Peter Gabriel - Erwartungen und Absichten

  • Zitat von mutzelkönig; #114 in I'll scratch your's

    [FONT=&quot]Ich bin auch sicher, dass meine Unzufriedenheit nicht durch diese Veröffentlichung alleine bedingt ist. Es ist vielmehr mein Eindruck, dass Herr Gabriel in dieser Phase seiner Karriere immer wieder Projekte beginnt, die ihn von dem ablenken, was eigentlich der Drang eines Musikers/Künstlers sein sollte: Nämlich kreativ sein und Neues erschaffen. Gabriel kreist mir seit einer gefühlten Ewigkeit zu sehr um Vergangenes.
    Das mutet schon wie Prokrastination an. Im nächsten Jahr bekommen wir wahrscheinlich eine DVD der kommenden Tour (Frühjahr) und Son of Ovo (Herbst). Diese ständige Flucht vor neuem Material - ich bin es wirklich leid. Wenn ihm wirklich nichts mehr einfallen sollte, oder er analog zu Billy Joel einfach keine neuen Songs mehr machen möchte, dann soll er das so sagen. Das wäre schade, aber dann wüsste man wenigstens, woran man ist.[/FONT]



    Von THOM verschoben; stammt von hier.



    was eigentlich der Drang eines Musikers/Künstlers sein sollte: Nämlich kreativ sein und Neues erschaffen. Gabriel kreist mir seit einer gefühlten Ewigkeit zu sehr um Vergangenes... // Diese ständige Flucht vor neuem Material - ich bin es wirklich leid. Wenn ihm wirklich nichts mehr einfallen sollte, oder er analog zu Billy Joel einfach keine neuen Songs mehr machen möchte, dann soll er das so sagen. Das wäre schade, aber dann wüsste man wenigstens, woran man ist.


    Mutzel, ich habe auch eine ganze Zeit ge-umpft mit dem Projekt, gehadert, aber aus anderen Gründen.


    Erstaunlich kommt Deine Haltung etwas konsumistisch und das überrascht mich gerade bei Dir. Auch in vielen Reviews schimmert eine Gier nach Neuem durch, ein >ÖY KÜNSTLER, BEFRIEDIGE UNS GEFÄLLIGST< , das mir fremd ist. Ich kann mich auch ohne "neu geschaffene Musik" ganz gut mit ihm vergnügen (*augenverdreh* z.B. seine alten Songs umschreiben und ein paar Heyeys rausnehmen.^^).


    Und weil er seine ganze Jungmännerzeit pleite war, finde ich es nicht verwerflich, wenn er jetzt auf der Schwelle zum Alter die ganz große Welle noch einmal richtig schön abreitet.


    Abgesehen davon sehe ich seine anderen Projekte ebenso als Kunstform. Angenehm, wie er in dem schrillen Getöse da draußen sich als ruhiger blauer Wasserball im Wind treiben lässt.


    In Beziehungen erwarte ich nichts vom Gegenüber, schon gar keine Ansagen, wie der Status nun ist. Im wirklichen Leben höre ich von manchen engen Freunden manchmal jahrelang nichts und trotzdem ist das nächste Treffen genauso innig wie immer. Das macht das Leben so spannend - zugucken, wie sich die Dinge entwickeln und sich überraschen lassen.
    Und mit meinen Helden - ebenso Mr. Jones und anderen - empfinde ich ganz intensive Beziehungen, da stelle ich mich doch nicht mit dem Nudelholz hinter die Tür und schimpfe "wo warst Du".


    Peter ist wie Geld - er ist nie wirklich weg, nur woanders ^^
    Aber w e n n er da ist, dann ist es besonders heftig.


    Zitat

    Das mutet schon wie Prokrastination an.

