten von Dur und Moll und funktionaler Harmonik zu verlassen: Aufgrund seiner Kürze hat Méditation seinen Namen noch nicht verdient, klingt aber vielversprechend.


Programmpunkte mit wechselnder Besetzung

Ein buntes Medley leitet Steve mit ein paar Takten aus Johann Sebastian Bachs Bourrée (bei Steve fälschlicherweise immer noch mit nur einem ‚r' geschrieben, wie schon auf der Momentum-Wiederveröffentlichung) ein, woran sich sofort – im Trio gespielt – Bacchus anschließt. Dieses originelle Stück erschien unter diesem Titel bereits auf There Are Many Sides ..., trug aber auch schon den Titel The Baroque und zuletzt Puck (auf A Midsummer Night's Dream); warum man nun wieder den alten Namen gewählt hat, ist unklar – nach der gleichen Logik hätte By Paved Fountain wieder Beja Flor heißen müssen. Den großen Mittelteil von Bacchus bildet ein Jam der drei Musiker, durchzogen von jazzigen Anklängen, überleitend zum Flötensolo von Firth Of Fifth und schließlich zurückkehrend zum Bacchus-Hauptthema.

TrioSelbst GTR-Reminiszenzen haben in diesem Konzert ihren Platz: Second Chance, in der gewohnten Fassung dargeboten, mit etwas freierer Ausgestaltung des Flötenparts, wird eingeleitet durch das Akustik-Gitarren-Intro zu Imagining von GTR (1986), unterlegt mit Streicher-Harmonien.

Ein Highlight des Abends stellt das Chinese Jam dar: Steve paraphrasiert zunächst über Cobweb oder Moth (aus dem Sommernachtstraum), bis dann die Flöte einsetzt, später das Klavier, und zu Stilelementen chinesischer Folkore gesellen sich Anflüge von Atonalität oder „Geräuschmusik“ und erzeugen eine musikalische Mondlandschaft.

Cavalcanti von Momentum schließlich ist ebenfalls Bestandteil des Programms und wird originalgetreu dargeboten, also mit Einsatz von Flöte und Keyboardstreichern gegen Ende.


Das Repertoire, die Umsetzung auf der Bühne, der einfühlsame Schnitt, und der einehmende Klang (man kann zwischen Dolby Stereo, Dolby Surround 5.1 und dts Surround 5.1 wählen) sind das Geld für die DVD schon wert. Als kleines Gimmick gibt es aber zusätzlich noch eine kleine Dokumentation (A Weekend Show In Budapest), die das Trio bei Proben und beim Soundcheck am Nachmittag, bei der Ankunft in Budapest, in der Maske und bei diversen Interviews zeigt. Außerdem wird ein Interview mit den dreien geführt, das man sich im englischen Original oder mit gesprochener ungarischer Übersetzung anhören kann. Man erfährt nichts wirklich Neues, darf sich aber prächtig über die eine oder andere Antwort amüsieren. Die Dokumentation ist nett gemeint, man hätte aber die Soundcheck-Ausschnitte etwas kürzen können, bei denen ohnehin fast nichts gesprochen wird und die Stücke perfekt wie am Abend wiedergegeben werden.

Die Verpackung, die neben der DVD auch zwei Audio-CDs mit dem Konzert enthält, ist nett aufgemacht und mit zahlreichen Konzertfotos gespickt, die, wie man den Credits entnehmen kann, unter anderem von Helmut Janisch stammen. Ein separates Booklet gibt es nicht.

Alles in allem ist das Konzert gewiss ein Erlebnis für alle Freunde echter Musik, bedient es doch ein breites Spektrum von Stilrichtungen auf hohem Niveau der Komposition und der Darbietung. Und wohl selbst dem besten Kenner von Steves Musik eröffnet dieses Konzerterlebnis neue Horizonte ...


Autor: Andreas Lauer
Fotos: Helmut Janisch

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