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Anneke Brüning – Genesis, Forum, Hochzeit
Die besten Geschichten schreibt das Leben, manchmal auch ein Online-Forum. Anneke Brüning erinnert sich, wie sie ihren Partner, den sie bald heiraten wird, im Forum des Deutschen Genesis Fanclubs kennenlernte.
Einen ausgefallenen Musikgeschmack zu haben, schweißt von vornherein zusammen. Nur ist es heute einfacher, andere gleichgesinnte Verrückte zu finden, als noch vor 20 Jahren. Ich suchte Ende 2005 nach Informationen zur Genesis-Coverband „Seconds Out“, die in der Stadt spielen sollte. Nichts leichter als das: Laptop an, Google aufrufen, unabhängige Berichte aus dem umfangreichen it-Onlineforum lesen. Damals war ich in einer langjährigen Beziehung mit einem Jazzfan und schrieb während des Studiums (wie heute immer noch) Kulturrezensionen für die lokale Tagespresse. In Sachen Prog Rock hatte ich mich seit Jahren nicht mehr weitergebildet, meine einzige Verbündete in Sachen Genesis war eine Schulfreundin. Es reizte mich, die alten Genesis-Nummern live zu hören (schließlich war ich als Jahrgang 1979 viel zu jung, um die Knaller der Gabriel-Ära live on Tour hören zu können), und wurde beim Konzert nicht enttäuscht. Im Gegenteil – ich war völlig euphorisch!
Im Onlineforum blieb ich danach gerne, schließlich gibt es dort viel über die aus den Augen verlorene Lieblingsband zu erfahren. Surfen im Forum ist wie ein virtuelles Treffen einer Minderheit, die in ganz Deutschland verstreut ist – und es gibt sogar ein paar englische Einträge. Ich las sehr persönliche Artikel von Fans und verfolgte Schicksale, tauschte Chatprogramm-Nummern aus und schloss zunächst abstrakte Freundschaften mit Menschen, die ich noch nie gesehen hatte. Besonders mit zwei Schülern, acht Jahre jünger als ich, die sich „Zaebba“ und „Jack Sparrow“ nannten.
Die ersten Chats habe ich immer noch gespeichert, gleich die erste geschriebene Unterhaltung mit Jack Sparrow ging über zwei Stunden und bis in die Nacht hinein:
Eines Tages schrieb er, dass er seine Tante ganz in der Nähe besuchen würde und ob wir uns nicht treffen könnten. Natürlich könnten wir! Das war die Gelegenheit, meine alten Videokassetten mit Genesis-Dokus, mühsam aufgenommen oder getauscht, mit einem Gleichgesinnten anzugucken. Gesagt, getan – und wir verstanden uns super. Mein Freund war übrigens im Auslandspraktikum. Danach folgte eine Achterbahn der Gefühle. Ich trennte mich schließlich von meinem Freund und das große Glück von „Jazzeke“ und „Jack Sparrow“ konnte beginnen.
Ein Jahr später standen wir gemeinsam im Stadion, um die Gruppe zu sehen, die uns indirekt zusammengeführt hatte: Genesis! Für uns war ein Traum wahr geworden. Natürlich konnten wir bei der Gelegenheit auch andere Fanclub-Mitglieder treffen, Christian und viele andere hatten wir schon beim Fanclub-Event 2006 in Welkers kennen gelernt. Bei den Konzerten von „The Musical Box“ (übrigens eine andere Liga als Seconds Out“) sehen wir immer wieder dieselben Fans aus dem Onlineforum, die sich jeweils vor den Gigs bei uns melden. Andere Begegnungen mit Genesis-Liebhabern von „it“ sind zufällig und passieren etwa bei Konzerten von Yes oder Porcupine Tree.
„Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?“, ist die klassische Frage für Paare. Wir könnten sagen: im Internet. Richtiger aber ist es, zu antworten: im Genesis-Fanclub. Musik zu hören und Konzerte zu besuchen ist nach wie vor unser gemeinsames Hobby. Für uns wäre es unvorstellbar, völlig verschiedene Musikgeschmäcker zu haben. Inzwischen wohnen wir zusammen und möchten bald heiraten. Auch bei der Hochzeit dürfen Musik von Genesis und eine Fraktion vom Fanclub natürlich nicht fehlen.