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Steve Hackett – The Lamb Stands Up Live At The Royal Albert Hall – Rezension
Die Steve Hackett Show in der Royal Albert Hall 2024 zeichnete sich nicht nur durch zahlreiche musikalische Gäste aus, sondern wurde auch für eine Veröffentlichung aufgenommen – The Lamb Stands Up Live At The Royal Albert Hall.
Vorgeschichte
Livealben und Konzertfilme von Steve Hackett sind keine Seltenheit, sondern eine Tradition. In der Regel kommt auch beides zusammen, d.h. man bekommt ein Livealbum mit einem Konzertfilm. Im Prinzip wurde jede Tour seit 2009 mit einem Livealbum, einem Konzertfilm oder beidem dokumentiert. So war es keine Überraschung, dass Steve auch von seiner Genesis Greats, Lamb Highlights & Solo Tour ein Live-Paket zusammenstellen und veröffentlichen würde.
Die Royal Albert Hall
Es gibt wenige Hallen in Großbritannien, die einen so großen Namen haben wie die Royal Albert Hall. Auch Steve war schon dort und es gibt auch bereits ein Livedokument namens Genesis Revisited: Live At The Royal Albert Hall, das 2014 veröffentlicht wurde. Nach der Sommer-Tour 2024, die überwiegend Open Air stattfand, war somit die Royal Albert Hall in London eine logische Wahl, um die Tour quasi in der Heimatstadt zu filmen und aufzunehmen.
Das Konzert und die Setlist

Während der Tour im Sommer und Herbst hat Steve die Setlist praktisch nicht verändert. Eine Ausnahme bildeten die Shows in Zoetermeer, wo er gleich vier Mal auftrat. Und auch in der Royal Albert Hall gab es Abweichungen. Fly On A Windshield war deutlich länger, Carpet Crawlers hatte einen anderen Sänger und bei Firth Of Fifth gab es ein Flötensolo. Außerdem wurde mit Hands Of The Priestess ein Stück mehr gespielt. Das lag an einem der musikalischen Gäste …
Auch das ist eine kleine Tradition. Steve Hackett hat bei seinen Auftritten in London oft Gäste dabei, die alle auf ihre Weise dem Konzert eine besondere Note bescheren. Dieses mal waren in London folgende Freunde dabei:
Amanda Lehmann
Sie ist so etwas wie der personifizierte erste Teil von Shadow Of The Hierophant. Nur wenn sie dabei ist, spielt die Band den Klassiker komplett. Ein wirklicher Special Guest war Amanda dieses mal streng genommen aber nicht, denn sie war auf der ganzen UK-Tour dabei.
John Hackett
Auch Steves Bruder John ist ein regelmäßiger Gast bei seinen Shows. John hat auf etlichen Alben von Steve mitgewirkt und es gibt auch gemeinsame Projekte (zum Beispiel das Album Sketches Of Satie). Extra für dieses Konzert wurde Hands Of The Priestess in den Set aufgenommen. John hatte schon auf Voyage Of The Acolyte mitgewirkt, was seinerzeit sein Debüt als Profimusiker war. Außerdem spielte er eine Flötenmelodie im Instrumentalteil von Firth Of Fifth.
Steve Rothery

Das Marillion-Urgestein Steve Rothery ist ebenfalls kein Neuling auf der Gästeliste. Seit einiger Zeit ist auch bekannt, dass Steve und Steve an einem gemeinsamen Album arbeiten. Für den Auftritt in der Royal Albert Hall kam Steve während Fly On A Windshield auf die Bühne und die beiden Steves improvisierten ein längeres Gitarrenintermezzo. Das Ganze war ungeprobt und entstand spontan.
Ray Wilson
Nach einiger Zeit ist auch Ray Wilson mal wieder zu Gast bei Steves Liveshow. Wie schon bei früheren Gastauftritten sang er Carpet Crawlers.
Ablauf des Konzerts
Viele Details zur Show könnt ihr natürlich bereits in unseren Artikeln zur Sommer Tour 2024 und zur Frühjahrstour 2025 nachlesen. Aber natürlich ist diese Show in der Royal Albert Hall besonders. Steve räumte im Interview ein, dass er nervös war. Am Ende aber lieferten er und seine Band ab – und auch die Gäste.
Der erste Teil baut einen Spannungsbogen auf und nach den ersten drei Titeln aus dem Album The Circus And The Nightwhale (bei dem These Passing Clouds das Potenzial für einen Live-Klassiker hat) gibt es einige Hackett-Standards, die allerdings auch relativ oft von ihm gespielt werden (insbesondere Every Day und Camino Royale). Natürlich ist das Stück Hands Of The Priestess eine besondere Erwähnung wert, da John Hackett hier auf der Bühne ist und das Stück sonst auf der Tour gar nicht gespielt wurde. Wie Steve verrät, war das Stück auch der Start der Profikarriere als Musiker für John Hackett, und fast 50 Jahre später spielen sie das Stück wieder gemeinsam.

