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Steve Hackett – Lamb Highlights Frühjahrstour 2025 – Bericht

Steve Hackett im Frühjahr 2025 – es gab weitere Shows in Europa im Rahmen der Genesis Greats, Lamb Highlights & Solo Tour.

Vorgeschichte

Es wurde schon oft über das Tourkonzept von Steve Hackett diskutiert. Seit 2013 tourt er mit einem erheblichen Genesis-Anteil im Set um die Welt. In 2013 und 2014 sogar ausschließlich. Und nun spielt er seit etwa 10 Jahren einen geteilten Set aus Genesis-Klassikern, aber auch etliche Solo-Stücke aus seiner langen Karriere sind Teil seines Programms.

Dazu kommt, dass Steve einer der produktivsten Musiker in der Genesis-Familie ist. In den letzten zehn Jahren hat er fünf Rock-Alben veröffentlicht (Wolflight, The Night Siren, At The Edge Of Light, Surrender Of Silence und The Circus And The Nightwhale) und dazu kam das Akustik-Album Under A Mediterranean Sky. Außerdem war er an mindestens vier Studioalben der Band Djabe beteiligt. Hinzu kommen etliche Live-Alben, die seine Konzertreisen bestens dokumentieren.

Jeweils ein Genesis-Set und ein Solo-Set

Thematisch orientiert Steve sich meist an einem Genesis-Album sowie seinem aktuellen Soloalbum. Entsprechend ist er seit dem Sommer 2024 mit einer Auswahl seines aktuellen Albums The Circus And The Nightwhale im Soloteil unterwegs (People Of The Smoke, Circo Inferno und These Passing Clouds). Dazu kommen ein paar Hackett-Klassiker wie Camino Royale, Every Day oder Shadow Of The Hierophant. Der Genesis-Teil wiederum ist eine Art Lamb-Stew, also eine Auswahl des Werkes, was wohl auf Grund der Länge des Albums der beste Kompromiss war.

Steve Hackett live 2025

Steve tourte bereits im Sommer auf dem europäischen Festland, darunter war er auch Headliner des allerletzten Night Of The Prog Festivals auf der Loreley. Im Herbst folgte eine ausgedehnte UK-Tour. Auf beide Tourabschnitte werden wir uns hier und da beziehen.

Extra-Shows in Europa

Etwas überraschend wurde im Herbst ein Nachschlag für Europa angekündigt. Bei diesen 14 Shows lag der Schwerpunkt auf Skandinavien und Deutschland. Auch zwei Shows in Polen waren dabei. Tourabschnitt-Abschluss war schließlich im holländischen Tilbourg. Im Juli folgen vier Shows in Japan und im September weitere sieben in Italien. Und im Herbst spielt Steve mit seiner Band fast 30 Shows in Nordamerika.

Bei den Shows im Frühjahr 2025 gab es eine entscheidende Änderung: Craig Blundell stand auf Grund der Steven Wilson Tour nicht zur Verfügung. Er wurde vom deutschen Schlagzeuger Felix Lehrmann vertreten. Den Job bekam er durch die Flower Kings Connection; darüber hinaus hat er insgesamt eine sehr große Liste mit Referenzen. Felix spielte außerdem mit Dieter „Maschine“ Birr, Jan Böhmermann, Curtis Stigers, Helge Schneider oder Martin Miller, um nur einige zu nennen. Eine kleine Genesis-Familien-Referenz gibt es bei Nathan East, mit dem er auch bereits spielte. Mit Felix haben wir ein kleines Interview geführt, das wir beizeiten veröffentlichen werden. Mehr Infos über Felix findet ihr auf seiner Website.

Keine echte Änderung, aber trotzdem erwähnenswert: Amanda Lehmann war nur auf dem UK-Abschnitt dabei und nicht mehr während der Frühjahrstour. Die größte Auswirkung auf den Set hat dies beim Song Shadow Of The Hierophant, der im Falle von Amandas Beteiligung komplett gespielt wird, sonst nur der instrumentale zweite Teil.

Gespielte Songs

Wie schon auf den beiden Tourabschnitten davor bestand der erste Teile des Sets aus Solostücken:

Jonas Reingold

People Of The Smoke
Circo Inferno
These Passing Clouds
The Devil’s Cathedral
Every Day
A Tower Struck Down
Basic Instincts
Camino Royale
Shadow Of The Hierophant

Neben den drei Songs seines aktuellen Albums gleich zu Beginn fällt auf, dass einerseits Every Day und Camino Royale immer mehr feste Bestandteile seines Sets sind. Andererseits scheint The Devil’s Cathedral vom Album Surrender Of Silence eine ähnliche Rolle zu bekommen. Dieses Stück gibt natürlich auch Nad Sylvan Gelegenheit, im ersten Set eine etwas größere Rolle zu spielen. Nad hat übrigens soeben ein neues Soloalbum veröffentlicht – Monumentata. Shadow Of The Hierophant scheint ohnehin gesetzt zu sein. Dieses Stück ist kaum mehr wegzudenken aus seinem Set. Es ist sein In The Air Tonight und neben Firth Of Fifth wohl DAS Signature-Solo Seiner Karriere.

