Wie sehr ging Phil in der alten Genesismusik auf?

  • Wie sehr ging Phil in der alten Genesismusik auf?


    Inzwischen habe ich mir von Phil dessen Leben erzählen lassen (Hörbook). Ich meine, aus seinen Schilderungen Folgendes herausgehört zu haben:
    Für Phil Collins waren die frühen Genesis-Alben der Gabriel-Ära keine wahre Herzensangelegenheit. Er hat hoch professionell und mit Spaß und Ernst mitgezogen. Er hat sein Drumspiel geliebt. Aber er hat die Musik, die er mi der Band darbot, nicht wahrhaft geliebt. Es kam ihm nicht darauf an, bei GENESIS zu spielen. Es kam ihm darauf an, in EINER BAND zu spielen. Er wollte Musik machen. Er wollte Bühnenauftritte. Er wollte mit Musik ins Rampenlicht und ein Publikum beglücken. Aber mit WELCHER Musik, das war ihm ziemlich egal. Als er bei Genesis anheuerte, fand es es nett, dass die Truppe mit Ernst bei der Sache war und Auftritte hatte. Er wäre aber auch bei jeder anderen Band eingestiegen, die mit Ernst dabei ist und Auftritte hat. Anders als Steve. Ich finde das irgendwie schade und ernüchternd.


    Aber vielleicht habe ich ja auch nicht recht??

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    Man darf eines nicht vergessen: Genesis waren ja nicht seine Band, er stieg ein nach einem Vorspiel. Und: Lange war er weitest gehend außen vor, was das Komponieren angeht. Ich glaube auch, dass ein Gitarrist da andere Ansprüche hat, da er viel mehr zum hörbaren Stempel einer Band beiträgt. Gitarrenarbeit ist eben melodischer als Schlagzeugspiel.


    Vor Jahren gab es mal einen Bericht in einem Drummer-Magazin, da erzählte er allerdings mit viel Stolz von Stücken wie Apocalypse in 9/8 oder Wot Gorilla.


    Anyway, mich erinnert das daran, dass ich unbedingt mal die Biografie weiterhören muss

  • So wie er es erzählt, wäre er zu jener Zeit halt einfach auch bei jeder anderen Band eingestiegen, es war ihm egal. Das finde ich irgendwie schade, aber in der Hinsicht bin ich wohl etwas naiv und romantisch. Deine Erklärung, Christian, mit dem Unterschied "Gitarrist - Drummer" hilft mir jedenfalls sehr! :) Und bei Genesis am Schlagzeug zu sitzen, war ja sicher extrem anspruchsvoll und in der Hinsicht für Phil ja dann wohl auch auf jeden Fall erfüllend.

  • So wie er es erzählt, wäre er zu jener Zeit halt einfach auch bei jeder anderen Band eingestiegen, es war ihm egal. Das finde ich irgendwie schade, aber in der Hinsicht bin ich wohl etwas naiv und romantisch.


    Das würde ich ebenso nicht überbewerten. Wenn du noch nicht mal 20 bist und weißt, du willst professionell Musik machen, dann kannst du dir nicht immer aussuchen, was du willst. Vor allem als Quereinsteiger und nicht Gründer einer Band. Er hat das rückblickend sehr gut hinbekommen, denn sein Drumming klingt nicht, als ob er keinen Bock darauf hatte... ;)


    Und so egal kann es ihm ja nicht gewesen sein, weil ja die Zeitungsannonce von Genesis eher nicht auf eine klassische Pop-Rock-Formation hindeutete...

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    Zudem: Wenns ihm keinen Spaß gemacht hätte, dann wäre er wohl kaum so viele Jahre bei der Band geblieben (und so finanziell einträglich können die Jahre zumindest der Gabriel-Ära ja nicht gewesen sein, als wäre das alleine die Motivation gewesen).

  • Nein, nicht missverstehen. Ich rede nicht von der Zeit, als Phil hinters Leadsänger-Mikro trat. Ich rede von den frühen Alben ab Nursery bis Lamb. Ich meine herauszuhören: DIE waren nie ganz und gar obertotal "Seins" und wirklich tief in seinem Herzen. Jedenfalls nicht so sehr, wie sie für Steve "Seins" gewesen sind und sicher für die Gründungsmitglieder. Und das finde ich irgendwie schade und einen Tick ernüchternd. Oder "fand". Durch Christians Erklärung bin ich ja jetzt versöhnt. :)

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    Naja ich habe ihn in seinem Buch dahingehend so verstanden, dass es ihm bei seinem Einstieg bei Genesis nicht primär UM Genesis als solches ging. D.h. er ist nicht deswegen eingestiegen, weil es "Genesis" war, sondern weil er Profi-Musiker sein und Auftritte spielen wollte. Und Genesis waren eine der möglichen Bands, die ihm dies ermöglicht haben. Das war also seine Grundmotivation, dort überhaupt einzusteigen. Nicht der Stil oder die Musik, sondern pur "die spielen viele Auftritte und machen das als Vollzeitjob".


    Aber s.o. wenn ihm das was Genesis damals musikalisch gemacht haben nicht auch gleichzeitig zugesagt und Spaß gemacht hätte, dann wäre er dort sicher nicht lange geblieben sondern hätte sich schon während der Gabriel-Zeit eine neue Band gesucht.

  • Wenn man Phils Haltung mit der von Steve vergleicht, muss man doch sagen, dass Steve mit Abstand von allen Bandmitgliedern die meiste Zuneigung für das alte Material aufbringt. Ich habe auch schon von Pete und Mike Aussagen gehört, die etwas distanzierter waren.
    Auf der anderen Seite gibt es von Phil eine Menge respektvoller Kommentare über seine 4 Mitmusiker und die Musik die sie geschaffen haben. Ich denke ganz speziell an die begleitenden Interviews von den Reeissues, aber auch an "Together and apart": "I was in a thinking Band!"
    Ehrlich gesagt finde ich seine zwar mit Humor gewürzte, im Kern aber eher nüchterne Betrachtung ganz erfrischend.
    Collins hat mit so vielen unterschiedlichen Leuten Musik gemacht und einen so breit gefächerten Musikgeschmack, vielleicht fällt da das Urteil über seine Hauptband auch deshalb ein wenig verhaltener aus.

  • Spannende Debatte!



    Und z.B. zu dem Selling-England-Stück The Battle of Epping Forest sagt er mehrfach so etwas wie: "Das war wirres Zeug". Kann ich nicht nachvollziehen...! :cool:;)


    Aber mit dieser Einschätzung trifft er m.E. doch den Nagel auf den Kopf!:teufelgrins:
    Im übrigen wird dieses Urteil glaube ich auch von anderen Bandmitgliedern geteilt.


    Collins hat ja auch mehrfach erwähnt, dass er Genesis verlassen hätte, wenn ihn The Who hätten haben wollen. Ich finde solche Bekenntnisse nicht schlimm. Sie zeigen lediglich, dass er über den Tellerrand hinaus blickt.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Für mich bestätigt es die Regel, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")