Vor 35 Jahren: STEVE HACKETT verlässt Genesis

  • Je nachdem was man schätzt und wo die Vorlieben in musikalischer Hinsicht liegen. Genesis in der 5er Formation war - in meinen Augen - etwas Einzigartiges. Da war etwas Spezielles und Magisches in dieser Musik, die sonst keine andere Band machte. Mit Steve war es noch da, wenn auch in etwas anderer Form. Danach war es weg. Bis heute habe ich nichts in dieser Art gefunden. Leider.
    Genesis machte nachher immer noch sehr gute Musik, aber es war eher etwas Austauschbares, das auch andere Bands machten. Von daher ist es für mich ein Verlust, der nicht ersetzt wurde. Ich hätte gern gesehen, was die Vier weiter auf die Beine gebracht hätten. Eine gewisse Polarität hätte sicher mehr Spannung und Abwechslung in die Musik gebracht. Wie Christian angedeutet hat: Steves Komplexivität gegen Phils Fähigkeit Dinge einfach zu halten.
    Ausserdem fehlte die Lead-Gitarre aus meiner Sicht schon, sehr viele Stücke wurden enorm keyboard-lastig.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Ich hatte gleich die Befürchtung, daß wir nie mehr solche Stücke wie "Blood on the Rooftops" oder "Cinema Show" erleben würden, leider habe ich Recht behalten! Es war das Aus von Genesis, so wie wir sie damals geliebt haben! Die "guten alten Genesis" Zeiten war vorbei! Was danach kam, na ja (Duke) bis übel (Invisble Touch). Wenn ich heute zu einem Steve Hackett Konzert gehe und die alten Songs höre, ja, DAS ist Genesis_Musik! Sein Ausstieg war auch das Ende für Genesis!!!!!!! Viele Grüße an Alle!


    Ist jetzt einfach für mich zu sagen, das sehe ich genauso, ist aber in dem Fall so! :topp:


    Heute haben die Alben mit Steve Hackett (bis einschl. W&W) für mich die höchste Haltbarkeitsstufe. 35 Jahre und mehr! (Nur Duke höre ich wegen des frischen 2007er 5.1 Mixes noch gerne ganz durch.)


    ATTWT, ABACAB, Invisible und Dance sind bei mir größtenteils "durch"! Shapes ab und zu wegen HBTSea + 2ndHBTSea).


    OK, Calling ist ne gute Scheibe, wenn man es nicht mit der Band Genesis in Verbindung bringt. (Unter anderem Namen wäre da noch vieles möglich gewesen)


    Danach war es weg. Bis heute habe ich nichts in dieser Art gefunden. Leider.


    Habe jetzt Zys Beitrag der Übersicht wegen gestutzt. Sein Beitrag bringt es für mich absolut auf den Punkt.


    Irgendwo schrieb ich mal, dass mir Steve in der Band mehr fehlt als Peter. Dazu steh ich nach einigen Sonnenaufgängen immer noch.


    Es waren nicht die Kostüme oder das Charisma eins PG das mich faszinierte, weil ich ihn auf der Bühne nicht erlebte, sondern das musikalische Gesamtwerk dieser Band zu dieser Zeit.


    PGs Stimme wurde durch PC perfekt kompensiert, weil beide Stimmen ähnlich klangen. Hacketts Einfluss in Form klassischer Stilelemente wurde jedoch aufgegeben. Der Rest der Geschichte über Ruhm und Erfolg ist bekannt.


    So! Und nun freu ich mich erst einmal auf Rev II. Auf Steve ist eben Verlass! ;)

    GENESIS

    In Concert

    1978 Saarbrücken Ludwigsparkstadion 1981 Frankfurt/M Festhalle

    1987 Mannheim Maimarktgelände

    1992 Hockenheim Motodrom - 2007 Stuttgart Gottlieb-Daimler-Stadion

    2022 Hannover Expo

    ..

