TotW: [11.-17.11.13]: PETER GABRIEL - Intruder

  • Der Song ist der Opener meines Lieblingsalbums von Peter, von daher gibt es schon ein "sehr gut" von mir. Das Stück ist beängstigend und kalt, was viel mit dem zurück genommenen Sound zu tun hat. Phils typischer Drumsound wurde hier geboren und Peters Gesang passt wunderbar zur ganzen Atmosphäre des Songs. :topp:

  • Die damalige amerikanische Plattenfirma lehnte PG III ("melt") als "kommerziellen Selbstmord" ab. [...]


    Wenn wir Königstein Glauben schenken dürfen, der Song also von jemandem handelt, der in Wäsche onaniert ("Intruder come and he leave his mark"), wird mir klar, daß dieses für den amerikanischen Markt zuviel des Guten war.

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  • Wenn wir Königstein Glauben schenken dürfen, der Song also von jemandem handelt, der in Wäsche onaniert ("Intruder come and he leave his mark"), wird mir klar, daß dieses für den amerikanischen Markt zuviel des Guten war.


    Und ich bin froh, dass ich bereits vor langer Zeit im Foren-Ranking zu Liliwhite Lilith aufgestiegen bin. :eek:

    GENESIS

    In Concert

    1978 Saarbrücken Ludwigsparkstadion 1981 Frankfurt/M Festhalle

    1987 Mannheim Maimarktgelände

    1992 Hockenheim Motodrom - 2007 Stuttgart Gottlieb-Daimler-Stadion

    2022 Hannover Expo

    ..

    Steve Hackett

    In Concert

    2009 Remscheid - 2014 Bochum 2015 Dortmund  

    2017 Hamburg 2019 Hamburg

    ..

    Peter Gabriel

    In Concert

    2013 Stuttgart 2023 Hamburg

    ..

    Anthony Phillips

    2014 Welkers

    Einmal editiert, zuletzt von YoungKingCole ()

  • ...(1980) in Offenbach - klasse. Das Licht ging aus, der Schlagzeugsound von Intruder ertönte und Peter und seine Truppe kamen vom Zuschauereingang aus mit Handscheinwerfern durchs Publikum auf die Bühne.
    Leider wurde er aber teilweise ausgepfiffen, da er viel auf deutsch sang.

    Ja, das waren die Amis, war in Monnem auch so, aber nicht in Hamburg, dafür waren die dort s-teifer. Meistens war Konzerte gucken viel besser im Raum Südhessen-Nord-BW mit alle den konzertbegeisterten GIs (legendär bei Tina Turner oder den Stones), aber PG mochten die damals Stationierten nicht.


    Ich kann leider ein Becken nicht von einem Schnabeltier unterscheiden. Und doch wage ich eine Punktevergabe mit Erklärung. Intruder - einer der schmerzhaftesten Tracks ever, weil für mich mit vielen verschiedenen Gegebenheiten verbunden. Das zu erklären geht leider nicht kurz...


    Mein idyllisch gelegenes Elternhaus in einer dörflichen Gegend, das ich drei Jahre vorher verlassen hatte, nebst gutbürgerlicher Nachbarschaft wurde 1980 von einer traumatisierenden Einbruchserie heimgesucht. Die Einbrecher bohrten Fenster auf, stahlen und vandalisierten die Räume. Die Existenzbedrohung, das Grauen in den Gesichtern meiner Vertrauten, das hilflose Gefühl, nie wieder Entspannung im intimen Schutzraum finden zu können, das Sich-Beschmutzt-Fühlen, Angst, all diese Emotionen der Opfer fand ich in PGs Intruder wieder.
    Als ich letzten Sonntag zwischen Mittagessen und Mittagsschlaf die Terrassentür zu weit aufschob, kam gleich wieder die Panik in die Augen der beiden Eltern. Ein unendlich tiefes Gefühl, verursacht 1980 und noch heute verheerend frisch.