    Dafür, Mutzel, kriegst Du den Pulitzerpreis... :p


  • GitgO, das sind ein paar interessante Gedanken!:topp:


    Ja, ich räume reumütig ein, dass ich als Musikfan da auch ein wenig konsumistisch denke. Mein Interesse an Peter ist eben zuallererst musikalischer Natur, und damit unsere Beziehung spannend bleibt und ich ihm gerne mein Geld und meine Zeit schenke, erwarte ich, dass er mir von Zeit zu Zeit etwas neue Musik schenkt.
    Ich würde hier aber nicht von "Gier" sprechen. Es ist ja nicht so, dass ich mit der Stechuhr neben ihm stehe und ihm kündige oder ihn auspeitschen lasse, wenn er nicht alle 12 Monate ein Album mit mindestens X Songs abliefert.
    Wir reden hier mittlerweile von 11 Jahren (!) (fast) ohne neue Songs.

    Natürlich werden die alten Sachen durch das Fehlen neuer Songs nicht schlechter, aber es geht um eine Balance zwischen Altem und Neuem. Kontinuität ist im Leben eine nette Sache, jedoch braucht es hin und wieder einfach mal etwas frischen Input - das gilt für Beziehungen, für den Job, für so ziemlich alles. Zu viel Routine ist einfach nur langweilig.


    Was bei Peter hinzukommt, ist die Beobachtung, dass seine heute zur Schau gestellte Lebens- und Arbeitsweise so deutlich im Kontrast zu seiner früheren steht, dass man sich manchmal fragt, ob es sich hier um den gleichen Künstler handelt. Mein Gott, was war der Mann früher künstlerisch innovativ. Ich habe gestern Abend sein drittes Album gehört - was er da (1980!) mit dem Sampler gemacht hat, ist Wahnsinn! Auch die Symbiose von Pop und Weltmusik, die Entdeckung des Musikvideos als Kunstform - Peter war seiner Zeit oft voraus oder aber auf der Höhe der Zeit. Nicht zu vergessen, wie politisch (und dabei auch konfrontativ) er sich in seinen Texten äußerte.


    Und heute? Du findest es angenehm, dass er sich wie ein "ruhiger blauer Wasserball im Wind treiben lässt". Mag sein, dass es auch altersbedingt ist. Aber von einer dem Alter angemessenen und wohltuenden Gelassenheit ist es nur ein kleiner Schritt hin zu egoistischer Sattheit und Selbstzufriedenheit. Ein wenig erinnert Peter mich da (auch körperlich) an Menschen wie Joschka Fischer. Früher ein umtriebiger und idealistischer Kämpfer für andere bzw. die gute Sache, heute ein müder Spitzenfunktionär, der auf sich selbst fixiert ist.
    Es wäre spannend zu erfahren, welche Meinung er in aktuellen politischen Fragen vertritt. Klimawandel und Fukushima, Banken- und Eurokrise, Terrorangst und NSA - es ist ja nicht so, dass die Gegenwart arm an bedeutsamen Debatten wäre, aber Gabriel schafft es anscheinend nicht mehr, diese Themen in spannende und aufrüttelnde Songtexte zu packen.
    Hat er überhaupt noch irgendwelche Ziele oder Visionen? Oder geht es nur noch darum, mit möglichst wenig eigenem Aufwand möglichst gut Geld zu verdienen? Es gibt ein paar Dinge, die in diese Richtung deuten. Ich wünsche mir immer noch, dass es nur eine Phase ist - und ich wünsche mir, dass diese Phase bald vorbei ist.


    Wir brauchen wieder ein kleines Stück vom alten Peter.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Zitat von mutzelkönig

    Ein wenig erinnert Peter mich da (auch körperlich) an Menschen wie Joschka Fischer. Früher ein umtriebiger und idealistischer Kämpfer für andere bzw. die gute Sache, heute ein müder Spitzenfunktionär, der auf sich selbst fixiert ist.
    Es wäre spannend zu erfahren, welche Meinung er in aktuellen politischen Fragen vertritt. Klimawandel und Fukushima, Banken- und Eurokrise, Terrorangst und NSA - es ist ja nicht so, dass die Gegenwart arm an bedeutsamen Debatten wäre, aber Gabriel schafft es anscheinend nicht mehr, diese Themen in spannende und aufrüttelnde Songtexte zu packen.