Etwas unklar ist, warum John für das nächste Stück, A Tower Struck Down, nicht auf der Bühne blieb. Er sollte aber später im Konzert noch einmal für einen besonderen Auftritt auf die Bühne zurückkommen.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir das Stück The Devil’s Cathedral, bei dem Nad Sylvan im ersten Teil seinen ersten Leadgesangeinsatz hat. Der Song ist für seine Stimme perfekt und auch das Stück aus dem Album Surrender Of Silence wird mehr und mehr ein Standard im Live-Set. Nad hat über die Jahr auch mehr und mehr seine Stimme für die Songs im Set von Steve Hackett geschult und gefunden und wurde immer selbstbewusster. Auch Solo ist sein Weg erfreulich, wie sein aktuelles Soloalbum Monumentata zeigt.
Eines der Highlights des ersten Sets ist auch das Bass-Solo von Jonas Reingold, das lange Basic Instincts betitelt wurde. Nun heißt es Low Notes And High Hopes, was aber nichts am Unterhaltungswert ändert. Jonas ist eine zentrale Figur in Steves Live-Band geworden und die Würdigung in Form dieses Solos ist mehr als angemessen. Gern weisen wir hier auch noch einmal auf sein Soloprojekt hin, die Band Karmakanic, die Anfang des Jahres das Album Transmutation veröffentlicht hat.
Shadow Of The Hierophant bleibt Steve Hacketts Solovermächtnis. Und hier bekommen wir den Klassiker in voller Länger. Amanda Lehmann singt und haut in die Saiten; die Band ist in Top-Form und das Finale ist einfach grandios. Natürlich ist es anders, dies live zu erleben, aber man kann die Wucht des Sounds auch am Fernseher erahnen, wenn die ein oder andere Kamera anfängt zu zittern.
Das Für und Wider, warum Steve den Lamb-Teil nur mit einer Auswahl spielt – und vor allem welche Songs ergewählt hat, ist bereits mehrfach diskutiert worden. Für die Rezension dieser Veröffentlichung sind andere Dinge interessant.

Kaum setzt der instrumentale Teil des Songs Fly On A Windshield ein, hält Steve inne und begrüßt Steve Rothery (Marillion) auf der Bühne. Was dann folgt ist eine Art Unterhaltung auf der Gitarre. Das Ganze geht sehr lange und ist vollständig improvisiert, da die beiden das nicht proben konnten. Es ist faszinierend, den beiden Legenden beim Spielen zuzusehen.
Wenig später taucht Ray Wilson im hinteren Teil der Bühne, auf einem Podest zwischen Craig Blundell und Roger King auf. Auch er wird von Steve vorgestellt und dann singt er „seinen“ Song Carpat Crawlers. Kaum ein Stück aus der Gabriel-Ära der Band singt Ray so gut wie diesen Song. Ray machte sich Carpet Crawlers zu eigen, spielt es oft auf seinen Konzerten und war auch bereits 2013 als Gast bei diesem Song zu hören. 2024 klingt es etwas anders interpretiert. Man sieht Ray an, wie er sich konzentriert.
Und da steht er, leicht erhöht auf der Bühne der Royal Albert Hall in einem Look, der auch etwas an Rael erinnert, und singt sich die Seele aus dem Leib. Er hat dort auch die Bühne, die er verdient – Ausstrahlung, Würde, Klasse, eine faszinierende Halle … es ist alles da .. und natürlich auch das Publikum. Nicht wenige Fans in Großbritannien würden sich wünschen, dass er mal wieder öfter bei ihnen vorbeischaut ….
Das „Lamb Stew“ hat danach mit The Chamber Of 32 Doors, The Lamia und it noch drei absolute Highlights, bevor weitere Genesis-Klassiker den Abend abrunden.
Im Prinzip kann man alle weiteren Tracks einzeln hevorheben. Dancing With The Moonlit Knight funktioniert in dieser Halle ausgezeichnet und auch Steve spicht im Interview von einem besonderen Moment und Ort für diesen Song. Eine Überraschung gibt es dann bei Firth Of Fifth, als John Hackett auf die Bühne kommt und das Flötensolo eben auf der Flöte spielt. Eine sehr ansprechende Darbietung, die ja quasi das Intro für Steves legendärstes Gitarrensolo ist.
Am Ende ses Konzerts darf sich auch Craig Blundell am Schlagzeug verausgaben, bevor das Konzert mit Los Endos / Slogans einen würdigen Abschluss findet. Danach kommen auch alle Gäste noch mal auf die Bühne und lassen sich feiern.