Viel Platz bekommt seit einiger Zeit Bassist Jonas Reingold. Der Schwede zelebriert sein Instrument mit einem schönen und abwechslungsreichen Solo. Dieser Teil wurde lange Basic Instinct genannt – und bekommt auf dem kommenden Live-Album The Lamb Stands Up Live At The Royal Albert Hall einen neuen Namen: Low Notes And High Hopes.

Erwähnenswert ist auch, dass während der gefilmten Show in London ein weiterer Track gespielt wurde, der im Frühjahr nicht mehr vorkam: Hands Of The Priestess – bei diesem Stück spielte Special Guest John Hackett Flöte.

Nad Sylvan

Wie immer gönnte sich die Band dann eine Verschnaufpause von ca. 20 Minuten, bevor es mit dem Lamb-Teil weiterging:

The Lamb Lies Down On Broadway
Fly On A Windshield
Broadway Melody Of 1974
Hairless Heart
Carpet Crawlers
The Chamber Of 32 Doors
Lilywhite Lilith
The Lamia
it

Wie schon angedeutet ist es nicht einfach, aus einem Gesamtkunstwerk ein paar Highlights oder Fragmente herauszubrechen. Und so bietet die Auswahl, die Steve getroffen hat, natürlich Raum für Kritik. Andererseits muss es eine Entscheidung geben, insofern hätte man es ohnehin nicht allen recht machen können.

Die ausgewählten Songs werden flüssig präsentiert und bilden am Ende doch so etwas wie eine Einheit. Natürlich kann man fragen, warum es kein In The Cage gibt oder ein Counting Out Time usw. Hier hätte Steve sicher auch im Rahmen der verschiedenen Tourabschnitte ein wenig variieren können. Ungeachtet dessen zeigte sich die Band nicht nur in bester Spiellaune, auch Nad Sylvan singt die Songs besser als je zuvor.

Und bei vielen Songs wird deutlich, dass er zumindest zeitweise eine andere Position auf der Bühne verdient hätte – nämlich vorn in der Mitte. Sehr gut war daher die Entscheidung, dass er einige Songs auf einem Podest zwischen Schlagzeug und Keyboard spielte. Ein sehr souveräner und leidenschaftlicher Auftritt des Sängers!

Felix Lehrmann

Highlight der Lamb-Auswahl ist ohne Zweifel The Lamia. Ohnehin ist das Stück eines der Lieblingsstücke unter den Fans. In London half bei The Lamia Steve Rothery von Marillion aus und Ray Wilson sang Carpet Crawlers. Auch wenn es solche Goodies auf der Frühjahrstour nicht gab, so war der Lamb-Teil dennoch ein Fest für die Sinne.

Und Felix Lehrmann? Auch als Nicht-Musiker merkt man sofort, dass er einen anderen Drumstil hat als Craig Blundell. Er machte seine Aufgabe mehr als gut und es gab keinen einzigen Moment, in dem man das Gefühl hatte, dass es nicht passen würde. Auch optisch sticht er mit Sportkleidung und Stirnband etwas heraus.

Nach dem Lamb-Teil wurden im letzten Jahr noch Dancing With The Moonlit Knight sowie The Cinema Show / Aisle Of Plenty gespielt. Und genau hier gab es die einzige Setlist-Änderung. Die Band spielte mal wieder Supper’s Ready! Das Stück war Teil des regulären Sets vor den Zugaben. Es wurde – wie bei Steve Hackett nicht ungewöhnlich – mit einem verlängerten Schluss dargeboten, in dem sich Steve selbst an der Gitarre austobte. Und die Band spielte das Stück mit der gleichen Leidenschaft, die das Publikum zeigte. Es ist einer dieser Konzertmomente, wenn Darbietung und Publikum miteinander zu verschmelzen scheinen.

Zusammen mit den Zugaben ergab sich dann folgender finaler Block.

Supper’s Ready
Firth Of Fifth
Los Endos (Slogans)

Das Publikum feierte die Band nach Supper’s Ready überall während der Frühjahrstour. Und das bleib auch bei Firth Of Fifth und Los Endos so – letzteres hatte wieder die bei Hackett traditionellen Passagen des Hackett-Stücks Slogans.

Fazit

Es waren wieder zweieinhalb Stunden Konzert auf höchstem musikalischen Niveau. Seit Jahren bietet uns Steve die Möglichkeit, ihn regelmäßig live zu sehen. Und er variiert sein Programm durchaus. Auch die Genesis-Fans bekommen immer wieder andere Stücke geboten. Dazu ist seine fantastische Band eingespielt und versprüht eine wahnsnnige Spielfreude. Mann kann schlicht nur dankbar sein, dass wir solche Konzerte immer noch geboten bekommen.

Autor: Christian Gerhardts
Fotos: Michaela Ix

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