Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • Oje, oje, oje, mir graust es doch ein bisschen.
    Es ist (fast) egal, was Erdogan macht, aber ihn mit Hitler, der den Tod von zig Millionen Menschen auf dem Gewissen hat, zu vergleichen, ist m.E. völlig deplatziert.


    Ich bin stolz, Europäer - besser EU-Bürger zu sein, denn die geschaffene Leistung, überwiegt so ziemlich alle negative Aspekte.


    Die EU ist nach wie vor eine Wertegemeinschaft und die Türkei bei Weitem noch kein Mitglied. Also ruhig Blut Mutzel.
    Merkel hat doch schon konkretisiert, dass gewisse Kriterien erfüllt sein müssen um überhaupt Beitrittsverhandlungen eine Chance einzuräumen.
    Ich finde das richtig. Nur im politischen Dialog kann man Dinge ändern - ohne Dialog wird wie so vieles im Krieg enden.
    Die EU ist nach wie vor eine starke Gemeinschaft, die aus dem BREXIT gestärkt hervorgehen wird.
    Ich finde es absolut richtig und stark dass Großbritannien, schlechter gestellt werden soll, als alle EU Mitglieder. Die EU ist das stärkste Wirtschaftsbündnis der Welt und die Mitglieder sollten stolz auf diese Leistung sein. Passend dazu das Zitat von Claas Heufer Umlauf:
    https://www.youtube.com/watch?v=47Ke7lf_ipw
    Natürlich hat diese EU auch Schattenseiten und natürlich ist diese EU auch angreifbar - gerade wenn diese EU unter enormen Druck gerät (Stichwort Flüchtlingskrise).
    Bei 27 Ländern den gemeinsamen Nenner zu finden ist schon eine Herkulesaufgabe und in Anbetracht der vielen gemeisterten Krisen (Griechenland, Spanien, Irland etc.) sollte man vielleicht das eigene Ego etwas zurückschrauben.
    Ich persönlich denke, dass der Status Quo der Türkei immer so sein wird, dass sich die Türkei als Partner der EU versteht, aber NIE als vollwertiges Mitglied - Deutschland, als auch die EU, sind damit bislang recht gut gefahren.
    Der vermutlich harte Brexit wird hoffentlich alle Franzosen und "Niederländer" aufrütteln, diese europäische Chance nicht leichtfertig zu verspielen.

  • Oje, oje, oje, mir graust es doch ein bisschen.
    Es ist (fast) egal, was Erdogan macht, aber ihn mit Hitler, der den Tod von zig Millionen Menschen auf dem Gewissen hat, zu vergleichen, ist m.E. völlig deplatziert.


    Selbst wenn wir mal die diversen bereits stattgefundenen Kurdensäuberungen und die jüngsten Angriffe auf jesidische Ansiedlungen außer Acht lassen - Hitler hatte zum Zeitpunkt seines Suizids Millionen Menschen auf dem Gewissen. Im Bezug auf Erdogan befinden wir uns im historischen Vergleich in der Phase zwischen Reichstagsbrand ("Putsch"), Ermächtigungsgesetz (Präsidialsystem), und der Gleichschaltung der Presse und des Verwaltungsapparats. Wenn Erdogan irgendwann abdankt und die letzten Phasen Hitlers ausgelassen hat können wir uns gerne nochmal unterhalten, wie platziert oder deplatziert der Vergleich gewesen ist. Momentan passt er, gesehen im zeitlichen Kontext, meiner Meinung nach leider zu gut.


    Zitat

    Ich bin stolz, Europäer - besser EU-Bürger zu sein, denn die geschaffene Leistung, überwiegt so ziemlich alle negative Aspekte.


    Bis vor etwa einem Jahr hätte ich dir da noch zugestimmt. Der "Flüchtlingsdeal" mit der Türkei hat mich aber schon extrem ins Wanken gebracht, das aktuelle Verhalten gegenüber der Türkei endgültig zum Umdenken. Du hast in deiner Antwort an Mutzel zwar damit recht, dass der Dialog immer der bessere Weg ist, aber dieser Dialog muss auch mal in einer Sprache geführt werden, die beim Gegenüber nicht wie ein süßes brabbelndes Baby ankommt. Um die Türkei als "Partner" zu behalten braucht es keine ziellosen Beitrittsverhandlungen, die letztendlich ohnehin nur der türkischen Kapitalbeschaffung dienen.

  • Ich bin auch nach wie vor jemand, der den europäischen Gedanken mag.
    Dieser Gedanke besteht für mich darin, dass wir mit unseren Nachbarn gemeinsame Werte teilen und in Frieden und Freiheit zusammen leben wollen.