Bild und Ton
In Zeiten, in denen die heimischen Fernseher immer größer werden, verliert das Medium DVD logischerweise an Attraktivität. Und so setzt man in den letzten Jahren vermehrt auf HD-Bilder oder noch höhere Auflösungen. Auch der aktuelle Konzertfilm von Steve Hackett liegt in HD auf Blu-ray vor (1080p). Und das Bild liefert solide ab. Hin und wieder sieht man eine Körnung oder auch mal einen vibrationsbedingten Wackler, aber insgesamt bekommen wir ein starkes Bild geboten, das der Royal Albert Hall würdig ist. Auch der Schnitt ist gut und man bekommt verschiedene Perspektiven gezeigt.
Der Ton der Blu-ray liegt in Stereo vor und auch in Surround. Doch anders als die meisten aktuellen Veröffentlichungen als Konzertfilm gibt es keinen Dolby ATMOS Mix, sondern „nur“ einen dts 5.1 Surround Sound. Für diesen ist Tom Lord-Alge verantwortlich. Der Mix ist dezent. Der Center-Lautsprecher findet fast nicht statt und auch auf den hinteren Boxen hört man überwiegend Hall oder das Publikum. Hier hätte man sich vielleicht etwas mehr aus dem Fenster lehnen können – andererseits war das Konzert an sich ja auch keine Surround-Veranstaltung. Insgesamt ist der Sound druckvoll und die einzelnen Instrumente gut herausgearbeitet.
Das Bonusmaterial

Die Blu-ray enthält als einziges Bonus-Feature ein etwa 23minütiges Interview mit Steve Hackett. Es lohnt sich aber, das Interview anzusehen. Steve berichtet von der Royal Albert Hall als besonderen Ort und bringt auch die familiäre Komponente mit herein, denn seine Mutter war ebenfalls vor Ort und stolz, ihre beiden Söhne zusammen zu sehen. Sie urteilte über die Show: „Das war das beste Konzert, das ich je gesehen habe“.
Steve würdigt außerdem seine Gäste und deren Beiträge. So stellt er fest, dass Ray Wilsons Gesangsleistung auf Calling All Stations grandios war und sein Beitrag in der Royal Albert Hall ebenfalls. Er stellt auch heraus, dass Ray den Song dieses Mal etwas anders gesungen hat, was Steve fantastisch findet. Mit Steve Rothery arbeitet er bekanntermaßen an einem gemeinsamen Album und er betont, dass das Gitarrenintermezzo der beiden während Fly On A Windshield improvisiert und nicht geprobt war.
Rückblick auf The Lamb Lies Down On Broadway
Außerdem blickt Steve zurück auf die Zeit rund um The Lamb und die besonderen Umstände. Dazu zählt auch die Geschichte seiner Handverletzung und natürlich die ersten Konzerte in Nordamerika, als das Album noch gar nicht erhältlich war. Er hebt insgesamt die Rolle von Tony Banks in der Band hervor („wir haben alle von ihm gelernt“) und die besondere Verbindung, die er mit Peter Gabriel hatte (und hat).
Aufmachung und Verpackung
Im Kern haben wir mit einer 2CD/Blu-ray und einem 4LP-Set zwei Formate, wobei das LP-Set ohne den Konzertfilm auskommen muss. Dafür enthält das Vinyl-Set ein Booklet und natürlich insgesamt größere Bilder. Das 2CD/Blu-ray-Set kommt in einem Pappschuber und ist ein Digipak mit echten Trays. Um das Cover nicht zu verschandeln, wurde ein Bild mit den entsprechenden Zusatzangaben (Altersbeschränkung usw.) auf den Pappscchuber gelegt und dann eingeschweißt. Das Set hat kein Booklet. Die Infos sind direkt auf die aufklappbaren Teile des Digipaks gedruckt.
Dieses Mal gibt es keine Variante mit einer DVD – insgesamt scheint das Medium nach und nach zu verschwinden. Für die Vinyl-Fans ist sicher das Fehlen der Blu-ray ärgerlich – hier sollte man bei künftigen Veröffentlichungen darüber nachdenken, diese in das Set zu integrieren. Das Vinyl-Set hat dafür aber ein Booklet im LP-Format, in dem man auch das ein ander andere Foto in voller Pracht ansehen kann.
Fazit
Von jeder Tour seit 2013 gibt es mindestens ein Live-Dokument, meist in Form eines 2CD/DVD oder 2CD/Blu-ray-Sets und oft auch auf Vinyl. An sich ist das eine tolle Sache – so werden die Tourneen von Steve quasi lückenlos dokumentiert. Ein bisschen Wiederholung lässt sich zwar nicht vermeiden jedoch bleibt es erstaunlich, wie sehr Steve den Genesis-Teil variiert. Mit dem hier vorliegenden Set hat er wieder das Spektrum erweitert. Und natürlich machen die Special Guests und die Halle den Abend und somit auch die Veröffentlichung besonders. In Summe gehört The Lamb Stands Up Live At The Royal Albert Hall zu seinen besten Live-Dokumentationen.
Autor: Christian Gerhardts
Fotos: Michaela Ix (Nahaufnahmen), Diana Seifert (Band / LP Booklet)