    Steve Hackett

    In Concert

    2009 Remscheid - 2014 Bochum 2015 Dortmund  

    2017 Hamburg 2019 Hamburg

    ..

    Peter Gabriel

    In Concert

    2013 Stuttgart 2023 Hamburg

    ..

    Anthony Phillips

    2014 Welkers

    11 Mal editiert, zuletzt von YoungKingCole ()

  • Als "Spätgeborener" der Genesis mit 12 Jahren 1983 entdeckt hat, würde ich Hacketts Ausstieg nicht unbedingt mit dem "Ende von Genesis" gleichsetzen. Aus der Perspektive eines Fans, der in den 70ern groß geworden ist, aber durchaus verständlich. Ich kenne da noch zwei, drei Leute die noch heute mit blanken Entsetzen über ATTWT sprechen.
    Hackett wurde m. M. bandintern immer unterschätzt, bei vielen Fans (zumindest was seinen Stellenwert in der Band betrifft) mittlerweile etwas überschätzt.
    Ich denke die Stilveränderungen haben mehr mit bewussten Entscheidungen der drei verbliebenen Herrschaften zu tun. Rutherford packte eben die 12saitige wieder in den Koffer und Banks hat sich mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen an seiner Vision des anspruchsvollen Pops abgearbeitet.


    Vermutlich hätte es in der 4 Mann- Besetzung so oder so nicht lange funktioniert, da sich längst das Team B/C/R herauskristallisiert hat. Aber ein bisschen tragisch finde ich es schon, das Hackett nur 2 Jahre bevor die anderen ihre Soloprojekte durchzogen, die Band verlassen hat. Ob er dass manchmal bereut hat?


    Jammerschade auch, das es nach 1977 keine Zusammenarbeit der verschiedenen Parteien gegeben hat. Ich glaube, an Hackett lag es sicher nicht.

  • Ich denke, dass man das mit der Komplexität ein bisschen differenzierter sehen muss. Tatsächlich denke ich, dass einige Stücke auf Duke und ATTW3 noch vergleichbar in der musikalischen Komplexität sind, gerade mit W&W. Auch kürzere, songartige Stücke gab es bereits auf W&W und Spot The Pidgeon (wo ja schon vermutet wurde, dass Steve auf Seite A nicht mehr dabei gewesen wäre, was aber nicht der Fall ist). Verändert hat sich v.a. der Sound, der tatsächlich keyboardlastiger und v.a. auch 80er-mäßiger (synthetischer, aber auch klarer und druckvoller) wurde. Umgekehrt hat auch Steve gerade auf Cured und Highly Strung sowohl poppigere Sachen als auch einen 80er-mäßigen Sound ausprobiert (von GTR ganz zu schweigen).


    Auf lange Sicht würde ich dem aber Recht geben, dass Steves Weggang einen größeren Hang zur Gradlinigkeit und z.T. Vereinfachung mit sich gebracht hat. Das sagt auch Tony Banks, der meint, dass mit Steve ein Partner für eher ungewöhnliche Sounds und Strukturen weggefallen ist, der wie er etwas mehr auf unkommerzielle Sachen stand (was allerdings im krassen Widerspruch zu einem Großteil von Tonys Solozeug steht, aber das ist wieder ein anderes Thema).


    Nicht zu unterschätzen ist, dass Steves Sound gerade zur W&W-Zeit (und Seconds Out) ziemlich synthetisch war, so dass man da oft Gitarre und Keyboard kaum auseinanderhalten kann.