    Kurz danach lernte ich die große Liebe meines Lebens kennen, ein Flash für die Ewigkeit, nie wieder erlebt. Was ich im Rausch der Gefühle übersah: Liebie hörte "flotte Musik" und lehnte "das Geschrei" von Melt ab. Also wanderte PG allmählich in staubigere Zonen und muss auf einem der Umzüge abhanden gekommen sein, denn in der akribischen Hausratsaufteilung 17 Jahre später stehen nur die 400 Classic-CDs und SO, aber nicht Melt und Scratch. Da hatte ich dann aber schon die zweite Ebene im Intruder schmerzhaft erfahren: Sei gewarnt vor Menschen, die Deine offenen Türen und Fenster erkennen und ausnutzen, die in Deinen Kopf und Dein Herz eindringen, die Dich manipulieren, in Deiner Intimsphäre herumwühlen und sich einen darauf backen, wenn Du in ihrem Sinne handelst oder gar hilflose Signale der Verletzung aussendest.


    In Zeiten der mp3s und playlists höre ich nicht oft ein ganzes Album durch. Intruder war in den Archiven und Dateien immer vorhanden, aber unbewußt vermieden - in all den Jahren nicht auf den höre-ich-ständig-Listen. Jetzt, seit Kurzem, halte ich Melt endlich wieder glücklich und haptisch in Händen, unverhofft, und es ist wie Nach-Hause-Kommen für mich.


    Klar hatte PG damals echte Eroto-Stalker vor Augen, angeblich soll das in seinem Umfeld vorgekommen sein und zudem war er in der Zeit extremst sexualisiert. Aber seine Kunst hatte immer mehrere Ebenen, ob bewußt oder unbewußt .. so what.


    Hart ist: Ausgerechnet jetzt merke ich die dritte Ebene: Woho, ich selbst scheine mich zum Intruder zu entwickeln. Wenn ich Menschen interessant finde, nehme ich unbewußt deren offene Fenster wahr und steige voll ein. Die fühlen sich bedrängt. Ich verstöre sie und sehe PGs schrille, dissonante Instrumentation in ihren Abwehrbewegungen. (Nur dass ich nicht orgiastisch aufstöhne wie er, so weit isses denn doch nicht )


    Für diesen Ritt durch die Gefühle erhält Intruder ehrlich gemeinte und viel zu niedrige volle Punktzahl.

  • ...nach Diktat verreist...:ratlos::dumdi::dumdi:

    6 Mal editiert, zuletzt von VinylManiac ()

  • Mein Erstkontakt mit dem Song fand 1983 über die "Plays Live" statt, die ich bis zur Show damals rauf und runter gehört hatte. Er war mir nie geheuer, auf der "3", die dann, glaube ich, relativ zügig nach dem Konzert angeschafft wurde, noch weniger. Knarz, schepper, rumpel, und das zur Begrüßung, dagegen nahm sich das nachfolgend federnde "No Self Control" geradezu erholsam aus. Gleichzeitig ließ sich gegen die morbide Faszination, die von dem Stück ausging, wenig machen. Und nachdem ich mir das alles halbwegs erschlossen hatte, konnte ich diese dunkle, sperrige Einleitung auch würdigen, denn im Grunde war das ja der Eindringling in unsere Seele, das Album wollte hereingelassen werden, und wenn man es nun drin hatte, wurde man es nicht mehr los.
    Live war das mehr Power und Happening, heute finde ich wie Eric, daß die Studio-Fassung etwas dichter ist und vor allem mehr Bedrohlichkeit ausstrahlt.

    Das Lied ist nicht angenehm, und in 25 Jahren ist es wohl nicht vorgekommen, daß ich spontan dachte, ach, jetzt legste mal den Intruder auf. Dennoch ist es ein prägnantes Beispiel für das besondere, das Gabriels Musik immer wieder und zu der Zeit ganz besonders auszeichnete. Kein normaler Rock-Song, eher eine theatralische Inszenierung, kantig und intensiv, mit einem Gesang, der einem durch Mark und Bein fährt.

