Wie sehr ging Phil in der alten Genesismusik auf?


  • (...)
    Das Buch und die von svenchris hervorgehobenen Passagen machen deutlich - er hätte ab Then There Were 3 trotz noch vorhandener Prog Elemente einen abhebenden Namen wählen müssen. So wie Colosseum II oder Amon Düül II oder Jefferson Starship es taten.


    Warum? Damit der Fan Bescheid weiß und sich klarer von "seiner Band" abgrenzen kann?
    Es gibt genug andere Beispiele, wo Bands ihre Musikausrichtung geändert haben und der Name blieb. Und wo soll man da aufhören, man kann ja nicht bei jedem Stilwechsel den Namen ändern.
    Das kann und muss schon der Fan entscheiden, ob er eine Bandphase mag oder nicht und eine Platte kauft oder nicht.
    War nur so ein Gedanke...:rolleyes:

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.

  • Frischgewaschen ist auch der schöne Morgen hier auf meiner Terrasse, ich liebe es, unter blauem Himmel mit Euch über solchem Nerdkram die Sinne zu schärfen!


    Ja, Phil spricht ehrlich, wann wenn nicht in einer selbst geschriebenen Autobiografie!
    Ja, es gibt viele andere Bands, die sich nicht umbenannten, da hätte King Crimson sicherlich einige Gelegenheiten gehabt.
    Ja, es wäre ohnehin kein wirklicher Zeitpunkt fest zu machen, weil nie eine explizite Richtungs-Entscheidung "jetzt aber hin zum Geld" gefallen sein dürfte.


    Wer aber mal die geschockten Gesichter vor allem von Mädels gesehen hat, die fröhlich und leicht angezogen zu einem Genesis-Cover oder Revisited Konzert gingen und dann bleich und mit zugehaltenen Ohren flohen ... (in Hamburg grad wieder beobachtet) ... der zweifelt vielleicht. Für mich hat das etwas mit Vertrauen in einen Markenkern zu tun.


    Aber es ist ja wie es ist.
    Ich sollte meine sonnenverbrannte Nasenspitze nicht in die Phil-Ecke stecken


  • Wer aber mal die geschockten Gesichter vor allem von Mädels gesehen hat, die fröhlich und leicht angezogen zu einem Genesis-Cover oder Revisited Konzert gingen und dann bleich und mit zugehaltenen Ohren flohen ... (in Hamburg grad wieder beobachtet) ... der zweifelt vielleicht. Für mich hat das etwas mit Vertrauen in einen Markenkern zu tun.


    Blöd für die Mädchen, aber die werden das erstens verschmerzen und sich zweitens im besten Falle darüber bewusst, dass Künstler kein Markenversprechen abgeben sollten. Ansonsten gern Modern Talking hören - da weiß man, was man hat.

  • soso, als erste Assoziation kommt Modern Talking :p


    Warum kommt eigentlich immer sofort Schärfe in die Diskussion, wenn man mal zur Namensfrage philosophiert?
    Künstler wie Pharell Williams benennen sich doch auch nach Projekten um.


    Wenn Phil eigentlich nicht mit der Idee der ersten Hauptphase konform ging, wo ist dann das Problem mit einer Umbenennung? (Mal abgesehen vom Zeitpunkt ... darüber lässt sich streiten)


    townman: Mein Eindruck der Kunstwelt war bisher, spontanes Wieder-Erkennen sei allen Künstlern ein wichtiges Anliegen ... dabei eine nochmals gesteigerte Kunst, sich im erkennbaren Rahmen thematisch und stilistisch verändern zu können.


    Wenn ich Deine These "auf keinen Fall Markenkern" richtig verstehe, hältst Du es für egal, ob die Käufer an Ihren Radiogeräten spontan zuordnen können: Hey, dies ist kein Phil Collins Song, sondern ganz klar Genesis.


    Okeeeee ... also wäre ich Tony, wär mir das nicht soo egal


  • Wenn ich Deine These "auf keinen Fall Markenkern" richtig verstehe, hältst Du es für egal, ob die Käufer an Ihren Radiogeräten spontan zuordnen können: Hey, dies ist kein Phil Collins Song, sondern ganz klar Genesis.


    Es ist von meiner Seite aus mehr Wunsch und Auffassung als These. Aber ja: Mir ist es wurscht, ob man bei einem Song nicht genau unterscheiden kann, ob es nun Phil oder Genesis sind. Sowas ist ja in der Vergangenheit auch mehrfach passiert.
    Und mir ist im Übrigen auch wurscht, wenn Phil keinen Bezug zu "Battle of EF" hat. Der Song wird nicht besser oder schlechter dadurch.
    Würde man bei den anderen Mitgliedern inkl. Steve und Peter mal ehrliche Songbewertungen aller Genesis-Songs abverlangen, dann rechnete ich stark damit, dass wir oftmals nur überrascht mit den Köpfen schüttelten.

