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Peter Gabriel – Secret World Live EP – Rezension
Als Vorabveröffentlichung zu Gabriels Konzertalbum Secret World Live erschien noch eine EP. Zwei der vier Tracks sind nicht auf dem Album enthalten. Wir schauen hin.
Gemeinsam mit der Veröffentlichung des Albums Secret World Live brachte Gabriel am 15. August 1994 auch eine EP heraus, die da hieß SW Live EP. Sie enthielt vier Tracks – wobei die Zusammenstellung ein wenig eigenwillig war.
Dachte man zunächst, es handelt sich um eine Art Kostprobe des Albums, das zwei Wochen später herauskam, eine Art Vorabsingle, stellte sich bei genauerem Hinsehen heraus, dass nur zwei Stücke tatsächlich vom Livealbum stammten – das dritte war darauf nicht enthalten, das vierte stammte noch nicht mal von der Secret World Tour.
Gründe genug, sich das mal im Einzelnen anzuschauen.
Red Rain und Come Talk To Me sind die beiden ersten Tracks und auch die, die auf dem Album enthalten sind. Sie sind exakt gleich zu den Versionen dort, nur im Mastering etwas anderes aufbereitet. Interressant ist vielleicht, dass Come Talk To Me, das ja sowohl das Album als auch die Konzerte eröffnete, an zweite Stelle gerückt ist. Dass Red Rain der Vortritt gewährt wurde, liegt vielleicht dran, dass es ein klein wenig bekannter sein dürfte und man sich von einer Uptempo-Nummer an erster Stelle eventuell ein besseres Opening versprach.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Track zwar auf dem Album enthalten ist, in der Standard-Setlist der Tour aber nicht vorkam und auch im Konzertfilm, der ebenfalls zeitgleich erschien, nicht eingeschlossen ist. Erst später, bei der zweiten Veröffentlichung des Films auf DVD (2012) tauchte das Stück im Bonusmaterial auch erstmals per Bild auf.
Beim dritten Track der EP verhält es sich gewissermaßen umgekehrt: San Jacinto war zwar auf dem Konzertfilm enthalten, nicht jedoch auf der Livealbum. In einer Audiofassung erhielt man das Stück auf der EP also exklusiv. Das ist einerseits schön, es also doch noch zu bekommen, andererseits verwunderlich, denn im Film stellt es sicherlich einen der zentralen Momente dar und die musikalische Umsetzung auf dieser Tour ist in manchen Details auch sehr bemerkenswert. Befremdlich deshalb, dass es aus dem Livealbum gekippt wurde.
Schließlich gibt es noch als viertes Stück Mercy Street. Das hat damals sicher manchen erstaunt aufschauen lassen. Der Song gehörte seinerzeit nicht zum Tourprogramm und war auch nicht im Film enthalten. Was also war das hier für eine Besonderheit? Erst beim Lesen des Kleingedrucken konnte man feststellen, dass die Aufnahme tatsächlich nicht von der Secret World Tour stammt, sondern sechs Jahre vorher bei der Tour zum So-Album entstanden war. Es handelt sich im Prinzip um die Fassung, die auch auf dem Konzertfilm PoV enthalten ist, lediglich das zarte Synthesizer-Into ist ein wenig gekürzt.
Personell ist dann hier auch die einzige Abweichung zum Album, denn Aufnahme und Mix sind von David Bottrill und Kevin Killen, Produzent war Gabriel alleine.
Ansonsten ist es schon durchaus angenehm, diese Liveversion des Stücks mitgeliefert zu bekommen, denn sie ist wirklich eindrucksvoll, da sie gerade in der ausgedehnten Schlussphase große Intensität entwickelt. Zudem weicht sie im Mix etwas ab von der später veröffentlichten Version auf Live in Athens, bei der leider ausgerechnet der Bass von Tony Levin, der hier eindrücklich im Zentrum steht, zurückgenommen wurde. Auch in dieser Hinsicht ist das also ein interessantes Bonusstück. Die Idee an sich bleibt trotzdem ein Kuriosum.
Uns liegen keine Auskünfte vor, warum man sich damals für diese doch wieder mal eigenwillige Veröffentlichungspolitik entschieden hat. – Einfach nur, um Kaufanreiz mit Exklusivmaterial zu schaffen? Gab es technische (Längen)Beschränkungen auf dem Album und man wählte diesen Weg, um doch noch Lohnenswertes veröffentlichen zu können? Gab es eine besondere Liebe zu dem Track der So-Tour, die zu seiner Anfügung führte? – Fragen, die vermutlich einfach offen bleiben müssen.
Thomas Schrage, Juli 2025
Tracklist
1 Red Rain 6:15
2 Come Talk To Me 6:13
3 San Jacinto 8:27
4 Mercy Street 9:17
Gesamtspielzeit: 30:12