TotW: [18.05.-24.05.2015]: GENESIS - Heathaze

  • Heathaze war immer einer meiner Favoriten auf der DUKE. Das Stück hat eine starke melancholische Stimmung, die Akkordfolgen sind göttlich. Das einzige was mich immer stört, ist der mumpfige Snare-Sound.


    Ich kannte bisher nur die Originalversion. Die "Mellotron-Version", die Prophet hier dankenswerterweise gepostet hat, ist der Oberhammer! Wenn es auch nicht im Sinne des Erfinders ist, gefällt mir das total gut. Aber dem Streben nach Weiterentwicklung und der Suche nach moderneren Sounds von Tony, ist der göttliche Klang des m. M. n. genialsten aller Tasteninstrumente leider zum Opfer gefallen...


    Aber auch ohne Mellotron ein toller Song.


    13 Punkte :)

  • Schöner melancholischer Song, dem etwas weniger Wiederholung, mehr Variationen und etwas mehr Gitarren gut getan hätten.
    Tony spielt wunderbar stimmungsvoll, Phils Gesang passt genau, und Mike hat schöne Bassläufe. Aber der Deckel bleibt drauf, bei mir kommt nicht so richtig Begeisterung für den Song auf.
    Daher nur dieci punti.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Genesis haben viele Mördersongs geschrieben: Suppers Ready, Musical Box, Cinema Show, Firth of Firth, The Knife usw., ich könnte 20 oder 30 Sternstunden aufzählen. Aber wenn ich nur einen Song auf eine einsame Insel nehmen dürfte, dann wäre es dieses unscheinbare Heathaze. Was für ein Song! Was für ein Text! Für mich der Beweis, ein gutes Lied braucht kein Solo, braucht keine 10 oder 20 Minuten, um sich zu entfalten.


    Ich kann mich nicht erinnern, wann und ob überhaupt ich dieses Lied nur einmal am Stück gehört habe. Ich glaube, ich habs am Ende immer nochmal hören müssen und die skip zurück Taste gedrückt.


    Keine Ahnung, worum es in dem Lied eigentlich geht. Ja, Einsamkeit, Isolation, Entfremdung. Darum gehts aber auch in fast allen anderen Genesis Texten. Vom lyrischen her ist bei Heathaze fast jede Textzeile ein eigener Song. Die Fisherman-Stelle ist genial, ich war mir früher sicher, dass das unmöglich von Tony Banks sein kann. Dachte, er hat bei Shakespeare geklaut. Das ging so weit, dass ich in den 90ern sämtliche Shakespeare Werke gelesen habe. Diese Stelle habe ich aber nicht gefunden (dafür aber einige Textzeilen von Sting).


    Natürlich 15 Punkte.

  • Hitzeglocke und Staubglocke


    Oaah, was für ein Gedicht!


    Für mich klingen schon die Lyrics dichterisch-lyrisch, die Melodie und die Akkorde sind in meinen Ohren wunderschön, und Phil singt eindringlich und mächtig in die Seele zielend, ganz ähnlich wie bei Afterglow. Dass sich die Zeilen „Beware the fisherman who`s casting out his line“ und „Throw some bread to the ducks instead, it`s easier that way“ so sehr einprägen, liegt vielleicht auch daran: Es sind nicht nur schöne Bilder, sondern Phil steigert sich einfach in Heathaze bis zum Schluss immer mehr und erreicht bei diesen Zeilen das Höchstmaß an Eindringlichkeit.


    Schade, dass Heathaze nie live gespielt wurde. Es wäre vielleicht ein ähnlicher Kracher geworden wie Afterglow. Überhaupt finde ich beide Stücke vergleichbar. Hier wie da geht es um etwas, das abgeschüttelt und überwunden werden muss, es geht um ein Gefühl der Isolation, um die Notwendigkeit des Aufbruchs in ein neues Leben und um ein retardierendes Moment der Reflektion, während man sich wie unter einer Glocke abgetrennt vom Rest der Welt fühlt.


    Bei Heathaze ist es die Hitzeglocke, bei Afterglow die Staubglocke.


    Nur: Bei Afterglow ist alles reine Klage und Schmerzverzehrung, bei Heathaze ist es statt Klage Melancholie, statt Schmerzverzehrung traurige Ratlosigkeit – und die hot winds of the south können zwar nicht erfrischen und Neues bringen, aber sie fühlen sich wenigstens vielleicht doch tröstlich an, weil sie den Protagonisten so schön warm umwehen und noch weiter einlullern in den angenehmen Hitzespätsommer-Retardierungs-Moment, in dem nichts getan und nichts entschieden werden muss.


    Alles in allem baut der Song für mich eine nuancenreiche, wunderschöne und irgendwie romantische, orangefarbene Stimmung auf.