    Widersprechen würde ich Christian, dass Phil zu der Zeit noch nicht so lässig war. Lässig und auf den Punkt bringen sind tatsächlich unterschiedliche Dinge. Von mir aus kann man sagen, dass das ganze Jazzrock-Zeug im weiteren Sinne - von Apocalypse in 9/8 und The Cinema Show über Brand X bis zu Los Endos - nicht gradglinig ist. Andererseits ist doch gerade Jazz lässig, oder? Peitschende, gradlinige Drums von später können jedenfalls sehr viel verbissener klingen. Und in dem Sinne, dass man einfach drauflos spielt und den ersten Take nimmt, ohne hundert Jahre an einem Stück herumzufeilen, das wird Phil auch schon zu der Zeit (und vielleicht gerade in seiner Jazzrockphase) ausgemacht haben. Jedenfalls nach allem, was er so über diese Zeit und seine Frustrationen sagt (meinte er nicht sogar mal, dass er mit dem Gedanken spielte, Genesis zu verlassen, und Brand X als "Erholung" ihn davor bewahrt haben?).

    FolkProg bei www.favni.de oder fauns.bandcamp.com und favni.bandcamp.com

  • Ich denke, in einem sind wir uns doch alle einig: es gan nunmal die "alten" Genesis und die "neuen" Genesis, und mit dem Ausstieg von Steve war die Phase der "alten" Genesis endgültig beendet! Ich will nicht dieses ewige Thema "welche Ära war nun besser" neu beleben, das kann eh nur jeder für sich selber entscheiden, wo ich stehe, sieht ja eh jeder ganz klar.... :)


    Ach ja, Fripp, da hast Du Recht, als "Spätgeborener" sieht man die Dinge und die Genesis Welt sicher anders als wir alte Säcke....

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, in einem sind wir uns doch alle einig: es gan nunmal die "alten" Genesis und die "neuen" Genesis, und mit dem Ausstieg von Steve war die Phase der "alten" Genesis endgültig beendet!


    Ich persönliche sehe da sogar gar nichtmal die Grenze. Für mich liegt zwischen den Alben "Duke || Abacab" die Grenze zwischen "alten Prog-Rock Genesis" und "neuen Stadion-Pop-Rock Genesis" (Duke noch alt, Abacab neu). Auf Duke waren noch viele Elemente zu finden, welche auch auf Alben wie W&W zu finden waren (proggige Dinge wie Cul-de-Sac oder Duke's Travels, ausgedehnte Synth-Solos, Bombast, krumme Takte, Phils bombastisches Drumming). Auf Abacab findet sich hiervon fast nichts mehr. Hier wurde der richtige Cut mit der Vergangenheit gemacht!

  • Ich persönliche sehe da sogar gar nichtmal die Grenze. Für mich liegt zwischen den Alben "Duke || Abacab" die Grenze zwischen "alten Prog-Rock Genesis" und "neuen Stadion-Pop-Rock Genesis" (Duke noch alt, Abacab neu). Auf Duke waren noch viele Elemente zu finden, welche auch auf Alben wie W&W zu finden waren (proggige Dinge wie Cul-de-Sac oder Duke's Travels, ausgedehnte Synth-Solos, Bombast, krumme Takte, Phils bombastisches Drumming). Auf Abacab findet sich hiervon fast nichts mehr. Hier wurde der richtige Cut mit der Vergangenheit gemacht!


    Einen klaren Schnitt kann man nicht machen, da die Wandlung der "alten Genesis" zu den "neuen Genesis" ein längerer Prozess war. Natürlich ist es einfacher, den Schnitt dort zu setzen, wo das Line-Up verändert wird. Und in der Tat sind mit Steve´s Weggang gewichtige "Prog-Merkmale" verschwunden. Dennoch würde ich auch behaupten, dass der Kontrast zwischen Duke und Abacab deutlich größer ist, als der zwischen W&W und ATTWT. Bei ATTWT müsste nur das eine oder andere musikalische Element ergänzt werden um klare Trennungskriterien völlig verschwinden zu lassen. Ich bin der Meinung, dass Genesis mit Duke´s Travels / Duke´s End das letzte richtige Prog-Stück geboten haben. Andererseits würde ich "Turn It On Again" oder "Misunderstanding" niemals den "alten Genesis" zuordnen.
    Ich würde nicht so weit gehen, und den Übergang Duke-Abacab als die Grenze zwischen "alten Genesis" und "neuen Genesis" zu bezeichnen. Auf Duke bäumt sich der Prog-Dinosaurier aber ein letztes Mal so richtig auf.