    Ich weiß aber nicht, inwieweit die EU heute noch für diesen Gedanken steht.
    Der Tonfall gegenüber Politikern wie Erdogan ist zu gemäßigt, der wird dort nicht verstanden. Es geht hier nicht darum, Kontakte ganz abzubrechen, aber doch klar zu vermitteln:
    So lange ihr da unten bei euch die Demokratie derart pervertiert, ruht der Beitrittsprozess.


    Außerdem müssen wir ehrlich feststellen, dass der freie Handel von Waren, Dienstleistungen und Kapital, der ja im Sinne der EU ist, vor allem den Interessen großer Konzerne dient. Die EU ist schon lange nicht mehr ein Wohlstandsversprechen für alle.
    Dass ausgerechnet Deutschland einer der größten EU-Befürworter ist, liegt vor allem daran, dass wir wirtschaftlich am stärksten von ihr profitieren. Umgekehrt habe ich große Zweifel, dass ein Land wie Griechenland unter dem Euro jemals wieder wirtschaftlich richtig gesunden kann. Vielleicht muss man in ein paar Jahren bilanzieren:
    Der Euro hat die Unterschiede in Europa noch vergrößert. Wer wirtschaftlich stark war, wurde noch stärker. Wer ohnehin schwach war, wurde zum Pflegefall. Das wäre dann genau der Neoliberalismus, den niemand haben möchte.


    Aber die EU ist nicht Europa. Man kann sowohl für Europa, als auch gegen die EU sein.
    Norwegen und die Schweiz machen das so, und ich habe nicht den Eindruck, dass sie ihren Status bereuen. Das sind stabile Demokratien und Länder, denen es wirtschaftlich gut geht.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Kleine Nachlese zur gestrigen Landtagswahl in NRW:


    Fangen wir mit dem Wichtigsten an: Ich bin mit Blick auf den Wahlausgang vielleicht nicht euphorisch, verspüre aber doch eine gewisse Befriedigung.
    Rot-Grün wurde ein Denkzettel verpasst, was bitter nötig war. Die Vollversager Löhrmann und Jäger werden auf absehbare Zeit keine wichtige politische Rolle mehr spielen.
    Besonders das Gesicht von Frau Löhrmann bei der Verkündung der ersten Prognose fand ich wunderbar. Erinnerte ein wenig an Ralf Stegner, wobei der ja immer so dreinschaut, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.
    Frau Krafts Rücktritt verdient meine Anerkennung. Die hat wahrscheinlich berechtigerweise die Nase voll.
    Hätte sie mal vor ein, zwei Monaten den Jäger gefeuert, vielleicht wäre sie dann heute noch im Amt. Hätte, hätte, Fahrradkette...
    Nun also Laschet. Sicher kein Gewinner aufgrund eigener Stärke, sondern eher Profiteur der eklatanten Fehler der bisherigen Regierung. Aber in Ordnung, soll er mal machen.
    Der eigentliche Gewinner heißt sicher Christian Lindner. Aber der ist ja schon auf dem Sprung nach Berlin.
    Und die AfD? Hat fast in allen Wahlbezirken die 5%-Hürde geknackt und sitzt nun mit etwas über 7% im Landtag. Das ist kein Grund zur Sorge. Damit muss und kann man demokratisch umgehen.
    ABER: Gelsenkirchen I: 14,1%, Gelsenkirchen II: 15,2%, Duisburg IV-Wesel V: 14,6%, Duisburg III: 11,9%, Essen I-Mülheim II: 13,1%, Essen II: 12,0%, Herne I: 11,2%, Bottrop: 10,9% ...
    Auch das sind Wahlergebnisse der AfD. Im Ruhrgebiet gibt es vielerorts schon jetzt eine gefährliche Mischung aus sozialer Abgehängtheit, hohem Ausländeranteil und schlechter gesellschaftlicher Integration bestimmter Gruppen. Da muss die Politik reagieren, den Menschen (wieder) Perspektiven eröffnen und auch den Rechtsstaat behaupten, sonst steuert die AfD dort bei der nächsten Wahl in Richtung 20%-Marke.

    Ich wünsche Armin Laschet für diese Aufgaben alles Gute!

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    • Offizieller Beitrag

    ABER: Gelsenkirchen I: 14,1%, Gelsenkirchen II: 15,2%, Duisburg IV-Wesel V: 14,6%, Duisburg III: 11,9%, Essen I-Mülheim II: 13,1%, Essen II: 12,0%, Herne I: 11,2%, Bottrop: 10,9% ...
    Auch das sind Wahlergebnisse der AfD.


    Wen diese Ergebnisse wundern (und mich wundert es eher, dass die Ergebnisse noch so relativ niedrig sind), dem empfehle ich dringend diese Dokumentation zu sehen, solange diese noch online ist:


    A40


    Eine gute Wiedergabe des aktuellen parteiübergreifenden Politikversagens und dessen Folgen.