    Mutzel, eigentlich bin doch ich hier der Romantiker :winken:.
    Wegen der Musik - klar - das siehst Du wie viele andere. Aber ansonsten romantisierst Du gleich mehrmals viel zu sehr :). Joschka Fischer war niemals ein idealistischer Kämpfer für andere. Er hatte einen göttlichen Instinkt für Politik, ein begnadetes Talent im Spiel kleiner und großer Diplomatie, absolut anpassungsfähig, so vernetzt wie kaum einer je wieder, megaclever, lernbegierig und konnte alles behalten, schlagfertig und witzig, aber n i e m a l s ein idealistischer Kämpfer für andere... 8-) ich erinnere mich noch an das Frankfurter Westend.. ach jeh..


    Und Peter bürdest Du mit diesen romantischen Erwartungen viel zu viel auf. Ich glaube nicht, das er sich selbst jemals wirklich als Politischer Texter gesehen hat. Es gibt wesentlich mehr Lyriken von ihm, die sich elegant wie sonst niemand mit XXX beschäftigen. Zudem waren mit Ausnahme von Biko seine politischen Stücke nie wirtschaftlich erfolgreich (nocturnals, wo gefesselte Menschen aus Flugzeugen geworfen werden hat mich schwer geschockt). Schlimmer, sie haben meines Wissens nie (wie beim unvermeindlichen Bono und z.B. Bloody Sunday oder sogar, unglaublich, Sting mit den Russians love their children) den Eingang in den urbanen Zitateschatz gefunden. Wenn ich mich hier irre, bitte PN.


    Thematisch liegt Deine Themenwunschliste total außerhalb von Peters Katalog!
    Seine politische Arbeit bewegt sich auf diplomatischen Pfaden in einzelnen, eher begrenzten Feldern der Menschenrechtsbewegung, jenen, die abseitig liegen, vergessen sind, nicht sexy genug für den Massen-Menschenrechtler. Tolle Projekte in Wissenschaft und Förderung mit TED und Richard Branson. Jetzt erst zu Jahresbeginn 2013 war er in Mexiko mit einer Gruppe von Aktivisten beim mexikanischen Präsidenten, um das Thema der vielen erschossenen und vergewaltigten Frauen dort zu thematisieren. >> siehe # 31


    Peters Zielgruppe sind w i r. Und naja - wir wissen das doch nun wirklich schon alles. Uns muß er nicht überzeugen. Wir haben unsere Chance, es zu ändern, großflächig versemmelt und könnten jetzt wirklich nur noch beifällig nicken. Selbst Bob Geldof zieht sich aus aktuellen Themen zurück, sagt sinngemäß, das seien nicht die Aufgaben von "Alten Säcken", sondern der Jugend.


    Beispiel Internet: Aufgrund seiner unglaublichen Vernetzung weiß Peter sicherlich über viele Net-Probleme viel besser Bescheid als der Durchschnitt, aber je mehr man weiß und je komplexer der Sachverhalt ist, desto schwieriger wird eine einfache Aussage - das betrifft nicht nur die NSA-Spionage. Unsere eigene Bequemlichkeit beginnt bereits beim Umgang mit der wirklichen echten täglichen Bedrohung, hier z.B. durch wirtschaftliche Datenfischerei und Spambots - wieder sind wir selbst zu bequem, uns auseinanderzusetzen. Sollen wir dann tatsächlich vom Künstler fordern dürfen, er solle gefälligst als Künstler etwas dazu sagen, wenn wir selbst nicht mal Worte finden oder auch nur die Bereitschaft, uns damit auseinanderzusetzen? (Gestern am Sa 27. waren insgesamt deutschlandweit maximal 5000 Leute auf den Demos und den meetings) :cool:. Das was Du von Peter forderst nannten wir früher Polit-Konsum ( zurücklehnen und nicken)
    (naja, mit 30 smileys bitte ! :borg::augenrollen: :rolleyes: :eek: :rollen: :o :user::undweg:)

    3 Mal editiert, zuletzt von Get-in-to-get-Out () aus folgendem Grund: .. sorry, enorm OT &gt;&gt;ggf verschieben in &gt;Wünsche + Peter&lt; oder so..


  • Thematisch liegt Deine Themenwunschliste total außerhalb von Peters Katalog!


    Wirklich?


    for every job, so many men
    so many men no-one needs


    Beschreibt doch trefflich auch heute die Situation in Spanien, Portugal, Griechenland etc.
    Und erfolgreich war der Song auch.



