Ray Wilson in Bünde

  • Ray war am 30.11.17 wieder in Bünde, hier die Pressekritik




    Die eigenen Songs sind die besten


    Konzert: Ray Wilson spielte am Donnerstagabend im Universum. Auf seiner "Time and Distance"-Tour sorgte er für ein restlos ausverkauftes Haus


    Von Nicolas Bröggelwirth



    Bünde. Sichtlich stolz verkündete Universum-Chef Dirk Kaiser bei seiner Begrüßung, dass der Schotte bereits zum neunten Mal in Bünde zu Gast war, und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die beiden abseits aller merkantilen Interessen mittlerweile so eine Art Freundschaft verbindet. Und seit vielen Jahren wäre eine Tour von Ray Wilson, ohne in Bünde vorbei zu schauen, kaum denkbar.



    Es ist zwar schwer zu glauben, doch abseits des Rampenlichtes ist Ray Wilson eher schüchtern, bisweilen sogar introvertiert. An diesem Abend wirkte er aber gelöst und weltoffen, was damit zu tun haben könnte, dass sein Bruder Steve nach einer Krankheit zum ersten Mal nach einigen Auftritten endlich wieder mit ihm auf der Bühne stand.



    So wagte er vielleicht mehr, auch seine eigenen Songs zu zelebrieren. Sein Tontechniker verrät: "Manchmal ändert er völlig spontan die Setlist. Darauf muss man gefasst sein." Seine eigenen Lieder zeugen davon, welch ein großartiger Komponist hinter dem Mann steckt, von dem ständig gefordert wird, die Genesis-Klassiker zu singen, einer Gruppe, die sicherlich seine Karriere gefördert hat, der er aber vor über zwei Dekaden nur knapp zwei Jahre angehörte.



    Gute Musik muss vor allemKraft besitzen



    Natürlich waren auch sie zu hören: Titel wie "Mama", "Land of confusion", oder "Carpet crawlers"; genauso wie die Hits der Mitglieder Peter Gabriel, Mike Rutherford und Phil Collins wie "Another cup of coffee" oder "Solsbury hill". Wahre emotionale Tiefe erlangt Wilson aber eben bei seinen eigenen Stücken. "Take it slow" und "Alone" lassen einen kleinen Einblick in seine zarte Seele zu und zeigen, dass wahrhaft gute Musik vor allem Kraft besitzen muss.



    Im Gegensatz zu beispielsweise "That?s all" mit seinen stampfenden Rhythmus und einen in ihren Bann ziehenden Basslinien schafft das der 49-Jährige auf seine ganz eigene Art und bedient sich eines Stils, der mit großem Ausschlag zwischen klassischer Ballade aber auch progressivem Rock pendelt.



    Die Soli der Cover-Versionen wirken authentisch, die seiner Lieder frei, feurig und kreativ. Nicht zuletzt mag das an seinem Bruder Steve liegen. Die Freude beim Zusammenspiel ist beiden sichtlich anzumerken, und diese Energie übertrug sich auch am Donnerstag auf das Publikum. Einige Damen legten verträumt den Kopf auf die Schultern ihres Partners, während bei anderen Stücken die Menschen aufstanden und auch in den Seitengängen tanzten.



    Begleitet wurden die beiden von Kool Lyczek an den Keyboards, Mario Koszel am Schlagzeug und Marcin Kajper an Bass, Saxophon und Flöte, deren wahre Spielfreude zutage trat, als sie den Titelsong aus Wilsons aktuellem Album "Makes me think of home" interpretieren durften. Auch der Tontechniker hat die Regler dabei wohl ein bisschen weiter nach oben geschoben, was bestimmt eine kluge Entscheidung war.



    In der nächsten Saison wird Ray Wilson sicherlich wieder in Bünde vorbeischauen. Dann bereits zum zehnten Mal. Und auch das nächste Mal wird das Universum wieder ausverkauft sein, denn Bünde freut sich darauf.



    © 2017 Neue Westfälische
    11 - Bünde, Samstag 02. Dezember 2017

    Niemand begeht einen größeren Fehler als der, der nichts tut,
    weil er glaubt, nur wenig tun zu können.


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