    Hat Tony das wirklich für Phil geschrieben? Für den Trauzeugen-Freund, der sein altes Leben und seine alte Liebe abschütteln muss und noch nicht abschütteln kann? Wow...
    Dass der kontrollierte, perfektionistische Tony Songs wie Heathaze geschrieben hat, zeigt in meinen Augen, was für eine tiefe und romantische Seele er heimlich sein muss.


    Warum habe ich jetzt eigentlich nur 13 Punkte gegeben?
    Vielleicht, weil es zu der Zeit, als ich zur Schule ging, 15 Punkte nur in der Zensuren-Tabelle gab, aber niemals unter irgendjemandes Klassenarbeit – ich habe offenbar Angst vor dieser faktisch für mich inexistenten Mond-Note. Und 14 Punkte hätte ich der Mellotron-Fassung verliehen.

  • Der Track erinnert mich an "An Island in the Darkness" als kurz-Version. Ich liebe es wenn Tony Banks Yamaha CP80 spielt. Das ist kein Klaviersound, das hat was von Fender Rhodes oder Wurlitzer, wie gesagt ein ganz eigener, unverwechselbarer Keyboard Sound. Davon leben viele Genesis Songs, genau wie von der Roland TB808 Drumbox. Ein Unikum der 80'er. Die Stimmung ist melancholisch, die Akkordwechsel sind keineswegs langweilig... Schön ist auch das der Song nicht überproduziert ist, wie bspw. Steve Hacketts Wolflight. Wäre der Song mit orchestralen Sounds dahergekommen, fände ich ihn vermutlich unerträglich, in dieser nicht überinstrumentierten kammermusikalisch jazzigen Schlichtheit ist er einfach nur schön.

    [INDENT]A nod is as good as a wink to a blind horse
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  • Ein Glanzlicht des Albums, eine Großtat des Komponisten, eine Meisterleistung des Sängers… Man möchte eigentlich mit Superlativen nur so um sich schmeißen angesichts dieser Lektion in erlesen zelebrierter Schwermut. Ansonsten ist den berechtigten Lobreden bereits am Dienstagabend nichts substantielles mehr hinzuzufügen. Und den Verächtern ist sowieso nicht zu helfen.

    Ich bezweifle aber, ob das Stück live so gut funktioniert hätte. Die Strophen neigen ja sehr zum Unauffälligen und entfalten erst mit der bahnbrechenden Wucht des leidenschaftlichen Refrains ihre wegweisende Funktion. Darin übrigens "Say It's Alright Joe" nicht unähnlich, das jetzt, glaube ich, live auch nicht so ein Renner war.
    Ich weiß auch gar nicht, ob ich den Song mit so einem schunkelnden, feuerzeugschwingenden Auditorium hätte teilen mögen. (Heute wird da ja wahlweise auch gerne mal ein Smartphone mit Kerzenbild hochgehalten). Nee, lieber nich, schon besser so. Eher ein Lied für die Kammer. Dort dann aber mit Schmackes.


    14 ohne Zögern.



    Dass der kontrollierte, perfektionistische Tony Songs wie Heathaze geschrieben hat, zeigt in meinen Augen, was für eine tiefe und romantische Seele er heimlich sein muss.


    Heimlich? Auf mich wirkte der Mann diesbezüglich eigentlich immer wie ein bekennender Überzeugungstäter.

  • Überhaupt keine Zeit. In den Arbeitspausen immer wieder in diesen Thread reingelunzt. Heathaze, na ja ganz gut... oder? Bewusst angehört, einmal, zweimal. Tief beeindruckt. Geniale Lyrics, die mich - obwohl wenig Sinn ergebend - sehr berühren, zumal sie sich über die Jahre tief eingebrannt haben. Welche Perlen einem doch über die Jahre entgleiten, weil man sich auf die Über-Songs konzentriert. Alle, die ohne bewusstes Noch-mal-Hören geurteilt haben: überprüft Euch noch mal. 14 Punkte.

  • Duke war für mich zwar schon immer irgendwie eines der besseren Genesis-Alben.
    Aber irgendwas am Sound hatte mich trotzdem daran gestört, da ich kein Musiker bin formuliere ich es mal so: zu dumpf und flach.
    Es fehlte das letzte Quäntchen, so das ich lieber die verfügbaren Live-Versionen hörte als die Original-Stücke.


    Als ich dann erstmals den Remix des Albums hörte, war mir klar was mich jahrzehntelang gestört hatte. Die Drums nun knackig und druckvoll, der Gesang kristallklar, die Keyboardsounds filigran definiert aber auch wuchtig.
    Kurz gesagt, die Stücke explodierten nun plötzlich und das ganze Album wurde wurde gleich über mehrere Stufen auf ein höheres Niveau gehoben.


    An dem Tag, beim ersten durch hören des neu gemixten Albums, blieb ich bei Heathaze hängen, ich entdeckte es quasi neu und in den folgenden Wochen, habe ich es in jeder freien Minute gehört, teils 10 mal hintereinander.


    Eindeutige Wertung von mir:
    15P