    Sollen wir dann tatsächlich vom Künstler fordern dürfen, er solle gefälligst als Künstler etwas dazu sagen, wenn wir selbst nicht mal Worte finden oder auch nur die Bereitschaft, uns damit auseinanderzusetzen? (Gestern am Sa 27. waren insgesamt deutschlandweit maximal 5000 Leute auf den Demos und den meetings) :cool:. Das was Du von Peter forderst nannten wir früher Polit-Konsum ( zurücklehnen und nicken)
    (naja, mit 30 smileys bitte ! :borg::augenrollen: :rolleyes: :eek: :rollen: :o :user::undweg:)


    Natürlich kann und soll der Künstler dem Bürger die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen nicht abnehmen. Er kann diese Auseinandersetzung aber begleiten und ergänzen. Ohne einen Song wie BIKO wüssten heute sicher deutlich weniger Menschen, wer dieser Mann war und welche Umstände mit seinem Schicksal verbunden sind.


    Geldofs Haltung kann ich einerseits nachvollziehen. Andererseits ist es schwierig, die Jugend zum Protest zu verpflichten, wenn großen Teilen hierfür das nötige Bewusstsein fehlt. Darüber hinaus ist es auch eine komische Einstellung, wenn man glaubt, man könne/solle ab einem bestimmten Alter den Verstand ausschalten, die Füße hochlegen und ... ja was denn überhaupt ... die Glotze einschalten ... oder wie?


    Im übrigen geht das Leben sicher weiter, ohne dass Peter einen neuen politischen Songtext schreibt. Von mir aus kann er Songs über Salzstangen, Gullideckel oder genussvolles Altern schreiben. Hauptsache er schreibt überhaupt neue Songs.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Ja mutzel, solche kleinen Texstellen wie

    Zitat von mutzel


    for every job, so many men - so many men no-one needs
    Beschreibt doch trefflich auch heute die Situation in Spanien, Portugal, Griechenland etc.

    findet man in seinen Songs genau dann, wenn er ganz bei sich war, seine großen persönlichen Probleme aufarbeiten wollte und diese im Gleichtakt mit den Strömungen seiner Zeit schwangen. Heraus kamen zeitlose, universell-ewiggültige Aussagen mit genau der passenden Musik. Zeitlos wie Dein Zitat, weil ständig irgendwo Menschen nicht mehr gebraucht werden - Köhler, Bogenschnitzer, Weber, Melker, ProgLeadsänger ohne Gruppe, AbendblattJournalisten. Das ist aber nur z u f ä l l i g eine politische Aussage.


    Auch mein fav >> Mother of Violence , mit wirklich politischer >> Aussage enstand aus seiner persönlichen Angstbewältigung. Musikalisch lag die Faszination vor allem im Bruch zwischen den weichen Songlinien und den harten Aussagen. Irre gut!


    Zitat von mutzelkönig # 2

    Hat er überhaupt noch irgendwelche Ziele oder Visionen? Oder geht es nur noch darum, mit möglichst wenig eigenem Aufwand möglichst gut Geld zu verdienen? Es gibt ein paar Dinge, die in diese Richtung deuten. Ich wünsche mir immer noch, dass es nur eine Phase ist - und ich wünsche mir, dass diese Phase bald vorbei ist.


    Im Moment hat oder hatte er das Ziel und die Vision, mit den Jungs nicht die gleichen Fehler zu wiederholen wie mit den Mädchen. Natürlich sollte das für Neue Väter heute selbstverständlich sein, aber in d e r Liga ?? Ich finde es wunderbar.
    Erkennbar hakt er nun alle aufgeschobenen Dinge ab. Dass Armando Gallo ihm mit einem innovativen tablet-Produkt zuvorkommt spornt ihn hoffentlich an. Und dass Mr. Jones die künstlerische Video-Art wiederbelebt hat, läßt ihn ebenso nicht kalt.