    Habe mir gerade nochmal die Klassik-Variante angeschaut. Die New-Blood-Inszenierung, prima als Opener plaziert, zählt für mich zu den gelungeneren Momenten dieser Veranstaltung. Gabriel verstört, glaube ich, immer noch ganz gern. Sehr schön, wie er sich an den Damen vorbei auf die Bühne schleicht, die er dann perfiderweise auch noch einige male "leave his mark" wiederholen läßt. Behäbig, füllig, mit kahlem Schädel und abgründiger Mimik haucht und atmet er seine schaurige Vision in's Mikrophon, und die Orchestrierung sitzt hier wie angegossen.

    Nur gepfiffen wird nicht mehr, schade. Das Pfeifen (also nicht das Auspfeifen) ist ganz großartig, vielleicht eine Reminiszenz an ein anderes unheimliches Pfeifen der Kulturgeschichte, das des von Peter Lorre beklemmend verkörperten Kindermörders in Fritz Langs "M".

    The piper at the gates of dawn

    Nur so eine Idee.
    Für sich genommen ist der Song eigentlich ein kleines fieses Meisterwerk, düster und beunruhigend. Im großen Gabriel-Kanon wird er bei mir auch weiterhin das Nachsehen haben gegenüber den Kleinoden, die nicht nur an die Nieren greifen, sondern auch das Herz wärmen. Aber 14 müssen's schon sein.

    P.S.
    April, für diesen Song bist Du wahrscheinlich einfach zu gesund.

    [FONT=&WCF_AMPERSAND"]Berlins schönste Bibliotheken[/FONT]

    Einmal editiert, zuletzt von littlewood () aus folgendem Grund: Lorre war nicht der Kindermörder,er hat ihn gespielt,danke für den Hinweis. PG spielt ja auch nur den Intruder. Hoffentlich.

  • ... nie geheuer ... Knarz, schepper, rumpel ... morbide Faszination ... dunkle, sperrige ... wurde man es nicht mehr los ... mehr Bedrohlichkeit ausstrahlt ... nicht angenehm ... Kein normaler ... kantig ... durch Mark und Bein fährt ... verstört ... perfiderweise ... abgründiger Mimik ... schaurige Vision in ... unheimliches ... kleines fieses Meisterwerk ... düster und beunruhigend ... an die Nieren


    Jetzt verrate mir mal einer, warum ich eine Musik, die so beschrieben wird, gut finden soll. Mir ist schon klar, dass Kunst nicht durch Schönheit definiert wird. Und dass "Intruder" Kunst ist, daran habe auch ich keinen Zweifel. Es gibt bestimmt künstlerisch wertvolle Splattermovies, morbide darstellende Kunst und unappetitliche Orgien auf der Bühne, die echte Kenner als geniale Kunst erkennen. Für mich, der ich unterhalten werden will, ist das kein Argument dafür, dass ich mich damit eingehender beschäftigen und auch noch Gefallen daran finden muss. Trotzdem habe ich mir jetzt mehrere Male den Eindringling reingezogen. Und ich komme immer wieder zu dem Ergebnis: es gefällt mir nicht. So ist das halt mit dem Geschmack.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • 12 Punkte für dieses finstere Stück. Es lebt vor allem von seiner düsteren Atmosphäre, sowie den unterschiedlichen Sounds: Das dissonante Klavier, das Knarzen, der monotone Rhythmus und dieses Geräusch am Ende der Hey Hey Hey Rufe, mich erinnert das immer an ein Uhrwerk, ein Bild, was irgendwie hervorragend zu diesem Song passt. Ein tolles Stück, welches vor allem als Einstieg in die düstere Klangwelt von Melt funktioniert. Schon mit No Self Control geht der Albtraum dann richtig los und Paranoia und Verzweiflung, vorher eher angedeutet, brechen sich Bahn. Starkes Album, starker Anfang.

  • jetzt habt Ihr wieder mal das beste Beispiel gegeben, warm es sich lohnt, in diesem Forum zusein...viele Empfindungen, viel Austausch ...und für mich, der ich glaubte, den Song seit 25 jahren in und auswendig zu kennen,viel neues! :topp:
    Aprilfrost: morgen mehr, ich bin zu müde, aber Geschmacksache ist eben doch Ehrensache!

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