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Martin Klinkhardt – Die Ode des Übersetzers
Martin Klinkhardt fand spät, aber mit voller Wucht zum Fanclub. Mittlerweile übersetzt er alles, aber wirklich alles und außerdem ist der Wahlmünchner Allzweckwaffe im Clubtag-/Eventteam. Seine Erinnerungen an die letzten Jahre …
Der Deutsche Genesis-Fanclub it tauchte in meinem Leben zum ersten Mal etwa 2004 auf; ich war in einer damals noch sehr lebendigen und genussvoll zu lesenden englischsprachigen Mailingliste namens Paperlate unterwegs und postete neben diesem und jenem auch Rückübersetzungen von zwei großen und gelungenen Interviews, die die Süddeutsche Zeitung mit Peter Gabriel und Phil Collins gemacht hatte. Das war allerdings keineswegs der Grund, aus dem mich um die Jahreswende eine E-Mail von einem gewissen Christian „vom deutschen Genesis-Fanclub“ erreichte: Ich sei doch Münchner, ob ich zu den Musical Box-Konzerten gehen wollte? Die Kanadier würden vier Tage hintereinander The Lamb in München-Germering spielen. Lust hatte ich schon, Geld hatte ich keins, denn einen Uni-Abschluss hatte ich schon, einen Job wiederum nicht. Da war das Angebot doch gar zu verlockend, ich nahm an und habe vor drei der vier Konzertabende im Foyer mit rivanow dort Sampler von InsideOut verteilt (angeblich habe ich sogar dem TMB-Keyboarder eins in die Hand gedrückt…)
Bald darauf führte ich ein denkwürdiges Telefonat mit Christian und begann, hier und da einzelne Rezensionen und Konzertberichte für den Fanclub zu übersetzen, unter anderem den Bericht vom Early Years Event 2005, an dem ich nicht teilnehmen konnte. Erst im Oktober 2005 habe ich mich im Forum registriert und hier eine Gemeinschaft gefunden, die unerhört kritikfreudig ist, in der jeder weiß, was er oder sie mag und nicht mag, und die aber vor allem stets von einer Grundbegeisterung für die Musik getragen wurde. Mehr noch: Weil hier so viele Leute zusammenkommen, von denen sich jeder für eine etwas andere Facette des Edelsteins Genesis interessiert, ist im Forum ein gewaltiges Spezialwissen versammelt. Was ich früher in der Mailingliste erfragte, konnte ich jetzt hier erfahren.
Meine ersten eigenen Versuche eines Konzertberichts hat Christian nie veröffentlicht – zum Glück, muss ich sagen, denn sie fielen doch eher peinlich aus. Im Oktober 2006 folgte dann der Schritt aus dem Virtuellen ins Reale: Beim „Evo-Event“ lernte ich endlich auch den Rest der coolen it-Gang kennen, Peter, Helmut und Bernd, die im Forum vielleicht ein weniger aktives Profil haben, aber dennoch keineswegs weniger wichtig für den Fanclub sind. Dort hatte ich auch das Vergnügen, neben vielen deutschen Fans auch Armando Gallo kennenzulernen sowie den leider inzwischen verstorbenen John Mayhew. Man kann darüber lästern, dass hundert Bekloppte in ein Provinznest einfallen, um ein Wochenende lang vor allem über eine einzige Band zu reden – aber es ist lustig, es macht Spaß, und es ist einfach schön, wenn man weiß, wie der/die andere aussieht und in Wirklichkeit „tickt“. Im Nachgang bekam ich dann für dieAufnahmen mit den Fragestunden, die Armando und John mit Bravour absolviert hatten, den Auftrag: Transkribieren und übersetzen, bitte! Eine gute Vorübung, denn beginnend mit der berühmtem Pressekonferenz von Genesis im November 2006 begann eine Welle von Interviews, Reise- und Konzertberichten anzusteigen, die sich im it.blog 2007 bündelte und die im Juni und Juli des Jahres dazu führte, dass ich nach der Arbeit täglich noch einmal zwei bis drei Stunden die aktuellen Beiträge aus dem englischen in den deutschen Blog und umgekehrt übersetzt habe – 150 Seiten toller Beiträge, und jeder einzelne war im Original ein Genuss zu lesen, vertiefte und vervielfältigte für mich das Erlebnis dieses Konzertsommers.
Im Herbst kam dann eine höchst vorsichtig formulierte Anfrage, ob ich eventuell zu weiterer Aktivität bereit sei: „ich mache dich zum Moderator auch im deutschen Forum. Da kannste nix gegen machen“. Naja. Timeo Dresdenses et dona ferentes. Zum Glück mischte sich auch Licht unter die Dunkelheit: Der schönste Moment war der, als mir zwei Nutzer im internationalen Forum (er ein Kanadier, sie aus Liverpool) erzählten, dass sie heiraten würden, und dass sie einander ohne dieses Forum nie kennengelernt hätten.
Wenn ich die Geschichte des Fanclubs Revue passieren lasse, oder vielmehr nur ein Drittel davon, denn länger bin ich ja noch nicht dabei, dann wirbeln da viele Erlebnisse durcheinander, die ich ohne den Fanclub nicht gehabt hätte: Welkers, Forum, Musical Box, Ray Wilson, Rezensionen, Schlafen bei Gilmour, John Mayhew, das Interview mit Nick d’Virgilio, Whisky, das Steve Hackett-Event in Remscheid, mehr Rezensionen, New Blood in Berlin, wüste Cocktails von zahmen Lamien, fantastische Diskussionen, herrliches Geblödel und der Moment, in dem der TMB-Roadie in Duisburg für die dritte Zugabe die Röhrenglocken hinters Schlagzeug schiebt: Ein Potpourri aus schönen Momenten. Habt Dank dafür. Das Abonnement wird fortgesetzt.