    Die meisten Leute werden in den Wahnsinn getrieben von seiner für mich liebeswertesten und menschlichsten Facette: Dem Auseinanderklaffen der "5 Musik-Abteilungen". Er klimpert die Melodie und gebrielscht etwas dazu. In einem anderen Schuhkarton lagert ein Haufen Zettel mit Lyrics und Ideen. Den Karteikasten mit Video-Scribbles hat er noch nicht völlig digitalisiert. Im Studio und auf dem Beifahrersitz seines Vans fliegen die aktuellsten Versionen seiner wechselnden Technik-Gadgets herum. Und ab und zu versust er das Molestine, in dem Notizen zu den neuesten Aufnahmetechniken gekritzelt sind. Manchmal flechten die Schicksalsgöttinnen alle 5 Stränge so, dass sie passen. Manchmal nicht, dann kommt halt UP dabei heraus. ^^


    Thematisch: Du schreibst was von " wohligem Älterwerden" . Wenn es um Gleichklang zwischen seinem Leben und meinem geht, müsste er jetzt Song zu den unfassbaren Verheerungen des Alterns verfassen - Haut wirft Falten, Zähne fallen aus, Gewicht geht nicht mehr runter, Kraft läßt nach, Augen, Ohren. Das raubt einem jede Energie! Diese Metamorphose... Du hast recht, er i s t nicht mehr dieselbe Person... wir sind nicht mehr dieselben. Peter hat zudem ganz sicher ein riesiges LOCH in der Seele, weil so etwas Wichtiges wie sein Thema XXX, das ihn so viele Jahre bestimmt und seine Kreativität befeuert hat, nun ausglimmt und verlöscht.


    Zitat

    Wir brauchen wieder ein kleines Stück vom alten Peter.

    Damit wir auch wieder wie früher werden können? Ich möchte statt eines lauen Aufguss-relaunches viel lieber eine ganz neu aufgesetzte Version. So wie Bill Clinton sich neu erfunden hat.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin ja nun auch so ein leicht zufriedenzustellender Fan: Wenn Peter was Neues veröffentlicht, ist das fein. Wenn er etwas Altes durch Wiederveröffentlichung zugänglich macht, auch schön, wobei ich da dann überlege, ob ich's haben möchte.


    Was das politische Engagement angeht: Mit 60 geht man vermutlich anders an so etwas heran wie mit 20 oder 30. Als junger Mensch will man doch die Welt verändern, so nach dem Motto: Hey, diesen Saftladen übernimmt mal meine Generation, und da muss in diesem Augiasstall doch wenigstens ein bisschen ausgemistet werden! - Aber mit 50 oder 60 noch mit dem Kopf durch jede Wand zu wollen wie mit 20? Da wird das Revoluzzertum zur Pose, denn in dem Alter hüpft man doch schon so lange auf diesem Globus herum, dass man schon kraft Zeitdauer zum Establishment gehört.
    Gabriel hat seine Popularität in den Dienst einer Sache gestellt, wenn er sie unterstützenswert fand; und wenn er das Bedürfnis hatte, auch mal einen Song darüber geschrieben. Alles weitere liegt, wie er stets betont hat, (auch) bei uns.
    Und deshalb sind (ich finde sogar: natürlich) die 20jährigen, noch einigermaßen von dieser Welt unkorrumpierten gefordert, ihre Fehler zu benennen und neue Anklagen, neue Wege, neue Lösungen, neue Antworten zu finden. Das ist Teil des Generationswechsels: "Ich möchte ihnen [den Eltern] sagen, dass ich sie darum beneide, wie sauber, wie frei von Zukunftsverlust sie aufgewachsen sind. Und ich könnte sie erwürgen dafür, dass sie uns die Welt übergeben, als wäre sie eine dreckige Unterhose mit Bremsstreifen." (Woraus allerdings auch folgt, dass wir Älteren (30+) keineswegs aus der Verantwortung entlassen sind.).


    Es gibt ja mal ein paar Sachen, die Gabriel freundlicherweise ausgelassen hat... Weihnachtsalben zum Beispiel, die Veröffentlichung auch des letzten banalen Tönchens aus seinem Studioarchiv ... und das ist gut so. Was immer er sich entscheidet zu veröffentlichen, sollte nicht um des Veröffentlichens willen erscheinen, sondern immer noch der Qualität eines Peter Gabriel entsprechen.