Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • Ich kopiere die relevante Passage einfach nochmal hier hinein:
    Die Bundesregierung hat nicht nur den Herrn Böhmermann zu schützen, sondern auch die Rechtsordnung als solche. Also auch das Recht des Herrn Erdogan, gegen etwas, das für Beleidigung hält, vorzugehen. Artikel 3 Absatz 1 GG: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. In diesem Fall könnte man sogar behaupten, dass diese Gleichheit vor dem Gesetz und obendrein die Gewaltenteilung zumindest in Frage gestellt werden. Schließlich kann die Exekutive der Judikative vorschreiben, dass sie untätig bleiben muss - und die Bundesregierung kann Herrn Böhmermann vor juristischer Verfolgung schützen bzw. es Herrn Erdogan verweigern, eventuelle Rechtsansprüche geltend zu machen. Genau deshalb bin ich sehr dafür, dass dieser Eingriff nicht stattfindet.


    Aus meiner Sicht gleich mehrfach falsch!
    1. Wenn du schon mit "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" kommst, solltest du auch die Frage beantworten, warum die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts anders bzw. höher bestraft werden soll als die Beleidigung anderer Personen. Hier liegt ja bereits durch die Existenz des § 103 eine Ungleichbehandlung vor, die durch die zusätzliche Erfordernis der Zustimmung der Bundesregierung zumindest teilweise wieder eingeschränkt wird. Der Gesetzgeber wird sich etwas dabei gedacht haben, als er diese weitere Voraussetzung schuf. Mich wundert es doch sehr, dass ständig auf die Gewaltenteilung verwiesen wird, man dann die Legislative, die diesen Zusatz formuliert hat, einfach nicht ernst nehmen will, und sich damit herausredet, dass man als Exekutive der Judikative nicht vorgreifen möchte, dabei aber unterschlägt, dass die Legislative genau das aber hier vorgesehen hat.


    2. Die Exekutive kann Böhmermann nicht vor der Strafverfolgung nach § 185 schützen. Zudem steht es Erdogan auch frei, ggf. zivilrechtlich gegen Böhmermann vorzugehen.


    3. Einen "Anspruch auf Strafverfolgung" gibt es nicht. Man kann Anzeige erstatten, was dann weiter passiert, ist Sache der Rechtspflege.


    4. Dass die Exekutive darüber entscheidet, ob ein Fall überhaupt vor Gericht landet, ist keine exotische Ausnahme, sondern der Regelfall! Nur macht das normalerweise nicht die Bundesregierung, sondern die Staatsanwaltschaft (die ebenfalls zur Exekutive zählt und dem Justizminister untersteht).

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

    • Offizieller Beitrag

    Aus meiner Sicht gleich mehrfach falsch!
    1. Wenn du schon mit "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" kommst, solltest du auch die Frage beantworten, warum die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts anders bzw. höher bestraft werden soll als die Beleidigung anderer Personen. Hier liegt ja bereits durch die Existenz des § 103 eine Ungleichbehandlung vor, die durch die zusätzliche Erfordernis der Zustimmung der Bundesregierung zumindest teilweise wieder eingeschränkt wird.


    Eric, entschuldige die brutale Nachfrage, aber: Welchen Teil von meiner Aussage "In diesem Fall könnte man sogar behaupten, dass diese Gleichheit vor dem Gesetz und obendrein die Gewaltenteilung zumindest in Frage gestellt werden" hast du nicht beachtet oder nicht verstanden?


    Zitat

    Mich wundert es doch sehr, dass ständig auf die Gewaltenteilung verwiesen wird, man dann die Legislative, die diesen Zusatz formuliert hat, einfach nicht ernst nehmen will, und sich damit herausredet, dass man als Exekutive der Judikative nicht vorgreifen möchte, dabei aber unterschlägt, dass die Legislative genau das aber hier vorgesehen hat.


    Ja, das Gesetz hat das vorgesehen. Siehe oben! Die Exekutive DARF das Recht in Anspruch nehmen, sie MUSS es aber nicht. Hier HAT sie das Recht NICHT in Anspruch genommen - aus den oben dargestellten Gründen halte ich das für eine kluge, angemessene und richtige Entscheidung - und jetzt wirft man ihr vor, dass sie das nicht tut.


    Zitat

    Die Exekutive kann Böhmermann nicht vor der Strafverfolgung nach § 185 schützen. Zudem steht es Erdogan auch frei, ggf. zivilrechtlich gegen Böhmermann vorzugehen.


    Stimmt, und genau deshalb ist es die Entscheidung, die Ermittlungen nach §103 nicht zu blockieren, richtig. So vermeidet die Regierung eines Zwickmühle, die ich bereits weiter oben skizziert habe (macht sich eh keiner die Mühe, oben nachzulesen, scheint mir. Dafür habe ich auch Verständnis, obwohl das eben auch dazu führt, dass manche Vorwürfe hier meilenweit am Punkt vorbeigehen).


    Zitat

    Einen "Anspruch auf Strafverfolgung" gibt es nicht. Man kann Anzeige erstatten, was dann weiter passiert, ist Sache der Rechtspflege.
    Dass die Exekutive darüber entscheidet, ob ein Fall überhaupt vor Gericht landet, ist keine exotische Ausnahme, sondern der Regelfall! Nur macht das normalerweise nicht die Bundesregierung, sondern die Staatsanwaltschaft (die ebenfalls zur Exekutive zählt und dem Justizminister untersteht).


    Ich hoffe nicht, dass dieser Absatz da bedeutet, dass du eine Bewertung der Gesetzeslage durch die Staatsanwaltschaft mit einer Bewertung der politischen Opportunität durch die Bundesregierung gleichsetzt!

  • Mal was anderes, Politik aus den USA. In den letzten Tagen protestieren diverse Musiker und Bands gegen neuere Gesetze in verschiedenen US-Bundesstaaten die gegen Gleichbehandlungsgrundsätze verstoßen (Bruce Springsteen, Bryan Adams, Peal Jam). Religiöser Fanatismus kommt nicht nur von Muslimen, in den USA sind mal wieder die christlichen Fundamentalisten dran, zumindest in North Carolina und Mississippi.


    http://brucespringsteen.net/ne…ngsteen-on-north-carolina
    http://www.pearljam.com/news/0…2_official_band_statement

  • Ich wäre vorsichtig mit dieser Formulierung die Frau von Storch letztens so ähnlich verwendet hat.


    Ich bin vorsichtig mit der Formulierung und habe sie daher auch an einer Stelle eingesetzt, an der sie nach meiner Meinung sehr passend ist, aufgrund des Schlusssatzes im Video - sprich, für denjenigen, der den Link anklickt, sollte der Zusammenhang mit dem Türkei-Deal, mit dem das angeblich überhaupt nichts zu tun hat, überdeutlich erkennbar sein.


    Bei allem Respekt, nur weil dieser indiskutablen Person der AfD in einem anderen Zusammenhang ein ähnlicher Satz aus dem Gesicht gefallen ist, muss ich mich jetzt nicht in meiner Sprache künstlich einschränken. Ansonsten bin ich in Zukunft auch vorsichtig mit "Guten Morgen" und "Schönes Wetter draußen", auch diese Sätze sind wahrscheinlich bei Frau von Storch schon mal so ähnlich gefallen.