    • Offizieller Beitrag

    Selbstverständlich war der Weg "alte Genesis" zu "neuen Genesis" ein längerer Prozess, der IMHO auch schon auf Wind&Wuthering eingesetzt hat (siehe "Your own special way", siehe "Afterglow"). Die Grenzen sind hier sicher fließend. Und natürlich markiert auch ATTWT einen gewissen Cut, wenngleich dieser auch mehr darin liegt, dass plötzlich ein guter Sologitarrist fehlt (der aber auch schon größenteils auf W&W nicht viel zu melden hatte und größtenteils dadurch "fehlte") und sich Genesis künstlich selbst auf eher kurze Stücke beschränkt haben. Selbst die 12-Saiter wurde ja auf Duke nochmal letztmalig rausgeholt (also zählt dieser Cut nicht). Zudem ist auffällig, dass Mike auf ATTWT und Duke sich doch öfters Mühe gibt, einen auf "Lead Gitarrist in der Tradition von Steve" zu machen (siehe "Burning Rope", "Cul-de-Sac", "Duke's Travels" usw.), was ab Abacab ebenfalls wegfallen sollte.


    Letztlich fällt doch auf, dass Genesis bis einschließlich Duke viele langjährige Traditionen weiter durchschleiften wie die Art der Arrangements (Hammond-Orgel, breiter Keyboardbombast, Synth-Solos, Collins Drumfills quer über alle Toms, exzessiver Moog-Taurus Basspedal Einsatz, Gitarrensolos), weiterhin proggige Songstrukturen (wenn auch schon künstlich/absichtlich verkürzt). Natürlich kamen dazwischen schon vermehrt kommerzielle Sachen wie Follow You Follow Me, Misunderstanding, Turn it on again. Aber sie bildeten nicht die Mehrheit. Außerdem begann das schon zu Steve's Zeiten (Your Own Special Way).


    Nach Duke wurde vieles davon weggestrichen und der Schwerpunkt weiter auf kurze kommerzielle Songs gelegt:
    - deutlich gestraffte, entschlackte Arrangements
    - Collins änderte sein Drumming hin zu knackigen, geraden, harten Fills (kein "Gerumpel" mehr quer über alle Toms)
    - Mike findet zu seinem typischen Gitarrenspiel und versucht nicht mehr, Steve zu ersetzen
    - keine Taktspielereien mehr
    - sieht man von wenigen Ausnahmen ab kommen keine klassischen ausladenden Synth-Solopassagen mehr vor (Ausnahmen sind HBTS, mit viel gutem Willen Tonight3, Brazillian, Living Forever, Fading Lights und There must be some other way) und selbst diese sind nun anders konstruiert / gestraffter als vorher.


    Ich würde sogar sagen, wäre Hackett bis Duke bei Genesis geblieben (und hätte seine Solos und Akkustikgitarrenparts weiterhin untergebracht), hätte niemand einen harten Bruch gehört sondern eher eine logische Weiterentwicklung. Wäre er nach Duke ausgestiegen, würde aber jeder sagen:
    Ja zu Abacab war ein mehr als hörbarer Stilbruch. Dies waren nun "andere" Genesis als vorher.

  • Ich gebe Euch Recht, daß auf Duke noch wirklich herausragende Stücke zu finden sind, ich war damals doch sehr positiv überrascht, daß nach "And then there were 3" nochmal ein derart gutes Album herauskam! Trotzdem zähle ich es schon zur neuen Phase, Steves Handschrift fehlt mir einfach zu sehr!


    Und gar nicht verstehe ich, daß so viele "Your own special way" den "neuen" Genesis zuschlagen wollen?!?! Ich sehe diesen Song in einer Linie mit Ripples und Entangled, aber da stehe ich wohl ziemlich alleine da....