    • Offizieller Beitrag

    Die "großen Sechs" stehen doch sehr unterschiedlich zu der Musik, die sie bei Genesis gemacht haben. Tony ist dabei gewissermaßen außen vor - Genesis ist seine gesamte musikalische Karriere. Alle anderen haben mehr oder minder großen Erfolg als Solokünstler. Ant macht seit 45 Jahren sein Ding als Bedarfsmusikkomponist, und für ihn ist das Kapitel Genesis obendrein sehr kurz. Peter findet vermutlich, dass die Musik von damals damals auch gut war und spannend - aber hey, das ist 40 Jahre her, er hat seitdem einen großen Stapel relevanter Solo-Musik abgeliefert, und ihm ist es offenkundig lieber, über seine aktuellen und künftigen Interessen zu reden. Steve scheint in der Tat derjenige zu sein, der am meisten an der Genesis-Musik zu hängen scheint, an der er mitgearbeitet hat. Ich wüsste zu gerne, ob das seiner persönlichen Neigung entspringt oder ob es aus dem Gefühl kommt, dass der Stamm seines Fankreises ihm seit seinen letzten Genesis- und ersten Soloarbeiten folgt, und er nicht die Axt an diese Wurzel legen will. Phil wird in seiner Autobiographie deutlich: Er hat eine Band gesucht, die viel live spielt, darum hat er sich bei Genesis beworben. Er wäre genauso gerne bei Yes, King Crimson, The Who, George Harrisons Band oder einer anderen Gruppe eingestiegen, die zu der Zeit viel live aufgetreten ist. So ist er bei Genesis gelandet. Das hat ihm Spaß gemacht, und er hat sich musikalisch dort kräftig eingebracht - wie er es eben auch bei Yes, King Crimson, The Who oder einer anderen Band gemacht hätte. Ein bisschen, als hätte er nur als Session- und Livemusiker bei Genesis angeheuert - eben nicht für ein Album oder eine Tour, sondern für gut 30 Jahre (mit Nachklapp 37 Jahre). Während ich das schreibe, stellt sich mich die Frage, wie viel Wahrheit für Phil hinter der vorgeblich ironischen Aussage "Genesis end 20 year experiment, decide to replace Peter Gabriel as vocalist" stand. Als "langjähriger Session-Musiker" würde er jetzt durch ein neues (festes) Bandmitglied ersetzt. - Auf jeden Fall ist es für Phil wohl so, dass er die Musik, die er bei Genesis gemacht hat, toll fand (zu der Zeit), aber dass er da auch "rausgewachsen" ist und ohne Wehmut auf die Musik zurückblickt. Kein schlechter Standpunkt - aber andere Standpunkte machen ihm das auch schwer: "Genesis has become ... this sacred cow ... that does what it does and mustn't do anything else".

  • Als an der Musik einer Band maßgeblich beteiligter Musiker ist es Phil's gutes Recht, darüber zu reden/schreiben, was ihm musikalisch bei Genesis Freude machte und was nicht.
    Das Problem ist, dass man nie die Ansicht des Musikers über seine Musik verstehen kann. Wer weiß, was z. B. Collins oder auch die anderen heutzutage mit der Phase bis 1975 verbinden? Sie sehen wahrscheinlich eine junge Band, die noch nicht wirklich weiß, wo es langgehen soll und die eben noch unerfahren an Songs herangeht (auch wenn viele die Musik für genial halten - andere sie aber auch dämlich finden). Sie würden heutzutage bestimmt vieles anders machen wollen - wie fast jeder Musiker.


    Zumal das in der Musikszene auch alles andere als unüblich ist. Wie oft hat sich schon David Gilmour über z.B. die "Atom Heart Mother"-Suite oder die "Ummagumma"-Studiotracks negativ ausgelassen und sie sogar mit noch drastischeren Worten bedacht ("Furchtbarer Bockmist!"). Ja, und? Als Fan ist man ja keineswegs verpflichtet, sich den Meinungen seiner Lieblingsmusiker anzuschließen.
    Meldungen wie "Musiker X von Band Y äußert sich kritisch über Musikphase Z der Band" fallen daher für mich in die Kategorie "Sack Reis in China umgefallen".