    • Offizieller Beitrag

    Wie dich wundert mich, dass die Affd schlechter abgeschnitten hat als ich erwartet hätte. Dass das nur ein Durchschnitt ist, dass es Wahlkreise gibt, in denen das Ergebnis deutlich höher ist, und umgekehrt auch Wahlkreise, in denen diese Partei keinen Fuß auf den Boden bekommen hat.
    Die Kommentare und Interpretationen von außen - ich bin ja nun nicht in NRW und mit der Landespolitik nur in einzelnen Aspekten am Rande vertraut - legen nahe, dass Bundesthemen hineingespielt haben und dass "schlechtes Marketing" seitens der Noch-Regierungspartei auch stark beigetragen hat.
    Immerhin ist das AfD-Ergebnis gut zwölfeinhalbmal größer ("besser" finde ich hier nicht angemessen) als die Partei, die mancher hier meinte bewerben zu müssen.


    Gut an dem Wahlergebnis finde ich, dass die extreme(re)n Parteien nicht so stark abgeschnitten haben.

  • Wen diese Ergebnisse wundern (und mich wundert es eher, dass die Ergebnisse noch so relativ niedrig sind), dem empfehle ich dringend diese Dokumentation zu sehen, solange diese noch online ist:


    A40


    Eine gute Wiedergabe des aktuellen parteiübergreifenden Politikversagens und dessen Folgen.


    Danke für den Link.
    Hab's mir gerade angesehen. Alleine die Geschichte über die Essener SPD und Guido Reil finde ich bemerkenswert. Und schön, mal wieder Betül Durmaz zu sehen. Wir haben vor langer Zeit gemeinsam unsere Zeit als Lehramtsanwärter absolviert.



    Immerhin ist das AfD-Ergebnis gut zwölfeinhalbmal größer ("besser" finde ich hier nicht angemessen) als die Partei, die mancher hier meinte bewerben zu müssen.


    In meinem Wahlbezirk wurde DIE PARTEI übrigens siebtstärkste Kraft. Mit 1,6% aller Stimmen noch vor den Piraten (1,5%). Ich bin da also mit meiner Sympathie alles andere als allein.

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    • Offizieller Beitrag

    In meinem Wahlbezirk wurde DIE PARTEI übrigens siebtstärkste Kraft. Mit 1,6% aller Stimmen noch vor den Piraten (1,5%). Ich bin da also mit meiner Sympathie alles andere als allein.


    Ich vermute, dass mich das für dich freuen sollte. Ob es nun sinnvoll ist, dass 1,6% der Menschen in deinem Wahlkreis ihre Stimme(n) für eine Witzpartei aufgewendet haben - darüber gehen unsere Ansichten, wie wir ja schon geklärt haben, stark auseinander.

  • Ob es nun sinnvoll ist, dass 1,6% der Menschen in deinem Wahlkreis ihre Stimme(n) für eine Witzpartei aufgewendet haben - darüber gehen unsere Ansichten, wie wir ja schon geklärt haben, stark auseinander.


    Tja, die Frage ist erstens, wie man "sinnvoll" definiert?
    Und zweitens, ob das Wählen von CDUSPDFDPAFDGRÜNELINKE nachweislich sinnvoller ist als das Wählen der PARTEI. Dafür könnte man mal über die folgenden Leitfragen nachdenken:
    - Welche Politiker haben in der Vergangenheit gelogen?
    - Welche Politiker haben gravierende Fehler gemacht und dann keine Verantwortung übernommen?
    - Welche Politiker unterliegen dem massiven Einfluss von Lobbyisten?
    - Welche Politiker haben keinerlei Ahnung von Leben und Problemen des einfachen Bürgers?
    undsoweiterundsofort...


    Und die Bezeichnung "Witzpartei" wird dem satirischen (und daher durchaus auch ernsthaften) Ansatz nicht wirklich gerecht, zumal man mit Serdar Somuncu einen Kanzlerkandidaten aufgestellt hat, der mit seinen intellektuellen und rhetorischen Fähigkeiten viele etablierte Politiker ziemlich alt aussehen lässt.

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  • Na ja, mit "nachweislich" wird das natürlich nichts. Und ich habe vollstes Verständnis dafür, sich schwer zu tun mit dem Vergeben seiner realistisch betrachtet unmaßgeblichen Stimmen. Genauer gesagt auch dafür, sich von etablierten Parteien abzuwenden, wenn die immer wieder deutlich machen, dass sie mehr an Wahlergebnissen (= der Macht) als an der Umsetzung von Inhalten interessiert sind.
    Andererseits bringt es realpolitisch noch weniger Gewinn, seine unmaßgebliche Stimme unmaßgeblichen Parteien zu geben.


    Hach, wie man's macht.