Formate
The Lamb Stands Up Live At The Royal Albert Hall ist in verschiedenen Formaten erschienen. Neben dem digitalen Album (Stream / Download) gibt es ein 4LP-Set sowie ein 2CD/Blu-ray-Set. Auf eine DVD-Variante wurde dieses mal verzichtet. Das Album als Stream kommt übrigens im Losless-Format, d.h. es wird nicht in Dolby Atmos angeboten.
Die Tracklist des digitalen Albums und der 2CD unterscheidet sich leicht von der Setlist des Konzerts. Der Grund dafür sind schlicht Kapazitätsgründe des Mediums CD. Allerdings hätte man für die digitale Version die richtige Reihenfolge durchaus wiederherstellen können. Auf Konzertfilm ist die Reihenfolge der Tracks aber analog dem Konzert.
Tracklist 2CD (und digitales Album)
CD1
People Of The Smoke
Circo Inferno
These Passing Clouds
The Devil’s Cathedral
Every Day
Hands Of The Priestess
A Tower Struck Down
Low Notes And High Hopes
Camino Royale
Shadow Of The Hierophant
The Cinema Show
Aisle Of Plenty
CD2
The Lamb Lies Down On Broadway
Fly On A Windshield
Broadway Melody Of 1974
Hairless Heart
Carpet Crawlers
The Chamber Of 32 Doors
Lilywhite Lilith
The Lamia
It
Dancing With The Moonlit Knight
Firth Of Fifth
Los Endos
Tracklist Blu-ray
People Of The Smoke
Circo Inferno
These Passing Clouds
The Devil’s Cathedral
Every Day
Hands Of The Priestess
A Tower Struck Down
Low Notes And High Hopes
Camino Royale
Shadow Of The Hierophant
The Lamb Lies Down On Broadway
Fly On A Windshield
Broadway Melody Of 1974
Hairless Heart
Carpet Crawlers
The Chamber Of 32 Doors
Lilywhite Lilith
The Lamia
It
The Cinema Show
Aisle Of Plenty
Dancing With The Moonlit Knight
Firth Of Fifth
Los Endos
Bonus: Steve Hackett Interview
Tracklist Vinyl:
LP1, Seite A
People of the Smoke
Circo Inferno
These Passing Clouds
The Devil’s Cathedral
Hands of the Priestess
LP1, Seite B
A Tower Struck Down
Low Notes And High Hopes
Camino Royale
LP2, Seite A
Every Day
Shadow of the Hierophant
LP2, Seite B
The Lamb Lies Down on Broadway
Fly on a Windshield
Broadway Melody of 1974
Hairless Heart
LP3, Seite A
Carpet Crawlers
The Chamber of 32 Doors
Lilywhite Lilith
LP3, Seite B
The Lamia
It
Dancing With the Moonlit Knight
LP4, Seite A
The Cinema Show
Aisle of Plenty
Firth of Fifth
LP4, Seite B
Los Endos
Bestell-Optionen in Deutschland
2CD/Blu-ray: amazon* | JPC* | JustForKicks
4LP-Set: amazon* | JPC* | JustForKicks
digitales Album: amazonMP3*
Außerdem könnt ihr das Album auch in den offiziellen Webshops von Steve Hackett und InsideOut erwerben.
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