    Vor Jahren gab es mal einen Bericht in einem Drummer-Magazin, da erzählte er allerdings mit viel Stolz von Stücken wie Apocalypse in 9/8 oder Wot Gorilla.


    Und nicht zu vergessen: Was ist Phil's selbsterklärtes Lieblings-Genesis-Album?
    "The Lamb Lies Down On Broadway"! Keine weiteren Fragen, euer Ehren!


    Trotzdem noch was zu der ewigen "sie hätten sich umbenennen sollen"-Diskussion: Mir ist es bei Bands meistens wichtig, dass sie musikalisch vielfältig bleiben und keinen Einheitsbrei produzieren. Wenn man sich mal Bands wie ZZ Top, Status Quo, Nickelback oder (seit mitte der 90er) Bon Jovi anhört, die in den letzten 15 Jahren schon mindestens fünfmal das gleiche Album veröffentlicht haben, kann ich nichts anderes als null Experimentierfreude, null Veränderungen und daraus nichts anderes als resultierende Langeweile feststellen. Daher bin ich Bands wie Genesis, Yes, King Crimson oder Pink Floyd dankbar, dass sie unter einem einzigen Namen so vielfältig und wandlungsfähig bis zum Schluss geblieben sind.


    Warum? Damit der Fan Bescheid weiß und sich klarer von "seiner Band" abgrenzen kann?
    Es gibt genug andere Beispiele, wo Bands ihre Musikausrichtung geändert haben und der Name blieb. Und wo soll man da aufhören, man kann ja nicht bei jedem Stilwechsel den Namen ändern.
    Das kann und muss schon der Fan entscheiden, ob er eine Bandphase mag oder nicht und eine Platte kauft oder nicht.
    War nur so ein Gedanke...


    Ja, das ist auch etwas, was mir wohl in diesem Leben nicht mehr in meinen Kopf will. Nur soviel: Die letzten beiden Coldplay-Alben fand ich zum Beispiel vom Songmaterial her ziemlich langweilig und fad, und das würde sich sicher auch nicht ändern, würde auf dem Plattencover U2, Radiohead oder gar Steven Wilson stehen. ;)

    31.10.1997 PHIL COLLINS (Hannover)
    11.06.2004 PHIL COLLINS (Berlin)
    15.06.2007 GENESIS (Hamburg)
    15.06.2012 ROACHFORD (Kiel)
    24.06.2012 MIKE & THE MECHANICS (Kiel)
    18.05.2014 STEVE HACKETT (Hamburg)

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  • Es ist immer ein Unterschied, ob man Jahrzehnte später auf etwas zurückblickt und sagt, 'Da hätte man lieber dies und jenes ...' oder ob man mitten drin sitzt und die Veränderungen momentan vor sich gehen. Da fällt einem oft gar nicht so auf, was man da gerade ausrichtet und wie sich das auf die folgenden Jahre auswirken wird.


    Ausserdem gab es immer Veränderung in der Musik von Genesis. Nursery Cryme und Foxtrot sind ähnlich aber anders wie Trespass. Selling, LLDOB, TTOTL, W&W, ATTWT, Duke und Abacab da wandelt sich der Stil laufend - da ist kein Album wie das andere. Genesis, IT und WCD sind für mich - als Jünger der klassischen Formation - dann wieder ähnlich, aber hier wird sicher so mancher Fan der späten Jahre widersprechen.


    Mir ist nur beim Album Abacab bekannt, dass sich die Herren entschieden, bewusst und absichtlich etwas völlig anderes zu machen.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Svenchris, ich finde deine Beobachtung sehr interessant und gestehe, daß ich im Laufe der Jahre ähnliche Gedanken hatte.. Zum Beisplei war Phil nie ein großer Fan schräger Takte.. hat sie aber zigfach nicht nur gespielt sondern ist damit zu einer Ikone innerhalb dieser Art DRumming geworden.
    Das ist für Musiker einerseits immer auch normal: you are a hired gun. Du stellst dich in den Dienst der Musik , die Du spielst und wenn Du diese Musik nicht selber komponiert hast, macht das keinen Unterschied. Hauptsache ist, daß die Musik überhaupt aufgeführt wird, sprich: du gesellst dich besser zu Kollegen, die sich der Sache hingeben, und ein Ziel haben und schlicht erfolgreich sind.
    An der Stelle würde ich mal gerne wissen , ob überhaupt eins der schrägen Stücke oder Instrumentalparts je von Phil selber komponoert wurden. Würde mich nicht erstaunen , wenn nicht.

    Here come the Cavalry!